Schulz: Telefonisch bin ich jetzt verbunden mit dem nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Guten Morgen!
Laschet: Guten Morgen!
Schulz: Herr Laschet, mit einem gemeinsamen Kommentar rufen die Chefredakteure der beiden größten Zeitungen Deutschlands und der Türkei, der "Bild-Zeitung" und "Hürriyet", zum friedlichen Miteinander auf. Mehrere Zeitungen erscheinen auf Deutsch und Türkisch. Könnte es sein, dass der Fußball etwas bewirkt, worin die deutsche Integrationspolitik scheitert?
Laschet: Das ist sehr gut, wenn die beiden Zeitungen das machen. Das haben sie immer wieder mal gemacht, auch bei politischen Ereignissen. Manchmal haben sie auch beide gegenseitig zugespitzt. Aber wenn man vor einem so wichtigen Spiel das zusammen macht, dann ist das glaube ich ein sehr gutes Signal. Auch da würde ich aber nicht zu viel erwarten. Das kann nicht Integrationspolitik, die tagtäglich stattfinden muss, ersetzen. Aber es kann emotional Deutsche und Türken einander näher bringen und das hoffen wir ja alle heute.
Schulz: Der Berliner Bürgermeister hat gerade Gelassenheit signalisiert. Wie sehen Sie das für Nordrhein-Westfalen?
Laschet: Ich sehe das ähnlich. Wir haben natürlich auch hier in vielen großen Städten Public Viewing. Wir haben auch gemeinsame Aufrufe von Deutschen und Türken, das Spiel zusammen anzuschauen. Ich glaube, dass das auch heute gelingen wird und dass viele, viele Tausend Menschen auch hier in Nordrhein-Westfalen - in Köln, in Duisburg, in Gelsenkirchen, in Aachen, in Münster - kommen. Ich weiß aus vielen Orten, wo es solche gemeinsame Aufrufe gibt, dass man da auch sicher einander näher kommt und das vielleicht viel stärker ausdrückt als bei anderen Spielen. Das hat heute etwas wie ein Lokalderby, weil so viele Deutsche und Türken in unseren Städten leben, und das ist etwas anderes, als wenn Deutschland gegen Brasilien spielt.
Schulz: Trotzdem sind viele Stimmen zu lesen von Menschen, die in Deutschland geboren sind und der türkischen Mannschaft trotzdem die Daumen drücken, weil sie türkische Wurzeln haben, ausdrücklich mit dem Argument, sie würden in Deutschland als Ausländer behandelt. Sind das Einzelfälle?
Laschet: Nein, das sind glaube ich nicht Einzelfälle. Ich glaube wir haben ja viel zu spät mit unserer Integrationspolitik begonnen. Wir haben vor 50 Jahren die erste Einwanderung gehabt, aber jetzt in den letzten drei, vier Jahren nimmt man das Thema viel ernster. Auch haben wir als deutsche Gesellschaft nicht in all diesen 50 Jahren eigentlich das Signal ausgestrahlt, ihr seid hier willkommen. Hätte man das früher gemacht, wäre vielleicht die Identifikation viel stärker auch mit unserem Land. Das Beispiel, das Sie auch eben mit Herrn Wowereit erörtert haben, dass mancher hier geborene türkische Jugendliche dann vielleicht lieber in der türkischen Nationalmannschaft spielt, ist natürlich eines, was uns zu denken geben sollte. Wenn der erste hier geborene einmal in der deutschen Nationalmannschaft spielt, dann ist das glaube ich dann noch mal ein sehr sichtbares Signal: Ja, wir gehören zu diesem Land und wir spielen auch gerne in der deutschen Mannschaft.
