Archiv


Das Digitale Logbuch: Mein Kopf, ein Klingelton

Technisch ist alles möglich im Konsumismus, und der Fortschritt ist überhaupt nicht mehr aufzuhalten: Niemand darf in Zukunft mehr auf das Gegenteil von Komik verzichten. Maximilian Schöberl, verantwortlich für das Kundenmagazin " ** world", kommt aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus, wenn er sein jüngstes Produkt feiert: "TV total für unterwegs, Comedy mit dem Besten von Raab, Engelke, Pocher & Co., das den **-Kunden künftig Wartezeiten verkürzt und Reisen verschönert." ** ist fest entschlossen: Der Terror hört nie wieder auf. Der Name des Unternehmens reimt sich nicht von ungefähr auf Aggression. Zutreten und Abgreifen sind die Markenzeichen von **, das 20 Milliarden Euro Steuern sparen will, indem es Buchverluste in Höhe von 50 Milliarden aus der Mannesmann-Übernahme abschreibt. Dadurch hätte das hochprofitable Unternehmen auf dem Papier einen riesigen Verlust und müsste auf Jahre hinaus weniger Steuern zahlen.

Von Wiglaf Droste |
    Das " ** world"-Magazin wendet sich allerdings gezielt an Kunden, denen grobianische Geschäftspraktiken so egal sind wie alles andere, das nicht knallt und ballert. "Sieh mich an, wenn ich mit Dir spreche!", herrscht die Werbung für mobile Videotelefonie den Konsumenten an, der sich bei Vodafone dem Zangengriff einer Domina ausgesetzt sieht. Zur Abrundung des Angebots hält glitschige TV-Prominenz wie Kai Pflaume dazu grienend die eingeölte Rübe in die Kamera. Vor allem der Nachwuchs wird hochaggressiv und zielgruppengerecht angekobert. Für Kinder, die sich für zwei Euro einen Klingelton aus der MTV-Werbung herunterladen sollen, gibt es den Slogan: "Alter, ruf" mich auf meinem Handy an!"

    Der menschliche Kopf, als Aufbewahrungsort für Klingeltöne viel zu schade, war einmal ein wunderbares Instrument zur Erfahrung und Durchdringung der Welt. Unternehmen wie ** wirtschaften ihn zum Gaff- und Quatsch-Kasten herunter. Man nennt das Verarmung durch Profit.