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CSU-Familienpolitiker: Ergebnis zu Betreuungsgeld wird kommen

Der CSU-Politiker Norbert Geis, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Jugend und Frauen, hält eine Abstimmung über das Betreuungsgeld im Bundestag am 18. Oktober für möglich. "Wir diskutieren aber dieses Thema schon ellenlang", sagt er. "Es muss irgendwann auch einmal zu Ende geführt werden."

Norbert Geis im Gespräch mit Silvia Engel | 25.09.2012
    Silvia Engels: Wie hängen die Betreuung von kleinen Kindern, die privaten Rentenbeiträge und die Praxisgebühr zusammen? – Gar nicht, sollte man meinen, aber das Regierungslager in Berlin sieht das derzeit anders. CSU, CDU und FDP werden möglicherweise genau diese drei Bereiche miteinander verknüpfen – nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern einfach, um überhaupt noch das umstrittene Betreuungsgeld in dieser Legislaturperiode verabschieden zu können.

    - Am Telefon ist Norbert Geis, CSU-Abgeordneter und Mitglied im Familienausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Tag, Herr Geis.

    Norbert Geis: Ich grüße Sie.

    Engels: Haben Sie Verständnis für den Unmut und die Nachforderung der FDP in Sachen Betreuungsgeld?

    Geis: Wir haben schon so viel Verständnis aufgebracht in dieser Frage, das ist ja geradezu ein Unendlichthema, dass allmählich wohl die Geduld zu Ende geht. Jetzt muss man wirklich einmal Nägel mit Köpfen machen. Wir haben jetzt einen Vorschlag noch einmal gebracht; es geht ja nicht mal um das "ob". Ich glaube, die FDP will nicht aus dem Betreuungsgeld raus, dazu hat sie sich auch im Koalitionsvertrag verpflichtet. Das steht ja auch schon im Gesetz drin, das hat die SPD mitgemacht in der Großen Koalition. Also das Betreuungsgeld kommt. Nur in welcher Form. Und darüber muss man sich einigen. Und ich bin ganz sicher, dass wir uns einigen werden. Und ich hoffe, dass dies in den nächsten zwei Wochen geschieht, vielleicht schon in den nächsten Tagen.

    Engels: Der FDP geht es ja unverhohlen ums Geld. Sie wollen, wenn hier schon die Betreuungsgeldformel mit Rentenbeiträgen gekoppelt werden, die mehr Geld kosten, auch ein teures Geschenk. Sollen sie es bekommen?

    Geis: Ja es kommt darauf an. Also, so teuer ist das ja nicht, das Geschenk, das wir mit diesen 15 Euro Erhöhung machen. Das kommt mal wahrscheinlich auf 15 Millionen mehr. Das wird es nicht sein, da kann man nicht so viel jetzt dran herumtüfteln, wenn man die Gesamtsumme des Haushaltes sieht. Da, meine ich, sind die 15 Millionen eigentlich, so schlimm sich das anhört, jedenfalls nicht so viel, dass man darüber sich jetzt wirklich den Kopf zerbrechen oder gar eine Koalition daran scheitern lassen kann.

    Engels: Aber die FDP bringt in Form von Holger Zastrow, dem FDP-Bundesvize, die Abschaffung der Praxisgebühr ins Spiel oder aber Senkung oder Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Würden Sie da mitmachen?

    Geis: Das kann ich nicht beurteilen, das müssen - - Das sind ganz neue Diskussionspunkte. Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb man an das Betreuungsgeld, das ja nichts anderes ist - 60 Prozent der Mütter geben ihr Kind nicht in die Kita, davon ist auszugehen -, dass man denen einen Anspruch auf das Betreuungsgeld gibt, dass man daran nun eine solche Riesenforderung macht, Praxisgebühr abschaffen und womöglich noch viele andere Themen. Dann kommt so etwas ja nie zustande. Da muss man sich auch ein bisschen auch beim Koalitionspartner, meine ich jedenfalls, beschränken. Ich glaube aber, dass so viele vernünftige Leute in beiden Parteien sind, in beiden Fraktionen sind, es wird zu einem Ergebnis kommen. Ich hoffe nur, so bald wie möglich, damit die Diskussion endlich aufhört.

    Engels: So bald wie möglich, sagen Sie. Nun sieht es aber so aus, das meint zumindest Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Große-Brömer, dass die eigentlich für Mitte Oktober geplante Verabschiedung dieses Betreuungsgeldes im Bundestag zeitlich nicht mehr hinkommt. Sind Sie enttäuscht?

    Geis: Ich kann mir vorstellen, dass es noch hinkommt. Wenn wir am 19. in den Bundestag gehen, dann müsste man am 17. in den Ausschuss gehen, das wäre der Mittwoch. Am Mittwoch im Ausschuss verabschieden und dann am 19. morgens in den Bundestag und das Gesetz beraten. Also, von der Zeit her ist das zu machen.

    Engels: Nun scheinen aber im Moment die Zeichen dagegen zu stehen. Wie sehr würde es denn schmerzen, wenn diese Verabschiedung Mitte Oktober nicht klappt, denn dann könnte Horst Seehofer auf dem CSU-Parteitag kurz danach auch keinen Erfolg verkaufen?

