Christoph Heinemann: Der Mann, dessen Nachname nach oben weist, ist gestern tief gefallen. Michael Höhenberger habe um die Entbindung von seinen Aufgaben gebeten, teilte die bayerische Staatskanzlei in München mit. Offenbar wollte Ministerpräsident Edmund Stoiber seinem Büroleiter diesen Wunsch so kurz vor Weihnachten nicht verwehren.
Schöne Bescherung, aber nur im übertragenen Sinne, denn Höhenbergers Entbindung soll alle Gerüchte über eine mögliche Verstrickung der Staatskanzlei und des Regierungschefs im Falle Gabriele Pauli beenden. Die Fürther Landrätin ist eine der wenigen, die offen sagt, was in der CSU offenbar einige denken, dass Edmund Stoibers Zeit als Freistaats- und Parteichef in Bayern vorbei ist. Die Landrätin aus Fürth, die zwar mit 65,4 Prozent ein typisches CSU-Wahlergebnis erzielte, jedoch mit ihrem roten Motorrad und ihrem Zweifeln an der Führungskraft des Vorsitzenden so gar nicht dem christlich-sozialen Politikerinnenbild entspricht, sollte, so ihr Vorwurf, mundtot gemacht werden. Die Dame ist geschieden, und das habe Michael Höhenberger, so behauptet sie, auf die Idee gebracht, sich bei Parteifreunden nach Männerbekanntschaften oder einem möglichen Alkoholproblem zu erkundigen. Das ist insofern verwunderlich, als jeder weiß, dass einst auch der große Vorsitzende nicht immer im eigenen Ehebett nächtigte und der Durst nicht seine einzige Maß der Dinge beim Biertrinken bildete.
Der geschasste Michael Höhenberger hat den Griff zum Telefonhörer bestätigt, jedoch bestritten, dass das Gespräch schmutzige Wäsche behandelt habe. Unterdessen verlief ein Treffen zwischen Gabriele Pauli und Innenminister Günter Beckstein ergebnislos. Die Landrätin spürt Unterstützung in der Partei:
"Die Partei ist aufgebracht, die Mitglieder sind empört darüber, es gibt ja auch mehr, die sich jetzt bei mir inzwischen melden, die sagen, ihnen ist Ähnliches widerfahren. Und das System, das da aufgebaut worden ist, Meinung zu unterdrücken, das ging nicht allein vom Herrn Höhenberger aus, sondern das war wohl auch gebilligt","
sagt Gabriele Pauli. Am Telefon ist jetzt Joachim Herrmann, der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag. Guten Morgen!
Joachim Herrmann: Guten Morgen!
Heinemann: Herr Herrmann, was ist los in der CSU?
Herrmann: Nun, von Aufruhr oder Krise kann meines Erachtens keine Rede sein. Es geht um einen einzelnen Vorgang, dass hier ein solches Telefongespräch des bisherigen Büroleiters des Ministerpräsidenten stattgefunden hat. Wenn dem so sein sollte, dass er nach privaten Dingen gefragt hat, dass er danach gefragt hat, wie man der Landrätin hier irgendwelche Vorwürfe anhängen kann, dann ist das aus meiner Sicht mit seinen dienstlichen Aufgaben sicherlich nicht vereinbar. Und deshalb sind gestern die Konsequenzen gezogen worden. Er scheidet aus diesem Amt als Büroleiter des Ministerpräsidenten aus. Das ist eine klare Entscheidung, die ich respektiere, aber dieser Vorgang gibt ansonsten, denke ich, für jetzt größere Diskussionen eigentlich keinen Anlass.
Heinemann: Schließen Sie aus, dass Frau Pauli mundtot gemacht werden sollte?
Herrmann: Das ist so oder so jedenfalls kein Thema. Frau Pauli, die ich seit vielen Jahren kenne, lässt sich nicht tot machen. Und auch, was ich in den letzten Tagen an Behauptungen gehört habe, dass Abgeordnete eingeschüchtert worden wären, da kann ich nur ganz klar sagen, von so etwas habe ich nie gehört. Und es lässt sich auch kein Mitglied meiner Landtagsfraktion einschüchtern.
