"Wenn ich ein Kind lobe, bedeutet das: Du bist gut!"
"Wir selber erleben es doch am eigenen Leibe, wie es uns geht, wenn wir für etwas gelobt werden: Wir fühlen, dass wir etwas richtig gemacht haben, dass wir etwas geschafft haben, das gibt uns ein gutes Gefühl."
"Wer nie gelobt wird, ist einsam, Loben ist etwas, was zusammenschweißt, also was etwas Schönes miteinander schafft, das schafft eine Grundstimmung, die sehr produktiv ist."
Ursprünglich wurden nur Gott, Herrscher oder Helden gelobt, denn im eigentlichen Wortsinn bedeutet es "preisen, verehren, bejubeln". Etymologisch kommt es höchstwahrscheinlich vom Wort Laub - gemeint ist jener Lorbeerkranz als Ehrenzeichen. Das gegenseitige Loben gibt es erst seit der Entdeckung der Individualität in der Renaissance. Und dieser persönliche Zuspruch, oft auch nonverbal: eine Geste wie Daumen hoch oder Schulterklopfen, ein anerkennender Pfiff, beifälliges Nicken oder donnernder Applaus, all das tut dem Menschen nicht nur gut, sondern ist sogar notwendig für seine gesunde Entwicklung, meint der Pädagoge Professor Hans-Jörg Neubert, der den Arbeitsbereich Theorie von Erziehung, Bildung und Unterricht an der FU Berlin leitet:
"Denken Sie sich, es würde überhaupt eine Person nie gelobt werden, da wird es ganz deutlich, wie wichtig das Lob ist: Diese Person hätte keine Orientierung über sich selbst, hätte keine Orientierung über ihr Handeln, diese Person könnte nie ein Selbstbewusstsein entwickeln, könnte nie eine Identität entwickeln, also in diesem Gedankenexperiment wird deutlich, wie wichtig Lob im pädagogischen Handeln aber auch sonst in jeder Form des Umgangs ist."
In die Pädagogik hat Lob allerdings erst spät Eingang gefunden,
"Es ist sicherlich eine neuere Art, es wurden früher natürlich die Kinder auch gelobt, aber früher war das Strafen, das Überwachen, das Ermahnen, das Verbieten mehr an der Tagesordnung. Und etwa mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, mit der Reformpädagogik, herkommend von Gedanken von Rousseau, der die Bedeutung der Kindheit und die Achtung vor der Kindheit betont hat, hat sich sozusagen der Blick gewandelt, von dem Strafenden zu der kindorientierten, zugewandten Erziehung. Und insofern hat sich das auch verändert von dem Ermahnenden zu dem Lobenden."
Aber irgendwie sind manche dabei übers Ziel hinausgeschossen, behaupten jedenfalls einige Psychologen. Zwar gibt es immer noch zu viele allein gelassene Kinder, die kaum ein freundliches Wort und schon gar kein Lob erhalten, aber insbesondere in bildungsbürgerlichen Schichten tun viele Eltern des Guten zu viel, warnt die US-Psychologin Carol Dweck von der Stanford University:
"Amerikaner stecken ihren Kindern Lobzettel in die Lunch-Box, zuhause am Kühlschrank hängen Tabellen mit Sternchen für die guten Dinge, die sie tun, und jede Leistung in der Schule oder im Sport wird noch materiell belohnt. Eltern denken, permanentes Lob sei wie ein Schutzengel, es bewahre ihre Kinder davor, sich selber gering zu schätzen."
Aber genau der gegenteilige Effekt trete ein, behauptet Carol Dweck - und in Deutschland sei man auf dem besten Weg in dieselbe Falle. Das deckt sich zumindest mit der Beobachtung, die Ulla Mothes, Mutter von zwei Halbwüchsigen und Kinderbuchautorin, gemacht hat:
"Ich komme aus einer Familie, sehr protestantisch sozusagen, also das heißt: Nicht geschimpft ist schon gelobt. Ich bin nicht viel gelobt worden, aber ich kenne durchaus Fälle, wo ich finde, man muss nicht wirklich jedes Püpselchen mit 'Ach, wie toll hast du das gemacht' bedenken, weil da fehlt ja dann irgendwann ganz der Antrieb, mal was Besonderes zu tun, und wenn man dann vielleicht mal irgendwann Unfug macht, dann ist es ja umso schlimmer."
Professor Herbert Scheithauer, Leiter des Arbeitsbereichs Entwicklungswissenschaft und Entwicklungspsychologie an der FU Berlin, sieht dagegen eher die Lobwüste Deutschland:
"Wir orientieren uns leider Gottes immer, sowohl in der Erziehung aber auch als Lehrer immer daran, was uns eigentlich nicht gefällt. Wir geben immer Rückmeldungen, Leistungsrückmeldung, Verhaltensrückmeldung bezogen auf Dinge, die wir nicht so schön finden. Letztlich muss sich das natürlich immer ein bisschen in Waage halten, aber wir loben viel zu wenig."