Schulz: Trotzdem hat es einen Vorfall gegeben, der diesem Bekenntnis eher entgegensteht. Der Direktor der Essener Stiftung "Zentrum für Türkeistudien" Faruk Sen hat gegenüber einer türkischen Zeitung die Diskriminierung von Türkischstämmigen in Europa mit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus verglichen. Es ist ja der kurze Abstand dieser Bemerkung vor der Begegnung heute Abend kein Zufall. Welche Konsequenzen haben diese Äußerungen eigentlich auf Ihre Zusammenarbeit mit dem Zentrum?
Laschet: Dass das jetzt im Zusammenhang mit dem Fußballspiel ist, ist natürlich schon Zufall, weil der Artikel einige Wochen lang alt ist. Er hat da in einer innertürkischen Auseinandersetzung um Antisemitismus einen Vergleich gebracht, der in dieser Form überhaupt nicht akzeptabel ist. Es wird zu einer Sondersitzung des Vorstands des Zentrums für Türkeistudien noch in dieser Woche kommen, denn solche Vergleiche gehen immer schief. Sie sind außerdem in der Sache völlig unangebracht und man darf eben ein solches Ereignis wie den Holocaust und die Judenverfolgung nicht banalisieren für aktuelle politische Ereignisse. Da hat er dem deutsch-türkischen Verhältnis und auch der Integrationspolitik einen großen Schaden zugefügt.
Schulz: Herr Laschet, Sie haben die Partie heute Abend 3 zu 1 getippt. Werden wir demzufolge kein 11-Meter-Schießen erleben?
Laschet: Ich habe gestern mit einem türkischen Freund zusammen gesessen. Der hat gesagt, man darf eigentlich das Spiel erst gewonnen geben, wenn man aus der Ferne den türkischen Bus wegfahren sieht, denn da kann in der allerletzten Sekunde irgendwie in diesem Stadion immer noch etwas passieren. Aber mein Tipp wäre 3 zu 1 in der regulären Spielzeit. Ich glaube jedoch das ist fast der schwierigste Gegner und bis zur letzten Sekunde bleibt es ein spannendes Spiel.
Schulz: Wir kommen darauf zurück. - Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) war das. Vielen Dank!
Laschet: Bitte schön!
Laschet: Guten Morgen!
Schulz: Herr Laschet, mit einem gemeinsamen Kommentar rufen die Chefredakteure der beiden größten Zeitungen Deutschlands und der Türkei, der "Bild-Zeitung" und "Hürriyet", zum friedlichen Miteinander auf. Mehrere Zeitungen erscheinen auf Deutsch und Türkisch. Könnte es sein, dass der Fußball etwas bewirkt, worin die deutsche Integrationspolitik scheitert?
Laschet: Das ist sehr gut, wenn die beiden Zeitungen das machen. Das haben sie immer wieder mal gemacht, auch bei politischen Ereignissen. Manchmal haben sie auch beide gegenseitig zugespitzt. Aber wenn man vor einem so wichtigen Spiel das zusammen macht, dann ist das glaube ich ein sehr gutes Signal. Auch da würde ich aber nicht zu viel erwarten. Das kann nicht Integrationspolitik, die tagtäglich stattfinden muss, ersetzen. Aber es kann emotional Deutsche und Türken einander näher bringen und das hoffen wir ja alle heute.
Schulz: Der Berliner Bürgermeister hat gerade Gelassenheit signalisiert. Wie sehen Sie das für Nordrhein-Westfalen?
Laschet: Ich sehe das ähnlich. Wir haben natürlich auch hier in vielen großen Städten Public Viewing. Wir haben auch gemeinsame Aufrufe von Deutschen und Türken, das Spiel zusammen anzuschauen. Ich glaube, dass das auch heute gelingen wird und dass viele, viele Tausend Menschen auch hier in Nordrhein-Westfalen - in Köln, in Duisburg, in Gelsenkirchen, in Aachen, in Münster - kommen. Ich weiß aus vielen Orten, wo es solche gemeinsame Aufrufe gibt, dass man da auch sicher einander näher kommt und das vielleicht viel stärker ausdrückt als bei anderen Spielen. Das hat heute etwas wie ein Lokalderby, weil so viele Deutsche und Türken in unseren Städten leben, und das ist etwas anderes, als wenn Deutschland gegen Brasilien spielt.
