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CSU-Politiker Michelbach organisiert Widerstand gegen Post-Mindestlohn

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach will im Parlament gegen den von der Koalition vereinbarten Mindestlohn für Briefzusteller stimmen. "Das Entsendegesetz darf nicht zur Einführung flächendeckender Mindestlöhne missbraucht werden. Es ist ein Schaden für die Verbraucher, für die Arbeitslosen wie auch für die im Wettbewerb stehenden Unternehmen", sagte Michelbach, Vorsitzender der CSU-Mittelstandsunion.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Schenkt man Umfragen Glauben, dann will eine klare Mehrheit der Deutschen den Mindestlohn. Niemand soll für Hungerlöhne arbeiten müssen. Aber der Mindestlohn bei der Post könnte 9000 Beschäftigten des Wettbewerbers PIN Group den Job kosten. Der Springer-Konzern, dem PIN mehrheitlich gehört, macht jetzt gewaltigen Druck auf Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Am 20. Dezember soll der Aufsichtsrat über das Schicksal von 9000 Briefboten entscheiden, unmittelbar nach der entscheidenden Sitzung des Bundesrates. In der Union wächst derweil der Widerstand gegen den Postmindestlohn. Andererseits hat selbst die Kanzlerin auf dem Parteitag zu hohe Managergehälter angeprangert.

    Darüber will ich reden mit Hans Michelbach. Er ist Vorsitzender der CSU-Mittelstandsunion. Guten Morgen, Herr Michelbach!

    Hans Michelbach: Guten Morgen, Herr Meurer!

    Meurer: Um mit dem Mindestlohn zu beginnen, werden Sie diese Woche im Bundestag gegen den Postmindestlohn stimmen?

    Michelbach: Es geht ja hier nicht um Dumpinglöhne, sondern es geht um einen Wettbewerbsvorteil der Post AG gegenüber den Wettbewerbern. Das Entsendegesetz darf nicht zur Einführung flächendeckender Mindestlöhne missbraucht werden. Es ist ein Schaden für die Verbraucher, für die Arbeitslosen wie auch für die im Wettbewerb stehenden Unternehmen. Also es ist so, dass man insgesamt dem Werben der Post dort nicht nachgeben darf.

    Meurer: Wie viele denken denn wie Sie in der Fraktion von CDU/CSU?

    Michelbach: Es gibt eine ganze Reihe Kollegen, die natürlich die gleichen ordnungspolitischen Bedenken haben, die sagen, das Entsendegesetz darf nicht missbraucht werden, weil es ja eingeführt wurde, um die ausländische Billigkonkurrenz abzuwehren. Das ist ja in diesem Fall überhaupt nicht die Grundlage. Es gibt also nicht wie beim Bau oder bei den Gebäudereinigern den ausländischen Briefträger, der dort tätig werden könnte. Es ist so, dass eine ganze Reihe sich offen erklärt haben. Ich denke mal so 15, 20. Man wird jetzt in dieser Woche sehen, ob es mehr werden. Es ist in jedem Fall bei vielen Kollegen sehr viel Unmut über diese Entscheidung.

    Meurer: Sind sie die letzten Aufrechten in der Union, die die Fahne der Marktwirtschaft hochhalten?

    Michelbach: Ich hoffe nicht. Es ist aber richtig, dass Marktwirtschaft Wettbewerb heißt, und wenn ich den Wettbewerb zu Gunsten eines Großkonzerns - in dem Fall der Post AG - verhindere, dann handele ich marktunwirtschaftlich. Das ist richtig, und deswegen kann ich nicht zustimmen. Und ich werbe auch dafür, dass Kollegen sich dem anschließen.

    Meurer: Jetzt lässt ein anderer Großkonzern, Herr Michelbach, die Muskeln spielen, nämlich der Springer-Konzern, Mehrheitsaktionär bei der PIN Group. Nimmt Springer jetzt die 9000 Leute von der PI Group als Geisel und sagt, wir machen den Laden dicht, wenn die Politik nicht das tut, was wir wollen?