Es gibt tatsächlich Untersuchungen, die zeigen, dass in Deutschland am Tage zehnmal mehr kritisiert als gelobt wird. Deshalb, so der Pädagoge Hans-Jörg Neubert, kann es bei der Kritik nicht um die Menge gehen, sondern um das Wie:
"Es wird falsch gelobt - also wenn überhaupt nichts vorgewiesen wird. Und das passiert halt häufig. Dann hat man so einen Erziehungsratgeber gelesen: Es wird bedeutend mehr kritisiert als gelobt, also wird jetzt bei jedem kleinen Verhalten gelobt, dann wird das halt abgeschmackt. Kinder wissen ganz genau: Ist das echt gemeint? Ist das ehrlich gemeint?"
Übertriebenes Lob macht misstrauisch. Eltern, die alles toll finden, was ihre Kinder machen, werden als Kritiker bald nicht mehr ernst genommen, schließlich gar nicht mehr gefragt. Kinder reagieren sogar gekränkt, wenn sie für zu leichte Aufgaben Lob bekommen, haben das Gefühl: Mehr traut man mir nicht zu, was ihr Selbstwertgefühl erst recht untergräbt. Mothes:
"Ich habe eigentlich immer gelobt für Dinge, wenn ich gemerkt habe, sie entwickeln sich, sie entwickeln sich weiter. Bei kleinen Kindern passiert das sicherlich öfter als bei großen Kindern. Ich glaube, dass es Kindern gut tut, dass es ein Verhältnis gibt, auch innerhalb des Lobens: Also sehr loben - mal einfach nur sagen Ja, hast du gut gemacht - und eben jetzt das gar nicht weiter kommentieren."
Entwicklungspsychologen raten zum Beispiel davon ab, Kinder zu loben, wenn sie von sich aus positives Verhalten zeigen. Denn sie lernen so nicht, dass sie etwas richtig gemacht haben, sondern dass es eine Möglichkeit ist, Aufmerksamkeit zu bekommen. Lob kann zu einer regelrechten Sucht führen.
Hierzu hat zum Beispiel der Neurowissenschaftler Professor Emrah Düzel von der Universität Magdeburg geforscht: Durch Lob wird im Gehirn das Belohnungszentrum angeregt, das heißt, es wird Dopamin ausgeschüttet. Dieser Botenstoff motiviert zum Lernen neuer Dinge. Kommt ein Lob zu schnell, zu leicht oder zu oft, stumpft das System ab. Und wenn es dann unerwartet ausbleibt, können sogar Entzugserscheinungen auftreten - Frust, Selbstzweifel oder sogar Depressionen.
Und deshalb, so Hans-Jörg Neubert, lautet eine wichtige Regel für richtiges Loben:
"Es muss ehrlich und authentisch sein. Es darf nicht übertrieben sein."
Außerdem soll man mit einem Lob wirklich das Kind meinen, nicht indirekt sich selbst.
Tatsächlich ist der überschwängliche Jubel des Vaters über seinen mutigen Sohn oft eher ein - unbewusstes - Eigenlob, Ausdruck des Stolzes, so einen tollen Sohn zu haben!
Deshalb formuliert der Pädagoge gleich eine zweite Lob-Regel:
"Lob muss klar sein. Pädagogisches Handeln ist schon vom Ansatz her oft ein diffuses Geschehen, und da muss man sich um Klarheit bemühen."
Ulla: "Es gab jetzt Zeugnisse, und meine Tochter habe ich dafür gelobt, dass sie ganz selbstständig arbeitet, dass sie ihre Noten, die jetzt fürs Abitur zählen, im Blick hat und das wirklich in einer Reife macht, die für mich ganz toll ist."
Ein konkretes Lob klingt immer anders, sodass das Kind die Aufmerksamkeit spürt! Denn manchmal ist das schnelle, pauschale "Super!" oder "Fein gemacht!" eher ein liebloser Umgang, ein Abwimmeln des Kindes! Aber bei aller Ausführlichkeit: Keine doppelten Botschaften!
Etwa: "Toll, dass du im Aufsatz eine Zwei geschrieben hast - aber deine Handschrift ist furchtbar"!
Es ist tatsächlich gar nicht so einfach mit dem Loben, sagt auch der Psychologe Herbert Scheithauer:
"Ich muss in den Situationen richtig loben, und ich muss eben auch das Alter der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen, denen ich gegenüberstehe. Das ist übrigens etwas, was zum Beispiel bei Lehr-/Lernersituationen oftmals falsch gemacht wird. Kinder kommen irgendwann in ein Alter, wo zum Beispiel vor versammelter Schulklasse ein Lob vielleicht genau den gegenteiligen Effekt hat, weil: Man gilt dann plötzlich als der Streber."