Heinemann: Ein anderer schließt das nicht aus, hat schon mal davon gehört, Ihr Parteifreund und Fraktionskollege Sebastian Freiherr von Rotenhan sagte gestern bei uns hier im Deutschlandfunk Folgendes:
""Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass man mit Parteifreunden, die gegen den Strom schwimmen, in der CSU nicht gerade zimperlich umgeht, sondern da gibt es in der Staatskanzlei und vielleicht auch in der Landesleitung der CSU die so genannten Büchsenspanner, also praktisch Knappen, die den Ministerpräsidenten umgeben und die natürlich auf alles schießen, was gegen den Ministerpräsidenten gerichtet ist. Also ich habe das selber wiederholt erlebt, und es gibt da gerade im Umfeld von Stoiber in der Staatskanzlei drei oder vier Leute, die auch bei uns in der Fraktion keine gute Reputation haben. Wissen Sie, der Ministerpräsident leiht sein Ohr Mitarbeitern, die keine demokratische Legitimation haben, und wir als Landtagsabgeordnete werden sehr viel weniger gehört, als wir uns das eigentlich wünschten."
Herr Herrmann, das ist aber eine sehr hässliche CSU, die sich da präsentiert.
Herrmann: Ich teile die Einschätzung von Sebastian von Rotenhan überhaupt nicht. Dass der Ministerpräsident eifrige Mitarbeiter hat, die ihn persönlich beraten, das gilt für jeden Spitzenpolitiker in Deutschland.
Heinemann: Eifrig oder übereifrig?
Herrmann: Aber die Fraktion hat auf jeden Fall ihr eigenes Gewicht. Ich lege großen Wert darauf, dass jedenfalls in der CSU-Landtagsfraktion sehr offen diskutiert wird. Da wird manchmal auch Kritisches geäußert, wir haben selbstbewusste Abgeordnete, und das werden wir sicherlich auch im Jahr 2007 so bleiben.
Heinemann: Was ist Frau Pauli für Sie, ist das eine Nestbeschmutzerin mit Egotrip oder eine mutige Christsoziale, die, wie einst Angela Merkel in der CDU, eine Personaldebatte eröffnet hat, die sich die Männer nicht zu führen trauen?
Herrmann: Ich denke, zunächst einmal ist Gabi Pauli eine sehr, sehr fähige und erfolgreiche Landrätin des Landkreises Fürth. Sie gehört seit vielen Jahren dem Parteivorstand an, und es ist ihr gutes Recht, im Parteivorstand auch kritische Äußerungen zu machen oder auch Diskussionsvorschläge zu unterbreiten. Aber auf der anderen Seite kann es natürlich nicht unser Selbstverständnis im Parteivorstand sein, völlig unnötige Diskussionen zu führen, die den Parteivorsitzenden selbst in irgendeiner Weise beschädigen. Hier muss man auch, denke ich, die Meinung, die große Mehrheitsmeinung der Parteibasis und der Delegierten respektieren. Wir hatten zum Beispiel mit entsprechendem Hintergrund oder Zielrichtung auf unserem letzten Parteitag, der erst zwei Monate her ist, in Augsburg einen Antrag, die Amtszeiten des bayerischen Ministerpräsidenten zu begrenzen oder ihn künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Das ist mit überwältigender Mehrheit von den Delegierten des Parteitages abgelehnt worden. Da hatte sich auch Frau Pauli für diesen Antrag stark gemacht.
Ich denke, es ist dann schon, wenn der Parteitag zum Beispiel solche Anträge, sie zu stellen ist völlig legitim, aber wenn der Parteitag ganz klar mit großer Mehrheit darüber befunden hat, dann ist es auch richtig, als Vorstandsmitglied so etwas zu respektieren. Es macht jedenfalls keinen Sinn, sich letztendlich ständig immer wieder kritisch gegenüber der Person des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten zu äußern. Noch einmal: Das Verhalten seines Mitarbeiters war offensichtlich nicht in Ordnung. Daraus sind die Konsequenzen gezogen worden, und dann sollte man das jetzt auch so weit respektieren und sagen, jetzt müssen wir wieder vernünftig an den Sachproblemen unseres Landes, derer es genug gibt, arbeiten und es nicht ständig in solchen Personaldiskussionen erschöpfen.
Heinemann: Herr Herrmann, sollten die CSU-Mitglieder über den künftigen Spitzenkandidaten bestimmen?
Herrmann: Ich persönlich bin da sehr skeptisch. Das ist ein sicherlich zulässiger Vorschlag.
Heinemann: Fürchten Sie, dass Edmund Stoiber nicht gewählt würde?
