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"Das ist Marktwirtschaft, dass Unternehmen einander kaufen"

Für Michael Fuchs (CDU) spricht nichts gegen eine Übernahme des Baukonzerns Hochtief durch den spanischen Konkurrenten ACS. Es sei ein ganz normaler Vorgang, wenn ein Unternehmen ein anderes kaufe, sagte Fuchs - und meint damit auch deutsche Käufer.

02.12.2010
    Gerwald Herter: Der spanische ACS macht ernst. Nach Auseinandersetzungen mit der deutschen Firmenaufsicht hat ACS den Hochtief-Aktionären gestern ein Aktienübernahmeangebot vorgelegt. Derzeit halten die Spanier etwa 30 Prozent des größten deutschen Baukonzerns, es sollen über 50 Prozent werden, sie wollen also eine Mehrheit erwerben. Das Management von Hochtief betrachtet dies als feindliche Übernahme und wirft der Bundesregierung vor, das Unternehmen angesichts dieses Angriffs nicht ausreichend zu unterstützen. Warum? – Ich bin nun mit dem CDU-Politiker Michael Fuchs verbunden, er ist stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, in dieser Funktion für wirtschaftliche Fragen zuständig, und er hat selbst einige Erfahrung als Unternehmer. Guten Morgen, Herr Fuchs.

    Michael Fuchs: Guten Morgen, Herr Herter.

    Herter: Herr Fuchs, haben die über 70.000 Mitarbeiter von Hochtief einfach Pech und lässt sich daran einfach nichts ändern?

    Fuchs: Na ja, entschieden ist das Ganze ja noch nicht, denn es muss ja erst mal ACS gelingen, die Aktienmehrheit zu erwerben. Das ist nicht so ganz einfach. Hochtief ist ein wertvolles Unternehmen und dementsprechend muss sich ACS erst nach der Decke strecken. Aber auf der anderen Seite ist es ein vollkommen normaler Vorgang, dass ein Unternehmen ein anderes kauft. Ich bin davon überzeugt, dass deutsche Unternehmen täglich im Ausland Unternehmen kaufen.

    Herter: Sind die deutschen Gesetze hier lückenhaft, so wie das die Hochtief-Führung behauptet?

    Fuchs: Ich glaube das im Wesentlichen nicht. Es gibt einen Punkt, den wir noch korrigieren wollen und auch in dieser Legislaturperiode werden, das ist das sogenannte Anschleichen. Das ist aber hier in diesem Fall nicht so. Anschleichen bedeutet, dass man über Aktienoptionen versucht, Mehrheiten zu bekommen. Das haben wir im Fall Porsche-VW gehabt, vielleicht auch ein bisschen bei Schaeffler-Conti, aber das gilt nicht für den ACS-Fall. Insofern ist das deutsche Gesetz hier nicht lückenhaft, was ACS angeht.

    Herter: Immerhin scheinen sich sogenannte feindliche Übernahmen zum Beispiel in Spanien leichter abwehren zu lassen, denken Sie an die gescheiterte Übernahme des Energieversorgers Endesa durch die deutsche E.ON. Warum wurde daraus nichts?

    Fuchs: Das ist sehr ärgerlich, dass das damals nicht geklappt hat, und ich weiß auch, dass die Bundeskanzlerin sich massiv eingesetzt hat, um die Übernahme hinzubekommen. Es hat nicht geklappt, aber das heißt ja nicht, wenn die Spanier Fehler machen, dass wir dann auch Fehler machen sollen. Wir sind das liberalste Handelsland der Welt, wir müssen es auch sein. Mit unseren Exporterfolgen würden wir uns erheblich in der Welt schaden, denn das geht dann immer so ein bisschen nach dem Motto wie du mir, so ich dir. Ich glaube, wir haben keine Möglichkeit, da einzugreifen, wir sollten es auch nicht tun.

    Herter: Deeskalation also, und dafür ist Hochtief der Preis?

    Fuchs: Nein. Deeskalation möchte ich das nicht nennen, sondern ich finde, wir sollten uns im Welthandel, im Weltbereich dafür einsetzen, dass möglichst liberal Firmen übernommen werden können. Es darf da keine Ausnahmen geben.

    Herter: Zurück zu ACS und Hochtief. Die Spanier sind hoch verschuldet, Hochtief ist das nicht. Warum bloß soll dann ACS Hochtief kaufen dürfen?

    Fuchs: Sie müssen es ja erst mal hinbekommen, und wenn sie hoch verschuldet sind, dann wird es für sie schwierig, genügend Geld beziehungsweise Aktien aufzubringen, die werthaltig genug sind, denn niemand, kein Deutscher, der eine Hochtief-Aktie besitzt, ist ja verpflichtet, an ACS zu verkaufen. Das ist ein offener Wettbewerb jetzt. Vielleicht muss ACS auch wesentlich mehr bieten, um überhaupt von den Hochtief-Aktienbesitzern Aktien zu bekommen.

