Jasper Barenberg: Alle Bürger müssen gleich behandelt werden. Mit diesem Verfassungsgrundsatz ist sie also nicht vereinbar, die neue Regelung der so genannten Pendlerpauschale, wie sie die Große Koalition vor zwei Jahren beschlossen hat. So haben es die Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heute Vormittag entschieden. Am Telefon begrüße ich nun den CSU-Politiker und selbständigen Unternehmer Hans Michelbach, der auch Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der Union ist. Einen schönen guten Tag nach Berlin.
Hans Michelbach: Guten Tag, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Michelbach, die CSU hat sich im bayerischen Landtagswahlkampf massiv für die Rückkehr zur alten Regelung für Berufspendler stark gemacht. Werden sie diese Forderung jetzt nun mit dem Urteil im Rücken gegenüber CDU und SPD durchsetzen können?
Michelbach: Ja, selbstverständlich. Das höchste Gericht hat entschieden und hat eine Forderung gestellt, die sofortige Rückkehr zur alten Pendlerpauschale wahrzunehmen. Es gibt natürlich die rechtliche Frage; es gibt aber auch die politische Frage. Wer von Arbeitnehmern Mobilität erwartet, darf sie nicht bestrafen, wenn sie für einen Arbeitsplatz Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das wurde ganz klar auch entschieden, dass hier der Gleichheitsgrundsatz nicht mit diesem Gesetz entstanden ist, und es wäre ein unglaublicher Vorgang, wenn die Politik so tun würde, als gäbe es dieses Urteil nicht, oder man würde auf der alten Gesetzeslage beharren. Das kann einfach nicht sein.
Barenberg: Nun ist es ja so, dass man hört, dass Finanzminister Steinbrück beispielsweise schon an Alternativlösungen bastelt und errechnen lässt, um einen Teil der Steuermehreinnamen von 2,5 Milliarden Euro zu sichern. Was halten Sie davon?
Michelbach: Natürlich ist das eigentlich generell der Offenbarungseid der Politik, wenn ich sehenden Auges mich immer wieder vom Verfassungsgericht bevormunden lassen muss beziehungsweise korrigieren lassen muss. Und wenn ich dann ein Urteil habe und dann möchte ich noch das ganze unterlaufen - er hatte ja gesagt, dass er sich das Geld dann bei einem solchen Urteil wieder woanders holen würde -, dann wird hier jede Seriosität der Steuerpolitik untergraben. Wir haben hier ein klares Urteil, und dieses Urteil muss natürlich sofort gelten und es muss auch für die Arbeitnehmer letzten Endes eine gerechte Lösung stattfinden. Die ist ja durch dieses Gesetz vorprogrammiert. Also man kann jetzt nicht mehr tricksen und ich kann nur sagen, keine Tricks, Herr Steinbrück.
Barenberg: Nun hat das Bundesverfassungsgericht ja auch der Politik einen weiten Spielraum gelassen bei der Neuregelung. Kommen wir damit zurück zu den alten Für und Wider bei der Pendlerpauschale, beispielsweise zu dem Argument, dass eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale den meisten Arbeitnehmern gar nichts bringt, weil ihre Fahrtkosten ohnehin unter der Pauschale von 920 Euro liegen?
Michelbach: Nein. Es ist so: Wir haben hier eine klare Entscheidung, dass das Werkstorprinzip in dieser Form nicht gelten kann.
Barenberg: Warum denn nicht?
Michelbach: Wir haben eben keine Vergnügungsfahrt und es muss für den Arbeitnehmer von der Haustür an für seinen Erwerb eine Abzugsmöglichkeit geben. Die Pauschale sagt dies ungenau und wir haben hier eben sehr differenzierte Pendlerwege. Wenn man das Wohnungstürprinzip, das jetzt also auch nach meiner Ansicht anzuwenden ist, gelten lässt, dann muss man auch vom ersten Kilometer an die Pendlerpauschale gelten lassen.
Barenberg: Die Pendlerpauschale belohnt Stadtflucht, sie schadet der Natur und ist klimaschädlich. Sind das keine Argumente, die Sie gelten lassen?
Michelbach: Ich kann natürlich viele Argumente heranziehen. Zunächst einmal geht es um eine gerechte Steuerregelung nach dem Gleichbehandlungsgebot, wie es im Grundgesetz steht. Deswegen brauchen wir hier eine tragfähige Lösung. Natürlich ist jeder, der pendeln muss, auch mit großen nervlichen Belastungen befasst und natürlich gibt es auch Leute, die nahe bei ihrem Arbeitsplatz wohnen und dadurch einen Vorteil haben. Das kann der Gesetzgeber in dieser Form nicht regeln. Im Wesentlichen haben wir, dass wir hier einen steuerrechtlichen Fall haben, der nach dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes erledigt werden muss.
