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Hindernisse bei der Auslandsmobilität

Studierende profitieren von einem Auslandsaufenthalt, aber nur ein Drittel entscheidet sich in Deutschland für einen solchen Studienaufenthalt fernab der gewohnten Heimat. Mit der Kampagne "Studieren weltweit" will der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) jetzt mehr junge Menschen dazu bewegen.

Von Kai Rüsberg | 19.06.2017
    Eine Studentin mit einem Stapel Bücher.
    In Essen diskutiert der DAAD heute auf einer Tagung über Hindernisse bei der Auslandsmobilität und Lösungen dafür. (dpa / Lehtikuva / Marja Airio)
    "Bei mir gab es den Kulturschock schon, als ich in China war. Das war eine sprachliche Barriere."
    Kim Klebolte ist eigentlich der Typ Draufgängerin. Sie hatte es als Erstakademikerin, ohne Studienerfahrung in der Familie, ohnehin schwer bei der Vorbereitung eines Auslandssemesters. Aber: Die 20-jährige Studentin der Wirtschaftspsychologie hat durchgebissen und inzwischen sogar mehrere Auslandsaufenthalte absolviert.
    "Ich hatte ein bisschen Mandarin vorher gelernt. Dachte, ich würde mich im Alltag zu Recht finden. Ich habe sagen können, was ich wollte. Die Leute haben genickt und sind weiter gegangen. Das war im ersten Moment schon ziemlich deprimierend. Wenn man gerade versucht, Kontakt aufzubauen und Gedanken gemacht hat, wie bereite ich mich auf so einen Auslandsaufenthalt vor."
    Drei Gruppen, die zurückhaltend sind beim Auslandsaufenthalt
    Denn auch solche Erfahrungen sind sehr wichtig für das Studium, meint Alexander Haridi. Er ist Leiter des Referats "Studium im Ausland" beim Deutschen Akademischen Austauschdienst. Der DAAD hat drei Gruppen ausgemacht, die besonders zurückhaltend sind: Erststudierende in der Familie, Studierende mit Kind oder mit Behinderung. Gleichwohl würden diese Studierenden besonders vom Auslandssemester profitieren.
    "Wir glauben, dass der Auslandsaufenthalt eine entscheidende Bedeutung hat: für die Persönlichkeitsentwicklung und auch für den Karriereweg. Wer diese Erfahrung nicht gemacht hat, wird einen Nachteil in seinem weiteren Weg haben."
    Mit der Einführung der Studienabschlüsse Bachelor und Master in Deutschland sanken zunächst die Quoten der Studierenden mit Auslandsaufenthalten. Die Bundesregierung hat es sich daher zum Ziel gemacht, die Zahlen wieder zu erhöhen.
    "Wir gehen davon aus, dass 35 Prozent der Studierenden studienbezogen ins Ausland gehen. Aber es ist noch nicht genug. Es sollen bis 2020 50 Prozent werden, sollte jeder diese wichtige Erfahrung gemacht haben."
    Genaue Statistiken über die Zahl der Auslandssemester deutscher Studenten werden nicht erhoben. Während die Quoten in Fächern mit Fremdsprachenbezug hoch ist, gibt es zum Beispiel bei angehenden Lehrern große Unterschiede, sagt Bildungsforscherin Renate Schüssler aus Bielefeld.
    "Während bei den Sprachstudierenden der Anteil bei 60 Prozent ist. Im Bereich Grundschule und Sekundarschule I, wo die Sprache auch eine Rolle spielt, ist es so, dass die Mobilitätsraten deutlich niedriger sind."
    Häufig lassen sich die Leistungen im Ausland nicht auf das Punktesystem an der Heimat-Uni anrechnen oder die Lehrpläne stehen einem Auslandssemester entgegen oder die Kosten, so wie bei Kim Klebolte.
    "Gerade wo ich als nicht-Akademikerkind aus einem Haushalt komme, wo die Eltern nicht mal eben den Flug nach Nord-Amerika übernehmen können. Da haben sie schon hinterfragt: Was willst du da, bringt dir das was? Ist das so wichtig, dass du das unbedingt machen musst?"
    Studiengebühren und Stipendien
    Einen großen Teil der Studiengebühren decken Stipendien ab, um die man sich aber frühzeitig bewerben muss. Zusätzliche Leistungen erhalten Studierende, die mit eigenen Kindern im Ausland studieren, genauso wie Studierende mit Behinderung, berichtet Tina Paulik.
    "Man kann Sonderfördermittel für behinderungsbedingte Mehrkosten erhalten. Und das hat mir für Hilfe beim Einkaufen geholfen, und das Wohnheim war schon teurer, um so was finanzieren zu können."
    Tina Paulik hat eine schwere Sehbehinderung. Sie war aber nach ihrem ersten Aufenthalt in Irland so begeistert von Land und Leuten, dass Sie nun ihren Master vollständig in Galway absolviert.
    "Im Endeffekt muss man sehen, was sich ergibt. Und meist lösen sich die Probleme."
    Tina Paulik ist für den DAAD als Korrespondentin tätig, die anderen Studierenden durch regelmäßige Berichte über Social Media Mut machen soll, ebenfalls den Schritt zu einem Auslandssemester zu machen:
    "Man entwickelt sich da persönlich schon sehr weiter. Also ich möchte es nicht missen."