Archiv


CSU will an Gesetzlichen Krankenkassen festhalten

Jürgen Liminski: Die Union hat eine K-Frage, K wie Krankenkasse. Und wenn es stimmt, was heute im Spiegel zu lesen ist, dann dürfte diese K-Frage in dieser Woche an Virulenz gewinnen. Denn die CSU will demnach im Gegensatz zur CDU ein Stufenmodell mit gestaffelten Beitragshöhen einführen und dieses Konzept soll heute von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber und seiner Sozial- und Gesundheitsministerin Christa Stewens vorgestellt werden. Frau Stewens ist nun am Telefon, guten Morgen.

Moderation: Jürgen Liminski |
    Christa Stewens: Guten Morgen, Herr Liminski.

    Liminski: Frau Stewens, Sie haben einen Plan, ein eigenes Konzept für eine Reform der Krankenversicherung. Es soll heute präsentiert werden. Wie sieht es aus?

    Stewens: Also, es soll heute nicht präsentiert werden. Wir treffen uns heute in einer Arbeitsgruppe, hier ist Edmund Stoiber Vorsitzender der Arbeitsgruppe. Und wir haben ja ein Modell berechnen lassen mit einer Prämie. Die Prämie ist einkommensgestaffelt. Doch möchte ich auch hier gleichzeitig sagen, dass wir uns natürlich über die grundlegende Ausrichtung dieses Modells hier noch intern beraten müssen und sehen müssen, wo wir exakt die Weichenstellungen vornehmen.

    Liminski: Intern beraten, heißt das auch intern beraten mit der CDU?

    Stewens: Heute berät die CSU intern mit führenden Politikern im Bereich der Gesundheitspolitik also zum Beispiel auch mit Horst Seehofer. Wir suchen nach einer Lösung, wir suchen nach einer Kompromisslösung. Die CSU hat ja eigentlich immer gesagt, wir würden lieber das jetzige GKV-System reformieren als auf eine Prämien Pro-Kopf-Pauschale zu setzen. Vor diesem Hintergrund suchen wir jetzt nach einer Brücke zu dem Modell der CDU.

    Liminski: Dann stimmt ja wenigstens die Information, dass Sie an einem Stufenmodell mit gestaffelten Beitragshöhen arbeiten.

    Stewens: Für uns ist ja nicht die Frage, ob ich eine Prämie habe als Beitrag oder nicht. Für uns ist die Frage, dass ich den sozialen Ausgleich innerhalb des GKV-Systems, des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherung vornehme. Und dass ich nicht wie bislang die CDU dieses bei ihrer Pro-Kopf-Pauschale vornimmt, den sozialen Ausgleich über die Steuern finanzieren lasse. Und vor diesem Hintergrund habe ich ja auch immer gesagt, über eine Prämie, über eine Pro-Kopf-Pauschale können sie mit uns reden. Der soziale Ausgleich muss aber innerhalb des Systems gewährleistet sein. Und was hier für uns auch ganz ganz wichtig ist, dass die Gesetzliche Krankenversicherung mit ihrer Solidarität zwischen arm und reich, zwischen Familien mit Kindern und Ehepaar ohne Kindern, zwischen Singles und so weiter, zwischen alt und jung, dass dieser soziale Ausgleich innerhalb der Sozialversicherung gewährleistet bleiben muss.

    Liminski: Beim Konzept der CDU ist eine gewisse Demografievergessenheit zu beobachten. Die 20 Euro Demografievorsorge bei der Kopfpauschale sollen entfallen, wie sieht das denn bei Ihren Plänen aus?

    Stewens: Bislang hatten wir ja in der Gesetzlichen Krankenversicherung auch keine Demografievorsorge, deswegen ist es natürlich auch durchaus problematisch, jetzt zusätzlich noch in einer Zeit, wo die Beitragssätze sowieso steigen, zusätzlich hier noch eine Demografievorsorge mit aufzubauen. Aber das ist durchaus ein Punkt über den wir gemeinsam noch reden und verhandeln müssen.

