Jürgen Liminski: Mitgehört hat Eckart von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Guten Morgen Herr von Klaeden.
Eckart von Klaeden: Guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Also eine gute Portion Skepsis, die da im Gespräch mit Jean Marc Ayrault anklang. Selbst wenn man den Oppositionsfaktor abzieht, bleiben doch auch Argumente. Kam dieser Gipfel zu früh?
von Klaeden: Ich denke nicht, dass dieser Gipfel zu früh kam. Man kann am Beginn eines so großen Projektes natürlich immer die Frage stellen, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber ich glaube, dass wir dem französischen Staatspräsidenten gerade auch am französischen Nationalfeiertag doch zu einem großen Erfolg gratulieren können und der von Ihnen ja auch schon angesprochene Prozess zwischen Syrien und dem Libanon ist doch eine so bemerkenswerte Veränderung, dass Syrien jetzt zum ersten Mal tatsächlich die Staatlichkeit des Libanons bereit ist, durch den Austausch von Botschaftern anzuerkennen, dass das alleine den Gipfel rechtfertigt. Sicherlich müssen den Worten Taten folgen, aber das ist schon ein bemerkenswerter Erfolg.
Liminski: Ist denn die Mittelmeer-Union überhaupt ein geeigneter Rahmen, um zu mehr Stabilität und Frieden in Europa und vor allem am anderen Ufer, also in Nordafrika und in Nahost zu gelangen? Reicht es da nicht mit den Institutionen, die wir schon haben?
von Klaeden: Die Mittelmeer-Union ist ja eine Weiterentwicklung der bisherigen Institutionen, die wir haben, insbesondere des Barcelona-Prozesses, und sie enthält zwei Ideen und entwickelt zwei Ideen weiter, nämlich einmal den Austausch der Europäischen Union, die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit den anderen Mittelmeer-Anrainern - insbesondere Nordafrikas -, aber auch die Kooperation zwischen den Mittelmeer-Anrainern, die nicht in der Europäischen Union sind, untereinander zu verbessern. Dem dient unter anderem das Projekt der Meeresautobahn. Beide Ansätze halte ich für richtig und für wichtig und es ist eher ein Problem gewesen, dass der Barcelona-Prozess in den letzten Jahren eingeschlafen war. Wir brauchen weitere und neue Initiativen in der Zusammenarbeit rund um das Mittelmeer und deswegen kommt die Initiative eher zu spät als zu früh.
Liminski: Ayrault erwähnte eben auch kurz den Zusammenhang mit Iran, dem Hauptverbündeten Syriens. Sind die Fragen und Probleme geographisch überhaupt einzugrenzen?
von Klaeden: Irgendwo muss man immer eine Grenze ziehen und das Kriterium der Mittelmeer-Anrainer scheint mir ein wichtiges und richtiges Kriterium zu sein. Aber der syrische Präsident Assad hat ja auch betont, dass er sich eine stärkere Rolle Europas in den Konflikten des Nahen Ostens wünscht. Dasselbe gilt für den israelischen Ministerpräsidenten Olmert. Und wir alle haben ein strategisches Interesse daran, Syrien aus der Umklammerung, aus der Kooperation mit dem Iran herauszulösen, weil das auch dem Iran zeigt, dass seine aggressive Politik, das Verstoßen gegen internationale Normen beim Nuklearprogramm, aber auch die Unterstützung des Terrorismus durch Hamas und Hisbollah nicht zum Erfolg führen kann. Deswegen ist eine europäisch abgestimmte Syrien-Politik, wie sie Sarkozy ja jetzt betreibt, die auch Zugeständnisse und Schritte von Syrien erwartet, das richtige und sie ist ja insbesondere auch mit Berlin abgestimmt. Der Erfolg dieses Gipfels strahlt ja ein bisschen auch auf uns ab, denn Sarkozy hat der Bundeskanzlerin ausdrücklich für die Unterstützung gedankt.
