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CSU-Politiker: Bundeswehr wird Vertrauen der Afghanen nicht enttäuschen

In Afghanistan arbeiten rund 1500 Einheimische mit der Bundeswehr zusammen. Nach einem Abzug Ende 2014 fürchten viele dieser Ortskräfte Racheakte. Es bleibe genug Zeit, über eine mögliche Immigration dieser Menschen nach Deutschland zu entscheiden, versichtert Christian Schmidt (CSU).

Christian Schmidt im Gespräch mit Christine Heuer |
    Christine Heuer: In Afghanistan unterstützen sie die Bundeswehrmission, sie arbeiten als Dolmetscher, Wachpersonal oder Reinigungskräfte und sind an der Polizeiausbildung beteiligt. Deutsche Soldaten sind auf die Hilfe afghanischer Ortskräfte angewiesen. Rund 1500 Afghanen arbeiten unmittelbar mit der Bundeswehr zusammen und viele von ihnen haben Angst: Was passiert, wenn die deutschen Soldaten abziehen? Die Ortskräfte fürchten Racheakte, viele von ihnen fühlen sich jetzt schon durch Taliban oder Warlords in ihrer Heimat bedroht. Die Ausreise nach Deutschland wäre für sie ein sicherer Hafen, aber die Bundesregierung will diese Immigration nicht pauschal gestatten, sie besteht auf einer Einzelfallprüfung nach strengen Kriterien.
    Am Telefon ist der CSU-Politiker Christian Schmidt, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. Guten Morgen, Herr Schmidt!

    Christian Schmidt: Guten Morgen, Frau Heuer.

    Heuer: Sie waren gerade eben erst in Afghanistan. Sprechen Sie da auch mal mit den einheimischen Ortskräften über ihre Sorgen?

    Schmidt: Ich habe über die einheimischen Ortskräfte und mit einheimischen Ortskräften nicht gezielt auf die Frage ihrer Gefährdung gesprochen, aber über die allgemeine Befindlichkeit ja.

    Heuer: Und hören Sie da auch, dass viele Ortskräfte Angst haben?

    Schmidt: Also ich maße mir da kein Urteil zu, aus ein zwei Gesprächen einen allgemeinen Überblick zu haben. Jedenfalls erwarten die Ortskräfte zurecht und die bekommen auch diese Erwartung erfüllt, dass wir in großzügiger und fürsorglicher Art und Weise mit ihren Anliegen umgehen.

    Heuer: Fürsorglich würden vielleicht viele finden, wenn die Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, wenn die Bundeswehr erst einmal nicht mehr in Afghanistan ist, wenn die auch sicher aufgenommen würden. Wieso tut Deutschland das nicht?

    Schmidt: Frau Heuer, ich finde, ich habe etwas die Befürchtung, dass hier eine Diskussion in Deutschland geführt wird, die zu wenig nach Afghanistan blickt. In Afghanistan ist nicht alles schlecht und es ist nicht alles gut. Wir müssen uns schon der Mühe unterziehen und das tun ja die Ortskräfte auch, zu prüfen, ob sie bleiben können, oder sich im Land verändern, einen neuen Job suchen. Ich will mal darauf hinweisen, dass wir in der Entwicklungspolitik sehr hohen Bedarf weiterhin auch an unterstützenden Ortskräften haben, dass auch die Bundeswehr nach wie vor Bedarf hat. Und wenn ich nun pauschal sage, alle, die bisher bei uns waren, die sollen mal nach Deutschland gehen, was passiert mit den Familien. Wie organisiert man die Strukturen, die oft ja sehr stark in Großfamilien sich orientieren, will da jemand da bleiben. Ich meine, wenn wir diese Fragen ruhig und seriös klären und dann im Zweifelsfalle natürlich für eine Bereitschaft sind, den Betreffenden und seine engere Familie dann in unser Land kommen zu lassen, dann ist das eine richtige und gute Antwort. Aber wir reden ein klein wenig über die Köpfe der Betroffenen, habe ich den Eindruck, in unserem politischen Berlin schon wieder mal drüber hinweg.

    Heuer: Ja, aber von denen ist auch zu hören, von diesen Ortskräften in Afghanistan, es gibt Berichte über deren Sorgen und über Bedrohungen, die sich nicht immer ganz konkret ausdrücken. Genau das verlangt aber die Bundesregierung oder die Bundesrepublik jetzt in der Einzelfallprüfung, dass eine konkrete Bedrohung nachgewiesen wird. Wie soll das denn gehen?

    Schmidt: Na ja, das darf man nicht so sehen, dass es darum geht, einer muss bestätigen, dass er unmittelbar gefährdet ist dadurch, dass ihm schon Steine ins Fenster geworfen werden. Allgemeine Bedrohungslage heißt, natürlich ist in Afghanistan eine allgemeine Bedrohungslage, die jeder Bürger, ob das nun jemand war oder ist, der für ISAF-Kräfte arbeitet oder der ganz normalem Geschäft nachgeht, ausgesetzt ist. Darüber hinaus muss aus seiner Tätigkeit für die Bundeswehr, für die Bundespolizei, gegebenenfalls für andere Organisationen, fürs Auswärtige Amt, ein Gefährdungsbezug da sein. Ich glaube, das ist ein rationaler Ansatz und daraus kann man nicht schließen, dass wir da nicht großzügig wären. Ganz im Gegenteil.