Herrmann: Nein. Ich habe das verfolgt, wie das in Baden-Württemberg vor zwei Jahren gelaufen ist, das war auch eine andere Situation. Ganz klar ist, ein Ministerpräsident wird vom Bayerischen Landtag und damit, solange wir die Mehrheit haben, von der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag gewählt. Und deshalb gibt es natürlich ein ganz klares Interesse, dass auch die CSU-Landtagsfraktion sagt, das ist unsere Aufgabe. Ich meine auch, dass wir ganz klar eine Situation haben, der jetzige Ministerpräsident ist insofern auch der geborene Spitzenkandidat für die nächste Wahl, aber wenn Frau Pauli diesen Vorschlag einbringen will in die Gremien, ist sie daran ja nicht gehindert. Sie kann zunächst einmal eine Mitgliederbefragung im Landkreis Fürth durchführen, wer die nächste Kandidatin für die Landratswahl in Fürth sein soll, und dann kann sie natürlich auch einen Antrag in ihrem eigenen Bezirksverband einbringen, dass die Statuten der CSU geändert werden sollen, denn bislang, anders als bei der CDU oder SPD, sind solche Mitgliederbefragungen in der CSU-Satzung nicht vorgesehen. Wenn sie das tun will, ist das legitim. Ich persönlich mache aber keinen Hehl daraus, dass ich diesem Vorschlag eher skeptisch gegenüberstehe.
Heinemann: Herr Herrmann, der Hinweis auf Baden-Württemberg war ganz interessant. Die Nachfolgediskussion erinnert ein bisschen an Erwin Teufels Abgang. Teufel ist zwar zu spät, aber immerhin doch erhobenen Hauptes aus der Villa Reitzenstein in Stuttgart ausgezogen. Wenn das jetzt in Bayern so weitergeht, wird Stoiber dann die Seitentür wählen müssen?
Herrmann: Es gibt überhaupt keinen Anlass für eine solche Diskussion in Bayern. Edmund Stoiber macht eine überaus starke und erfolgreiche Politik. Bayern steht nach wie vor an der Spitze, ob wir über den Arbeitsmarkt reden, über die Bildungspolitik, über die innere Sicherheit. Und es gibt in Bayern keine Diskussionen darüber, dass wir jetzt einen anderen Ministerpräsidenten bräuchten.
Heinemann: In der CSU offenbar doch, wenn man jetzt mal bilanziert.
Herrmann: Das sind einzelne Stimmen, die man meines Erachtens wirklich nicht überbewerten sollte.
Heinemann: Erst Stoibers abgebrochener Ausflug in die Bundespolitik, dann sein Verriss der von ihm selbst mit ausgehandelten Gesundheitsreform, gewürzt mit seiner Meisterschaft, unvollendete Sätze zu artikulieren. Kann die CSU 2008 mit Edmund Stoiber in Bayern noch die absolute Mehrheit halten?
Herrmann: Es zeigen alle Meinungsumfragen der letzten Monate, dass nach wie vor die ganz große Mehrheit der Menschen, deutlich über 50 Prozent, die Zukunft Bayerns bei der CSU in guten Händen wissen, aus guten Gründen, weil wir die richtige Politik machen und weil es zur Politik der Christlich-Sozialen Union keine ernsthafte Alternative in Bayern gibt. Das weiß die Mehrheit der Menschen. Wir machen eine in Bayern erfolgreiche Politik. Dass es in Berlin nicht ganz einfach ist, und dass es gerade, wenn Sie die Gesundheitsreform ansprechen, natürlich für die CSU eine schwierige Gratwanderung ist, einerseits wird erwartet, dass wir ein konstruktiver Partner in dieser Großen Koalition sein wollen, andererseits halten wir gerade in der Gesundheitsreform nun die Konzeptionen der SPD und von Ulla Schmidt für völlig verfehlt. Und da ist es natürlich sehr schwierig, den richtigen Weg zu finden.
Ich persönlich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich der ganzen Konzeption des Gesundheitsfonds sehr, sehr skeptisch gegenüberstehe, und wenn sich dann derartig widersprüchliche Konzepte von Union einerseits und SPD andererseits gegenüberstehen, dass es da nicht einfach ist, einen Weg zu finden, damit am Schluss für die Patienten, für die Menschen eine vernünftige Gesundheitsreform rauskommt, das ist für mich nachvollziehbar, und das, denke ich, darf man nicht an der Person von Edmund Stoiber festmachen.
Heinemann: Joachim Herrmann, der Fraktionschef der CSU im Bayerischen Landtag. Dankeschön für das Gespräch, und - trotz des Ärgers - ein schönes Weihnachtsfest Ihnen!
