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CSU im EU-Wahlkampf
Plötzlich europäisch

Vor fünf Jahren zog die CSU mit dem EU-Kritiker Peter Gauweiler in den Wahlkampf - jetzt gibt sie sich proeuropäisch. Ein Grund dafür ist, dass die Christsozialen zusammen mit der CDU und dem gemeinsamen Spitzenkandidaten Manfred Weber ins Rennen geht - und der will EU-Kommissionspräsident werden.

Von Vera Wolfskämpf | 27.04.2019
Markus Söder am Rednerpult
Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Europa-Parteitag der CSU (Nicolas Armer / dpa )
"The Power of WE" – mit diesem Slogan zieht Manfred Weber in den Europa-Wahlkampf. Ein "Starkes Wir" ist auch das Motto für CDU und CSU: Zum ersten Mal haben sie ein Wahlprogramm, eine Kampagne und den gemeinsamen Spitzenkandidaten Manfred Weber.
"Für uns ist das ein starkes Zeichen der echten Union, die wir verkörpern, die in diesem Europawahljahr 2019 gemeinsam die Menschen überzeugen will, für Union zu wählen und für ein starkes Europa zu wählen", verkündet Söder.
Der Brexit als abschreckendes Beispiel
Ein starkes Europa – das hätte die CSU vor fünf Jahren noch nicht zu ihrem Leitmotiv gemacht. Stattdessen wollte sie mit dem EU-Kritiker Peter Gauweiler punkten. Doch EU-Skepsis und Schlingerkurs brachten der CSU nur noch 40 statt vorher 48 Prozent der Stimmen. Diesmal also eine andere Strategie, mit dem Pro-Europäer Manfred Weber. CSU-Chef Markus Söder erklärt es so:
"Wir spüren jeden Tag, was passieren kann, wenn man die Sache nicht ernst nimmt, nämlich am Brexit. Der Brexit ist das synonyme Bild dafür, wie Europa werden könnten, wenn wir es den Falschen überlassen. Und das bringt uns auch klar zu diesem Engagement und zu dem Einsatz für Europa, den wir jetzt zeigen, und zwar gemeinsam."
Stichwort für CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer: Auch sie sonnt sich seit ihrem Amtsantritt im neuen harmonischen Miteinander der Union. Die demokratische Mitte brauche es für Europa, denn es gehe bei dieser Wahl um Schicksalsfragen:
"Das ist die Frage von Außengrenzenschutz als Voraussetzung, um Schengen nach innen erhalten zu können. Das ist die Frage einer gemeinsamen Antwort auf Migrationsbewegungen in der ganzen Welt. Das ist die Frage einer gemeinsamen Antwort auf etwa die klimatischen Herausforderungen, die wir erleben."
"Kein Populismus, aber klare Antworten"
Ein paar Antworten versucht Manfred Weber in seinem Wahlprogramm und einem Zwölf-Punkte-Plan zu geben: So will er ein globales Verbot von Plastikprodukten. Gegen illegale Zuwanderung sollen 10.000 europäische Grenzschützer bis 2022 helfen. Und ein Marshallplan für Afrika soll die Fluchtursachen bekämpfen. Die Formel, um gegen die Kräfte von rechts bei der Europawahl anzukommen, lautet für Manfred Weber: kein Populismus, aber klare Antworten. Seine Schwerpunkte nannte er vor dem Wahlkampfauftakt gestern im ARD/ZDF-Morgenmagazin:
"Sicherheit für die Menschen, beispielsweise an der Außengrenze, aber auch im Inneren mit einem gestärkten Europol, einer europäischen FBI-Struktur, die wir vorschlagen. Und auf der anderen Seite auch Wohlstand sichern, das sind die zwei Leitmotive."
Die Wirtschaft will Weber mit neuen Handelsverträgen stärken. Ziel seien fünf Millionen neue Arbeitsplätze für die Jugend. Außerdem würde er als Kommissionspräsident einiges zur Chefsache erklären: große Datenkonzerne in Europa zu Steuern verpflichten, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden, ein Gremium für Rechtsstaatlichkeit einrichten. Für das Soziale aber – Mindestlohn, Arbeitslosenversicherung – sollen die Nationen selbst verantwortlich sein.
Dass Manfred Weber die Konservativen in ganz Europa vertritt, wurde diese Woche klar: Er stellte sich deutlich gegen Nord Stream 2, die deutsch-russische Gas-Pipeline. Weber ist eben auch Spitzenkandidat der gesamten europäischen Volkspartei EVP. Und deren Rückhalt braucht er, wenn er EU-Kommissionspräsident werden will.