Gerade bei älteren Kindern und Jugendlichen wird Lob vor allem zur Leistungsmotivation eingesetzt. Mothes:
"Meinen Sohn habe ich gelobt, der hat jetzt gerade die Prüfung für den Sportbootschein binnen bestanden, das fand ich schon gut. Da muss man nämlich auch ein paar Fragen lernen und, na ja, er hat so einen Tag vorher angefangen, aber er hat's geschafft."
Der Zusammenhang von Lob und Leistung ist inzwischen ganz gut untersucht, vor allem wiederum in den USA, unter anderem von der schon erwähnten Psychologin Carol Dweck an der Stanford University. Eltern wollen ihren Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen, ausreichend Selbstbewusstsein geben in der modernen Konkurrenzgesellschaft, also sagen sie ihnen andauernd, wie klug und großartig sie sind. Aber das sei genau falsch:
Carol Dweck hat ein Buch geschrieben: "Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge und Niederlagen bewirkt". Sie geht davon aus, dass es im Wesentlichen zwei Typen von Menschen gibt: Diejenigen mit statischem Selbstbild sehen ihre Eigenschaften als angeboren und unveränderlich; für sie ist jede Situation eine Prüfung, die zeigt, ob sie ein Sieger- oder eben Verlierertyp sind.
Menschen mit dynamischem Selbstbild hingegen glauben an Veränderung und Entwicklung, glauben, die Ereignisse beeinflussen zu können, nicht Spielball des Schicksals zu sein: Misserfolge sehen sie als Ansporn, sich mehr anzustrengen, jede Herausforderung begreifen sie als neue Chance.
Und dieses Selbstbild wird ganz stark beeinflusst durch die Art des Lobens, so Carol Dweck.
Deshalb lautet ihre Regel Nummer eins für ein wirklich motivierendes Lob: Nie die Intelligenz loben, sondern immer die Anstrengung.
Untermauert wird ihre These durch mehrere Studien: So nahmen zum Beispiel Hunderte von Schülern an einem IQ-Test teil. Alle wurden hinterher gelobt, einige aber ausdrücklich für ihr besonderes Talent, in solchen Tests zu bestehen, andere für ihre Anstrengung angesichts der schwierigen Aufgaben. Dann wurde beiden Gruppen ein weiterer Test mit komplizierteren Aufgaben angeboten, und es zeigte sich, dass die für ihr Talent Gelobten mehrheitlich daran nicht teilnehmen wollten - offenbar aus Angst zu versagen, während die anderen sich gern daran versuchten und das schlechtere Ergebnis als Hinweis nahmen, noch mehr lernen zu müssen.
Aber es gibt auch Kritik an Carol Dwecks These vom "Lob der Anstrengung". Der Pädagoge Hans-Jörg Neubert:
"Meist in der Pädagogik, auch in der Psychologie, lobt man eine Leistung. Ich denke, loben ist mehr. Ein Loben betrifft die Person existenziell. Und das taucht auf, wenn man das etwas weiter sieht, nämlich im Begriff des Lobsingens oder des Lobgesangs. Zum Beispiel die Laudes in der Mönchstradition: Man lobt Gott, und Gott wird nicht für eine Leistung gelobt, sondern einfach, weil er da ist. Und ich denke, das ist ein ganz, ganz wichtiger Gedanke, der normalerweise aus den empirischen Untersuchungen einfach raus fällt. Lob ist nicht nur ein fragmentiertes Erziehungsmittel wie Vormachen, Vorzeigen oder Ermahnen, sondern es ist ein Teil eines hochkomplexen, sehr persönlichen menschlichen Umgangs."
Deshalb ist es auch problematisch, wenn Lob sich in materieller Belohnung ausdrückt: Studien in den USA zeigen, dass ein Verhalten, das man mit Belohnung erreicht, nicht etwa verinnerlicht, sondern sofort wieder aufgegeben wird, wenn die Belohnung wegfällt: In einer Ernährungsstudie sollten Kinder zum regelmäßigen Kefirtrinken angehalten werden - ein Teil von ihnen bekam dafür etwas geschenkt, die anderen nicht. In der Kontrollgruppe - ohne Belohnung - blieben einige Kinder später beim Kefirtrinken und mochten es sogar, während die anderen es nach der Belohnungszeit geradezu verabscheuten und nie mehr anrühren wollten!
Beim Lob in Form materieller Belohnung lässt sich zudem noch schwerer abschätzen, was angemessen ist - "Wie viel Geld wofür?" Die "Stärke des Lobes" wird abhängig davon, welche finanziellen Mittel man hat, und schließlich ist die Suchtgefahr hier noch größer: Was krieg ich dafür, wenn?