    Heuer: Dann machen wir es bitte, Herr Schmidt, mal konkret. Der klassische Fall ist ja der Dolmetscher, der über Jahre immer neben Bundeswehrsoldaten aufgetreten ist und sichtbar ist, auch für Taliban und für Extremisten, die diese Situation beobachten. Darf der nach Deutschland kommen nach Ihren Kriterien?

    Schmidt: Wenn ich bei Einzelfallentscheidung bleibe und seriös bleibe und nicht allein dem schnellen Spruch folge, dann würde ich sagen, da muss das geprüft werden. Aber es gibt sehr hohe Anhaltspunkte dafür, dass der dann nach Deutschland kommen kann, es sei denn, er hat weiterhin eine Position und eine Möglichkeit, dass er für die Bundeswehr weiter arbeitet. Das, denke ich, das ist einer der Fälle, die in der Tat dann im Sinne der Fürsorglichkeit zu betrachten sind, wenn die Namen bekannt sind. Ich muss dazu einmal sagen, dass man die Dinge nicht ganz offen zum Markte trägt, auch in Deutschland nicht, das hat schon auch damit zu tun, dass auch Taliban Zeitung lesen und Radio hören und deswegen wir etwas zurückhaltend sind, zu jedem Einzelfall zu sagen ja oder nein.

    Heuer: Herr Schmidt, wir nennen keine Namen.

    Schmidt: Nein, selbstverständlich nicht.

    Heuer: Machen wir es mal anders. Wie viele Anträge sind denn bereits eingegangen und wie viele davon sind positiv beschieden worden?

    Schmidt: Über die genaue Zahl habe ich bisher keinen Überblick. Die Größenordnung, die der Bundesinnenminister genannt hat, die dürfte etwas gestiegen sein. Ich halte sie, soweit mir bekannt ist, für eine Zahl unter 100, also eine absolut regelbare und zügig zu bearbeitende Zahl. Ich will aber darauf hinweisen: Es ist ja nun nicht so, dass die Ortskräfte, jedenfalls die allermeisten, in dem nächsten Monat außer Arbeit gesetzt sind. Wir haben das Ende unserer Mission zum Ende des Jahres 2014. Also es bleibt da gut Zeit, das in Ruhe, aber auch im Sinne der Beteiligten und der betroffenen Ortskräfte zu regeln.

    Heuer: Was heißt das? Was heißt zügig bearbeiten? Heißt das, Ende 2014 ist der letzte Antrag dann beschieden, oder geht das schneller?

    Schmidt: Ich vermute, dass die Betreffenden auch mit sich selbst über die Frage erst im Klaren werden müssen. Nun ist deren Heimat für alle Afghanistan und eben nicht Deutschland und in ein anderes Land zu gehen, das ist ja auch eine Entscheidung, die dann beispielsweise mit der Familie besprochen werden muss, wo rechtliche Fragen, Eigentumsfragen, beispielsweise was passiert mit dem Haus und so weiter, zu klären sind. All diese Fragen, da vermute ich und weiß ich, dass die Betroffenen eine gewisse Zeit brauchen, um das zu klären. Wenn es nach überstürztem Aufbruch aussieht, aussehen würde, was es nicht tun wird, dann hilft das niemandem. Aber das heißt nicht auf die lange Bank schieben. Wir werden die Dinge gerade dem beherzigend, was am Wochenende von Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag gesagt worden ist, großzügig und fürsorglich und zügig lösen.

    Heuer: Herr Schmidt, kurz zum Schluss. Diese Kollegen, die Sie ansprechen, die befürchten, dass der Eindruck entsteht, die Deutschen ließen ihre eigenen Leute im Stich. Fürchten Sie nicht, dass genau das am Ende hängen bleibt?

    Schmidt: Nein! Genau an diesem Eindruck habe ich auch gerade versucht darzulegen, dass der nicht berechtigt ist, und Eindruck heißt nicht Realität. Deswegen werden wir durch unsere diskreten Entscheidungen, diskret im Sinne der Fürsorge für die einzelne Person, zeigen, dass die Bundeswehr, so wie sie in Afghanistan sich gezeigt hat, so beliebt, wie sie ist in Afghanistan, das Vertrauen der Afghanen in keiner Weise enttäuschen wird, sondern dass – lassen Sie mich das mal sagen – in dieser Frage sich wirklich kaum andere Best-Practice-Beispiele zeigen lassen können. Wir werden das superanständig machen.

    Heuer: Gut. – Christian Schmidt, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. Ich danke Ihnen für das Gespräch.

    Schmidt: Gerne!

    Heuer: Tschüß nach Berlin.

    Schmidt: Auf Wiederhören.


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