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Danckert: Doping-Gesetz ist ein guter Kompromiss

Der SPD-Sportpolitiker Peter Danckert hat das neue Anti-Doping-Gesetz als einen guten Kompromiss bezeichnet. Das Gesetz, das heute den Bundestag passierte, enthalte viele Verbesserungen für einen wirksameren Kampf gegen Doping. Danckert sprach sich zugleich dafür aus, den Zuschuss des Bundes für die Radsport-Weltmeisterschaft im September in Stuttgart zu streichen und das Geld für die Doping-Bekämpfung zu verwenden.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Guten Morgen, Herr Danckert.
    Peter Danckert: Guten Morgen, Frau Durak.
    Durak: Weshalb nur dieses Gesetz? Fehlt es den Parlamentariern an Mut, richtig durchzugreifen?
    Danckert: Also, wir haben lange darüber diskutiert, was der richtige Weg ist. Und wie das im Parlament so ist, man braucht für alle Gesetze, die dort verabschiedet werden sollen, auch eine politische Mehrheit. Und das, was wir jetzt als Kompromiss diskutieren in der zweiten und dritten Lesung heute, das ist das, was machbar war. Ich finde, das ist ein guter Kompromiss, das will ich ausdrücklich sagen, weil es neben der Besitzstrafbarkeit für nicht geringe Mengen auch viele andere Verbesserungen enthält, die einen wirksameren Kampf gegen Doping versprechen. Also, ich bin damit zufrieden, aber man kann sich ja immer noch mehr vorstellen.
    Durak: Nicht geringe Mengen, daran bleibe ich wieder hängen. Was sind nicht geringe Mengen?
    Danckert: Ja, wir haben ja diesen Begriff ganz bewusst aus der Rauschgiftkriminalität übernommen. Dort hat die Rechtsprechung diesen Begriff entwickelt und kann damit gut leben. Auch die Strafverfolgungsbehörden können damit gut leben. Das ist von Sachverständigen festgelegt worden, die haben ja eine Liste erstellt, der Doping-Substanzen, um das mal allgemein zu sagen, und haben sich dann auch darauf verständigt, was jeweils die nicht geringen Mengen sind. Darüber kann man sich informieren, das wissen auch die Sportler, das wissen die Mediziner, das wissen die Betreuer. Und von da aus gibt es im Kreis der Betroffenen oder die, die wir ansprechen wollen mit dem Gesetz, auch gar keinen Zweifel, was nicht geringe Mengen sind. Für Sie und für mich ist das ja nicht relevant, weil wir dopen uns ja nicht.
    Durak: Nein, aber ich würde das schon gerne wissen, nicht geringe Mengen. Also, wäre das eine Spritze, ein Blutbeutel oder was?
    Danckert: Das kommt je nach der Substanz drauf an. Mal sind es sozusagen zwei Tabletten, mal sind es fünf Gramm. Das wird von Substanz zu Substanz, die ja ganz unterschiedlich wirken auch im Körper, festgelegt und dann wissen die Beteiligten Bescheid. Also, ich glaube, hier wird es im Vollzug des Gesetzes auch keine Schwierigkeiten geben können.
    Durak: Herr Danckert, wenn es allein nach Ihnen gegangen wäre, hätten Sie dopende Sportler auch nur allein der Sportgerichtsbarkeit unterworfen?
    Danckert: Ja, das ist ja auch jetzt nicht so. Ich meine, da wird der Eindruck erweckt, als seien die gedopten Sportler nur von der Sportgerichtsbarkeit zu erfassen. Also erst mal ist die Sportgerichtsbarkeit nicht besonders effektiv. Also man sieht es ja in den Dopingbeichten der letzten Tage und Wochen, dass die Sportgerichtsbarkeit dazu überhaupt keinen Beitrag geleistet hat. Zweitens, ein Sportler, der mit einer nicht geringen Menge angetroffen wird, kann natürlich wie jeder andere auch bestraft werden. Und das bleibt nicht nur der Sportgerichtsbarkeit vorbehalten. Also da wird ein bisschen in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, als habe sich der Sport da durchgesetzt. Die wollten ja das sowieso nicht, aber haben sich dann sozusagen damit abgefunden und unterstützen das jetzt auch, das will ich ausdrücklich sagen. Aber es kommt drauf an. Wenn es eine geringe Menge ist, dann bleibt es bei der Sportgerichtsbarkeit. Ist es eine nicht geringe Menge, mit der der Sportler in Verbindung gebracht werden kann, dann ist die Strafgerichtsbarkeit ebenso zuständig.
    Durak: Höre ich ein gewisses Misstrauen gegenüber Sportverbänden heraus, was das Ahnden von Doping und die Prävention betrifft, oder täusche ich mich?