Herrmann: Danke, das wünsche ich Ihnen und Ihren Hörerinnen und Hörern auch, frohe Weihnachten und alles Gute in 2007!
Schöne Bescherung, aber nur im übertragenen Sinne, denn Höhenbergers Entbindung soll alle Gerüchte über eine mögliche Verstrickung der Staatskanzlei und des Regierungschefs im Falle Gabriele Pauli beenden. Die Fürther Landrätin ist eine der wenigen, die offen sagt, was in der CSU offenbar einige denken, dass Edmund Stoibers Zeit als Freistaats- und Parteichef in Bayern vorbei ist. Die Landrätin aus Fürth, die zwar mit 65,4 Prozent ein typisches CSU-Wahlergebnis erzielte, jedoch mit ihrem roten Motorrad und ihrem Zweifeln an der Führungskraft des Vorsitzenden so gar nicht dem christlich-sozialen Politikerinnenbild entspricht, sollte, so ihr Vorwurf, mundtot gemacht werden. Die Dame ist geschieden, und das habe Michael Höhenberger, so behauptet sie, auf die Idee gebracht, sich bei Parteifreunden nach Männerbekanntschaften oder einem möglichen Alkoholproblem zu erkundigen. Das ist insofern verwunderlich, als jeder weiß, dass einst auch der große Vorsitzende nicht immer im eigenen Ehebett nächtigte und der Durst nicht seine einzige Maß der Dinge beim Biertrinken bildete.
Der geschasste Michael Höhenberger hat den Griff zum Telefonhörer bestätigt, jedoch bestritten, dass das Gespräch schmutzige Wäsche behandelt habe. Unterdessen verlief ein Treffen zwischen Gabriele Pauli und Innenminister Günter Beckstein ergebnislos. Die Landrätin spürt Unterstützung in der Partei:
"Die Partei ist aufgebracht, die Mitglieder sind empört darüber, es gibt ja auch mehr, die sich jetzt bei mir inzwischen melden, die sagen, ihnen ist Ähnliches widerfahren. Und das System, das da aufgebaut worden ist, Meinung zu unterdrücken, das ging nicht allein vom Herrn Höhenberger aus, sondern das war wohl auch gebilligt","
sagt Gabriele Pauli. Am Telefon ist jetzt Joachim Herrmann, der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag. Guten Morgen!
Joachim Herrmann: Guten Morgen!
Heinemann: Herr Herrmann, was ist los in der CSU?
Herrmann: Nun, von Aufruhr oder Krise kann meines Erachtens keine Rede sein. Es geht um einen einzelnen Vorgang, dass hier ein solches Telefongespräch des bisherigen Büroleiters des Ministerpräsidenten stattgefunden hat. Wenn dem so sein sollte, dass er nach privaten Dingen gefragt hat, dass er danach gefragt hat, wie man der Landrätin hier irgendwelche Vorwürfe anhängen kann, dann ist das aus meiner Sicht mit seinen dienstlichen Aufgaben sicherlich nicht vereinbar. Und deshalb sind gestern die Konsequenzen gezogen worden. Er scheidet aus diesem Amt als Büroleiter des Ministerpräsidenten aus. Das ist eine klare Entscheidung, die ich respektiere, aber dieser Vorgang gibt ansonsten, denke ich, für jetzt größere Diskussionen eigentlich keinen Anlass.
Heinemann: Schließen Sie aus, dass Frau Pauli mundtot gemacht werden sollte?
Herrmann: Das ist so oder so jedenfalls kein Thema. Frau Pauli, die ich seit vielen Jahren kenne, lässt sich nicht tot machen. Und auch, was ich in den letzten Tagen an Behauptungen gehört habe, dass Abgeordnete eingeschüchtert worden wären, da kann ich nur ganz klar sagen, von so etwas habe ich nie gehört. Und es lässt sich auch kein Mitglied meiner Landtagsfraktion einschüchtern.