    Michelbach: Das ist sicher genauso der falsche Druck, wie er von der Post AG in der Vergangenheit entfaltet wurde, denn niemand kann natürlich erklären, dass man die Post AG schützen müsste. Wir haben dort vier Milliarden Euro Gewinn pro Jahr, einen wirklichen Schutz noch für den Monopolbereich Brief. Ähnlich ist es ja auch im Springer-Konzern, dass hier doch gute Ergebnisse vorhanden sind. Natürlich hoffe ich, dass die PIN AG im Wettbewerb bestehen bleibt, weil: Das würde ja genau die Rechnung positiv ergeben für Herrn Zumwinkel von der Post AG, dass er einen wesentlichen Wettbewerber weniger hat. Das wäre natürlich ein Riesenschaden für die Verbraucher, und das darf eigentlich nicht entstehen. Wir brauchen Wettbewerb, wir brauchen Marktwirtschaft.

    Meurer: Blufft Springer mit der Insolvenz?

    Michelbach: Ich gehe davon aus, dass man schon ernsthafte Probleme bekommt. Wenn man natürlich sieht, dass ein Lohn von 9,80 Euro als Mindestlohn in diesem Tarifvertrag festgestellt werden soll, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man hier nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber diesem ehemaligen Staatsunternehmen Post AG sein kann.

    Meurer: Da Sie nicht glücklich darüber sind, Herr Michelbach, wie die Kanzlerin auch dafür gesorgt hat, dass der Postmindestlohn kommt, wie sehen Sie denn Ihre Attacken gegen die Managergehälter, gegen Manager, die zu viel abkassieren, auf dem letzten CDU-Parteitag?

    Michelbach: Das sind natürlich auch so populistische Ansätze. Wir sollten hier nicht den Linksruck der SPD mitmachen. Ich halte nichts davon, wenn man andere Leute geißelt. Wichtig ist, dass die Leistung stimmt. Wenn natürlich Abfindungen vorgenommen werden von Betrieben, die in die Insolvenz oder in ein finanzielles Desaster geführt wurden, dann kann man darüber natürlich trefflich streiten, ob das in Ordnung ist. Wahrscheinlich sollte man hier bei den Abfindungen erhebliche Erschwernisse machen, damit das nicht noch belohnt wird, wenn falsche Leistungen sind, aber man hat auch hier das gleiche ordnungspolitische Problem, dass man marktunwirtschaftlich vorgeht, wenn man Gehälter festlegen will. Dafür sind die Unternehmen, die Aufsichtsräte zuständig. Teilweise sind die ja auch paritätisch bei den Dax-Unternehmen zumindest besetzt. Da sind auch die Gewerkschafter dabei. Also hier ist Sensibilität in den Unternehmen gefragt, aber nicht neue staatliche Regularien. Ich sehe das schon auch etwas als Populismus.

    Meurer: Von dem Hebel, die Abfindungen zu reduzieren, indem man sie bei der Steuer packt, halten sie nichts?

    Michelbach: Doch. Das wäre durchaus ein Ansatz. Abfindungen, die letzten Endes in dieser Form stattfinden, die sind durchaus sehr kritisch zu sehen. Natürlich ist das Steuerrecht eine andere Baustelle, aber das muss man mal prüfen, ob man hier das alleine nur mit einer Abfindungsregelung steuerrechtlich lösen kann. Aber grundsätzlich sollte man aber darüber reden. Von staatlichen Festlegungen von Gehältern halte ich nichts.

    Meurer: Der Innenminister Wolfgang Schäuble sagt, wir müssen notfalls per Gesetz mehr Transparenz fordern, dass die Vorstände ihre Gehälter offen legen. Ist das eine zweite Möglichkeit, die Manager zum Einlenken zu zwingen?

    Michelbach: Da haben wir ja jetzt schon erheblich Druck in der Vergangenheit gemacht. Das heißt, die Transparenz ist notwendig, Offenlegung der Gehälter in dieser Form. Das ist ja in großer Weise geschehen. Das dient auch den Managern, dient natürlich auch dem Unternehmen, wenn es darstellt, dass sie so leistungsfähig sind und eine solche Lösung akzeptieren können. Ich meine, dass man durchaus mit der Transparenz einen richtigen Weg beschreitet.

    Meurer: Schönen Dank. Das war Hans Michelbach, der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion. Danke und auf Wiederhören, Herr Michelbach.

    Michelbach: Auf Wiederhören.