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Das geplante europäische Militärtransportflugzeug

Remme: So wie es aussieht, liegt der Ball jetzt im Feld der Projektpartner: sieben weitere Länder sind an diesem Rüstungsvorhaben beteiligt. Eine rechtsverbindliche Zusage aus Deutschland über die Gesamtzahl der geplanten Flugzeuge, 73 Stück, wird es bis zum 31. Januar jetzt also nicht geben können. Holger May, Sie sind Konfliktforscher am Institut für strategische Studien in Bonn, wird es Ärger geben vor allem mit Paris und London?

    May: Also begeistert sind die Partner natürlich mit Sicherheit nicht. Denn es ist ja klar, dass in dem Moment wo ein so großer Partner wie Deutschland schwankt oder zaudert oder unter Umständen letztlich nicht die Stückzahl an Flugzeugen bestellen wird, die vorgesehen waren, dann würde das ja auch auf die Entscheidungsfindung der Partner zurückfallen und unter Umständen höhere Stückkosten bedeuten. Von daher ist aus Sicht der Partner Deutschland hier kein zuverlässiger Partner im Moment.

    Remme: Sie sagten, es geht hier nicht um ein oder zwei Flugzeuge, die nicht sicher zugesagt werden können, sondern um dutzende. Wird dieses Projekt damit in seiner Existenz bedroht?

    May: Eigentlich hofft man mal nicht. Denn es gibt ja deutscherseits die klare Absicht und es gibt ja auch die Festlegung und wenn jetzt das haushaltsrechtliche Verfahren richtig angegangen wird, dann wird sich ja auch die Opposition gegenüber diesem Projekt nicht verschließen. Von daher geht es jetzt einfach schlicht und ergreifend darum, wie so oft bei solchen Projekten, das Geld dafür bereitzustellen, was man eigentlich schon längst beschlossen hat, zu tun.

    Remme: Herr May, warum ist dieses Projekt für die beteiligten Partner so wichtig?

    May: Grundsätzlich geht es ja darum, das ist völlig unstrittig, auch im deutschen Parlament bei allen politischen Kräften, dass wir einen Ersatz für die veralteten Transportflugzeuge (und die eigentlich auch nicht mehr zeitgemäßen Transportflugzeuge) für die Aufgaben, die wir haben, dringend brauchen. Das sind ja fast fliegende Ersatzteillager, die wir heute haben und es bedarf dringend einer neuen Lösung. Und nun gab es viele Möglichkeiten, die wurden ja lange diskutiert, sei es, dass man mit einem russisch-ukrainischen Projekt, der Antonow, weitermacht, dass man amerikanische Maschinen least; alle Möglichkeiten wurden diskutiert aber Europa hat beschlossen, sich doch eine eigene Fähigkeit, ein eigenes Flugzeug hier zu entwickeln und zuzulegen. Und an diesem Beschluss sollte nun nachträglich nicht mehr gerüttelt werden sondern nun muss es darum gehen, sich diese dringlich benötigte militärische Fähigkeit auch zuzulegen.

    Remme: Sie haben die Notlage, den großen Bedarf der Bundeswehr, erklärt. Geht es da den Briten, den Franzosen ähnlich?

    May: Ja, denen geht es ähnlich. Auch hier gilt, dass natürlich lange überlegt wurde, ob man andere Lösungen entsprechend suchen soll, zum Beispiel die Briten haben auch sehr deutlich geliebäugelt mit der Idee, amerikanische Flugzeuge zu kaufen beziehungsweise zu leasen und hier geht es nun darum, dass man eigentlich eine klare politische Absicht hiermit verbunden hat: ein europäisches Flugzeug neu zu entwickeln und zu beschaffen. Nämlich eben diese berühmte und oft genannte europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität auch auf eine entsprechenden materielle Grundlage sichtbar zu stellen. Dies ist ein nachvollziehbarer und durchaus begrüßenswerter Beschluss, aber er kostet eben viele Milliarden, weil es eben dann darum geht, nicht etwas, was es schon gibt zu kaufen, sondern was neues zu entwickeln mit alldem was dazugehört, einschließlich Entwicklungsrisiken und unter Umständen auch einer geringeren Stückzahl als die Amerikaner, die nun eben weltweit auch Exportmärkte bedienen.

    Remme: Das heißt also, dieser Airbus, der da gebaut werden soll, das ist für das, was gebraucht wird nicht die billigste Lösung.

    May: Nein, aber es ist eine europäische Lösung. Und man hat sich ja öfters entschieden, auch durchaus eigene Wege hier zu gehen. Da muss man eben halt auch mal in die Vorlage gehen; es gäbe eben keinen zivilen Airbus und keine Ariane wenn hier nicht eine politische Willenserklärung deutlich wird, nämlich eben europäische Fähigkeiten auch zu harmonisieren. Nicht nur, ein Käuferland zu sein und natürlich abhängig zu sein von anderen, sondern hier auch entsprechend eigene Fähigkeiten auch zu haben. Das ist eine Investition, die aber eigentlich im sehr engen Sinne keine Entscheidung ist, die ins Verteidigungsministerium gehört oder auch in den Verteidigungshaushalt gehört, sondern es ist, wenn Sie so wollen, eine euroapolitische Entscheidung, die auch durchaus zu begrüßen ist, wenn man sie mit dem entsprechenden materiellen Grundlagen auch ausstattet und das heißt in diesem Falle auch viel Geld auf den Tisch legt.

    Remme: Vielen Dank, Holger May von Institut für strategische Studien in Bonn.