Jochen Fischer: Deutsche Autobauer überbieten sich derzeit in der Verbreitung von Hiobsbotschaften. Weil immer weniger Fahrzeuge gekauft werden, wird in den Werken die Arbeit knapp, und deshalb ist allenthalben die Rede von verlängerten Betriebsferien, Bänder stehen still, Schichten werden ausgedünnt. Betroffen sind fast alle deutschen Hersteller und nun hat die Krise auch die Zuliefererbetriebe der Automobilindustrie getroffen. In Brüssel hat Industriekommissar Verheugen die Vertreter der europäischen Fahrzeughersteller zu einem Treffen eingeladen, um über die Probleme zu beraten, und an all dem soll die allgemeine Finanzkrise Schuld sein. Deshalb fordert die Autoindustrie staatliche Unterstützung für den Not leidenden Wirtschaftszweig. Mit dem Präsidenten des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie bin ich nun am Telefon verbunden. Guten Morgen, Matthias Wissmann.
Matthias Wissmann: Guten Morgen, Herr Fischer.
Fischer: Das mit der staatlichen Unterstützung, das haben Sie sich doch bei den Banken abgeguckt oder?
Wissmann: Nein, natürlich nicht. Es geht auch nicht um ein vergleichbares Programm wie bei den Banken. Man muss einfach wissen: Bis zum Juni, Juli stand die deutsche Automobilindustrie weltweit bestens da, hat Marktanteile gewonnen, hat sogar am amerikanischen Markt Marktanteile gewonnen, als die anderen schon schlechtere Verkäufe hatten. Aber seit dem Sommer, August, September und jetzt vor allem Oktober spüren wir, dass das Vertrauen der Verbraucher, jetzt langlebige Wirtschaftsgüter zu erwerben, wenn eine große Immobilien- und Finanzkrise alles erschüttert, gesunken ist. Dementsprechend sinken weltweit die Verkäufe und das hat natürlich Folgen für eine sonst außerordentlich erfolgreiche Industrie, und die müssen wir abfedern.
Fischer: Und was soll der Staat nun genau tun?
Wissmann: Wir wollen kein Konjunkturprogramm oder Subventionsprogramm alter Art, aber wir glauben, dass in dieser schwierigen Phase der Automobilindustrie - auch der Zulieferer - die Rahmenbedingungen unbedingt verbessert werden müssen. Es müsste jetzt schnell die Neuordnung der KFZ-Steuer kommen, damit ein Anreiz da ist für den Verbraucher, ein neues umweltfreundliches Auto in jedem Segment zu erwerben, weil es immer umweltfreundlicher ist als sein Vorgängermodell. Es wäre ein Beitrag für Umwelt und für die Automobilwirtschaft. Und zweitens müssen wir riesige Investitionen weltweit leisten, um an der Spitze der Innovation zu bleiben. Entsprechende zinsgünstige Kredite der Europäischen Investitionsbank oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau könnten hier helfen und einen sinnvollen Rahmen schaffen, damit sich zum Beispiel auch die mittelständischen Zulieferer in einer immer schwierigeren Situation im Markt behaupten können. Es geht also um intelligente Rahmenbedingungen, denn klar ist: Gegen den Vertrauensschwund an den Weltmärkten als Folge der Finanz- und Immobilienkrise können sie so gut sein wie sie wollen; sie können sich dagegen nicht behaupten und wir müssen in dieser Krise deswegen auf vernünftige Rahmenbedingungen setzen.
Fischer: Sie haben schon auf die CO2-KFZ-Steuer hingewiesen. Sie haben darauf hingewiesen, dass man dann Autos kaufen könnte, die entsprechend umweltfreundlich sind, das als Anreiz zu verstehen. Aber hat nicht die deutsche Automobilindustrie die Chance gehabt, in den vergangenen Jahren das alles schon zu tun, also akzeptierte Autos zu bauen?
Wissmann: Ja, haben wir auch getan. Zurzeit sind 77 deutsche Modelle auf dem Markt mit einem Verbrauch von unter fünf Liter, also unter 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Wir sind weltweit neben der japanischen Industrie hier die erfolgreichsten mit den innovativsten Modellen. Wir haben allein im Jahre 2008 die CO2-Werte um drei Prozent reduziert, mehr als jede Automobilindustrie auf der Welt. Es ist ein Vorurteil zu glauben, wir hätten diesen Trend verschlafen. Im Gegenteil: Wir werden diesen Trend zum verbrauchseffizienten und umweltfreundlichen Auto noch verstärken, auch mit der Entwicklung alternativer Antriebe. Aber klar ist: In einer Finanzkrise, in der sich jeder Käufer zurückhält und besorgt ist über das bisschen, was er erspart hat, ist es natürlich ungewöhnlich schwer, sich auf einem Markt zu behaupten.
Fischer: Noch eine Zahl. Daimler hat ja seinen Gewinn auf vielleicht sechs Milliarden noch heruntergeschraubt. Erwartet worden waren sieben Milliarden. Das ist nun für den Laien schwer zu verstehen, dass das ein Krisenzeichen sein soll, wenn immerhin noch sechs Milliarden Gewinn gemacht werden.