Heinemann: Ein anderer schließt das nicht aus, hat schon mal davon gehört, Ihr Parteifreund und Fraktionskollege Sebastian Freiherr von Rotenhan sagte gestern bei uns hier im Deutschlandfunk Folgendes:
""Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass man mit Parteifreunden, die gegen den Strom schwimmen, in der CSU nicht gerade zimperlich umgeht, sondern da gibt es in der Staatskanzlei und vielleicht auch in der Landesleitung der CSU die so genannten Büchsenspanner, also praktisch Knappen, die den Ministerpräsidenten umgeben und die natürlich auf alles schießen, was gegen den Ministerpräsidenten gerichtet ist. Also ich habe das selber wiederholt erlebt, und es gibt da gerade im Umfeld von Stoiber in der Staatskanzlei drei oder vier Leute, die auch bei uns in der Fraktion keine gute Reputation haben. Wissen Sie, der Ministerpräsident leiht sein Ohr Mitarbeitern, die keine demokratische Legitimation haben, und wir als Landtagsabgeordnete werden sehr viel weniger gehört, als wir uns das eigentlich wünschten."
Herr Herrmann, das ist aber eine sehr hässliche CSU, die sich da präsentiert.
Herrmann: Ich teile die Einschätzung von Sebastian von Rotenhan überhaupt nicht. Dass der Ministerpräsident eifrige Mitarbeiter hat, die ihn persönlich beraten, das gilt für jeden Spitzenpolitiker in Deutschland.
Heinemann: Eifrig oder übereifrig?
Herrmann: Aber die Fraktion hat auf jeden Fall ihr eigenes Gewicht. Ich lege großen Wert darauf, dass jedenfalls in der CSU-Landtagsfraktion sehr offen diskutiert wird. Da wird manchmal auch Kritisches geäußert, wir haben selbstbewusste Abgeordnete, und das werden wir sicherlich auch im Jahr 2007 so bleiben.
Heinemann: Was ist Frau Pauli für Sie, ist das eine Nestbeschmutzerin mit Egotrip oder eine mutige Christsoziale, die, wie einst Angela Merkel in der CDU, eine Personaldebatte eröffnet hat, die sich die Männer nicht zu führen trauen?
Herrmann: Ich denke, zunächst einmal ist Gabi Pauli eine sehr, sehr fähige und erfolgreiche Landrätin des Landkreises Fürth. Sie gehört seit vielen Jahren dem Parteivorstand an, und es ist ihr gutes Recht, im Parteivorstand auch kritische Äußerungen zu machen oder auch Diskussionsvorschläge zu unterbreiten. Aber auf der anderen Seite kann es natürlich nicht unser Selbstverständnis im Parteivorstand sein, völlig unnötige Diskussionen zu führen, die den Parteivorsitzenden selbst in irgendeiner Weise beschädigen. Hier muss man auch, denke ich, die Meinung, die große Mehrheitsmeinung der Parteibasis und der Delegierten respektieren. Wir hatten zum Beispiel mit entsprechendem Hintergrund oder Zielrichtung auf unserem letzten Parteitag, der erst zwei Monate her ist, in Augsburg einen Antrag, die Amtszeiten des bayerischen Ministerpräsidenten zu begrenzen oder ihn künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Das ist mit überwältigender Mehrheit von den Delegierten des Parteitages abgelehnt worden. Da hatte sich auch Frau Pauli für diesen Antrag stark gemacht.
Ich denke, es ist dann schon, wenn der Parteitag zum Beispiel solche Anträge, sie zu stellen ist völlig legitim, aber wenn der Parteitag ganz klar mit großer Mehrheit darüber befunden hat, dann ist es auch richtig, als Vorstandsmitglied so etwas zu respektieren. Es macht jedenfalls keinen Sinn, sich letztendlich ständig immer wieder kritisch gegenüber der Person des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten zu äußern. Noch einmal: Das Verhalten seines Mitarbeiters war offensichtlich nicht in Ordnung. Daraus sind die Konsequenzen gezogen worden, und dann sollte man das jetzt auch so weit respektieren und sagen, jetzt müssen wir wieder vernünftig an den Sachproblemen unseres Landes, derer es genug gibt, arbeiten und es nicht ständig in solchen Personaldiskussionen erschöpfen.
Heinemann: Herr Herrmann, sollten die CSU-Mitglieder über den künftigen Spitzenkandidaten bestimmen?
Herrmann: Ich persönlich bin da sehr skeptisch. Das ist ein sicherlich zulässiger Vorschlag.
Heinemann: Fürchten Sie, dass Edmund Stoiber nicht gewählt würde?
