Kate Maleike: Krönender Abschluss Abitur: Mit der allgemeinen Hochschulreife in der Tasche können sich jetzt wieder viele junge Leute in Deutschland für einen Studienplatz bewerben oder am Besten gleich für mehrere. Denn viele gehen auf Nummer sicher, wollen natürlich möglichst in der Stadt ihrer Wahl auch den Studiengang ihrer Wahl studieren. Und genau diese Mehrfachbewerbungen sind seit Jahren besonders in den zulassungsbeschränkten Fächern ein organisatorisches Ärgernis. Ziemlich oft nämlich bleiben zum Semesterbeginn viele Studienplätze unbesetzt. Im vergangenen Wintersemester waren das allein nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Focus" knapp 19.200 Plätze. Drei bis vier Nachrückverfahren seien nötig gewesen, um diese zu besetzen. Noch ist dieser Bericht der Kultusministerkonferenz, der KMK, also unveröffentlicht, aber er platzt in eine Zeit, in der die nächste Studienbewerbungsrunde in die Hochzeit geht, und Deutschland ohnehin ja auf das neue dialogische Vergabesystem wartet. Ulla Burchardt ist die Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag und nun am Telefon. Guten Tag, Frau Burchardt!
Ulla Burchardt: Guten Tag!
Maleike: Haben Sie denn diesen Bericht der KMK schon vorliegen?
Burchardt: Ja, wir haben den jetzt schon seit ungefähr zehn Tagen vorliegen, und der Bericht ist auch mit eine Grundlage gewesen zur Vorbereitung des heutigen Fachgesprächs, das wir geführt haben anlässlich ... ja, des verpatzten Starts der Einführung von "Hochschulstart", also des neuen dialogorientierten Serviceverfahrens.
Maleike: Und wo steht das jetzt? Was haben Sie heute besprochen?
Burchardt: Stand ist der, dass alle sich anstrengen, dass der Start nur um ein Jahr verschoben wird – das heißt, die Vorbereitungen dann im April nächsten Jahres beginnen –, auf das es im Wintersemester darauf endlich seinen Lauf nehmen kann und endlich Ordnung in dieses Chaos bringen kann. Das ist schon ein Ritt auf der Rasierklinge, das darf man so sagen. Das Andere, was aber noch mal deutlich geworden ist, dass leider die KMK keinen Plan hat, was außer der – nicht ganz so erfolgreichen – Studienplatzbörse, die Sie zitiert haben, im kommenden Wintersemester passieren soll.
Maleike: Und das alles in der ausgerufenen Bildungsrepublik Deutschland. Wie ist dieses Chaos zu erklären?
Burchardt: Ich denke, es gibt verschiedene Gründe. Zum einen muss man zwischenzeitlich wirklich fragen, ob diese Konstruktion der Stiftung – die alte ZVS ist ja in eine Stiftung umgewandelt worden, in dem gleichberechtigt beteiligt sind, in dem Stiftungsrat gleichberechtigt beteiligt, die 16 Vertreter der Länder plus 16 Vertreter der Landeshochschulrektoren, mit einem sehr intransparenten System von Entscheidungen, von Arbeitsweisen. Und ich glaube, das ist mit eine der Ursachen des Problems; so ein Gremium kann nicht über eine moderne technische Entwicklung, ein modernes technisches Management entscheiden. Es ist heute auch noch mal deutlich geworden, dass im Prinzip nicht die Technik alleine verantwortlich gewesen ist, sprich die Anwendungssoftware der Hochschulen an das zentrale System – das hätte an sich funktioniert! –, die Schnittstellenproblematik, nämlich Hochschulen zu koppeln mit dem zentralen neuen System, die hatte man wirklich außen vor gelassen. Und ich glaube, da sind viele Köche, die von der Sache zu wenig Ahnung haben, die letztendlich diesen Brei ungenießbar gemacht haben.
Maleike: Es wird aber weiterhin dann so sein, dass die Lehramtsstudierenden zum Beispiel nicht dabei sind?