Wissmann: Sie müssen natürlich nur sehen: die Zahlen, die die Unternehmen jetzt vorlegen, sind noch wesentlich beeinflusst von dem alles in allem ordentlich verlaufenden ersten halben Jahr. Seit August, September gehen die Verkaufszahlen weltweit und zwar aller internationalen Automobilhersteller zurück. Wir schneiden sogar teilweise besser ab als unsere internationalen Konkurrenten. Aber gegen einen solchen einmaligen Trend in der Geschichte der letzten Jahrzehnte können sie so gut sein wie sie wollen; sie werden von diesem Sog mit erfasst. Deswegen sagen wir ja, jetzt müssen in einer großen gemeinsamen Aktion von Automobilindustrie und staatlichen Rahmenbedingungen Impulse gegen die Krise gesetzt werden, letztlich auch Impulse für die Beschäftigung, Impulse für den Erwerb eines neuen Fahrzeuges, die gleichzeitig auch Impulse sind für die Umwelt. Man könnte, wenn man es gut macht, das Umweltanliegen und das Anliegen einer Stärkung dieser Industrie miteinander verbinden. Ich will Sie nur daran erinnern: Als wir die letzte Neuordnung der KFZ-Steuer gemacht haben, Mitte der 90er Jahre, haben wir vier Jahre hintereinander eine deutliche Verschrottung von Altfahrzeugen erlebt und einen deutlichen Erwerb von Neufahrzeugen in niedrigeren Emissionsklassen, um nur ein Element zu nehmen aus den Forderungen, die wir heute erneut auf den Tisch legen.
Fischer: In den USA werden Rufe laut, die Automobilindustrie zumindest teilweise zu verstaatlichen. Findet das auch Ihre Zustimmung?
Wissmann: Man kann die Lage einiger großer amerikanischer Automobilunternehmen nicht vergleichen mit der alles in allem doch viel besseren Situation der deutschen Automobilhersteller. Wir rufen nicht nach staatlicher Beteiligung, wir rufen nicht nach Konjunktur- oder Subventionsprogrammen alter Art. Wir sind einfach der Meinung, dass die Industrie, die so viel tut für Beschäftigung und Innovation in Deutschland - 750.000 Arbeitsplätze hängen direkt von uns ab, fünf Millionen Arbeitsplätze indirekt, Anspruch hat auf intelligente unterstützende Rahmenbedingungen. Steuer- und Investitionsprogramme, darum geht es und um nichts anderes.
Fischer: Für die Wirtschaft ist ja eigentlich die Wirtschaft zuständig. Beispiel: Porsche übernimmt Volkswagen. Ist das nicht das eigentliche Rezept?
Wissmann: Das ist ein hoch intelligentes Investitionskonzept eines Familienunternehmens, aber zeigt ja auch: Es geht nicht um Staatsbeteiligungen. Es geht um die Fortsetzung kluger Innovationen.
Fischer: Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Interview.
Matthias Wissmann: Guten Morgen, Herr Fischer.
Fischer: Das mit der staatlichen Unterstützung, das haben Sie sich doch bei den Banken abgeguckt oder?
Wissmann: Nein, natürlich nicht. Es geht auch nicht um ein vergleichbares Programm wie bei den Banken. Man muss einfach wissen: Bis zum Juni, Juli stand die deutsche Automobilindustrie weltweit bestens da, hat Marktanteile gewonnen, hat sogar am amerikanischen Markt Marktanteile gewonnen, als die anderen schon schlechtere Verkäufe hatten. Aber seit dem Sommer, August, September und jetzt vor allem Oktober spüren wir, dass das Vertrauen der Verbraucher, jetzt langlebige Wirtschaftsgüter zu erwerben, wenn eine große Immobilien- und Finanzkrise alles erschüttert, gesunken ist. Dementsprechend sinken weltweit die Verkäufe und das hat natürlich Folgen für eine sonst außerordentlich erfolgreiche Industrie, und die müssen wir abfedern.
Fischer: Und was soll der Staat nun genau tun?
Wissmann: Wir wollen kein Konjunkturprogramm oder Subventionsprogramm alter Art, aber wir glauben, dass in dieser schwierigen Phase der Automobilindustrie - auch der Zulieferer - die Rahmenbedingungen unbedingt verbessert werden müssen. Es müsste jetzt schnell die Neuordnung der KFZ-Steuer kommen, damit ein Anreiz da ist für den Verbraucher, ein neues umweltfreundliches Auto in jedem Segment zu erwerben, weil es immer umweltfreundlicher ist als sein Vorgängermodell. Es wäre ein Beitrag für Umwelt und für die Automobilwirtschaft. Und zweitens müssen wir riesige Investitionen weltweit leisten, um an der Spitze der Innovation zu bleiben. Entsprechende zinsgünstige Kredite der Europäischen Investitionsbank oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau könnten hier helfen und einen sinnvollen Rahmen schaffen, damit sich zum Beispiel auch die mittelständischen Zulieferer in einer immer schwierigeren Situation im Markt behaupten können. Es geht also um intelligente Rahmenbedingungen, denn klar ist: Gegen den Vertrauensschwund an den Weltmärkten als Folge der Finanz- und Immobilienkrise können sie so gut sein wie sie wollen; sie können sich dagegen nicht behaupten und wir müssen in dieser Krise deswegen auf vernünftige Rahmenbedingungen setzen.
