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CSU-Politiker: Rente mit 67 ist fair

Der stellvertretende Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestages, Max Straubinger, bezeichnete die Rente mit 67 als Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Sie helfe, die Abgaben auch für jüngere Arbeitnehmer stabil zu halten, erklärte der CSU-Politiker.

Max Straubinger im Gespräch mit Dirk Müller | 17.11.2010
    Dirk Müller: Es gibt wohl ein paar gute Nachrichten für die Rentner. Es wird wohl mehr geben im nächsten Jahr für die Ruheständler, der starken deutschen Wirtschaft sei Dank. Schließlich ist der Haushalt dadurch auch wieder ein bisschen flexibler geworden. Doch wie sieht es mit der Zukunft aus, die Rente mit 67? Die schwarz-gelbe Regierung will sie nach wie vor, die SPD ist inzwischen davon abgerückt, obwohl sie das Konzept selbst entwickelt hat. Begründung: zu wenig ältere haben einen Job. Anders sieht das Ursula von der Leyen, die Arbeitsministerin setzt nach wie vor auf 67.

    Bekommen ältere Arbeitslose tatsächlich wieder leichter einen Job als noch vor Jahren? Die Arbeitsministerin sagt ja.

    Ist es besser geworden für die älteren auf dem Arbeitsmarkt oder nicht? Darüber sprechen wollen wir nun mit dem CSU-Politiker Max Straubinger, stellvertretender Vorsitzender des Arbeits- und Sozialausschusses im Bundestag. Guten Tag!

    Max Straubinger: Grüß Gott!

    Müller: Herr Straubinger, welche Statistik nehmen Sie?

    Straubinger: Ich nehme auch die positive Statistik, dass die Arbeit zugenommen hat bei den älteren Beschäftigten. Ich weiß aber auch um die Schwierigkeiten für Menschen, die kurz vor dem Rentenalter beziehungsweise zwischen 50 und 60 Jahren aus irgendwelchen Gründen aus dem Arbeitsprozess rausgefallen sind und dass hier die Schwierigkeit bei der Vermittlung durchaus gegeben ist.

    Müller: Welche Erfahrungen haben Sie in Bayern, in Ihrem Wahlkreis gemacht?

    Straubinger: Die ähnlichen, wie sie hier geschildert worden sind im Einzelfall. Ich werde auch bei mir im Wahlkreisbüro immer wieder mit diesen Fragen im Einzelfall konfrontiert. Aber ich versuche natürlich zu unterstützen. Grundsätzlich haben wir eine gute Situation, da in meinem Landkreis und im Wahlkreis nur drei Prozent Arbeitslosigkeit zu verzeichnen ist und deshalb auch die Vermittlungen weit besser klappen.

    Müller: Sie haben ja viele Gespräche mit Unternehmen, mit mittelständischen, mit größeren Unternehmen, Herr Straubinger. Warum haben die aber offenbar immer noch Schwierigkeiten, an den älteren länger festzuhalten, oder auch wieder ältere einzustellen?

    Straubinger: Da ist offensichtlich immer noch diese Barriere gegeben in den Unternehmen: je jünger um so besser. Aber trotzdem wird verlangt, dass eine hohe Lebenserfahrung und auch eine hohe Qualifikation vonstatten gehen sollte. Das ist nicht immer so in Einklang zu bringen. Ich kann nur appellieren an die Unternehmer, hier den Erfahrungsschatz der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schätzen zu lernen. Vor allen Dingen die meisten älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verfügen über eine große Lebenserfahrung, über große berufliche Qualifikation und vor allen Dingen auch über eine große Zuverlässigkeit.

    Müller: Haben Sie denn mit Unternehmern gesprochen, die sagen, wir sind jetzt bereit dazu, zu einer Kursänderung, das heißt mehr darauf zu achten, Ältere einzustellen?

