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Corona-Pandemie
Portugal plant nächste Öffnungsschritte

Ende Januar stand das portugiesische Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch. Kaum ein anderes Land hatte gemessen an der Bevölkerung so hohe Infektionszahlen. Doch jetzt hat sich Portugal zu eine Art Musterschüler gewandelt, mit sehr niedriger Inzidenz und einer entspannten Lage in den Krankenhäusern.

Von Tilo Wagner | 06.04.2021
Ein Mann mit einer Maske sitzt alleine an einem leeren Cafétisch in Lissabon und liest Zeitung.
Beim Ausstieg aus dem Lockdown setzt Portugal auch auf eine effizientere Impfkampagne. (AP)
Schulen, Café-Terrassen, Museen, Fitness-Center – Portugal öffnet einen weiteren Teil seiner Wirtschaft und Gesellschaft. Nach zweieinhalb Monaten hartem Lockdown befinden sich die Portugiesen nun in der zweiten Phase eines Fahrplans, der die vollständige Öffnung des Landes bis Anfang Mai vorsieht - sofern die epidemiologische Lage dies zulässt. Zurzeit liegen die beiden Faktoren, von denen die Lissabonner Regierung weitere Öffnungsschritte abhängig macht, im grünen Bereich: Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner beträgt rund 30, und auch der R-Wert, also die Zahl, die angibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, liegt noch knapp unter dem Grenzwert von eins. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa zeigt sich deshalb vorsichtig optimistisch:
"Dank der großen Anstrengung und Opferbereitschaft der Portugiesen in den vergangenen zwei Monaten können wir weitere Rückschläge vermeiden. Aber wir müssen achtsam sein. In vielen Ländern in Europa steigen die Zahlen, in vielen herrscht weiterhin ein harter Lockdown und man spricht schon von der vierten Welle. Wir müssen alles daran setzen, die vierte Welle zu verhindern."

Grundschulen und Kitas seit Mitte März geöffent

Ende Januar war Portugal noch einer der Brennpunkte der Pandemie gewesen – mit täglich über 250 Todesopfern und einer Wocheninzidenz von mehr als 800. Doch so schnell das Infektionsgeschehen nach Weihnachten angestiegen war, so schnell klang es im Februar auch wieder ab – und das, sagt der Virologe Pedro Simas von der Universität Lissabon, lag nicht nur am harten Lockdown:
"Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, Masken zu tragen und die Sicherheitsabstände einzuhalten. Das hilft uns nun auch nach dem Lockdown. In der ersten Phase haben wir vor Ostern bereits Grundschulen geöffnet, aber trotzdem bleibt das Infektionsgeschehen sehr gering. Das deckt sich mit den Ergebnissen von Studien, die u.a. die US-amerikanische Seuchenbehörde CDC erarbeitet hat: Demnach sind das Tragen der Maske und das Einhalten der Sicherheitsabstände genauso wirksam wie ein harter Lockdown."
Die portugiesische Regierung hat trotzdem den Bürgern nicht vollkommen vertraut und an Ostern die Bewegungsfreiheit deutlich eingeschränkt. An Weihnachten hatten die Portugiesen auch ohne Beschränkungen feiern können – und das war einer der Hauptgründe gewesen, warum die Infektionen im Januar so dramatisch angestiegen waren. Jetzt durften die Portugiesen über die Feiertage ihren Wohnbezirk nicht verlassen. Portugiesische Emigranten, die aus Frankreich kommend die Familie in Portugal mit dem Auto besuchen wollten, wurden an der Grenze abgewiesen. Bis mindestens Mitte April sind nicht essentielle Reisen nach und in Portugal verboten.

Regierung setzt auf Ampelsystem

Beim Ausstieg aus dem Lockdown setzt Portugal auch auf eine effizientere Impfkampagne. Zwischen Mitte März und Anfang April konnte die Zahl der täglich verabreichten Dosen verdoppelt werden. 12,6 Prozent der Bevölkerung haben bisher zumindest eine Dosis erhalten. Im April sollen bis zu 100.000 Impfungen täglich verabreicht werden.
Die Ärztin Eunice Carrapiço steht in einer ehemaligen Kampfsporthalle der Universität Lissabon. Im Januar war hier ein Notkrankenhaus untergebracht, jetzt ist es das größte Impfzentrum der portugiesischen Hauptstadt:
"Wir brauchen diese Halle jetzt nicht mehr, um COVID-19 Patienten zu versorgen, sondern wir nutzen sie für genau das Gegenteil: Wir sorgen für Prävention. Wir impfen immer mehr Menschen, auch damit wir nicht mehr eine so kritische Phase erleben müssen wie noch vor ein paar Wochen."
Um das zu verhindern, hat die portugiesische Regierung zudem ein Ampelsystem eingeführt. Zurzeit gibt es 19 Gemeinden in Portugal, die eine Wocheninzidenz von über 60 aufweisen. Sollte der Wert innerhalb der nächsten zwei Wochen nicht gesenkt werden, sind diese Gemeinden von weiteren Öffnungsschritten ausgeschlossen.