Burchardt: Das wird ein Problem werden, die Mehrfachstudiengänge mit einzubinden. Es soll versucht werden, die mit einzubinden, aber ob das wirklich gelingt auf der Strecke, das bleibt abzuwarten. Und das ist natürlich ein großes Problem, wie weit dann die Hochschulen, die einzelnen Hochschulen das System auch akzeptieren. Denn wenn beispielsweise die TU Dortmund zum überwiegenden Teil Mehrfachstudiengänge hat, die aber überhaupt nicht von dem System erfasst werden, dann fragt sich diese Hochschule – natürlich zu recht! –: Was soll ich denn da mitmachen? Nur für ein, zwei Prozent meiner Studiengänge ist der Aufwand ja viel zu groß! Insofern setzen wir drauf, ist auch versprochen worden, dass Mehrfachstudiengänge mit eingebunden werden. Kritisch finde ich immer noch: Es gibt auch jetzt im zweiten Versuch keinen Plan B.
Maleike: Und das ist jetzt besonders kritisch, und auch heikel, weil wir ja sehr viel mehr Studierende haben oder Studienbewerber durch den Wegfall der Wehrpflicht und des Zivildienstes. Was würden Sie denn vorschlagen?
Burchardt: Also da ja versäumt worden ist, beispielsweise die Möglichkeit in der zentralen neuen Software zu programmieren, dass im Auftrag der Hochschulen die Zentrale einspringen kann, ist jetzt im Moment leider gar nichts zu machen, sondern man kann sich da wirklich nur Frau Wintermantel, der Hochschulrektorenpräsidentin, anschließen: Im Moment bleiben nichts als Appelle! Und die Kultusministerkonferenz – tut mir leid! –, die hat wirklich keine Idee und die Bundesbildungsministerin hat auch keine Idee. In dem Ausschuss sitzt die Bundesregierung und fragt die anwesenden Experten noch. Und da muss man sagen, da ist offensichtlich fehlendes Know-how, auch beim BMBF und vor allen Dingen auch überhaupt kein Plan!
Maleike: Letzter Tipp für die Abiturienten von jetzt, von heute: Was müssen die zur Studienplatzbewerbung derzeit unbedingt beachten?
Burchardt: Sie sollten sich auf jeden Fall auf der Seite der HRK bei der Studienplatzbörse auf jeden Fall umschauen, denn das ist ganz, ganz wichtig. Das ist im Moment die einzige Gelegenheit, einen Überblick zu bekommen: Wo wird was angeboten, und wie komme ich dahin?
Maleike: Und das ist zu finden unter hrk.de. Hochschuldeutschland und das Dauerproblem bei der Studienplatzvergabe. Dazu war das in "Campus und Karriere" die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses Ulla Burchardt. Vielen Dank nach Berlin!
Burchardt: Vielen Dank!
Ulla Burchardt: Guten Tag!
Maleike: Haben Sie denn diesen Bericht der KMK schon vorliegen?
Burchardt: Ja, wir haben den jetzt schon seit ungefähr zehn Tagen vorliegen, und der Bericht ist auch mit eine Grundlage gewesen zur Vorbereitung des heutigen Fachgesprächs, das wir geführt haben anlässlich ... ja, des verpatzten Starts der Einführung von "Hochschulstart", also des neuen dialogorientierten Serviceverfahrens.
Maleike: Und wo steht das jetzt? Was haben Sie heute besprochen?
Burchardt: Stand ist der, dass alle sich anstrengen, dass der Start nur um ein Jahr verschoben wird – das heißt, die Vorbereitungen dann im April nächsten Jahres beginnen –, auf das es im Wintersemester darauf endlich seinen Lauf nehmen kann und endlich Ordnung in dieses Chaos bringen kann. Das ist schon ein Ritt auf der Rasierklinge, das darf man so sagen. Das Andere, was aber noch mal deutlich geworden ist, dass leider die KMK keinen Plan hat, was außer der – nicht ganz so erfolgreichen – Studienplatzbörse, die Sie zitiert haben, im kommenden Wintersemester passieren soll.
Maleike: Und das alles in der ausgerufenen Bildungsrepublik Deutschland. Wie ist dieses Chaos zu erklären?
