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COVID-19 und Immunsystem
Männer reagieren anders auf eine Corona-Infektion

Es sind überwiegend Männer, die bei einer COVID-19-Erkrankung mit schweren Verläufen im Krankenhaus behandelt werden müssen. Vermutlich spielen viele Faktoren eine Rolle, US-amerikanische Forscher haben aber zwei Besonderheiten beobachtet.

Von Christine Westerhaus | 28.08.2020
26.03.2020, Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin: Ein Stop-Schild hängt an der Zugangstür zur Isolierstation für Coronavirus-Behandlungen in der Helios-Klinik. Auf den Isolierstationen tragen die Ärzte, Schwestern und Mitarbeiter Schutzanzüge, Brillen und Mundschutz. Das Helios Klinikum bereitet sich auf einen Anstieg bei Corona-Fälle vor. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZB | Verwendung weltweit
Ein an Covid-19 erkrankter Patient wird im Klinikum Schwerin behandelt (ZB)
US-amerikanische Forscher haben sich genauer angesehen, wie das Immunsystem einer kleinen Gruppe von Frauen und Männern auf eine SARS-CoV-2-Infektion reagiert. Die Ergebnisse der Studie haben Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht.

Was genau haben die Forscher untersucht?

Sie haben sich die Blutwerte von ca. 50 Frauen und 50 Männern angeschaut, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren und im Durchschnitt um die 60 Jahre alt waren. Bei diesen Menschen haben sie nach Unterschieden bei bestimmten Immunzellen gesucht: ob bestimmte Immunzellen unterschiedlich häufig vorkommen oder ob mehr oder weniger Botenstoffe gebildet werden, die typischerweise als Reaktion auf eine Infektion ausgeschüttet werden.
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Welche Unterschiede haben sie gefunden?

Sie haben vor allem zwei Besonderheiten beobachtet:
  • Frauen reagieren mit einer ausgeprägteren T-Zell-Antwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion als Männer. T-Zellen sind die Zellen des Immunsystems, die Körperzellen erkennen können, die von Krankheitserregern infiziert sind. Bei Männern werden offenbar weniger dieser spezialisierten Immunzellen als Reaktion auf eine SARS-CoV-2-Infektion gebildet.
  • Männer schütten mehr Zytokine aus, wenn sie mit SARS-CoV-2infiziert sind. Zytokine und Chemokine sind Eiweiße, die bei Entzündungsredaktionen eine Rolle spielen. Sie locken andere Immunzellen zu den Entzündungsherden und lösen Entzündungen aus.

Können diese Unterschiede erklären, warum Männer häufiger einen schweren Verlauf haben?

Wahrscheinlich sind sie nicht die einzige Erklärung, denn Faktoren wie der Lebensstil oder andere Umweltfaktoren spielen auch eine Rolle. Dass Männer mehr Zytokine produzieren ist aber interessant: Im Zusammenhang mit schweren Verläufen ist häufiger von einem Zytokinsturm die Rede, einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, bei der viele Zytokine ausgeschüttet werden. Das führt bei vielen Patienten zu Lungenentzündungen und Atembeschwerden, die dann manchmal so weit gehen, dass die Betroffenen versterben.

Können die Unterschiede auch unterschiedliche Langzeitverläufe erklären?

Es gibt Menschen, die nach einer Infektion mit SARS-CoV-2sehr lange brauchen, um wieder gesund zu werden. Manche haben über Monate hinweg Symptome. Dieses Phänomen ist noch wenig erforscht und darüber schreiben die Forscher auch nichts in ihrem Paper. Aber es könnte schon einen sehr interessanten Zusammenhang geben. Denn es scheint ja so zu sein, dass vor allem Frauen von diesen langwierigen Verläufen betroffen sind. Die Aktivierung von T-Zellen hält oftmals sehr lange an und lässt sich manchmal auch nicht so einfach wieder abstellen. Es ist zwar nur eine Spekulation, dass T-Zellen bei diesen langwierigen Krankheitsverläufen eine Rolle spielen. Aber es fügen sich eben doch immer mehr Puzzleteile zusammen, die erklären können, warum es bei Covid-19 diese unterschiedlichen Krankheitsverläufe zwischen Männern und Frauen gibt.
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