Liminski: Bedeutet dieser Gipfel nun für Nahost mehr Europa und weniger Amerika?
von Klaeden: Die amerikanische Administration oder die kommende amerikanische Administration wird ja in den nächsten Monaten - insbesondere nach der Präsidentschaftswahl - noch nicht voll arbeitsfähig sein. Das ist eine historische Chance für Europa, dort mehr zu tun, und es setzt auch den Ansatz der Bundesregierung fort, denn das besondere Engagement, das wir beim UNIFIL-Mandat leisten, zeigt ja auch, dass wir mehr europäisches Engagement wollen bei der Lösung des Nahost-Konflikts. Und das ist auch eine Hoffnung, die insbesondere von den Staaten dort auf Europa gesetzt wird, denn man hat verschiedene Mittel versucht, wenn wir an Israel denken, den unilateralen Abzug aus Gaza, der nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, die Kooperation mit den USA, und jetzt ist der Ansatz der Europäischen Union, die stärkere Kooperation mit der Europäischen Union und ihr größeres Engagement einer der letzten Hoffnungspunkte. Den sollten wir nicht verstreichen lassen, sondern unsere Verantwortung wahrnehmen, denn dass die Amerikaner vom Mittleren Osten sprechen und wir vom Nahen Osten hat ja den simplen Grund, dass die Region so nah an uns dran ist. Wenn dort Konflikte ausbrechen, wenn es zu einem Krieg dort kommt, dann kann das auch die Sicherheit in Europa gefährden. Deswegen haben wir ein eigenes, ein ureigenes Interesse daran, dass die Region befriedet wird und dass wir als Europäer dort Erfolg haben.
Liminski: Ein Vorwurf der Opposition in Paris an diesen Gipfel ist, Herr von Klaeden, dass kein Geld in der EU-Kasse für solche Großprojekte da sei und dass die Finanzierung über Privatgelder schwierig sein werde. Teilen Sie diese Meinung?
von Klaeden: Das wird man jetzt sehen müssen. Zunächst einmal hat es ja eine ganze Reihe von europäischen Mitteln für den Barcelona-Prozess gegeben - neun Milliarden aus dem EU-Haushalt und Hunderte von Millionen Euro in bilateralen Projekten - und da wurde immer wieder wie ich finde auch mit einer gewissen Berechtigung kritisiert, dass diese öffentlichen Gelder nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Jetzt versucht man einen anderen Weg, stärker über private Finanzierung. Das halte ich vom Prinzip her auch für möglich, denn insbesondere der Aufbau von Solartechnik ist ja auch ein kommerzielles Geschäft und da sind private Investitionen willkommen. Dasselbe gilt für den Bau der Meeresautobahn. Da muss man finde ich genauso wie man das im Inneren auch tut in solchen Fragen über neue Finanzierungsmodelle nachdenken. Das von Vornherein zu kritisieren, halte ich für falsch.
Liminski: Ein anderes Argument der Kritik ist die Vermengung zwischen Diplomatie und Identität, also miteinander reden ja, aber Ehrentribüne bei der Feier der Menschenrechte nein. Lässt sich das so ohne weiteres trennen?
von Klaeden: Das finde ich ist vor allem eine französische Frage, wie Frankreich mit seinem Nationalfeiertag umgeht. Ich kann nachvollziehen, dass der französische Präsident Sarkozy jetzt sagt, es gibt eine historische Chance, über die wir gerade schon gesprochen haben, dass Frankreich und insbesondere Europa im Nahost-Konflikt bei den Friedensverhandlungen eine größere, möglicherweise sogar eine Hauptrolle spielen kann. Deswegen bin ich auch bereit zu diesem Zugeständnis, aber wir werden insbesondere was Syrien angeht darauf achten müssen, dass den Worten auch Taten folgen. Es muss eine schrittweise Annäherung Syriens an die Europäische Union geben und schrittweise heißt, dass nach diesem großen Schritt, den Frankreich jetzt in der EU-Ratspräsidentschaft auf Syrien zugegangen ist, weitere Schritte Syriens erfolgen müssen. So glaube ich wird man dann auch zu einem Fortschritt für alle Seiten kommen. Das Problem der bisherigen Syrien-Politik ist ja gewesen, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bilateral versucht haben, Fortschritte zu erreichen, und damit in Damaskus der Eindruck entstanden ist, man könne die Isolation auch vermeiden, ohne dass man selber zu substanziellen Zugeständnissen bereit ist. Das muss vermieden werden!
Liminski: Hoffnung und Skepsis nach dem Mittelmeer-Gipfel. Das war hier im Deutschlandfunk Eckart von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Danke für das Gespräch, Herr von Klaeden.