Besser ist es, das Lob von der Belohnung wenigstens zu trennen - und dann auch differenziertere Formen zu finden, wie zum Beispiel Ulla Mothes bei ihren Kindern im Teenageralter:
"Also, es gibt eigentlich nur eine einzige Sache, wo sie auch wissen, dass sie das bekommen, also zum Ganzjahreszeugnis, da gibt es auch mal was Finanzielles, also tatsächlich einen Lohn, das sind dann Scheine, die an Blumen wachsen, aber es gibt vor allem eben die Blume, was etwas Ideelles ist und nicht vorrangig was Materielles. Insofern sehe ich Lohn und Lob tatsächlich als etwas anderes, Lohn ist etwas, was man sich verdient, und Lob ist etwas, was man dazubekommt. Etwas Besonderes. Eher eben wie eine Blume, und die Belohnung ist der Schein."
Die Mutter folgt hier, unbewusst vielleicht, einer weiteren Lobregel, die der Pädagoge Hans-Jörg Neubert so formuliert:
"Lob muss außerordentlich lebendig sein, Lob muss sozusagen inszeniert werden, Lob soll man wie überhaupt das pädagogische Handeln ein bisschen spielerisch angehen. Also dass ich zum Beispiel einem Kind nicht nur sage, das hast du gut gemacht, sondern ich klopfe dem Kind noch auf die Schultern, ich blinke mit den Augen, ich mach noch irgendwelche Spiele dabei, also dass das eingebunden wird in den gesamten menschlichen Umgang."
Lob nach Regeln, Erziehung mit dem Ratgeber in der Hand - und wenn's ganz dicke kommt, die "Supernanny" im Haus: Ist das nicht manchmal ein bisschen viel Expertise für das Alltagshandeln? Neubert:
"Erzieherisches Handeln ist wie jeder menschliche Umgang ein sehr, sehr schwieriges Geschäft. Früher lief das in gewisser Weise mit, die Geschwister haben sich miteinander und gegeneinander erzogen. Heute ist es wirklich sehr schwierig und die Eltern und auch Lehrer lechzen nach Ratgebern. Wenn man aber die Ratgeber dann mal liest, steht meistens nichts anderes als pädagogischer Common Sense drin."
Und diesem Common Sense misstraut der Entwicklungspsychologe Professor Herbert Scheithauer von der FU Berlin mitunter. Er möchte gerade in Erziehungsfragen nicht alles dem gesunden Menschenverstand überlassen:
"Wir stellen immer fest, dass es gewisse Erziehungsmythen gibt, die auch heute noch sehr, sehr deutlich Wirkung zeigen. Ich kenn es zum Beispiel aus Gesprächen noch mit Personen vor meiner Generation, die gesagt haben: Och, wenn ein Kind schreit, das kriegt dann gesunde Lungen, man darf das Kind nicht verwöhnen, wenn man gleich sofort drauf reagiert, sonst lernt es ja, dass sofort jemand kommt. Wir wissen heute aus der Bindungsforschung, dass es sehr, sehr wichtig ist, auf diese Signale des Kindes prompt und sofort zu reagieren, und nicht das Kind schreien zu lassen."
Gerade bei einzelnen Erziehungsmitteln, wie eben dem Loben, sei Forschung wichtig, so Scheithauer:
"Denn tagtäglich ist es tatsächlich so, dass wir in ganz normalen Interaktionen mit anderen Menschen eigentlich ständig loben, belohnen, bestrafen durch unser Verhalten anderen gegenüber, und wenn uns diese Prozesse nicht bewusst sind, machen wir vielleicht etwas, was wir gar nicht machen wollen. Deshalb ist es so wichtig, diesen Mechanismus zu erkennen und ihn auch entsprechend ganz bewusst einzusetzen."
Herbert Scheithauer hat das Projekt Papilio mitbegründet, was sich an Kindergärten und an Erzieherinnen richtet. Hier soll der Umgang mit Emotionen, zum Beispiel zur Gewaltprävention, gelernt, aber auch gutes soziales Verhalten ausdrücklich eingeübt werden. Loben hat dabei einen ganz zentralen Stellenwert, sagt Scheithauer:
"Weil wir über Lob beispielsweise gerade bei jüngeren Kindern das Verhalten der Kinder auch ganz systematisch steuern können. Und genau das gilt es zu erforschen und eventuell nutzbar zu machen für Intervention, Prävention oder für entsprechende Erziehungsmaßnahmen."
Auch der Pädagoge Professor Hans-Jörg Neubert von der FU Berlin glaubt, dass richtiges Loben ein wichtiges Instrument für Eltern oder auch Lehrer und Erzieherinnen ist, aber er setzt für die praktische Anwendung eher auf gezielte Bewusstseinsbildung als auf Forschung:
"Im pädagogischen Handeln ist nicht gut, was wissenschaftlich ist, sondern gut, was dem andern zugewandt ist, was den anderen anerkennt. Wir haben alle ein intuitives Gespür für Loben; ich stelle in den Seminaren den Studenten dann die Frage: Wann seid ihr das letzte Mal gelobt worden? Das ist für sie schon mal interessant, und dann die zweite Frage: Wie ist das geschehen und was hat euch darüber gefreut beziehungsweise was fandet ihr nicht gut? Und da setzen dann in der Tat Reflexionsprozesse ein, die weit mehr helfen, als Rezepte zu geben."
