Gerwald Herter: An vielen Flughäfen auf der ganzen Welt ist dieser Name zu lesen: der Name eines kleinen Winzerortes an der Mosel im Großherzogtum Luxemburg. Am 14. Juni, heute vor genau 25 Jahren, war das nicht einmal zu ahnen. Vertreter von nur fünf Mitgliedsstaaten der EG, der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichneten ein Abkommen, das heute besser bekannt ist unter dem Namen des besagten Dorfes: Schengen. Das Schengener Abkommen sah und sieht den Abbau von Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen und die Einführung des freien Personen- und Warenverkehrs vor. Heute gehören 25 Staaten zum Schengener Raum. Der Luxemburgische Politiker Robert Goebbels gehörte vor 25 Jahren zu den Unterzeichnern des Abkommens. Damals war er Staatssekretär im Außenministerium. Heute ist er Europaabgeordneter. Mit Robert Goebbels habe ich vor der Sendung über das Schengener Abkommen gesprochen. Herr Goebbels, wofür steht der Name des luxemburgischen Winzerdorfes, wofür steht Schengen heute?
Robert Goebbels: Schengen steht ganz klar für das Europa der Bürger, für Freizügigkeit, für Abbau von Kontrollen an den Grenzen, und zwar für 400 Millionen Menschen schon. Das sind die 25 Staaten, darunter interessanterweise auch drei Staaten, die nicht Mitglied der EU sind, besonders die Schweiz.
Herter: Wie kam es eigentlich dazu, dass das Abkommen ausgerechnet dort in Luxemburg, in der Nähe von Schengen auf einem Schiff, unterzeichnet wurde?
Goebbels: Das hatte ich als Präsident dieser kleinen Regierungskonferenz so beschlossen. Luxemburg hatte zufällig den Vorsitz des Beneluxes, und als die fünf Staatssekretäre sich einig waren, durfte ich einladen zur Unterzeichnung des Abkommens. Wir haben das gemacht in Schengen, weil dies das Dreiländereck ist, dort, wo der Benelux, Deutschland und Frankreich zusammenstoßen, und auf einem Schiff in der Mosel, weil die Mosel ein Kondominium ist, das heißt deutsches und luxemburgisches Hoheitsgebiet.
Herter: Sehr symbolisch. – Europa der zwei Geschwindigkeiten, heißt es, bestimmte Mitgliedsstaaten mit einem Beschluss vorangehen, sich zusammentun, und andere später, wenn sie dann doch wollen, folgen. Ist das Abkommen von Schengen nicht geradezu ein Paradebeispiel für diese Methode und zeigt dieses Beispiel nicht, dass die Methode funktioniert?
Goebbels: Absolut! Ich glaube, Schengen war das erste Beispiel von Europa der zwei Geschwindigkeiten. Mitterrand, der mit Kohl zusammen eigentlich der Ideengeber war, wollte daraus ein europäisches Instrument machen, wurde aber wie üblich von den Briten gestoppt. Deshalb haben wir zu fünft das damals gemacht, und das hat dann nachher noch 20 weitere Staaten nachgezogen. Die Briten sind aber selbstverständlich noch immer nicht dabei. Ich ziehe daraus die Lehre, dass die Politik gemacht wird von den Avantgarden, und die besten Resultate, die Europa bislang erzielt hat, ist zum Beispiel die Freizügigkeit dank Schengen, oder der Euro, wo wir auch zu 16 und nächstes Jahr zu 17 sind.
Herter: Nachteile hatte diese Vorgehensweise aber sicher zweifellos auch: mangelnde demokratische Kontrolle zum Beispiel. Inzwischen sind Sie ja Europaabgeordneter.
Goebbels: Ja, aber es gab damals zwei große Vorwürfe. Einerseits wurde uns vorgeworfen, wir würden eine Festung bauen. Die Festung beherbergt inzwischen 400 Millionen Menschen und ist offen für Immigration, ist auch offen für Touristen aus Drittländern, die sich freuen, dass sie mit einem einzigen Visa, dem Schengen-Visum, 25 Länder bereisen können.