Fischer: Sie haben schon auf die CO2-KFZ-Steuer hingewiesen. Sie haben darauf hingewiesen, dass man dann Autos kaufen könnte, die entsprechend umweltfreundlich sind, das als Anreiz zu verstehen. Aber hat nicht die deutsche Automobilindustrie die Chance gehabt, in den vergangenen Jahren das alles schon zu tun, also akzeptierte Autos zu bauen?
Wissmann: Ja, haben wir auch getan. Zurzeit sind 77 deutsche Modelle auf dem Markt mit einem Verbrauch von unter fünf Liter, also unter 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Wir sind weltweit neben der japanischen Industrie hier die erfolgreichsten mit den innovativsten Modellen. Wir haben allein im Jahre 2008 die CO2-Werte um drei Prozent reduziert, mehr als jede Automobilindustrie auf der Welt. Es ist ein Vorurteil zu glauben, wir hätten diesen Trend verschlafen. Im Gegenteil: Wir werden diesen Trend zum verbrauchseffizienten und umweltfreundlichen Auto noch verstärken, auch mit der Entwicklung alternativer Antriebe. Aber klar ist: In einer Finanzkrise, in der sich jeder Käufer zurückhält und besorgt ist über das bisschen, was er erspart hat, ist es natürlich ungewöhnlich schwer, sich auf einem Markt zu behaupten.
Fischer: Noch eine Zahl. Daimler hat ja seinen Gewinn auf vielleicht sechs Milliarden noch heruntergeschraubt. Erwartet worden waren sieben Milliarden. Das ist nun für den Laien schwer zu verstehen, dass das ein Krisenzeichen sein soll, wenn immerhin noch sechs Milliarden Gewinn gemacht werden.
Wissmann: Sie müssen natürlich nur sehen: die Zahlen, die die Unternehmen jetzt vorlegen, sind noch wesentlich beeinflusst von dem alles in allem ordentlich verlaufenden ersten halben Jahr. Seit August, September gehen die Verkaufszahlen weltweit und zwar aller internationalen Automobilhersteller zurück. Wir schneiden sogar teilweise besser ab als unsere internationalen Konkurrenten. Aber gegen einen solchen einmaligen Trend in der Geschichte der letzten Jahrzehnte können sie so gut sein wie sie wollen; sie werden von diesem Sog mit erfasst. Deswegen sagen wir ja, jetzt müssen in einer großen gemeinsamen Aktion von Automobilindustrie und staatlichen Rahmenbedingungen Impulse gegen die Krise gesetzt werden, letztlich auch Impulse für die Beschäftigung, Impulse für den Erwerb eines neuen Fahrzeuges, die gleichzeitig auch Impulse sind für die Umwelt. Man könnte, wenn man es gut macht, das Umweltanliegen und das Anliegen einer Stärkung dieser Industrie miteinander verbinden. Ich will Sie nur daran erinnern: Als wir die letzte Neuordnung der KFZ-Steuer gemacht haben, Mitte der 90er Jahre, haben wir vier Jahre hintereinander eine deutliche Verschrottung von Altfahrzeugen erlebt und einen deutlichen Erwerb von Neufahrzeugen in niedrigeren Emissionsklassen, um nur ein Element zu nehmen aus den Forderungen, die wir heute erneut auf den Tisch legen.
Fischer: In den USA werden Rufe laut, die Automobilindustrie zumindest teilweise zu verstaatlichen. Findet das auch Ihre Zustimmung?
Wissmann: Man kann die Lage einiger großer amerikanischer Automobilunternehmen nicht vergleichen mit der alles in allem doch viel besseren Situation der deutschen Automobilhersteller. Wir rufen nicht nach staatlicher Beteiligung, wir rufen nicht nach Konjunktur- oder Subventionsprogrammen alter Art. Wir sind einfach der Meinung, dass die Industrie, die so viel tut für Beschäftigung und Innovation in Deutschland - 750.000 Arbeitsplätze hängen direkt von uns ab, fünf Millionen Arbeitsplätze indirekt, Anspruch hat auf intelligente unterstützende Rahmenbedingungen. Steuer- und Investitionsprogramme, darum geht es und um nichts anderes.
Fischer: Für die Wirtschaft ist ja eigentlich die Wirtschaft zuständig. Beispiel: Porsche übernimmt Volkswagen. Ist das nicht das eigentliche Rezept?
Wissmann: Das ist ein hoch intelligentes Investitionskonzept eines Familienunternehmens, aber zeigt ja auch: Es geht nicht um Staatsbeteiligungen. Es geht um die Fortsetzung kluger Innovationen.
Fischer: Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Interview.