"Wir selber erleben es doch am eigenen Leibe, wie es uns geht, wenn wir für etwas gelobt werden: Wir fühlen, dass wir etwas richtig gemacht haben, dass wir etwas geschafft haben, das gibt uns ein gutes Gefühl."
"Wer nie gelobt wird, ist einsam, Loben ist etwas, was zusammenschweißt, also was etwas Schönes miteinander schafft, das schafft eine Grundstimmung, die sehr produktiv ist."
Ursprünglich wurden nur Gott, Herrscher oder Helden gelobt, denn im eigentlichen Wortsinn bedeutet es "preisen, verehren, bejubeln". Etymologisch kommt es höchstwahrscheinlich vom Wort Laub - gemeint ist jener Lorbeerkranz als Ehrenzeichen. Das gegenseitige Loben gibt es erst seit der Entdeckung der Individualität in der Renaissance. Und dieser persönliche Zuspruch, oft auch nonverbal: eine Geste wie Daumen hoch oder Schulterklopfen, ein anerkennender Pfiff, beifälliges Nicken oder donnernder Applaus, all das tut dem Menschen nicht nur gut, sondern ist sogar notwendig für seine gesunde Entwicklung, meint der Pädagoge Professor Hans-Jörg Neubert, der den Arbeitsbereich Theorie von Erziehung, Bildung und Unterricht an der FU Berlin leitet:
"Denken Sie sich, es würde überhaupt eine Person nie gelobt werden, da wird es ganz deutlich, wie wichtig das Lob ist: Diese Person hätte keine Orientierung über sich selbst, hätte keine Orientierung über ihr Handeln, diese Person könnte nie ein Selbstbewusstsein entwickeln, könnte nie eine Identität entwickeln, also in diesem Gedankenexperiment wird deutlich, wie wichtig Lob im pädagogischen Handeln aber auch sonst in jeder Form des Umgangs ist."
In die Pädagogik hat Lob allerdings erst spät Eingang gefunden,
"Es ist sicherlich eine neuere Art, es wurden früher natürlich die Kinder auch gelobt, aber früher war das Strafen, das Überwachen, das Ermahnen, das Verbieten mehr an der Tagesordnung. Und etwa mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, mit der Reformpädagogik, herkommend von Gedanken von Rousseau, der die Bedeutung der Kindheit und die Achtung vor der Kindheit betont hat, hat sich sozusagen der Blick gewandelt, von dem Strafenden zu der kindorientierten, zugewandten Erziehung. Und insofern hat sich das auch verändert von dem Ermahnenden zu dem Lobenden."
Aber irgendwie sind manche dabei übers Ziel hinausgeschossen, behaupten jedenfalls einige Psychologen. Zwar gibt es immer noch zu viele allein gelassene Kinder, die kaum ein freundliches Wort und schon gar kein Lob erhalten, aber insbesondere in bildungsbürgerlichen Schichten tun viele Eltern des Guten zu viel, warnt die US-Psychologin Carol Dweck von der Stanford University:
"Amerikaner stecken ihren Kindern Lobzettel in die Lunch-Box, zuhause am Kühlschrank hängen Tabellen mit Sternchen für die guten Dinge, die sie tun, und jede Leistung in der Schule oder im Sport wird noch materiell belohnt. Eltern denken, permanentes Lob sei wie ein Schutzengel, es bewahre ihre Kinder davor, sich selber gering zu schätzen."
Aber genau der gegenteilige Effekt trete ein, behauptet Carol Dweck - und in Deutschland sei man auf dem besten Weg in dieselbe Falle. Das deckt sich zumindest mit der Beobachtung, die Ulla Mothes, Mutter von zwei Halbwüchsigen und Kinderbuchautorin, gemacht hat:
"Ich komme aus einer Familie, sehr protestantisch sozusagen, also das heißt: Nicht geschimpft ist schon gelobt. Ich bin nicht viel gelobt worden, aber ich kenne durchaus Fälle, wo ich finde, man muss nicht wirklich jedes Püpselchen mit 'Ach, wie toll hast du das gemacht' bedenken, weil da fehlt ja dann irgendwann ganz der Antrieb, mal was Besonderes zu tun, und wenn man dann vielleicht mal irgendwann Unfug macht, dann ist es ja umso schlimmer."
Professor Herbert Scheithauer, Leiter des Arbeitsbereichs Entwicklungswissenschaft und Entwicklungspsychologie an der FU Berlin, sieht dagegen eher die Lobwüste Deutschland:
"Wir orientieren uns leider Gottes immer, sowohl in der Erziehung aber auch als Lehrer immer daran, was uns eigentlich nicht gefällt. Wir geben immer Rückmeldungen, Leistungsrückmeldung, Verhaltensrückmeldung bezogen auf Dinge, die wir nicht so schön finden. Letztlich muss sich das natürlich immer ein bisschen in Waage halten, aber wir loben viel zu wenig."
