Dass Daniel Theis mit den Boston Celtics in der NBA-Finalserie spielt, war im vergangenen Sommer noch nicht zu erwarten gewesen. Der 2,04 Meter große Center aus Salzgitter in Niedersachsen unterschrieb bei den Houston Rockets einen Vier-Jahres-Vertrag. 36 Millionen Dollar sollte Theis in Texas bis 2025 verdienen. Es war der bislang best dotierte Vertrag seiner Karriere. Und wenn alles nach Plan gelaufen wäre, “dann wäre ich wahrscheinlich seit zwei Monaten schon im Urlaub und die Finals oder die Playoffs hätte ich dann im Fernsehen verfolgt”, sagt Theis.
Denn Houston beendete die NBA-Vorrunde auf dem letzten Platz und verpasste somit die Ko-Runde. Doch im Februar wechselte Theis zu den Boston Celtics. Dort hatte er seine NBA-Karriere 2017 begonnen und bis zum vergangenen Frühjahr gespielt. Boston bekam Theis - und gab im Gegenzug dessen Freund aus gemeinsamen Braunschweiger Zeiten, Dennis Schröder, an die Rockets ab.
Schröder verpokerte sich
Für Spielmacher Schröder war es auf der Karriereleiter ein weiterer Schritt nach unten. In der Saison 2020/21 hatte er noch bei den Los Angeles Lakers gespielt - sich aber verpokert, als er ein Angebot zur Vertragsverlängerung über vier Jahre und für 84 Millionen Dollar ablehnte.
Schröder hatte gehofft, durch starke Leistungen in den Playoffs seinen Marktwert zu steigern - doch die Lakers schieden als Titelverteidiger bereits in der ersten Runde aus. Noch schlimmer: Vereins-Legende “Magic” Johnson fällte ein vernichtendes Urteil über den Deutschen.
Er glaube nicht, so Johnson, dass Schröder ein echter Laker sein. Ihm fehle es an der Einstellung und Siegermentalität, die man brauche.
Da Schröder keinen anderen Verein fand, unterschrieb er bei den Celtics - für ein Jahr und relativ bescheidene 5,9 Millionen Dollar. Doch auch in Boston fiel der Braunschweiger schnell in Ungnade. In den lokalen Medien war davon die Rede, dass er zwar anfangs ganz gut gewesen sei, aber Probleme mit seiner Einstellung habe und nerve. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass er so schnell wieder verschwunden sei. Vor allem seine Mitspieler hätten ihn nicht mehr gewollt.
Dritter Deutscher Finals-Teilnehmer
Während für Schröder die NBA-Saison in Houston seit Anfang April vorbei ist, spielt Theis um den Titel - als dritter Deutscher nach Detlef Schrempf und Dirk Nowitzki. Als Letzterer 2011 die Dallas Mavericks zur Meisterschaft führte, saß der damals 19-jährige Theis daheim in Braunschweig nachts vor dem Fernseher, erzählt er: “Wenn das Spiel um 3 Uhr deutscher Zeit angefangen hat, habe ich mir den Wecker ungefähr so auf 4:45 Uhr oder 5 Uhr gestellt, dass ich die zweite Halbzeit und das Ende einfach seh’.”
Mittlerweile ist Theis 30 Jahre alt, steht jetzt selbst auf der größten NBA-Bühne - und Dirk Nowitzki schaut ihm zu. Nowitzki sagt: “Er ist ein großer, der relativ athletisch ist, der schnell ist, der gut zum Korb kommt. Der clever ist. Von daher freu’ ich mich für ihn und ich hoffe, dass er sich weiterhin so durchsetzen kann.”
Nowitzki war der Superstar der Mavericks und führte sie 2011 zum Titel. Theis ist bei den Celtics eher die Nummer acht oder neun. Er ist der Zweitälteste im Team - und somit einer der erfahrenen Akteure. Einer, der mit der Deutschen Nationalmannschaft schon bei EM und WM gespielt hat. Seine Rolle - vielseitig: “Von der Bank, auf dem Feld - einfach kommunizieren, wenn man Sachen sieht, die vielleicht andere nicht sehen. Und dann einfach der energy guy, der vor allem defensiv immer da ist für andere.”
Auch Schröder drückt Boston die Daumen
Beim 120:108-Sieg der Celtics im ersten Finalspiel bei den Golden State Warriors stand Theis sechs Minuten auf dem Parkett und traf einen Dreier. Gut möglich, dass er auch mal mehr Spielzeit bekommt, denn die etatmäßige Nummer eins auf der Center-Position, Robert Williams, hat nach einer Meniskus-Operation immer noch Probleme mit seinem Knie. Es kann aber auch sein, dass Theis mal eine komplette Partie auf der Bank bleibt: “Ich bin bereit, egal, wie. Und ich hab’ die Chance, einfach ein Teil von etwas Historischem zu sein.”
Denn im Erfolgsfall wären die Boston Celtics mit dann 18 Triumphen alleiniger NBA-Rekordmeister. Ein Triumph würde auch Dennis Schröder freuen, 49 Mal für die Celtics spielte er in dieser Saison. Nachdem Boston die Finalserie erreicht hatte, veröffentlichte er zu Wochenbeginn auf seinem Instagram-Kanal ein Foto mit einem Tattoo des Celtics-Vereinswappens auf seiner Wade.