    Geis: Es wäre natürlich gut und es ist ja auch jetzt lange genug diskutiert worden. Wir diskutieren dieses Thema, das ja nun wirklich nicht eines der wichtigsten Themen der deutschen Politik ist – das kann man ja nun weiß der Himmel nicht behaupten -, wir diskutieren aber dieses Thema schon ellenlang. Es muss irgendwann auch einmal zu Ende geführt werden. Sonst glaubt ja der Bürger und die Bürgerinnen draußen, sie könnten mit der Koalition überhaupt nichts mehr anfangen. Die Koalition muss in einer so kleinen Frage – darf ich das mal so bezeichnen; ich will es natürlich nicht herunterspielen – doch entscheidungsfähig sein und es muss doch möglich sein, dass man das bald über die Bühne bringt.

    Engels: Sie haben den Bürger draußen angesprochen. Da ist natürlich auch schon jetzt eine Problematik entstanden, wie man das erklärt. Denn es sieht ja nun so aus, dass die Betreuung von Kleinkindern, die eben zuhause betreut werden, verknüpft wird mit Rentenbeiträgen der Eltern und am Ende handelt vielleicht die FDP auch noch irgendeine sachfremde Steuer- oder Gebührenentlastung in dieses Paket hinein. Inhaltlich hat das ja alles nicht mehr so eng miteinander zu tun. Wie wollen Sie das noch den Menschen überhaupt erklären?

    Geis: Also, das ist sicherlich nicht ganz einfach. Aber Sie müssen sehen: Wir wollen die Erziehungsleistung der Eltern unterstützen: einmal durch die Kita, das ist ja eine Sachleistung. Und zum Zweiten durch das Betreuungsgeld, das ist eine Geldleistung. Und die Eltern können zwischen diesen beiden Leistungen wählen. Nun haben wir noch eine dritte Wahlfreiheit hineingebracht oder eine zweite Wahlfreiheit hineingebracht. Wir sagen: Wenn du dich entscheidest für eine Geldleistung, dann kannst du auch sagen, ich will nicht die Geldleistung, sondern ich will in eine kapitalisierte Rente hineingezahlt bekommen. Das ist eine freie Wahl, die die jeweilige Mutter oder der jeweilige Vater treffen kann, innerhalb der Wahl, nicht in die Kita das Kind zu geben, sondern es anderweitig zu betreuen.

    Engels: Aber eigentlich sollte das Betreuungsgeld ja den Kindern zugutekommen und nicht jetzt über diese Wahlmöglichkeit den Eltern über mögliche Rentenunterstützung.

    Geis: Nein! Nein, nein, das ist falsch. Das Betreuungsgeld geht an die Eltern. Die bekommen das Geld.

    Engels: Aber war nicht die Hoffnung damit verknüpft, dass das Geld dazu dient, eben auch gerade dem Kind, das ja betreut wird, indirekt über bessere Elternausstattung auch etwas zugutekommen zu lassen?

    Geis: Natürlich. Das können die Eltern frei entscheiden. Das ist Sache der Eltern. Selbstverständlich ist dies möglich und das soll auch so sein. Es soll natürlich zugunsten des Kindes sein, deswegen wird es ja bezahlt. Es geht ja darum, dass die Eltern, die ihr Kind nicht in die Kita geben wollen, weil sie sagen, das Kind hält das nicht aus oder aus irgendwelchen anderen Gründen, dass die 60 Prozent, die ihr Kind nicht in die Kita geben, nicht leer ausgehen und dass wir deswegen die zweite Schiene geschaffen haben, nämlich das Betreuungsgeld. Sie können also einmal eine Sachleistung in Anspruch nehmen und können zum zweiten eben das Geld in Anspruch nehmen. Und dieses Geld, das soll natürlich direkt oder indirekt dem Kinde zugutekommen. Deswegen wird es bezahlt, das ist richtig.

    Engels: Aber wenn man es verkürzt, heißt das doch, lasst die Kinder zuhause, dann bekommt ihr mehr Rente. Das klingt doch etwas merkwürdig, oder?

    Geis: Nein, das ist nicht der Grund. Das ist eine Entscheidung, die die Frauen treffen können. Wir reden ja die ganze Zeit über Altersarmut. Und wenn nun die Frauen sich dazu entscheiden, dieses Geld in eine Kapitalrente zu geben, dann tun sie einen Beitrag dazu, dass sie im Alter besser versorgt sind. Man muss ja Folgendes sehen: Die Erziehungsleistung einer Frau wird in der deutschen Gesellschaft zu gering angesetzt. In Wirklichkeit ist das eine ganz großartige Leistung, die viel mehr respektiert und auch verzinst werden sollte.

    Engels: Jetzt haben wir über Inhalte rund um den bisher zwischen den Unionsparteien gefundenen Kompromiss zum Betreuungsgeld gesprochen. Das Ganze passiert aber auch im großen parteitaktischen Rahmen. Wo sehen Sie den Punkt erreicht, wo die FDP den Bogen überspannt und die CSU dann wirklich noch mal die Koalitionsfrage stellt?

    Geis: Nein. Ich glaube, also ich bin ganz sicher, dass die FDP mit der CDU/CSU, dass die Spitzen, dass die eine Einigung finden. Und da möchte ich gar nicht über Bogen überspannen reden, sondern ich hoffe auf die Vernunft und ich gehe davon aus, die Vernunft ist vorhanden. Wir haben schon ganz andere Klippen in dieser Koalition bestanden, wir werden diese ganz bestimmt auch bestehen.

    Engels: Norbert Geis, CSU-Abgeordneter und Mitglied im Familienausschuss des Bundestages. Vielen Dank für das Gespräch.

    Geis: Danke Ihnen auch.

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