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CSU fordert Ausweitung von DNA-Analysen

Friedbert Meurer: Nach der raschen Aufklärung des Falles Moshammer fordern jetzt Polizei und Politiker von Union und SPD, häufiger als bislang DNA-Proben von Tatverdächtigen nehmen zu können. Solche Proben seien das entscheidende Mittel zur Verbrechensaufklärung im 21. Jahrhundert. Aber es gibt Widerstand dagegen von Rechtspolitikern und Justizministern, denn DNA-Proben, so sagen sie, seien ein intimer Eingriff in die Freiheitsrechte jedes Bürgers. Am Telefon begrüße ich nun Norbert Geis, er ist Innenexperte der CSU. Guten Tag.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Norbert Geis: Grüß Gott.

    Meurer: Warum halten Sei den bisherigen Umgang und die bisherigen Möglichkeiten, DNA-Proben zu nehmen, für unzureichend?

    Geis: Weil die DNA-Probe das sicherste Identifizierungsmerkmal ist und bei der DNA-Probe geht es nicht darum, dass irgendwelche Daten gespeichert werden, ob einer intelligent ist oder welche Krankheit er hat, sondern einzig und allein darum, dass Daten gespeichert werden, die notwendig sind zur sicheren Identifizierung der jeweiligen Person. Alles andere, was da noch mit erforscht werden kann, darf nicht verwendet werden und muss beseitigt werden. Nur die Identifizierung spielt eine Rolle.

    Meurer: Wann soll künftig ein genetischer Fingerabdruck genommen werden?

    Geis: In allen strafbaren Handlungen, die rechtskräftig verurteilt worden sind und ein gewisses Maß an Strafe vorsehen, muss eine solche DNA-Probe möglich sein; und dann meine ich, dass bei einschlägigen Straftaten, auch wenn sie nicht sehr groß sind, bei denen aber die Prognose des Richters dahingeht, dass es ein Wiederholungstäter sein könnte, dass auch in einem solchen Fall eine DNA-Probe gemacht werden kann.

    Meurer: An welche Straftaten denken Sie da?

    Geis: Ganz gewiss an alle, die auch nur im Entferntesten mit dem sexuellen Bereich eine Verbindung haben, aber dazu gehören auch Diebstähle, auch unterer Art - Kaufhausdiebstahl zum Beispiel -, weil wir festgestellt haben, dass bei Diebstählen immer auch dann später bei denen, die das oft machen, auch solche Taten vorkommen.

    Meurer: Gibt es nicht ein ganz entscheidendes Problem, nämlich das Bundesverfassungsgericht, das ja geurteilt hat, DNA-Proben dürfen nur gespeichert werden, wenn eine schwere Straftat vorliegt?

    Geis: Ich halte dieses Urteil nicht für haltbar. Das Bundesverfassungsgericht hat damals offenbar nicht im Wissen, dass es nur um die Identifizierungsmerkmale geht und nicht um irgendwelche anderen Informationen, die man aus einer solchen Analyse auch entnehmen kann, hat dies zu wenig bedacht. Es sollte bei allem Respekt dieses Urteil korrigieren.

    Meurer: Ist das Verfassungsgericht nicht ganz einfach der Meinung, das Recht auf selbstbestimmte Information wiegt eben so schwer, dass ein so intimer Eingriff wie eine DNA-Probe nicht bei jedem kleineren Anlass vorgenommen werden darf?

    Geis: Wir haben ja andere Informationen, auch jedes Finanzamt hat genügend Informationen über die Finanzamtsnummer, wir müssen uns fotografieren lassen, wenn wir einen Pass haben wollen, darin stehen auch bestimmte Merkmale. Wenn es um die Identifizierung eines Menschen geht, muss der jeweilige halt ein bisschen was von seiner 'Intimität’ preisgeben. Das tun wir ja jetzt schon und um nichts anderes geht es bei der DNA-Probe.

    Meurer: Im Moment ist es ja so, die Karlsruher Richter sagen, dass nur dann eine DNA-Probe entnommen werden darf, und das ist auch die Gesetzeslage im Moment, wenn ein Richter das anordnet. Soll es dabei bleiben?

    Geis: Das ist ein sehr umständliches Verfahren. Das kann man machen, dagegen habe ich nichts, damit kein Fehler passiert und damit der Betreffende sich auch wehren kann. Wenn ein Richter das anordnet, das möchte ich belassen. Wir sollten aber dafür werben, dass möglichst viele freiwillig eine DNA-Probe machen lassen und die dann gespeichert wird, je mehr Freiwillige da sind, desto enger ist dann der Kreis derer, die nicht freiwillig eine DNA-Probe haben machen lassen und je schneller kann man da vielleicht auch im Falle eines schweren Verbrechens zugreifen und überprüfen.

    Meurer: Sie wollen also am liebsten Millionen Bundesbürger in einer Gendatei sehen?

    Geis: Nein, ich würde vorschlagen, dass es freiwillig geschieht. Wir haben schon erlebt, dass 15.000 Jugendliche in einem bestimmten Alter, als es um einen bestimmten Mordfall ging, sich freiwillig eine DNA-Probe entnehmen ließen. Warum soll das nicht möglich sein? Man muss den Menschen mehr die Furcht vor dieser DNA-Probe nehmen. Die sind nicht gleich als Verbrecher abgestempelt, wenn sie eine DNA-Probe von sich machen lassen, es ist im Grunde nichts mehr als das Passbild auch, nur ist es sicherer. Es muss aber gewährleistet sein, dass nur die Identifizierungsmerkmale gespeichert werden, alles andere muss beseitigt und vernichtet werden.

    Meurer: Was sagen Sie zu dem Punkt, der im Moment auch gilt, dass nur dann eine DNA-Probe genommen werden darf, wenn Wiederholungsgefahr oder die Gefahr weiterer Taten von erheblicher Bedeutung droht?

    Geis: Das ist im Moment die Gesetzeslage mit Rücksicht auf das Urteil des Verfassungsgerichtes. Im Moment kann nach meiner Auffassung aufgrund des Urteils der Gesetzgeber auch nicht anders vorgehen. Das ist schon sehr an den Rand dessen gegangen, was verfassungsrechtlich möglich ist. Und trotzdem muss man einmal überlegen, auch im Parlament, ob wir nicht doch mal ein Gesetz wagen, auch unter Rücksicht dass das Verfassungsgericht gleich nein dazu sagt, aber vielleicht ändert es ja auch seine Meinung.