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Das erste Mal

Heute endet die Rückmeldefrist für das kommende Wintersemester an den bayerischen Universitäten. Seit 1999 müssen Studenten im Zweitstudium mit der Rückmeldung eine Gebühr von 500 Euro entrichten. Erstmals werden jetzt auch so genannte Langzeitstudenten zur Kasse gebeten. Wer drei Semester über der Regelstudienzeit liegt, muss ebenfalls 500 Euro Studiengebühr pro Halbjahr bezahlen.

Von Wolfram Hanke | 01.07.2005
    Die letzten Tage der Rückmeldung laufen. In der Studentenkanzlei der Uni Würzburg geht es zu wie in einem Taubenschlag. Alle wollen sich auf den letzten Drücker noch zurückmelden. Und vielen drohen Langzeitstudiengebühren, wie dieser jungen Mutter.

    " Ich meine, ich schiebe das im Moment noch auf die lange Bank, weil ich noch im Erziehungsurlaub bin. Und ich befürchte, dass ich etwas bezahlen. Und das ist natürlich schon ein Knaller, schon ziemlich viel. Es ist halt dann die Frage, ob mir dass noch so wichtig ist das weiterzumachen. Das ist dann die Frage. Dass ich es eben fertig mache, und da ist halt die Frage, ob der Preis nicht zu hoch ist."

    Ein anderes Beispiel: Daniel Scheidel ist 27 und studiert seit 15 Semestern Chemie an der Uni Würzburg. Gerade sitzt er über seiner Diplomarbeit und hofft noch dieses Semester fertig zu werden, denn sonst wird es teuer. 500 Euro werden fällig - zusätzlich zum Semesterbeitrag von 123 Euro 70, den alle entrichten müssen.

    " Ich habe jetzt nie Bafög bekommen, aber habe auch durch meine Eltern natürlich einigermaßen Unterstützung bekommen. Die waren jetzt allerdings auch unzufrieden, dass ich so lange gebraucht habe. Das alles muss ich jetzt selbst finanzieren und das ist dann schon verdammt viel. Also ich mache jetzt schon wenig, was zusätzlich Geld kostet und eine Möglichkeit habe ich gefunden, die ist jetzt auch perfekt für mich ist. Das ist ein Bildungskredit, den gab es schon vorher, vor den Langzeitstudiengebühren. Das sind 300 Euro im Monat, ohne das würde ich es nicht schaffen."

    Daniel Scheidel ist einer von knapp 1000 Studierenden der Uni Würzburg, die einen Brief von der Verwaltung bekommen haben und darin aufgefordert werden, Langzeitstudiengebühren zu entrichten. Knapp 100 haben schon bezahlt, die anderen verhandeln gerade. Die bayerischen Hochschulen wollen mit den Langzeitstudiengebühren ausmisten, sagt Professor Axel Haase, Präsident der Uni Würzburg. Karteileichen loswerden.

    " Die Einführung von Langzeitstudiengebühren wird sicher dafür sorgen, dass man sozusagen die Spreu vom Weizen trennt. Also diejenigen, die noch studieren, die werden sicher auch diese Studiengebühren bezahlen müssen, damit sie fertig werden. Aber es wird vielleicht auch den einen oder anderen geben, der sozusagen nur als Karteileiche da ist und sich dann doch exmatrikuliert."

    So wie jetzt in Bayern bitten die meisten Bundesländer inzwischen die höheren Semester zur Kasse. Nur in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Berlin ist das nicht der Fall. Für die Hochschulen bedeute die neue Gebühr nicht nur eine Entschlackungskur, sondern auch größeren Aufwand verbunden, sagt Stefan Vorderobermeier von der Uni Würzburg:

    " Es ist halt so, dass gleichzeitig mit der Einführung dieser Gebühren auch ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand verbunden ist. Wir haben in Würzburg, führend mit anderen Universitäten in Deutschland eine sehr weitgehende Online-Rückmeldung schon etabliert. Was jetzt dazu führen wird, dass wir circa 1000 Anträge im individuellen Einzelfall prüfen müssen, daraufhin ob und gegebenenfalls wie hoch diese Gebühren dann ausfallen."

    Von der Langzeitstudiengebühr befreit werden Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung. Studierende, die ein Kind unter 15 Jahren haben oder in einem studentischen Gremium mitgewirkt haben. Bummelanten, die wie im Klischee 20 Semester lang an der Uni herumtrödeln, gebe es in Bayern überhaupt nicht, sagt Peter Dinges von der Studierendenvertretung. Deshalb träfen die Langzeitstudiengebühren auch die Falschen:

    " Da sie nicht wesentlich Geld in die Unikasse spülen, also das ist kein Einnahmefaktor. Außerdem bedrängen sie einfach die Leute in dem Moment, wo sie wirklich am meisten Zeit bräuchten, um fertig zu studieren. Die müssen jetzt noch nebenher arbeiten. Meistens oder einen Kredit aufnehmen, um diese Langzeitstudiengebühren zu bekommen. Also im Endeffekt bestraft man die Leute, die eigentlich am meisten Hilfe bräuchten."

    Trotzdem stoßen die Langzeitstudiengebühren bei den meisten Würzburger Studierenden auf wenig Widerstand. Die meisten hoffen, innerhalb der Regelstudienzeit fertig zu werden und nicht zahlen zu müssen. Zumindest bis in Bayern keine allgemeine Studiengebühr fällig wird.

    " Ich finde es gut, ich finde es richtig, weil es von vornherein wenn es bekannt ist einen Anreiz schafft, das Studium in angemessener Zeit durchzuziehen.

    Das finde ich jetzt nicht so schlimm, im Gegensatz zu den normalen Studiengebühren, weil ich denke, wenn man sich einigermaßen reinhängt, müsste man es meistens so schaffen, dass man in drei Semestern drüber noch fertig wird.

    Ich bin dafür, weil ich finde, dass man das Studium auf jeden Fall straffen und kürzen könnte und viele Studenten sich einfach ein bisschen auf die faule Haut legen und lange studieren."