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Daniel Harding in Köln
Unverhofftes Debüt

Corona hat viele Konzerttermine platzen lassen, auch für Dirigent Daniel Harding. Im Mai läuft ihm in Paris zufällig sein Kollege François-Xavier Roth über den Weg. Der lädt Daniel Harding spontan zum Gastdirigat nach Köln ein. So kam es wenige Wochen später zu Hardings Debüt am Pult des Gürzenich-Orchesters.

Am Mikrofon: Raoul Mörchen |
    Ein dirigierender Mann steht auf einem Podest und blickt zur Seite. Vom Orchester ist nur eine Geigerin zu erkennen.
    Der Dirigent Daniel Harding, hier bei seinem Debüt in Köln, wurde 1975 in der englischen Universitätsstadt Oxford geboren. (Holger Talinski)
    Was könnte harmloser sein als eine Musik, die sich freiwillig hinter dem Titel "Serenade" verbirgt? Diese alte Gattung der leichten Abendmusiken, die vornehme Leute der oberen Stände an lauen Sommernächten beim Flanieren auf der Terrasse begleiten oder das Schmatzen der Gäste beim Verspeisen prächtiger Festmahle überdecken sollte. Dirigent Daniel Harding aber warnt: Wenn Benjamin Britten 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, eine Serenade schreibt, sollten wir uns als Hörer nicht zu sicher wähnen. Hier wartet eine Musik mit doppeltem Boden auf uns. Harding kombinierte die Serenade und zwei Volksliedbearbeitungen Benjamin Brittens bei seinem Debüt am Dirigentenpult des Kölner Gürzenich-Orchesters mit drei Stücken aus Alban Bergs "Lyrischer Suite". Das Werk eines Komponisten, bei dem der jungen Benjamin Britten liebend gerne studiert hätte. Doch dessen Mutter war strikt dagegen. Wenn auch die Musik dieses Komponisten zu jener Zeit in Großbritannien noch nahezu unbekannt war, so waren Gerüchte über den Kanal geeilt, Berg sei ein Lebemann und die Moderne auf dem Kontinent von Grund auf dekadent. Daher sagte die strenge Mama Britten nein zur Reise nach Wien und zum Studium ihres Sohns bei Alban Berg.
    Alban Berg
    3 Stücke aus: Lyrische Suite für Streichquartett.
    Arrangement von Alban Berg für Streichorchester
    Benjamin Britten
    "O Waly, Waly (The Water is wide)" für Stimme und Streichorchester
    "The Salley Gardens" für Stimme, Fagott, Harfe und Streichorchester
    Serenade für Tenor, Horn und Streicher, op. 31
    Andrew Staples, Tenor
    Přemysl Vojta, Horn
    Gürzenich-Orchester Köln
    Daniel Harding, Leitung
    Aufnahme vom 28.6.2020 aus der Philharmonie Köln