Herrmann: Nein. Ich habe das verfolgt, wie das in Baden-Württemberg vor zwei Jahren gelaufen ist, das war auch eine andere Situation. Ganz klar ist, ein Ministerpräsident wird vom Bayerischen Landtag und damit, solange wir die Mehrheit haben, von der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag gewählt. Und deshalb gibt es natürlich ein ganz klares Interesse, dass auch die CSU-Landtagsfraktion sagt, das ist unsere Aufgabe. Ich meine auch, dass wir ganz klar eine Situation haben, der jetzige Ministerpräsident ist insofern auch der geborene Spitzenkandidat für die nächste Wahl, aber wenn Frau Pauli diesen Vorschlag einbringen will in die Gremien, ist sie daran ja nicht gehindert. Sie kann zunächst einmal eine Mitgliederbefragung im Landkreis Fürth durchführen, wer die nächste Kandidatin für die Landratswahl in Fürth sein soll, und dann kann sie natürlich auch einen Antrag in ihrem eigenen Bezirksverband einbringen, dass die Statuten der CSU geändert werden sollen, denn bislang, anders als bei der CDU oder SPD, sind solche Mitgliederbefragungen in der CSU-Satzung nicht vorgesehen. Wenn sie das tun will, ist das legitim. Ich persönlich mache aber keinen Hehl daraus, dass ich diesem Vorschlag eher skeptisch gegenüberstehe.
Heinemann: Herr Herrmann, der Hinweis auf Baden-Württemberg war ganz interessant. Die Nachfolgediskussion erinnert ein bisschen an Erwin Teufels Abgang. Teufel ist zwar zu spät, aber immerhin doch erhobenen Hauptes aus der Villa Reitzenstein in Stuttgart ausgezogen. Wenn das jetzt in Bayern so weitergeht, wird Stoiber dann die Seitentür wählen müssen?
Herrmann: Es gibt überhaupt keinen Anlass für eine solche Diskussion in Bayern. Edmund Stoiber macht eine überaus starke und erfolgreiche Politik. Bayern steht nach wie vor an der Spitze, ob wir über den Arbeitsmarkt reden, über die Bildungspolitik, über die innere Sicherheit. Und es gibt in Bayern keine Diskussionen darüber, dass wir jetzt einen anderen Ministerpräsidenten bräuchten.
Heinemann: In der CSU offenbar doch, wenn man jetzt mal bilanziert.
Herrmann: Das sind einzelne Stimmen, die man meines Erachtens wirklich nicht überbewerten sollte.
Heinemann: Erst Stoibers abgebrochener Ausflug in die Bundespolitik, dann sein Verriss der von ihm selbst mit ausgehandelten Gesundheitsreform, gewürzt mit seiner Meisterschaft, unvollendete Sätze zu artikulieren. Kann die CSU 2008 mit Edmund Stoiber in Bayern noch die absolute Mehrheit halten?
Herrmann: Es zeigen alle Meinungsumfragen der letzten Monate, dass nach wie vor die ganz große Mehrheit der Menschen, deutlich über 50 Prozent, die Zukunft Bayerns bei der CSU in guten Händen wissen, aus guten Gründen, weil wir die richtige Politik machen und weil es zur Politik der Christlich-Sozialen Union keine ernsthafte Alternative in Bayern gibt. Das weiß die Mehrheit der Menschen. Wir machen eine in Bayern erfolgreiche Politik. Dass es in Berlin nicht ganz einfach ist, und dass es gerade, wenn Sie die Gesundheitsreform ansprechen, natürlich für die CSU eine schwierige Gratwanderung ist, einerseits wird erwartet, dass wir ein konstruktiver Partner in dieser Großen Koalition sein wollen, andererseits halten wir gerade in der Gesundheitsreform nun die Konzeptionen der SPD und von Ulla Schmidt für völlig verfehlt. Und da ist es natürlich sehr schwierig, den richtigen Weg zu finden.
Ich persönlich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich der ganzen Konzeption des Gesundheitsfonds sehr, sehr skeptisch gegenüberstehe, und wenn sich dann derartig widersprüchliche Konzepte von Union einerseits und SPD andererseits gegenüberstehen, dass es da nicht einfach ist, einen Weg zu finden, damit am Schluss für die Patienten, für die Menschen eine vernünftige Gesundheitsreform rauskommt, das ist für mich nachvollziehbar, und das, denke ich, darf man nicht an der Person von Edmund Stoiber festmachen.
Heinemann: Joachim Herrmann, der Fraktionschef der CSU im Bayerischen Landtag. Dankeschön für das Gespräch, und - trotz des Ärgers - ein schönes Weihnachtsfest Ihnen!
Herrmann: Danke, das wünsche ich Ihnen und Ihren Hörerinnen und Hörern auch, frohe Weihnachten und alles Gute in 2007!