Barenberg: Wenn es so kommt wie Sie vorschlagen, also die Rückkehr zur alten Pauschale, dann entfallen ja Steuermehreinnahmen derzeit in Milliardenhöhe. Können wir uns das in diesen Krisenzeiten überhaupt leisten?
Michelbach: Ja. Wir haben hier ja die Notwendigkeit, bei der wirtschaftlichen Stimmungslage, bei den Konjunkturproblemen auch den Menschen mehr Geld zu geben, und wir haben in einem Jahr von dem Ist-Ergebnis 2007 zur Steuerprognose 2009, also im Jahr 2008, einen Aufwuchs bei den Steuermehreinnahmen von 38,2 Milliarden Euro. Da muss ich sagen ist es nicht verständlich, dass der Bundesfinanzminister sagt, die 2,5 Milliarden für die Pendlerpauschale hat er nicht. Das heißt also, hier ist eine gerechte Lösung nach dem Urteil vorzunehmen, und wenn er fürsorglich wäre, hätte er schon lange dafür eine Rückstellung bilden müssen, weil es ganz klar war, dass seine Auffassung vom Verfassungsgericht widerlegt wird.
Barenberg: Die Spitzen von CDU und CSU werden sich am 2. Januar treffen und die weiteren Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur beraten. Es wird ein Koalitionstreffen am 5. Januar geben. Werden Sie dort diese Rückkehr zur alten Pendlerpauschale schon durchsetzen?
Michelbach: Ich vertraue darauf, dass wir jetzt auch einen Weg der Vernunft bei unseren Koalitionspartnern, bei unserer Schwesterpartei gewinnen. Diese Rückkehr zur Pendlerpauschale sollte in eine Steuerkonzeption eingebunden werden, die dringend notwendig ist zur Steuerentlastung, um das Konjunkturtal zu überwinden, den Menschen mehr Netto vom Brutto zu geben. Hier kann sicher zur richtigen Zeit ein positives Signal in der Steuerpolitik und natürlich für die Menschen und für die arbeitenden Menschen geleistet werden.
Barenberg: Im Deutschlandfunk in den "Informationen am Mittag" im Gespräch Hans Michelbach, Mitglied der CSU im Bundestag und Vorsitzender der Mittelstandsunion. Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Michelbach.
Hans Michelbach: Guten Tag, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Michelbach, die CSU hat sich im bayerischen Landtagswahlkampf massiv für die Rückkehr zur alten Regelung für Berufspendler stark gemacht. Werden sie diese Forderung jetzt nun mit dem Urteil im Rücken gegenüber CDU und SPD durchsetzen können?
Michelbach: Ja, selbstverständlich. Das höchste Gericht hat entschieden und hat eine Forderung gestellt, die sofortige Rückkehr zur alten Pendlerpauschale wahrzunehmen. Es gibt natürlich die rechtliche Frage; es gibt aber auch die politische Frage. Wer von Arbeitnehmern Mobilität erwartet, darf sie nicht bestrafen, wenn sie für einen Arbeitsplatz Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das wurde ganz klar auch entschieden, dass hier der Gleichheitsgrundsatz nicht mit diesem Gesetz entstanden ist, und es wäre ein unglaublicher Vorgang, wenn die Politik so tun würde, als gäbe es dieses Urteil nicht, oder man würde auf der alten Gesetzeslage beharren. Das kann einfach nicht sein.
Barenberg: Nun ist es ja so, dass man hört, dass Finanzminister Steinbrück beispielsweise schon an Alternativlösungen bastelt und errechnen lässt, um einen Teil der Steuermehreinnamen von 2,5 Milliarden Euro zu sichern. Was halten Sie davon?
Michelbach: Natürlich ist das eigentlich generell der Offenbarungseid der Politik, wenn ich sehenden Auges mich immer wieder vom Verfassungsgericht bevormunden lassen muss beziehungsweise korrigieren lassen muss. Und wenn ich dann ein Urteil habe und dann möchte ich noch das ganze unterlaufen - er hatte ja gesagt, dass er sich das Geld dann bei einem solchen Urteil wieder woanders holen würde -, dann wird hier jede Seriosität der Steuerpolitik untergraben. Wir haben hier ein klares Urteil, und dieses Urteil muss natürlich sofort gelten und es muss auch für die Arbeitnehmer letzten Endes eine gerechte Lösung stattfinden. Die ist ja durch dieses Gesetz vorprogrammiert. Also man kann jetzt nicht mehr tricksen und ich kann nur sagen, keine Tricks, Herr Steinbrück.