    Danckert: Also, einen gewissen Unterton will ich jetzt hier gar nicht verschweigen. Ich bin nicht so richtig angetan von der Effektivität in dem Bereich. Das liegt natürlich auch, das muss man fairerweise sagen, an den Instrumentarien. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei, die können Hausdurchsuchungen machen, die können Zeugen vernehmen. Das kann der Sport ja alles gar nicht machen. Auch die Sportgerichtsbarkeit nicht. Die sind darauf angewiesen, dass bei einer Trainingskontrolle oder in einer Wettkampfkontrolle es zu einem positiven Ergebnis kommt. Auf diesem schmalen Bereich, erst dann können sie sozusagen tätig werden. Und von da aus sage ich, das ist eben viel zu wenig. Wir sehen das im Radsport. Fast 100 Prozent, fast jeder Radprofi ist bei den Rennen gedopt. Und wie viele positive Kontrollen hat es gegeben? Da ist ein auffälliges Missverhältnis und deshalb ist meine Skepsis glaube ich auch angebracht.
    Durak: Fast jeder Radsportler ist gedopt, Profi, sagen Sie. Dann sollte man doch bei der Förderung öffentlicher Großveranstaltungen Konsequenzen ziehen. Der Bund will den Zuschuss für die Rad-WM in Stuttgart im September noch prüfen. Eigentlich müsste er ihn streichen, oder?
    Danckert: Ja, ich denke, wir haben da eine Situation erreicht, wo man wirklich ganz ernsthaft daran gehen muss. Der Zuschuss, der öffentliche Zuschuss, sind ja Steuergelder. Und ich finde es nicht gerechtfertigt, dass wenn Steuergelder dafür eingesetzt werden, dass so eine Radsportveranstaltung durchgeführt wird, bei der ich wieder annehmen muss, dass zumindest die Hälfte der Teilnehmer gedopt ist. Also, das können wir gar nicht vertreten vor dem Parlament. Und das gilt auch für die Spitzensportförderung im Übrigen. Dieses Geld sollten wir lieber für präventive Maßnahmen einsetzen oder zur weiteren und besseren finanziellen Ausstattung der NADA, der Nationalen Dopingagentur.
    Durak: Welche Möglichkeiten haben denn die Parlamentarier, darauf Einfluss zu nehmen, was die Sportförderung betrifft?
    Danckert: Also, wir haben ja jetzt einen Kabinetts-, einen Haushaltsentwurf vom Kabinett verabschiedet vorgelegt bekommen und werden im Herbst, im September, Oktober, November, darüber beraten. Das ist ein Vorschlag. Also, erst mal möchte ich festhalten, dass das Bundesinnenministerium auch auf unsere Anregung hin zusammen mit dem Finanzminister Steinbrück, hier mehr Mittel für den Sport zur Verfügung stellen. Das finde ich schon mal gut. Dann sind die Mittel für die Nationale Dopingagentur aufgestockt worden, um über zwei Millionen. Das ist auch sehr, sehr positiv. Und damit wird die finanzielle Grundlage für die Arbeit der NADA gegeben. Und wenn dann die Haushälter und die Fachpolitiker, wie wir im Sportausschuss, mit den Einzelheiten noch nicht zufrieden sind, dann ist jetzt das Parlament gefragt. Jetzt können wir sozusagen entscheiden, welche Mittel an welcher Stelle eingesetzt werden. Und da werden wir sehr genau drauf achten, dass wir für Prävention, für die Arbeit der NADA, für Dopinganalytik, genügend Mittel zur Verfügung stehen haben, damit wir auch sagen können, die Spitzensportförderung im Übrigen ist gerechtfertigt. Nur wenn beides zusammenkommt, können wir sozusagen das gegenüber den Steuerzahlern verantworten.
    Durak: Manchmal muss ja auch schnell gehandelt werden. Noch mal Stuttgart: Müsste gestrichen werden?
    Danckert: Also, ich sage mal so, das ist jetzt in erster Linie für die Exekutive eine Frage. Das Bundesinnenministerium, das das sehr gewissenhaft prüfen wird, da bin ich ganz sicher, ist hier am Zuge. Das ist schon Haushaltsvollzug. Wir haben die Mittel für Stuttgart bereitgestellt. Das war das Parlament. Und nun muss die Exekutive prüfen, ob die Bedingungen für die Vergabe in einer solchen Situation noch gerechtfertigt sind. Ich habe dazu eine persönliche Meinung: Ich glaube, dass das nicht mehr gerechtfertigt ist. Aber da ist jetzt das Bundesinnenministerium gefragt.
    Durak: Peter Danckert, Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag, Mitglied der SPD. Herr Danckert, danke für das Gespräch.
    Danckert: Auf Wiederhören, Frau Durak.