Schulz: Trotzdem sind viele Stimmen zu lesen von Menschen, die in Deutschland geboren sind und der türkischen Mannschaft trotzdem die Daumen drücken, weil sie türkische Wurzeln haben, ausdrücklich mit dem Argument, sie würden in Deutschland als Ausländer behandelt. Sind das Einzelfälle?
Laschet: Nein, das sind glaube ich nicht Einzelfälle. Ich glaube wir haben ja viel zu spät mit unserer Integrationspolitik begonnen. Wir haben vor 50 Jahren die erste Einwanderung gehabt, aber jetzt in den letzten drei, vier Jahren nimmt man das Thema viel ernster. Auch haben wir als deutsche Gesellschaft nicht in all diesen 50 Jahren eigentlich das Signal ausgestrahlt, ihr seid hier willkommen. Hätte man das früher gemacht, wäre vielleicht die Identifikation viel stärker auch mit unserem Land. Das Beispiel, das Sie auch eben mit Herrn Wowereit erörtert haben, dass mancher hier geborene türkische Jugendliche dann vielleicht lieber in der türkischen Nationalmannschaft spielt, ist natürlich eines, was uns zu denken geben sollte. Wenn der erste hier geborene einmal in der deutschen Nationalmannschaft spielt, dann ist das glaube ich dann noch mal ein sehr sichtbares Signal: Ja, wir gehören zu diesem Land und wir spielen auch gerne in der deutschen Mannschaft.
Schulz: Trotzdem hat es einen Vorfall gegeben, der diesem Bekenntnis eher entgegensteht. Der Direktor der Essener Stiftung "Zentrum für Türkeistudien" Faruk Sen hat gegenüber einer türkischen Zeitung die Diskriminierung von Türkischstämmigen in Europa mit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus verglichen. Es ist ja der kurze Abstand dieser Bemerkung vor der Begegnung heute Abend kein Zufall. Welche Konsequenzen haben diese Äußerungen eigentlich auf Ihre Zusammenarbeit mit dem Zentrum?
Laschet: Dass das jetzt im Zusammenhang mit dem Fußballspiel ist, ist natürlich schon Zufall, weil der Artikel einige Wochen lang alt ist. Er hat da in einer innertürkischen Auseinandersetzung um Antisemitismus einen Vergleich gebracht, der in dieser Form überhaupt nicht akzeptabel ist. Es wird zu einer Sondersitzung des Vorstands des Zentrums für Türkeistudien noch in dieser Woche kommen, denn solche Vergleiche gehen immer schief. Sie sind außerdem in der Sache völlig unangebracht und man darf eben ein solches Ereignis wie den Holocaust und die Judenverfolgung nicht banalisieren für aktuelle politische Ereignisse. Da hat er dem deutsch-türkischen Verhältnis und auch der Integrationspolitik einen großen Schaden zugefügt.
Schulz: Herr Laschet, Sie haben die Partie heute Abend 3 zu 1 getippt. Werden wir demzufolge kein 11-Meter-Schießen erleben?
Laschet: Ich habe gestern mit einem türkischen Freund zusammen gesessen. Der hat gesagt, man darf eigentlich das Spiel erst gewonnen geben, wenn man aus der Ferne den türkischen Bus wegfahren sieht, denn da kann in der allerletzten Sekunde irgendwie in diesem Stadion immer noch etwas passieren. Aber mein Tipp wäre 3 zu 1 in der regulären Spielzeit. Ich glaube jedoch das ist fast der schwierigste Gegner und bis zur letzten Sekunde bleibt es ein spannendes Spiel.
Schulz: Wir kommen darauf zurück. - Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) war das. Vielen Dank!
Laschet: Bitte schön!