    Liminski: Frau Stewens, in letzter Zeit ist bei der Zusammenarbeit von Krankenkassen und Politik ein gewisser Widerspruch zu beobachten. Während die Politik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Wort redet, weigern sich die Kassen, die vollen Kosten für Mütter-Kind-Kuren zu übernehmen, obwohl die vielbeschworene Vereinbarkeit de facto auf Kosten der Gesundheit der Frau verwirklicht wird. Frauen tragen zu mehr als 90 Prozent die Doppelbelastung von Familienarbeit und Erwerbsarbeit. Muss die Politik da den Kassen nicht stärker auf die Finger schauen oder Druck ausüben, damit den doppelbelasteten Frauen im Bedarfsfall die Mutter-Kind-Kur bezahlt wird?

    Stewens: Also ich bin der festen Überzeugung, dass hier verstärkt Druck ausgeübt werden muss. Ich war ja froh, dass vor zwei Jahren, auch im übrigen damals auch auf Druck aus Bayern hin, Mutter-Kind-Kuren zur Regelleistung wurden bei den gesetzlichen Krankenkassen, dass ich jetzt auch der festen Überzeugung bin, wir müssen natürlich jetzt mal nachschauen, was denn tatsächlich daraus geworden ist und werden auch Mutter-Kind-Kuren in dem entsprechendem Umfang gewährt. Das ist nämlich ganz ganz wichtig, dass hier die Familien auch in ihrer Erziehungsleistung gestärkt werden.

    Liminski: Nach den Zahlen ist zu beobachten, dass etwa ein Drittel der Anträge zurückgewiesen werden. Wäre hier nicht sogar ein Gesetz angebracht? Irgendwie macht sich die Politik ja auch unglaubwürdig, wenn sie hochgemut das Lied der Vereinbarkeit singt und dann nicht dafür sorgt, dass die körperliche Belastung auch durch eine Kur ausgeglichen werden kann.

    Stewens: Also die Handhabung ist ja bei den einzelnen gesetzlichen Krankenkassen sehr unterschiedlich. Deswegen muss man natürlich sich jetzt mal genau anschauen, was machen denn die einzelnen Krankenkassen, wer genehmigt denn ganz wenig Mutter-Kind-Kuren und wer ist hier etwas großzügiger und vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass wir die Regelleistung dann exakter beschreiben müssen in dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Das bedeutet dann auch eine gesetzliche Änderung.

    Liminski: Noch einmal zum Konzept Ihrer Partei, dass ja noch in der Arbeit begriffen ist, eine Information lautet - und die ist für Millionen Bürger von Bedeutung -, die kostenlose Mitversicherung von nicht erwerbstätigen Ehepartnern soll wegfallen. Stimmt das denn?

    Stewens: Es gibt durchaus Überlegungen, das Einkommen zu splitten. Und zwar wenn wir zum Beispiel, ich nehme jetzt ein ganz einfaches Beispiel, ein Ehepaar, Alleinverdiener, er hat ein sehr hohes Einkommen, das man dann auch hier tatsächlich das Einkommen splittet und sieht, die Beitragsbemessungsgrenze soll ja nach unserem Modell bleiben und dann natürlich den Beitrag nach einem gesplitteten Einkommen pro Kopf berechnet. Das kommt dann natürlich dem Prämienmodell der CDU sehr nahe, denn die CDU hat ja auch pro Kopf eine Prämie entwickelt. Wobei ich aber gleichzeitig sagen muss, Kinder müssen natürlich weiterhin beitragsfrei bleiben.

    Liminski: Noch einmal zum Konzept. Was ist denn der grundlegende Unterschied zum Konzept der CDU?

    Stewens: Der grundlegende Unterschied ist, dass bei uns die Gesetzliche Krankenversicherung aufrechterhalten bleibt, dass wir eine Reform innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung suchen und dass wir den sozialen Ausgleich nicht steuerfinanziert haben sondern, dass der soziale Ausgleich durch die gestaffelte Prämienhöhe innerhalb des gesetzlichen Krankenversicherungssystems gewährleistet wird.

    Liminski: Das war die bayrische Sozial- und Gesundheitsministerin Christa Stewens, besten Dank nach München, Frau Stewens.

    Stewens: Danke schön.