Burchardt: Ich denke, es gibt verschiedene Gründe. Zum einen muss man zwischenzeitlich wirklich fragen, ob diese Konstruktion der Stiftung – die alte ZVS ist ja in eine Stiftung umgewandelt worden, in dem gleichberechtigt beteiligt sind, in dem Stiftungsrat gleichberechtigt beteiligt, die 16 Vertreter der Länder plus 16 Vertreter der Landeshochschulrektoren, mit einem sehr intransparenten System von Entscheidungen, von Arbeitsweisen. Und ich glaube, das ist mit eine der Ursachen des Problems; so ein Gremium kann nicht über eine moderne technische Entwicklung, ein modernes technisches Management entscheiden. Es ist heute auch noch mal deutlich geworden, dass im Prinzip nicht die Technik alleine verantwortlich gewesen ist, sprich die Anwendungssoftware der Hochschulen an das zentrale System – das hätte an sich funktioniert! –, die Schnittstellenproblematik, nämlich Hochschulen zu koppeln mit dem zentralen neuen System, die hatte man wirklich außen vor gelassen. Und ich glaube, da sind viele Köche, die von der Sache zu wenig Ahnung haben, die letztendlich diesen Brei ungenießbar gemacht haben.
Maleike: Es wird aber weiterhin dann so sein, dass die Lehramtsstudierenden zum Beispiel nicht dabei sind?
Burchardt: Das wird ein Problem werden, die Mehrfachstudiengänge mit einzubinden. Es soll versucht werden, die mit einzubinden, aber ob das wirklich gelingt auf der Strecke, das bleibt abzuwarten. Und das ist natürlich ein großes Problem, wie weit dann die Hochschulen, die einzelnen Hochschulen das System auch akzeptieren. Denn wenn beispielsweise die TU Dortmund zum überwiegenden Teil Mehrfachstudiengänge hat, die aber überhaupt nicht von dem System erfasst werden, dann fragt sich diese Hochschule – natürlich zu recht! –: Was soll ich denn da mitmachen? Nur für ein, zwei Prozent meiner Studiengänge ist der Aufwand ja viel zu groß! Insofern setzen wir drauf, ist auch versprochen worden, dass Mehrfachstudiengänge mit eingebunden werden. Kritisch finde ich immer noch: Es gibt auch jetzt im zweiten Versuch keinen Plan B.
Maleike: Und das ist jetzt besonders kritisch, und auch heikel, weil wir ja sehr viel mehr Studierende haben oder Studienbewerber durch den Wegfall der Wehrpflicht und des Zivildienstes. Was würden Sie denn vorschlagen?
Burchardt: Also da ja versäumt worden ist, beispielsweise die Möglichkeit in der zentralen neuen Software zu programmieren, dass im Auftrag der Hochschulen die Zentrale einspringen kann, ist jetzt im Moment leider gar nichts zu machen, sondern man kann sich da wirklich nur Frau Wintermantel, der Hochschulrektorenpräsidentin, anschließen: Im Moment bleiben nichts als Appelle! Und die Kultusministerkonferenz – tut mir leid! –, die hat wirklich keine Idee und die Bundesbildungsministerin hat auch keine Idee. In dem Ausschuss sitzt die Bundesregierung und fragt die anwesenden Experten noch. Und da muss man sagen, da ist offensichtlich fehlendes Know-how, auch beim BMBF und vor allen Dingen auch überhaupt kein Plan!
Maleike: Letzter Tipp für die Abiturienten von jetzt, von heute: Was müssen die zur Studienplatzbewerbung derzeit unbedingt beachten?
Burchardt: Sie sollten sich auf jeden Fall auf der Seite der HRK bei der Studienplatzbörse auf jeden Fall umschauen, denn das ist ganz, ganz wichtig. Das ist im Moment die einzige Gelegenheit, einen Überblick zu bekommen: Wo wird was angeboten, und wie komme ich dahin?
Maleike: Und das ist zu finden unter hrk.de. Hochschuldeutschland und das Dauerproblem bei der Studienplatzvergabe. Dazu war das in "Campus und Karriere" die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses Ulla Burchardt. Vielen Dank nach Berlin!
Burchardt: Vielen Dank!