    Straubinger: Ja! Ich mache diese Erfahrung, dass das durchaus auch stattfindet, vor allen Dingen, wenn noch zusätzliche Unterstützungsleistungen über die Bundesagentur für Arbeit bei Eingliederungen von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusätzlich geleistet werden können.

    Müller: Jetzt sind wir, Herr Straubinger, ja verabredet zum Thema Rente mit 67. Die Bundesarbeitsministerin hat heute klipp und klar gesagt, klar, wir halten daran fest. Jetzt kennen wir die Probleme der Älteren. Die SPD hat das ja auch noch mal neu in die Debatte gebracht. Ist da ein bisschen was dran, dass es Zweifel und Skepsis auch in Ihrer Partei, in der CSU darüber gibt, ob sich das wirklich lohnt, ob das fair ist?

    Straubinger: Es ist fair. Es geht hier auch um die Generationengerechtigkeit, und das zeigt ja auch die Ablehnung des Vorschlags des Deutschen Gewerkschaftsbundes, einfach die Beiträge zu erhöhen. Das würde meines Erachtens der jüngeren Generation nicht gerecht werden. Wir müssen schon auf Beitragssatzstabilität achten, und unter diesen Gesichtspunkten ist es vertretbar, bis zum Jahr 2030 wohl gemerkt das Eintrittsalter bei Rente auf 67 zu erhöhen. Noch dazu, da die durchschnittliche Lebenserwartung in diesem Zeitraum um circa drei Jahre steigen wird in Deutschland. Das bedeutet letztendlich nicht Rentenkürzung, sondern wir müssen eben unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit dann einfach auch länger arbeiten.

    Müller: Sie sagen also klar, Herr Straubinger, Rente mit 67 muss sein. Horst Seehofer, Ihr Parteichef, hat das ein bisschen anders gesehen.

    Straubinger: Horst Seehofer hat das in Zusammenhang gesetzt natürlich mit den Ansprüchen von Betrieben, die jetzt wieder rufen, wir hätten angeblich zu wenig Facharbeiter und zu wenig qualifiziertes Personal. Das sehen wir nicht so, aber Betriebe rufen und die Wirtschaft ruft, dass damit die Schleusen geöffnet werden zu mehr Zuwanderung von Facharbeitskräften. In diesem Zusammenhang ist die Äußerung von Horst Seehofer mit zu sehen.

    Wir setzen darauf, dass zuerst inländisch gemeldete Arbeitsuchende und Arbeitslose ins Erwerbsleben wieder gebracht werden, und wenn dies der Fall ist und wenn dies abgeschlossen ist, dann erst können wir über eine weitere Zuwanderung von Facharbeitskräften reden.

    Müller: Dann haben die Medien das nicht ganz so richtig verstanden?

    Straubinger: Es wird oft etwas verkürzt dargestellt.

    Müller: Reden wir, Herr Straubinger, noch einmal über die Perspektive. Jetzt sagt die SPD, Sigmar Gabriel – er hat sich ganz speziell dafür eingesetzt -, wenn es nicht gelingt, dass mehr Ältere in Beschäftigung kommen (die Quoten, die Zahlen sind ja sehr umstritten: 25 Prozent, 30 Prozent der über 60-Jährigen sollen ja jetzt in einem Job sein, auf welche Region auch immer bezogen; nehmen wir das mal bundesweit), dann ist das de facto eine Rentenkürzung. Hat er da recht?

    Straubinger: Da hat er nicht recht. Es ist natürlich so, dass derzeit die Statistik es gar nicht hergeben kann, dass ältere Arbeitnehmer im Arbeitsprozess sind. Bis zum Jahr 2009, also zum 31. 12. 2009, gab es ja noch die beitragsgeförderte Altersteilzeitregelung. Diese Regelung ist ja erst ausgelaufen. Aber viele sind in dieser Maßnahme enthalten, somit wird sich dies erst über die Läufe der Zeit auch mit steigern. Was dabei wichtig ist, dass wir auch vertreten, gerade auch als CSU, festzuhalten am Kündigungsschutz. Von demher sind die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann auch besser geschützt. Natürlich kann man nie verhindern, dass irgendwo eine Firma vielleicht Konkurs oder Insolvenz geht, oder Arbeitsplatzabbau betreiben muss. Da beginnen die Schwierigkeiten, da beginnen aber auch die Aufgaben der Unterstützung, durch die Bundesagentur für Arbeit.