    Herter: Aber wenn das Schule macht, dass verschuldete Unternehmen gesunde Unternehmen kaufen und das Management der Unternehmen, die sich verschuldet haben, dann das Sagen hat, dann ist das doch nicht gut für eine Volkswirtschaft?

    Fuchs: Ich denke, dass das aber vollkommen normal ist. Wir haben ja in Deutschland auch kein großes Unternehmen, was keine Schulden hat. Das gehört zu der Unternehmensfinanzierung dazu. Ich möchte einfach den Markt das entscheiden lassen. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, wenn sich die Politik hier einmischt. Das ist keine Aufgabe für die Politik, das ist Marktwirtschaft, dass Unternehmen einander kaufen. In Deutschland selbst werden jede Menge Unternehmen gekauft, und wenn wir jetzt schärfere Regeln machen würden, dann würde das natürlich auch für deutsche Unternehmen, die deutsche Unternehmen kaufen wollen, gelten. Wir brauchen aber gerade dieses Handeln mit Unternehmen, weil es auch in Deutschland immer wieder Situationen gibt, wo es günstig ist, dass ein Unternehmen das andere übernimmt.

    Herter: Sie hören den Deutschlandfunk, ein Interview mit Michael Fuchs, er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag. – Herr Fuchs, glauben Sie, dass sich der spanische Baukonzern ACS an seine Zusagen hält, kein Verlust von Arbeitsplätzen, Hochtief wird nicht zerschlagen, der Unternehmenssitz bleibt weiterhin in Deutschland und die Gewinn bringende australische Tochter bleibt auch dabei?

    Fuchs: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die so einfach das, was sie jetzt hier verkündet haben, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verkündet haben, brechen werden. Warum sollten sie. Wenn sie mit Hochtief Geld verdienen wollen, dann geht das auch nur so, dass sie die Mitarbeiter behalten.

    Herter: Aber welche rechtlichen Garantien bestehen hier?

    Fuchs: Rechtliche Garantien bei Unternehmensübernahmen gibt es nicht. Die Unternehmensführung wird aber deswegen schon positiv entscheiden, weil nur so sichergestellt ist, dass Hochtief weiter so positiv wirtschaftet wie es jetzt ist.

    Herter: Es gibt Vorwürfe von verschiedenen Bundestagsabgeordneten auch der FDP gegenüber dem Management von Hochtief. Man wirft Hochtief vor, den Aktienkurs nicht richtig gepflegt zu haben. Teilen Sie diese Auffassung?

    Fuchs: Das sehe ich auch so. Man muss, wenn man ein so großes Unternehmen führt, sich schon darum Gedanken machen, dass feindliche Übernahmen möglich sind und wie man feindliche Übernahmen abwehrt. Das scheint mir hier nicht der Fall gewesen zu sein. Man hätte ja auch durchaus den sogenannten Weißen Ritter, sprich ein großes anderes Unternehmen, hineinnehmen können, um zu verhindern, dass jemand anderes eine Majorität bekommen kann.

    Herter: Wie pflegt man denn einen Aktienkurs, durch niedrige Löhne, Sanierung, Rationalisierung, Entlassungen?

    Fuchs: Nein, nicht durch Entlassungen, aber durch zum Beispiel vermehrte Dividenden. Man muss mal überlegen, ob die Dividendenpolitik richtig gewesen ist. Aber ich finde auch, man wäre besser hingegangen und hätte sich überlegt, ob es nicht irgendeinen Partner gibt, mit dem man zusammen Sperrminoritäten bilden kann. ACS ist ja nicht etwa erst heute auf den Markt gekommen, ACS hat ja bereits 30 Prozent der Anteile, das Management wusste also, dass jederzeit die Möglichkeit besteht, dass ACS versucht, die Anteile, die sie haben, aufzustocken.

    Herter: Halten Sie ACS denn für einen seriösen Konzern, der in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er erfolgreich wirtschaftet?

    Fuchs: Sonst wäre er nicht so groß und könnte Hochtief mit Sicherheit nicht übernehmen.

    Herter: Gab es in dieser Angelegenheit Kontakte zwischen den Regierungen in Madrid und Berlin?

    Fuchs: Nach meinem Kenntnisstand nicht, weil Angela Merkel natürlich völlig zurecht sagt, wenn wir da uns einmischen, dann machen wir genau das so falsch, was die Spanier bei Endesa falsch gemacht haben.

    Herter: Zum Schluss noch ganz kurz. Was hat die Bundesregierung für Hochtief getan? Angeblich wurden Manager im Kanzleramt empfangen.

    Fuchs: Selbstverständlich reden wir grundsätzlich und die Bundesregierung grundsätzlich mit den großen Konzernen, das halte ich auch für richtig. Aber es wurde auch klar und deutlich, der Bundeswirtschaftsminister hat das ja sehr deutlich auch nach außen getragen, dass die Bundesregierung keine Chance hat, hier einzugreifen.

    Herter: Michael Fuchs war das, CDU-Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag, über ACS und Hochtief. Herr Fuchs, vielen Dank für das Gespräch.

    Fuchs: Vielen Dank, Herr Herter.