Eigentlich eine kuriose Situation, dieses Gastspiel am eigenen Haus: Ein deutsches Stück kehrt in kroatischer Sprache nach Deutschland zurück, inszeniert von Hansgünther Heyme, dem Intendanten des Theaters im Pfalzbau Ludwigshafen - und wird durch den verfremdeten Blick zum Ereignis. Plötzlich schaut man aus zwei Blickwinkeln auf das Geschehen, sieht schärfer hin und, ja - hört paradoxerweise genauer und versteht die wechselnden Affektlagen in all ihren Abstufungen und Umbrüchen.
Sicher, dass dies geschehen kann, setzt natürlich eine subtile Personenregie und hervorragende Schauspieler voraus. Und das Ensemble des Kroatischen Nationaltheaters hat ersichtlich exzellente Menschendarsteller. Manches rückt, derart verfremdet, sogar näher, als es im vertrauten BRD-Ambiente mit seiner abstrakt unkörperlichen Politik je sein könnte. Den Text kann man in den deutschen Übertiteln ja mitlesen - wie phrasenhaft die revolutionär dröhnenden Reden sind, spürt man hier geradezu körperlich. Auch das Gegenteil wird ganz ohne Effekthascherei sinnenfällig, wenn Worte und Körperspiel in der Lebenserzählung der Hure Marion zusammenfallen. Und das pseudo-römisch ausstaffierte Gerede der Leute auf der Straße ist in dieser Inszenierung alles andere als nur burlesk und komisch. Lange bevor sie ganz auf Robespierres Linie umschwenken, mischt sich Grauen in das Lachen, denn mit allen Sinnen kann man erleben, wie diesen geschickt manipulierten Menschen die eigene Wahrnehmung und die eigene Sprache, und sei sie noch so grob oder unbeholfen, abhandengekommen sind. Die Leierkastenidylle mit einer kleinen, zur Spieluhrenfigur dressierten Tänzerin ist ein ebenso anrührendes wie bestürzendes Bild, das Heyme dafür gefunden hat.
Man hört und sieht, sozusagen ganz haut-nah am Text dieses illusionslosen Revolutionsdramas, was Ideologien mit Menschen machen, wie Menschen "gemacht", aufgebaut und abgeschafft werden; wie also politische Prozesse, mit Büchners Worten "in Fleisch gearbeitet" werden. Wir, die Zuschauer, sind Augenzeugen, wie die Korruption die Menschen in Karikaturen von Ideen verwandelt und ihre zerstörerische Kraft auch die intimsten Lebensbereiche durchdringt. Realpolitik zum Anfassen, zynisch, klarsichtig und hart in der pathosgeladenen Rhetorik der kroatischen Sprachvirtuosen: Den Bürgerkrieg im eigenen Lande haben alle noch im Gedächtnis und in den Knochen.
Aber da ist noch etwas, was diese Inszenierung so groß macht: mitten in dem ideologien- und revolutionskritischen Stück rettet Heyme die Utopie von einer Revolution, der es wirklich um bessere Lebensbedingungen für alle ginge. Die Ambivalenz zwischen brüllendem Pathos und lethargischem Zynismus bleibt erhalten, ja wird sogar noch gesteigert durch den Wechsel von zuweilen erstarrten, dann wieder in Bewegung geratenden Figuren und Szenen, lauten und leisen Tönen. Beileibe nicht nur Danton - alle haben diese Revolution verspielt. Lethargie, Statik, Ruhe und Melancholie ergeben sich fast zwangsläufig als einzige verbleibende Reaktionen auf das mechanisch gewordene politische Auf und Ab aller Stände auf dem steilen Stufenpodest. Und im 2. Teil sieht man sich dann ans Ende des 19. Jahrhunderts, wie in einen verschärften Tschechow versetzt, wenn alle sich in den eigenen Untergang nur noch hineinfühlen und -wühlen. Die den Tod Dantons und seiner Anhänger jetzt durchgesetzt haben - werden die Nächsten sein. Die Guillotine arbeitet im 20-Sekunden-Takt.
Sicher, dass dies geschehen kann, setzt natürlich eine subtile Personenregie und hervorragende Schauspieler voraus. Und das Ensemble des Kroatischen Nationaltheaters hat ersichtlich exzellente Menschendarsteller. Manches rückt, derart verfremdet, sogar näher, als es im vertrauten BRD-Ambiente mit seiner abstrakt unkörperlichen Politik je sein könnte. Den Text kann man in den deutschen Übertiteln ja mitlesen - wie phrasenhaft die revolutionär dröhnenden Reden sind, spürt man hier geradezu körperlich. Auch das Gegenteil wird ganz ohne Effekthascherei sinnenfällig, wenn Worte und Körperspiel in der Lebenserzählung der Hure Marion zusammenfallen. Und das pseudo-römisch ausstaffierte Gerede der Leute auf der Straße ist in dieser Inszenierung alles andere als nur burlesk und komisch. Lange bevor sie ganz auf Robespierres Linie umschwenken, mischt sich Grauen in das Lachen, denn mit allen Sinnen kann man erleben, wie diesen geschickt manipulierten Menschen die eigene Wahrnehmung und die eigene Sprache, und sei sie noch so grob oder unbeholfen, abhandengekommen sind. Die Leierkastenidylle mit einer kleinen, zur Spieluhrenfigur dressierten Tänzerin ist ein ebenso anrührendes wie bestürzendes Bild, das Heyme dafür gefunden hat.
Man hört und sieht, sozusagen ganz haut-nah am Text dieses illusionslosen Revolutionsdramas, was Ideologien mit Menschen machen, wie Menschen "gemacht", aufgebaut und abgeschafft werden; wie also politische Prozesse, mit Büchners Worten "in Fleisch gearbeitet" werden. Wir, die Zuschauer, sind Augenzeugen, wie die Korruption die Menschen in Karikaturen von Ideen verwandelt und ihre zerstörerische Kraft auch die intimsten Lebensbereiche durchdringt. Realpolitik zum Anfassen, zynisch, klarsichtig und hart in der pathosgeladenen Rhetorik der kroatischen Sprachvirtuosen: Den Bürgerkrieg im eigenen Lande haben alle noch im Gedächtnis und in den Knochen.
Aber da ist noch etwas, was diese Inszenierung so groß macht: mitten in dem ideologien- und revolutionskritischen Stück rettet Heyme die Utopie von einer Revolution, der es wirklich um bessere Lebensbedingungen für alle ginge. Die Ambivalenz zwischen brüllendem Pathos und lethargischem Zynismus bleibt erhalten, ja wird sogar noch gesteigert durch den Wechsel von zuweilen erstarrten, dann wieder in Bewegung geratenden Figuren und Szenen, lauten und leisen Tönen. Beileibe nicht nur Danton - alle haben diese Revolution verspielt. Lethargie, Statik, Ruhe und Melancholie ergeben sich fast zwangsläufig als einzige verbleibende Reaktionen auf das mechanisch gewordene politische Auf und Ab aller Stände auf dem steilen Stufenpodest. Und im 2. Teil sieht man sich dann ans Ende des 19. Jahrhunderts, wie in einen verschärften Tschechow versetzt, wenn alle sich in den eigenen Untergang nur noch hineinfühlen und -wühlen. Die den Tod Dantons und seiner Anhänger jetzt durchgesetzt haben - werden die Nächsten sein. Die Guillotine arbeitet im 20-Sekunden-Takt.