Barenberg: Nun hat das Bundesverfassungsgericht ja auch der Politik einen weiten Spielraum gelassen bei der Neuregelung. Kommen wir damit zurück zu den alten Für und Wider bei der Pendlerpauschale, beispielsweise zu dem Argument, dass eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale den meisten Arbeitnehmern gar nichts bringt, weil ihre Fahrtkosten ohnehin unter der Pauschale von 920 Euro liegen?
Michelbach: Nein. Es ist so: Wir haben hier eine klare Entscheidung, dass das Werkstorprinzip in dieser Form nicht gelten kann.
Barenberg: Warum denn nicht?
Michelbach: Wir haben eben keine Vergnügungsfahrt und es muss für den Arbeitnehmer von der Haustür an für seinen Erwerb eine Abzugsmöglichkeit geben. Die Pauschale sagt dies ungenau und wir haben hier eben sehr differenzierte Pendlerwege. Wenn man das Wohnungstürprinzip, das jetzt also auch nach meiner Ansicht anzuwenden ist, gelten lässt, dann muss man auch vom ersten Kilometer an die Pendlerpauschale gelten lassen.
Barenberg: Die Pendlerpauschale belohnt Stadtflucht, sie schadet der Natur und ist klimaschädlich. Sind das keine Argumente, die Sie gelten lassen?
Michelbach: Ich kann natürlich viele Argumente heranziehen. Zunächst einmal geht es um eine gerechte Steuerregelung nach dem Gleichbehandlungsgebot, wie es im Grundgesetz steht. Deswegen brauchen wir hier eine tragfähige Lösung. Natürlich ist jeder, der pendeln muss, auch mit großen nervlichen Belastungen befasst und natürlich gibt es auch Leute, die nahe bei ihrem Arbeitsplatz wohnen und dadurch einen Vorteil haben. Das kann der Gesetzgeber in dieser Form nicht regeln. Im Wesentlichen haben wir, dass wir hier einen steuerrechtlichen Fall haben, der nach dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes erledigt werden muss.
Barenberg: Wenn es so kommt wie Sie vorschlagen, also die Rückkehr zur alten Pauschale, dann entfallen ja Steuermehreinnahmen derzeit in Milliardenhöhe. Können wir uns das in diesen Krisenzeiten überhaupt leisten?
Michelbach: Ja. Wir haben hier ja die Notwendigkeit, bei der wirtschaftlichen Stimmungslage, bei den Konjunkturproblemen auch den Menschen mehr Geld zu geben, und wir haben in einem Jahr von dem Ist-Ergebnis 2007 zur Steuerprognose 2009, also im Jahr 2008, einen Aufwuchs bei den Steuermehreinnahmen von 38,2 Milliarden Euro. Da muss ich sagen ist es nicht verständlich, dass der Bundesfinanzminister sagt, die 2,5 Milliarden für die Pendlerpauschale hat er nicht. Das heißt also, hier ist eine gerechte Lösung nach dem Urteil vorzunehmen, und wenn er fürsorglich wäre, hätte er schon lange dafür eine Rückstellung bilden müssen, weil es ganz klar war, dass seine Auffassung vom Verfassungsgericht widerlegt wird.
Barenberg: Die Spitzen von CDU und CSU werden sich am 2. Januar treffen und die weiteren Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur beraten. Es wird ein Koalitionstreffen am 5. Januar geben. Werden Sie dort diese Rückkehr zur alten Pendlerpauschale schon durchsetzen?
Michelbach: Ich vertraue darauf, dass wir jetzt auch einen Weg der Vernunft bei unseren Koalitionspartnern, bei unserer Schwesterpartei gewinnen. Diese Rückkehr zur Pendlerpauschale sollte in eine Steuerkonzeption eingebunden werden, die dringend notwendig ist zur Steuerentlastung, um das Konjunkturtal zu überwinden, den Menschen mehr Netto vom Brutto zu geben. Hier kann sicher zur richtigen Zeit ein positives Signal in der Steuerpolitik und natürlich für die Menschen und für die arbeitenden Menschen geleistet werden.
Barenberg: Im Deutschlandfunk in den "Informationen am Mittag" im Gespräch Hans Michelbach, Mitglied der CSU im Bundestag und Vorsitzender der Mittelstandsunion. Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Michelbach.