Es gibt tatsächlich Untersuchungen, die zeigen, dass in Deutschland am Tage zehnmal mehr kritisiert als gelobt wird. Deshalb, so der Pädagoge Hans-Jörg Neubert, kann es bei der Kritik nicht um die Menge gehen, sondern um das Wie:
"Es wird falsch gelobt - also wenn überhaupt nichts vorgewiesen wird. Und das passiert halt häufig. Dann hat man so einen Erziehungsratgeber gelesen: Es wird bedeutend mehr kritisiert als gelobt, also wird jetzt bei jedem kleinen Verhalten gelobt, dann wird das halt abgeschmackt. Kinder wissen ganz genau: Ist das echt gemeint? Ist das ehrlich gemeint?"
Übertriebenes Lob macht misstrauisch. Eltern, die alles toll finden, was ihre Kinder machen, werden als Kritiker bald nicht mehr ernst genommen, schließlich gar nicht mehr gefragt. Kinder reagieren sogar gekränkt, wenn sie für zu leichte Aufgaben Lob bekommen, haben das Gefühl: Mehr traut man mir nicht zu, was ihr Selbstwertgefühl erst recht untergräbt. Mothes:
"Ich habe eigentlich immer gelobt für Dinge, wenn ich gemerkt habe, sie entwickeln sich, sie entwickeln sich weiter. Bei kleinen Kindern passiert das sicherlich öfter als bei großen Kindern. Ich glaube, dass es Kindern gut tut, dass es ein Verhältnis gibt, auch innerhalb des Lobens: Also sehr loben - mal einfach nur sagen Ja, hast du gut gemacht - und eben jetzt das gar nicht weiter kommentieren."
Entwicklungspsychologen raten zum Beispiel davon ab, Kinder zu loben, wenn sie von sich aus positives Verhalten zeigen. Denn sie lernen so nicht, dass sie etwas richtig gemacht haben, sondern dass es eine Möglichkeit ist, Aufmerksamkeit zu bekommen. Lob kann zu einer regelrechten Sucht führen.
Hierzu hat zum Beispiel der Neurowissenschaftler Professor Emrah Düzel von der Universität Magdeburg geforscht: Durch Lob wird im Gehirn das Belohnungszentrum angeregt, das heißt, es wird Dopamin ausgeschüttet. Dieser Botenstoff motiviert zum Lernen neuer Dinge. Kommt ein Lob zu schnell, zu leicht oder zu oft, stumpft das System ab. Und wenn es dann unerwartet ausbleibt, können sogar Entzugserscheinungen auftreten - Frust, Selbstzweifel oder sogar Depressionen.
Und deshalb, so Hans-Jörg Neubert, lautet eine wichtige Regel für richtiges Loben:
"Es muss ehrlich und authentisch sein. Es darf nicht übertrieben sein."
Außerdem soll man mit einem Lob wirklich das Kind meinen, nicht indirekt sich selbst.
Tatsächlich ist der überschwängliche Jubel des Vaters über seinen mutigen Sohn oft eher ein - unbewusstes - Eigenlob, Ausdruck des Stolzes, so einen tollen Sohn zu haben!
Deshalb formuliert der Pädagoge gleich eine zweite Lob-Regel:
"Lob muss klar sein. Pädagogisches Handeln ist schon vom Ansatz her oft ein diffuses Geschehen, und da muss man sich um Klarheit bemühen."
Ulla: "Es gab jetzt Zeugnisse, und meine Tochter habe ich dafür gelobt, dass sie ganz selbstständig arbeitet, dass sie ihre Noten, die jetzt fürs Abitur zählen, im Blick hat und das wirklich in einer Reife macht, die für mich ganz toll ist."
Ein konkretes Lob klingt immer anders, sodass das Kind die Aufmerksamkeit spürt! Denn manchmal ist das schnelle, pauschale "Super!" oder "Fein gemacht!" eher ein liebloser Umgang, ein Abwimmeln des Kindes! Aber bei aller Ausführlichkeit: Keine doppelten Botschaften!
Etwa: "Toll, dass du im Aufsatz eine Zwei geschrieben hast - aber deine Handschrift ist furchtbar"!
Es ist tatsächlich gar nicht so einfach mit dem Loben, sagt auch der Psychologe Herbert Scheithauer:
"Ich muss in den Situationen richtig loben, und ich muss eben auch das Alter der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen, denen ich gegenüberstehe. Das ist übrigens etwas, was zum Beispiel bei Lehr-/Lernersituationen oftmals falsch gemacht wird. Kinder kommen irgendwann in ein Alter, wo zum Beispiel vor versammelter Schulklasse ein Lob vielleicht genau den gegenteiligen Effekt hat, weil: Man gilt dann plötzlich als der Streber."