Zweitens ist Schengen heute in das Aqui Communautaire integriert und damit kann auch das Europaparlament seine Kritiken ausüben. Wir haben sehr oft im Europäischen Parlament Beschlüsse über Einzelbestimmungen, die im Rahmen des Schengen-Abkommens oder dem, was im Amsterdam-Vertrag heute drinsteht, notwendig sind.
Herter: Aber Sie erinnern sich daran, dass die Sitzungen des Schengen-Komitees am Rande der Innenministertreffen nicht sehr transparent waren, man manchmal nicht erfuhr, was da eigentlich ausgehandelt wurde.
Goebbels: Es gibt immer wieder Leute, die als einzigen Kritikpunkt sagen, das ist nicht transparent. Heute die Innenminister haben ein großes Problem: das Schengen-Informationssystem. Das ist ein Instrument, mit dem die Polizeiorgane der 25 Mitgliedsstaaten kooperieren. Dank diesem Schengen-Informationssystem wurden zahlreiche Verbrechen aufgeklärt, Tausende von gestohlenen Wagen wiedergefunden. Aber das System ist an das Ende seiner Kapazitäten gekommen, weil jetzt 25 Staaten daran hängen. Das müsste also ausgeweitet werden und wie üblich streitet man sich darüber, wer da was bezahlen soll.
Herter: 145 Millionen Euro soll das kosten und es gibt Verzögerungen. Was ist da so schwierig?
Goebbels: Ich bin da nicht direkt damit befasst. Anscheinend ist der Kostenvoranschlag etwas zu knapp gewesen. Es kommen zusätzliche Kosten hinzu. Aber ich finde, dass 143 Millionen Euro für die Sicherheit von 400 Millionen Bürger noch herzlich wenig Geld sind.
Herter: Erinnern Sie sich daran, dass die Schengen-Daten mal geklaut worden sind aus dem Computer?
Goebbels: Da bin ich nicht dabei gewesen und entsinne mich dem auch nicht. Aber alle Computer sind irgendwie knackbar, aber das ist wahrscheinlich einer der Gründe gewesen, weshalb man dieses Computersystem nachbessern will.
Herter: Hoffen wir, dass das in Zukunft nicht mehr passieren kann. – Robert Goebbels, Luxemburger und vor 25 Jahren einer der Unterzeichner des Schengen-Abkommens. Heute ist er Abgeordneter im Europäischen Parlament.
Robert Goebbels: Schengen steht ganz klar für das Europa der Bürger, für Freizügigkeit, für Abbau von Kontrollen an den Grenzen, und zwar für 400 Millionen Menschen schon. Das sind die 25 Staaten, darunter interessanterweise auch drei Staaten, die nicht Mitglied der EU sind, besonders die Schweiz.
Herter: Wie kam es eigentlich dazu, dass das Abkommen ausgerechnet dort in Luxemburg, in der Nähe von Schengen auf einem Schiff, unterzeichnet wurde?
Goebbels: Das hatte ich als Präsident dieser kleinen Regierungskonferenz so beschlossen. Luxemburg hatte zufällig den Vorsitz des Beneluxes, und als die fünf Staatssekretäre sich einig waren, durfte ich einladen zur Unterzeichnung des Abkommens. Wir haben das gemacht in Schengen, weil dies das Dreiländereck ist, dort, wo der Benelux, Deutschland und Frankreich zusammenstoßen, und auf einem Schiff in der Mosel, weil die Mosel ein Kondominium ist, das heißt deutsches und luxemburgisches Hoheitsgebiet.
Herter: Sehr symbolisch. – Europa der zwei Geschwindigkeiten, heißt es, bestimmte Mitgliedsstaaten mit einem Beschluss vorangehen, sich zusammentun, und andere später, wenn sie dann doch wollen, folgen. Ist das Abkommen von Schengen nicht geradezu ein Paradebeispiel für diese Methode und zeigt dieses Beispiel nicht, dass die Methode funktioniert?