    Müller: Können Sie sich, Herr Straubinger, als CSU-Politiker vorstellen, auf Unternehmen Druck auszuüben, die dieser auch vielleicht moralischen Verpflichtung nicht nachkommen?

    Straubinger: Man kann nicht das Einstellungsverhalten der Unternehmen vorschreiben in gesetzlicher Art. Aber es ist auf alle Fälle mit entscheidend und wir sind in intensiven Gesprächen mit der Wirtschaft, hier älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch wiederum den Vorzug zu geben und dem Jugendfetischismus, den es auch in einzelnen Teilen gegeben hat, wieder abzuschwören.

    Müller: Jetzt hat Ihre Partei ja auch unter anderem dafür gesorgt, dass die Hoteliers Steuergeschenke bekommen. Dann hätte man die ja zumindest auch an die Bedingung knüpfen können, mit älteren Beschäftigten in die Zukunft zu gehen.

    Straubinger: Das hat jetzt mit dem - - Diesen Zusammenhang gibt es meines Erachtens nicht. Natürlich haben wir hier diese einseitige Absenkung des Mehrwertsteuersatzes getätigt, das geschah aber unter dem Gesichtspunkt, dass um die Grenzen Deutschlands herum die Hotelleriebetriebe ebenfalls nur einen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent haben und somit es auch um den Ausgleich ging in der Konkurrenz natürlich zu anderen Standorten. Ich war, sage ich ganz offen, dem etwas reserviert gegenüber, ich muss aber auch anerkennen, dass sehr viele Hotelbetriebe mittlerweile wieder investieren in ihre Betriebe, und Investitionen in ihre Betriebe bedeutet auch Arbeitsplatzsicherheit für die Menschen, die dort beschäftigt sind, beziehungsweise dass damit dann auch für die Zukunft hinein neue Arbeitsplätze mit entstehen.

    Müller: Die Frage, Herr Straubinger, ging ja dahingehend, ob man nicht versucht, auch unkonventionelle politische Wege einzuschlagen, um die Unternehmen anzuhalten, Ältere länger zu beschäftigen, oder wieder einzustellen.

    Straubinger: Dafür haben wir ja die Programme, 50+ zum Beispiel durch die Bundesagentur für Arbeit, wo besondere Leistungen, Geldleistungen auch für die Unternehmer getätigt werden, beziehungsweise dann direkt auch für die Arbeitnehmer, um sie wieder in Arbeit zu bringen.

    Müller: Ja, und das muss der Beitragszahler wieder zahlen!

    Straubinger: Das ist sicherlich auch mit eine Beitragsleistung, aber das ist auch im Sinne insgesamt der Beitragszahler, weil je weniger Menschen arbeitslos sind, umso geringer ist der Beitrag.

    Müller: Wir müssen ein bisschen auf die Zeit achten, Herr Straubinger. Letzte Frage. Das heißt, aus Ihrer Sicht ist es ganz klar: Ab 2012 beginnt der Einstieg in die Rente mit 67?

    Straubinger: Ich sehe unter diesen Gegebenheiten, die der Altersbericht der Bundesregierung jetzt mit aufzeigt, und natürlich auch der Entwicklung am Arbeitsmarkt keine Notwendigkeit, hier neu andere Maßnahmen zu ergreifen.

    Müller: Bei uns heute Mittag im Deutschlandfunk der CSU-Politiker Max Straubinger, stellvertretender Vorsitzender des Arbeits- und Sozialausschusses im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Straubinger: Vielen Dank, Herr Müller.