Mittwoch, 01. Mai 2024

Archiv

Das Digitale Logbuch
Der vermeintlich intelligente Fernseher

Ob Smartcard, Smartphone, Smart-TV - heute haben alle Geräte den Anspruch "smart" zu sein. Doch diesen Anspruch erfüllen moderne Fernseher nicht wirklich, findet unser Autor Wolfgang Noelke. Auch wenn smart draufsteht - die Geräte sind trotzdem strohdumm.

Von Wolfgang Noelke | 26.04.2014
    Eine Fernbedienung ist auf einen Fernseher gerichtet.
    Früher entschieden die Eltern, wann man fernsehen darf. Heute machen das die TV-Hersteller aus Südkorea. (Robert Schlesinger, dpa picture-alliance)
    "Fernseher", sagte ein Mitschüler. "Wir haben jetzt einen neuen Fernseher". Damals war klar, dass mit "Fernseher" nicht Gäste gemeint sind, die sich abends mit vor die Glotze setzen, um zu sehen, was wir fernsehen, sondern die Glotze selbst. Fernseher waren nichts weiter als dumme Geräte, die man mit der Fernsteuerung ein-, um- und ausschalten konnte.
    Heute haben alle Geräte den Anspruch "smart" zu sein. Ob Smartcard, Smartphone, Smart-TV - auch wenn smart draufsteht, die Geräte sind trotzdem noch strohdumm. Das Einzige, was einigermaßen smart ist, weil es Datenpakete auch auf Umwegen zum Ziel schickt, sind Netzwerke wie das Internet. Dank ihres dezentralen Aufbaus. Doch die angebliche Krone der Intelligenz, der Mensch mag es lieber zentral und entsprechend unintelligent.
    Die neueste Kreation eines Herstellers kam nur durch Zufall ans schummrige Licht seiner Flachbildschirme, weil diese vier Stunden lang nicht funktionierten, wie sie sollten: Voilà, die Zentrale für's dezentrale Internet ist da!
    Als Bonbon der Intelligenz kam jetzt raus, wie deren internetfähige "Fernseher" prüfen, ob das Internet noch da ist: Die verbinden sich mit ihrer südkoreanischen Zentrale, selbstverständlich über das Internet, um - aus Südkorea - ebenfalls wieder über das Internet zu erfahren, ob sie ins Internet dürfen. Sollten die Server in Südkorea nicht erreichbar sein - und das waren sie knapp vier Stunden lang - kommt kein OK, dass das Internet funktioniert und die Besitzer der angeblich so smarten Flachbildschirme gucken in die Röhre.
    Das erinnert mich an meine Kindheit. Als ich klein war, musste ich erst die Eltern fragen, ob ich fernsehen darf. Die befreiten dann den Stecker aus einer Stahlkassette, stöpselten ihn in die Steckdose. Der Fernseher funktionierte. Waren meine Eltern mal nicht da, gab's halt keinen Strom. Der Fernseher funktionierte nicht.
    Ob meine heutigen Fernseher-Eltern, also die allmächtigen Hersteller im fernen Südkorea fernsehen, was ich auf meinem Fernseher fernsehe, weiß ich nicht. Doch eines fernen Tages werden sie beschließen, wir sollen endlich was Neues kaufen. Dann knipsen sie den Erlaubnis-Server aus und die Flachbildschirme sind so unsmart wie die olle Glotze.