Eckart von Klaeden: Guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Also eine gute Portion Skepsis, die da im Gespräch mit Jean Marc Ayrault anklang. Selbst wenn man den Oppositionsfaktor abzieht, bleiben doch auch Argumente. Kam dieser Gipfel zu früh?
von Klaeden: Ich denke nicht, dass dieser Gipfel zu früh kam. Man kann am Beginn eines so großen Projektes natürlich immer die Frage stellen, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber ich glaube, dass wir dem französischen Staatspräsidenten gerade auch am französischen Nationalfeiertag doch zu einem großen Erfolg gratulieren können und der von Ihnen ja auch schon angesprochene Prozess zwischen Syrien und dem Libanon ist doch eine so bemerkenswerte Veränderung, dass Syrien jetzt zum ersten Mal tatsächlich die Staatlichkeit des Libanons bereit ist, durch den Austausch von Botschaftern anzuerkennen, dass das alleine den Gipfel rechtfertigt. Sicherlich müssen den Worten Taten folgen, aber das ist schon ein bemerkenswerter Erfolg.
Liminski: Ist denn die Mittelmeer-Union überhaupt ein geeigneter Rahmen, um zu mehr Stabilität und Frieden in Europa und vor allem am anderen Ufer, also in Nordafrika und in Nahost zu gelangen? Reicht es da nicht mit den Institutionen, die wir schon haben?
von Klaeden: Die Mittelmeer-Union ist ja eine Weiterentwicklung der bisherigen Institutionen, die wir haben, insbesondere des Barcelona-Prozesses, und sie enthält zwei Ideen und entwickelt zwei Ideen weiter, nämlich einmal den Austausch der Europäischen Union, die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit den anderen Mittelmeer-Anrainern - insbesondere Nordafrikas -, aber auch die Kooperation zwischen den Mittelmeer-Anrainern, die nicht in der Europäischen Union sind, untereinander zu verbessern. Dem dient unter anderem das Projekt der Meeresautobahn. Beide Ansätze halte ich für richtig und für wichtig und es ist eher ein Problem gewesen, dass der Barcelona-Prozess in den letzten Jahren eingeschlafen war. Wir brauchen weitere und neue Initiativen in der Zusammenarbeit rund um das Mittelmeer und deswegen kommt die Initiative eher zu spät als zu früh.
Liminski: Ayrault erwähnte eben auch kurz den Zusammenhang mit Iran, dem Hauptverbündeten Syriens. Sind die Fragen und Probleme geographisch überhaupt einzugrenzen?
von Klaeden: Irgendwo muss man immer eine Grenze ziehen und das Kriterium der Mittelmeer-Anrainer scheint mir ein wichtiges und richtiges Kriterium zu sein. Aber der syrische Präsident Assad hat ja auch betont, dass er sich eine stärkere Rolle Europas in den Konflikten des Nahen Ostens wünscht. Dasselbe gilt für den israelischen Ministerpräsidenten Olmert. Und wir alle haben ein strategisches Interesse daran, Syrien aus der Umklammerung, aus der Kooperation mit dem Iran herauszulösen, weil das auch dem Iran zeigt, dass seine aggressive Politik, das Verstoßen gegen internationale Normen beim Nuklearprogramm, aber auch die Unterstützung des Terrorismus durch Hamas und Hisbollah nicht zum Erfolg führen kann. Deswegen ist eine europäisch abgestimmte Syrien-Politik, wie sie Sarkozy ja jetzt betreibt, die auch Zugeständnisse und Schritte von Syrien erwartet, das richtige und sie ist ja insbesondere auch mit Berlin abgestimmt. Der Erfolg dieses Gipfels strahlt ja ein bisschen auch auf uns ab, denn Sarkozy hat der Bundeskanzlerin ausdrücklich für die Unterstützung gedankt.