Goebbels: Absolut! Ich glaube, Schengen war das erste Beispiel von Europa der zwei Geschwindigkeiten. Mitterrand, der mit Kohl zusammen eigentlich der Ideengeber war, wollte daraus ein europäisches Instrument machen, wurde aber wie üblich von den Briten gestoppt. Deshalb haben wir zu fünft das damals gemacht, und das hat dann nachher noch 20 weitere Staaten nachgezogen. Die Briten sind aber selbstverständlich noch immer nicht dabei. Ich ziehe daraus die Lehre, dass die Politik gemacht wird von den Avantgarden, und die besten Resultate, die Europa bislang erzielt hat, ist zum Beispiel die Freizügigkeit dank Schengen, oder der Euro, wo wir auch zu 16 und nächstes Jahr zu 17 sind.
Herter: Nachteile hatte diese Vorgehensweise aber sicher zweifellos auch: mangelnde demokratische Kontrolle zum Beispiel. Inzwischen sind Sie ja Europaabgeordneter.
Goebbels: Ja, aber es gab damals zwei große Vorwürfe. Einerseits wurde uns vorgeworfen, wir würden eine Festung bauen. Die Festung beherbergt inzwischen 400 Millionen Menschen und ist offen für Immigration, ist auch offen für Touristen aus Drittländern, die sich freuen, dass sie mit einem einzigen Visa, dem Schengen-Visum, 25 Länder bereisen können.
Zweitens ist Schengen heute in das Aqui Communautaire integriert und damit kann auch das Europaparlament seine Kritiken ausüben. Wir haben sehr oft im Europäischen Parlament Beschlüsse über Einzelbestimmungen, die im Rahmen des Schengen-Abkommens oder dem, was im Amsterdam-Vertrag heute drinsteht, notwendig sind.
Herter: Aber Sie erinnern sich daran, dass die Sitzungen des Schengen-Komitees am Rande der Innenministertreffen nicht sehr transparent waren, man manchmal nicht erfuhr, was da eigentlich ausgehandelt wurde.
Goebbels: Es gibt immer wieder Leute, die als einzigen Kritikpunkt sagen, das ist nicht transparent. Heute die Innenminister haben ein großes Problem: das Schengen-Informationssystem. Das ist ein Instrument, mit dem die Polizeiorgane der 25 Mitgliedsstaaten kooperieren. Dank diesem Schengen-Informationssystem wurden zahlreiche Verbrechen aufgeklärt, Tausende von gestohlenen Wagen wiedergefunden. Aber das System ist an das Ende seiner Kapazitäten gekommen, weil jetzt 25 Staaten daran hängen. Das müsste also ausgeweitet werden und wie üblich streitet man sich darüber, wer da was bezahlen soll.
Herter: 145 Millionen Euro soll das kosten und es gibt Verzögerungen. Was ist da so schwierig?
Goebbels: Ich bin da nicht direkt damit befasst. Anscheinend ist der Kostenvoranschlag etwas zu knapp gewesen. Es kommen zusätzliche Kosten hinzu. Aber ich finde, dass 143 Millionen Euro für die Sicherheit von 400 Millionen Bürger noch herzlich wenig Geld sind.
Herter: Erinnern Sie sich daran, dass die Schengen-Daten mal geklaut worden sind aus dem Computer?
Goebbels: Da bin ich nicht dabei gewesen und entsinne mich dem auch nicht. Aber alle Computer sind irgendwie knackbar, aber das ist wahrscheinlich einer der Gründe gewesen, weshalb man dieses Computersystem nachbessern will.
Herter: Hoffen wir, dass das in Zukunft nicht mehr passieren kann. – Robert Goebbels, Luxemburger und vor 25 Jahren einer der Unterzeichner des Schengen-Abkommens. Heute ist er Abgeordneter im Europäischen Parlament.