Gerade bei älteren Kindern und Jugendlichen wird Lob vor allem zur Leistungsmotivation eingesetzt. Mothes:
"Meinen Sohn habe ich gelobt, der hat jetzt gerade die Prüfung für den Sportbootschein binnen bestanden, das fand ich schon gut. Da muss man nämlich auch ein paar Fragen lernen und, na ja, er hat so einen Tag vorher angefangen, aber er hat's geschafft."
Der Zusammenhang von Lob und Leistung ist inzwischen ganz gut untersucht, vor allem wiederum in den USA, unter anderem von der schon erwähnten Psychologin Carol Dweck an der Stanford University. Eltern wollen ihren Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen, ausreichend Selbstbewusstsein geben in der modernen Konkurrenzgesellschaft, also sagen sie ihnen andauernd, wie klug und großartig sie sind. Aber das sei genau falsch:
Carol Dweck hat ein Buch geschrieben: "Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge und Niederlagen bewirkt". Sie geht davon aus, dass es im Wesentlichen zwei Typen von Menschen gibt: Diejenigen mit statischem Selbstbild sehen ihre Eigenschaften als angeboren und unveränderlich; für sie ist jede Situation eine Prüfung, die zeigt, ob sie ein Sieger- oder eben Verlierertyp sind.
Menschen mit dynamischem Selbstbild hingegen glauben an Veränderung und Entwicklung, glauben, die Ereignisse beeinflussen zu können, nicht Spielball des Schicksals zu sein: Misserfolge sehen sie als Ansporn, sich mehr anzustrengen, jede Herausforderung begreifen sie als neue Chance.
Und dieses Selbstbild wird ganz stark beeinflusst durch die Art des Lobens, so Carol Dweck.
Deshalb lautet ihre Regel Nummer eins für ein wirklich motivierendes Lob: Nie die Intelligenz loben, sondern immer die Anstrengung.
Untermauert wird ihre These durch mehrere Studien: So nahmen zum Beispiel Hunderte von Schülern an einem IQ-Test teil. Alle wurden hinterher gelobt, einige aber ausdrücklich für ihr besonderes Talent, in solchen Tests zu bestehen, andere für ihre Anstrengung angesichts der schwierigen Aufgaben. Dann wurde beiden Gruppen ein weiterer Test mit komplizierteren Aufgaben angeboten, und es zeigte sich, dass die für ihr Talent Gelobten mehrheitlich daran nicht teilnehmen wollten - offenbar aus Angst zu versagen, während die anderen sich gern daran versuchten und das schlechtere Ergebnis als Hinweis nahmen, noch mehr lernen zu müssen.
Aber es gibt auch Kritik an Carol Dwecks These vom "Lob der Anstrengung". Der Pädagoge Hans-Jörg Neubert:
"Meist in der Pädagogik, auch in der Psychologie, lobt man eine Leistung. Ich denke, loben ist mehr. Ein Loben betrifft die Person existenziell. Und das taucht auf, wenn man das etwas weiter sieht, nämlich im Begriff des Lobsingens oder des Lobgesangs. Zum Beispiel die Laudes in der Mönchstradition: Man lobt Gott, und Gott wird nicht für eine Leistung gelobt, sondern einfach, weil er da ist. Und ich denke, das ist ein ganz, ganz wichtiger Gedanke, der normalerweise aus den empirischen Untersuchungen einfach raus fällt. Lob ist nicht nur ein fragmentiertes Erziehungsmittel wie Vormachen, Vorzeigen oder Ermahnen, sondern es ist ein Teil eines hochkomplexen, sehr persönlichen menschlichen Umgangs."
Deshalb ist es auch problematisch, wenn Lob sich in materieller Belohnung ausdrückt: Studien in den USA zeigen, dass ein Verhalten, das man mit Belohnung erreicht, nicht etwa verinnerlicht, sondern sofort wieder aufgegeben wird, wenn die Belohnung wegfällt: In einer Ernährungsstudie sollten Kinder zum regelmäßigen Kefirtrinken angehalten werden - ein Teil von ihnen bekam dafür etwas geschenkt, die anderen nicht. In der Kontrollgruppe - ohne Belohnung - blieben einige Kinder später beim Kefirtrinken und mochten es sogar, während die anderen es nach der Belohnungszeit geradezu verabscheuten und nie mehr anrühren wollten!
Beim Lob in Form materieller Belohnung lässt sich zudem noch schwerer abschätzen, was angemessen ist - "Wie viel Geld wofür?" Die "Stärke des Lobes" wird abhängig davon, welche finanziellen Mittel man hat, und schließlich ist die Suchtgefahr hier noch größer: Was krieg ich dafür, wenn?
Besser ist es, das Lob von der Belohnung wenigstens zu trennen - und dann auch differenziertere Formen zu finden, wie zum Beispiel Ulla Mothes bei ihren Kindern im Teenageralter:
"Also, es gibt eigentlich nur eine einzige Sache, wo sie auch wissen, dass sie das bekommen, also zum Ganzjahreszeugnis, da gibt es auch mal was Finanzielles, also tatsächlich einen Lohn, das sind dann Scheine, die an Blumen wachsen, aber es gibt vor allem eben die Blume, was etwas Ideelles ist und nicht vorrangig was Materielles. Insofern sehe ich Lohn und Lob tatsächlich als etwas anderes, Lohn ist etwas, was man sich verdient, und Lob ist etwas, was man dazubekommt. Etwas Besonderes. Eher eben wie eine Blume, und die Belohnung ist der Schein."