Liminski: Bedeutet dieser Gipfel nun für Nahost mehr Europa und weniger Amerika?
von Klaeden: Die amerikanische Administration oder die kommende amerikanische Administration wird ja in den nächsten Monaten - insbesondere nach der Präsidentschaftswahl - noch nicht voll arbeitsfähig sein. Das ist eine historische Chance für Europa, dort mehr zu tun, und es setzt auch den Ansatz der Bundesregierung fort, denn das besondere Engagement, das wir beim UNIFIL-Mandat leisten, zeigt ja auch, dass wir mehr europäisches Engagement wollen bei der Lösung des Nahost-Konflikts. Und das ist auch eine Hoffnung, die insbesondere von den Staaten dort auf Europa gesetzt wird, denn man hat verschiedene Mittel versucht, wenn wir an Israel denken, den unilateralen Abzug aus Gaza, der nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, die Kooperation mit den USA, und jetzt ist der Ansatz der Europäischen Union, die stärkere Kooperation mit der Europäischen Union und ihr größeres Engagement einer der letzten Hoffnungspunkte. Den sollten wir nicht verstreichen lassen, sondern unsere Verantwortung wahrnehmen, denn dass die Amerikaner vom Mittleren Osten sprechen und wir vom Nahen Osten hat ja den simplen Grund, dass die Region so nah an uns dran ist. Wenn dort Konflikte ausbrechen, wenn es zu einem Krieg dort kommt, dann kann das auch die Sicherheit in Europa gefährden. Deswegen haben wir ein eigenes, ein ureigenes Interesse daran, dass die Region befriedet wird und dass wir als Europäer dort Erfolg haben.
Liminski: Ein Vorwurf der Opposition in Paris an diesen Gipfel ist, Herr von Klaeden, dass kein Geld in der EU-Kasse für solche Großprojekte da sei und dass die Finanzierung über Privatgelder schwierig sein werde. Teilen Sie diese Meinung?
von Klaeden: Das wird man jetzt sehen müssen. Zunächst einmal hat es ja eine ganze Reihe von europäischen Mitteln für den Barcelona-Prozess gegeben - neun Milliarden aus dem EU-Haushalt und Hunderte von Millionen Euro in bilateralen Projekten - und da wurde immer wieder wie ich finde auch mit einer gewissen Berechtigung kritisiert, dass diese öffentlichen Gelder nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Jetzt versucht man einen anderen Weg, stärker über private Finanzierung. Das halte ich vom Prinzip her auch für möglich, denn insbesondere der Aufbau von Solartechnik ist ja auch ein kommerzielles Geschäft und da sind private Investitionen willkommen. Dasselbe gilt für den Bau der Meeresautobahn. Da muss man finde ich genauso wie man das im Inneren auch tut in solchen Fragen über neue Finanzierungsmodelle nachdenken. Das von Vornherein zu kritisieren, halte ich für falsch.
Liminski: Ein anderes Argument der Kritik ist die Vermengung zwischen Diplomatie und Identität, also miteinander reden ja, aber Ehrentribüne bei der Feier der Menschenrechte nein. Lässt sich das so ohne weiteres trennen?
von Klaeden: Das finde ich ist vor allem eine französische Frage, wie Frankreich mit seinem Nationalfeiertag umgeht. Ich kann nachvollziehen, dass der französische Präsident Sarkozy jetzt sagt, es gibt eine historische Chance, über die wir gerade schon gesprochen haben, dass Frankreich und insbesondere Europa im Nahost-Konflikt bei den Friedensverhandlungen eine größere, möglicherweise sogar eine Hauptrolle spielen kann. Deswegen bin ich auch bereit zu diesem Zugeständnis, aber wir werden insbesondere was Syrien angeht darauf achten müssen, dass den Worten auch Taten folgen. Es muss eine schrittweise Annäherung Syriens an die Europäische Union geben und schrittweise heißt, dass nach diesem großen Schritt, den Frankreich jetzt in der EU-Ratspräsidentschaft auf Syrien zugegangen ist, weitere Schritte Syriens erfolgen müssen. So glaube ich wird man dann auch zu einem Fortschritt für alle Seiten kommen. Das Problem der bisherigen Syrien-Politik ist ja gewesen, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bilateral versucht haben, Fortschritte zu erreichen, und damit in Damaskus der Eindruck entstanden ist, man könne die Isolation auch vermeiden, ohne dass man selber zu substanziellen Zugeständnissen bereit ist. Das muss vermieden werden!
Liminski: Hoffnung und Skepsis nach dem Mittelmeer-Gipfel. Das war hier im Deutschlandfunk Eckart von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Danke für das Gespräch, Herr von Klaeden.