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Experten uneins über Gefährdung durch E-Zigaretten

Gesundheitsexperten zufolge könnte die Trägerflüssigkeit von E-Zigaretten Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern. Zudem könnten Bestandteile der Liquide sich beim Erhitzen eventuell verändern. Von den dabei erzeugten Stoffen stehen viele im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Dennoch widersprächen sich die Forschungsergebnisse, so eine Expertin.

Von Arndt Reuning | 31.05.2017
    Eine Frau raucht in Hamburg eine elektrische Zigarette. Die elektronische Zigarette wird als "gesunde Alternative" zum Rauchen gehandelt, da sie keinen Tabak verbrennt. Kritiker warnen aber davor, die Auswirkungen des E-Glimmstängels zu unterschätzen.
    Es ist wirklich sehr schwer zu sagen, wie hoch das Gefährdungspotential ist", sagt Ute Mons über das E-Zigarette-Rauchen. Sie leitet am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg die Stabsstelle Krebsprävention. (dpa / Marcus Brandt )
    Hinzu kommt, dass sich die Bestandteile der Liquide beim Erhitzen eventuell chemisch verändern. So können beispielsweise so genannte Aldehyde entstehen, von denen viele im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen.
    Was den gesundheitlichen Schaden und Nutzen von E-Zigaretten angeht, liegt Vieles noch verborgen unter dem Nebel des Ungewissen. Vor allem mangelt es an Langzeitzeitstudien. Konsens unter den Fachleuten dürfte jedoch sein, dass die Geräte deutlich weniger gesundheitsschädlich sind als Tabakprodukte wie Zigaretten. Das liegt vor allem an ihrer Funktionsweise: E-Zigaretten verbrennen keinen Tabak, sie verdampfen bloß eine meist nikotinhaltige Flüssigkeit, erklärt Ute Mons. Sie leitet am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg die Stabsstelle Krebsprävention:
    "Bei herkömmlichen Zigaretten ist es ja eben so, dass Tabak verbrannt wird. Dabei entstehen mehrere tausende Substanzen. Das ist ein richtiges Giftgemisch. Und all diese Verbrennungsprodukte, die entstehen eben nur beim Verbrennen von Tabak und eben nicht bei elektronischen Zigaretten. Also so dass wir zumindest sagen können: Im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten sind E-Zigaretten sicherlich deutlich weniger gesundheitsgefährdend, aber sie sind sicherlich auch nicht völlig harmlos. Weil dafür sind dann doch einige Stoffe auch drin, die ein gewisses Gefährdungspotential aufweisen."
    "Größtes Gefährdungspotential geht wahrscheinlich von den Aromen aus"
    Die "Liquids", die in die Geräte eingefüllt werden, bestehen aus einer Trägerflüssigkeit wie etwa Glycerin oder Propylenglykol. Häufig enthalten sie natürlich Nikotin. Das ist für die Suchtwirkung mitverantwortlich und steht zunehmend im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern. Als besonders kritisch beurteilt die DKFZ-Expertin jedoch die dritte Komponente in den Liquiden:
    "Also wir gehen davon aus, dass das größte Gefährdungspotential wahrscheinlich von den Aromen ausgeht. Also das Problem ist ja, dass diese Liquide häufig auch von den Nutzern selbst gemischt werden. Und das Gefährdungspotential hängt dann sehr stark davon ab, was genau sich die Nutzer da zusammenmischen."
    Ein Großteil der Aromastoffe sei zwar für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen, sagt Ute Mons. Aber wie sie sich auf die Gesundheit auswirken, wenn sie als Nebel eingeatmet werden, sei in vielen Fällen noch nicht ausreichend erforscht. Hinzu kommt, dass sich die Bestandteile der Liquide beim Erhitzen eventuell chemisch verändern. So können beispielsweise so genannte Aldehyde entstehen, von denen viele im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen. In welchen Konzentrationen sie anfallen, hängt unter anderem von der Temperatur ab, mit der die Flüssigkeiten verdampft werden. Aufgrund der Vielfalt an Liquiden und Geräten ist es deshalb nicht leicht, ein allgemeingültiges Urteil abzuleiten:
    "Und insofern ist es wirklich sehr schwer, da zu sagen, wie hoch das Gefährdungspotential ist. Und insofern gibt es bis jetzt auch relativ viele Studien, die noch nicht so ganz ein klares Bild ergeben, also die sich zum Teil auch widersprechen."
    Auch in einer anderen Frage herrscht keine Einigkeit unter den Experten, nämlich ob Jugendliche durch die E-Zigaretten an den Konsum von Nikotin und Tabak heran geführt werden. Dazu der Suchtexperte Heino Stöver, Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences:
    "Wir haben selber eine Studie durchgeführt im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und haben keine empirische Evidenz dafür finden können, dass die E-Zigarette Jugendliche zu einem regelmäßigen Gebrauch von E-Zigaretten animiert. Also diese These des Einstiegs oder diese Gateway-Hypothese, wie man sie so nennt, die ist wissenschaftlich nicht haltbar."
    E-Zigarette beliebtes Mittel zur Entwöhnung vom Tabak-Rauchen
    Der typische Dampfer sei zwischen dreißig und fünfzig Jahre alt, sagt Heino Stöver, habe über einen langen Zeitraum geraucht und versuche nun, mit Hilfe der E-Zigarette sein Laster aufzugeben:
    "Das ist nicht der Königsweg, die E-Zigarette, aber sie kann ein Mittel sein, und sie ist es bereits, wie große Studien in Europa hier berichten, Rauchern, die langjährig damit hadern, probieren, ein weiteres Mittel an die Hand zu geben, entweder ganz auszusteigen aus dem Verbrennungszigarettengebrauch oder eben umzusteigen auf die E-Zigarette, auf das Dampfen."
    Zumindest für all jene Raucher, bei denen andere Methoden versagt haben, sei die E-Zigarette deshalb durchaus ein probates Mittel zur Tabakentwöhnung.Über fünfundzwanzig Prozent der Menschen in Deutschland rauchen, als gut jeder Vierte. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie etwa Großbritannien, ist das eine hohe Zahl. Dort wird die elektronische Zigarette als ein Mittel propagiert, um die Raucher vom Tabak weg zu bringen.