Die Mutter folgt hier, unbewusst vielleicht, einer weiteren Lobregel, die der Pädagoge Hans-Jörg Neubert so formuliert:
"Lob muss außerordentlich lebendig sein, Lob muss sozusagen inszeniert werden, Lob soll man wie überhaupt das pädagogische Handeln ein bisschen spielerisch angehen. Also dass ich zum Beispiel einem Kind nicht nur sage, das hast du gut gemacht, sondern ich klopfe dem Kind noch auf die Schultern, ich blinke mit den Augen, ich mach noch irgendwelche Spiele dabei, also dass das eingebunden wird in den gesamten menschlichen Umgang."
Lob nach Regeln, Erziehung mit dem Ratgeber in der Hand - und wenn's ganz dicke kommt, die "Supernanny" im Haus: Ist das nicht manchmal ein bisschen viel Expertise für das Alltagshandeln? Neubert:
"Erzieherisches Handeln ist wie jeder menschliche Umgang ein sehr, sehr schwieriges Geschäft. Früher lief das in gewisser Weise mit, die Geschwister haben sich miteinander und gegeneinander erzogen. Heute ist es wirklich sehr schwierig und die Eltern und auch Lehrer lechzen nach Ratgebern. Wenn man aber die Ratgeber dann mal liest, steht meistens nichts anderes als pädagogischer Common Sense drin."
Und diesem Common Sense misstraut der Entwicklungspsychologe Professor Herbert Scheithauer von der FU Berlin mitunter. Er möchte gerade in Erziehungsfragen nicht alles dem gesunden Menschenverstand überlassen:
"Wir stellen immer fest, dass es gewisse Erziehungsmythen gibt, die auch heute noch sehr, sehr deutlich Wirkung zeigen. Ich kenn es zum Beispiel aus Gesprächen noch mit Personen vor meiner Generation, die gesagt haben: Och, wenn ein Kind schreit, das kriegt dann gesunde Lungen, man darf das Kind nicht verwöhnen, wenn man gleich sofort drauf reagiert, sonst lernt es ja, dass sofort jemand kommt. Wir wissen heute aus der Bindungsforschung, dass es sehr, sehr wichtig ist, auf diese Signale des Kindes prompt und sofort zu reagieren, und nicht das Kind schreien zu lassen."
Gerade bei einzelnen Erziehungsmitteln, wie eben dem Loben, sei Forschung wichtig, so Scheithauer:
"Denn tagtäglich ist es tatsächlich so, dass wir in ganz normalen Interaktionen mit anderen Menschen eigentlich ständig loben, belohnen, bestrafen durch unser Verhalten anderen gegenüber, und wenn uns diese Prozesse nicht bewusst sind, machen wir vielleicht etwas, was wir gar nicht machen wollen. Deshalb ist es so wichtig, diesen Mechanismus zu erkennen und ihn auch entsprechend ganz bewusst einzusetzen."
Herbert Scheithauer hat das Projekt Papilio mitbegründet, was sich an Kindergärten und an Erzieherinnen richtet. Hier soll der Umgang mit Emotionen, zum Beispiel zur Gewaltprävention, gelernt, aber auch gutes soziales Verhalten ausdrücklich eingeübt werden. Loben hat dabei einen ganz zentralen Stellenwert, sagt Scheithauer:
"Weil wir über Lob beispielsweise gerade bei jüngeren Kindern das Verhalten der Kinder auch ganz systematisch steuern können. Und genau das gilt es zu erforschen und eventuell nutzbar zu machen für Intervention, Prävention oder für entsprechende Erziehungsmaßnahmen."
Auch der Pädagoge Professor Hans-Jörg Neubert von der FU Berlin glaubt, dass richtiges Loben ein wichtiges Instrument für Eltern oder auch Lehrer und Erzieherinnen ist, aber er setzt für die praktische Anwendung eher auf gezielte Bewusstseinsbildung als auf Forschung:
"Im pädagogischen Handeln ist nicht gut, was wissenschaftlich ist, sondern gut, was dem andern zugewandt ist, was den anderen anerkennt. Wir haben alle ein intuitives Gespür für Loben; ich stelle in den Seminaren den Studenten dann die Frage: Wann seid ihr das letzte Mal gelobt worden? Das ist für sie schon mal interessant, und dann die zweite Frage: Wie ist das geschehen und was hat euch darüber gefreut beziehungsweise was fandet ihr nicht gut? Und da setzen dann in der Tat Reflexionsprozesse ein, die weit mehr helfen, als Rezepte zu geben."