Christoph Heinemann: Auf dieses Weihnachtsgeschenk hätte die Bundesregierung wohl gerne verzichtet, aber wenn das oberste Gericht spricht, dann gibt es keine Umtauschmöglichkeiten. Die roten Roben haben im Namen des Volkes entschieden, dass bei den sogenannten Jobcentern einiges im argen liegt. Die gemeinsame Betreuung derjenigen Mitbürger, die sogenannte Hartz-IV-Leistungen erhalten durch die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen, ist mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, so der Richterspruch aus Karlsruhe. Am Telefon ist Karl-Josef Laumann, CDU, der Minister für Arbeit und Soziales in Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen.
Karl-Josef Laumann: Schönen guten Morgen.
Heinemann: Herr Laumann, wenn das für die Politik keine Ohrfeige war, war es dann eher ein Tritt in den Hintern?
Laumann: Also zunächst einmal ist es ja so, dass das Gericht gesagt hat, dass die Reform Hartz IV, die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe verfassungskonform ist. Was das Gericht beanstandet hat, ist die Organisationsform der ARGE, weil das eine Mischverwaltung aus dem kommunalen Teil und einem Bundesteil ist. Aber Sie müssen sehen, dass wir in Deutschland ja 69 Optionskommunen haben. Die sind alle verfassungskonform. Das heißt, ein Weg, den die Union damals bei der Hartz-Gesetzgebung immer wollte, nämlich die Kommunalisierung dieser Leistung, und deswegen haben wir die Optionskommunen durchgesetzt, der geht. Und in dieser Formation kann man die Leistungen auch weiterhin aus einer Hand erbringen. Was das Bundesverfassungsgericht eben nicht will ist, dass es eine, ich sage mal, Splitterverwaltung zwischen kommunaler Ebene für die Bescheide für Miete und Heizung und Bundesebene für die Leistungsbescheide gibt. Und ich persönlich glaube, dass wir dieses Urteil nutzen müssten, um die Organisationsstruktur zu verbessern. Denn die Wahrheit ist ja, dass diese Mischverwaltung, wo am Ende ja auch die Kompetenzen nicht klar geklärt sind, sich auch in der Durchführung in den letzten drei Jahren nicht besonders effektiv erwiesen hat.
Heinemann: Zur Erklärung, Optionskommunen sind diejenigen, die sozusagen alles in die eigenen Hände genommen haben. Und das ist für den Bundesarbeitsminister offenbar Teufelszeug, denn er sagt, Arbeitsagentur und Gemeinden könnten ihre Aufgaben wohl getrennt, also dem Urteil folgend, aber unter einem Dach wahrnehmen. Ist das der Schlüssel zur Lösung?
Laumann: Also das ist richtig. Es gibt auch in Deutschland in ganzen 21 Kreisen, wo die Aufgabe zur Zeit getrennt wahrgenommen wird. Auch dieses ist verfassungskonform, da hat der Bundesarbeitsminister recht. Aber das bedeutet, dass wir keine Aufgabenwahrnehmung mehr aus einer Hand haben. Es war ja damals bei der Hartz-Gesetzgebung so, dass wir gerade die Leistung aus einer Hand wollten. Also ich glaube, dass 69 mal bewiesen ist, dass es kommunal geht. Wir wissen auch, dass diese Optionskommunen sehr effektiv arbeiten. Und ich meine, wir sollten es stärker regionalisieren. Herr Scholz will mehr Zentralismus, will weiterhin in jedem Landkreis über sein Ministerium zusammen mit der Arbeitsverwaltung in Nürnberg über Verordnungen die Arbeitsmarktpolitik in diesem Land steuern. Das ist von gestern, das hat keine Zukunft.
Heinemann: Herr Laumann, wie sind die Erfahrungen in den Optionskommunen? In Ihrem Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, gehören zum Beispiel Hamm und Mühlheim an der Ruhr dazu. Kennen diese Kommunen in Nordrhein-Westfalen den Arbeitsmarkt in Hessen, in Baden-Württemberg oder Bayern so gut, dass sie Arbeitssuchende passgenau auch dorthin vermitteln könnten? Arbeitsvermittlung ist da längst bundesweit.
Laumann: Also ich kann nur sagen, dass alle Optionskommunen in Nordrhein-Westfalen, wir haben davon zehn, auch zwei Städte wie Hamm und Mühlheim, wie Sie das aufgeführt haben, in den objektiven Daten effektiv arbeiten. Zum Beispiel ist es so, dass die Widersprüche in diesen Kommunen gesetzeskonform mit einer Bearbeitungszeit von deutlich unter drei Monaten abgearbeitet wird. Das ist bei einem Drittel der ARGEN in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall. Und jetzt ist es ja so, dass das Klientel der Menschen, die langzeitarbeitslos sind, auch in aller erster Linie Menschen sind, die eine Vermittlung auf dem regionalen Arbeitsmarkt brauchen. Denn fast die Hälfte der Menschen, die zu den Langzeitarbeitslosen gehören, sind Menschen, ohne Berufsaufbildung. Und es geht ja nun in der Praxis nicht darum, zum Beispiel eine Reinigungskraft von Hamm nach München zu vermitteln, sondern es geht darum, sie in einem regionalen Arbeitsmarkt unterzubringen.
Heinemann: Aber einen Ingenieur könnte man nach München vermitteln.
Laumann: Ja, die Ingenieure haben wir in der Regel nicht in der Langzeitarbeitslosigkeit, sondern die sind bei der Arbeitsverwaltung und werden von denen vermittelt. Also man muss schon sich das Klientel, was im Grunde in der Langzeitarbeitslosigkeit ist, genau anschauen. Und ich glaube schon, dass regionale Vermittlungen, dass eine Optionskommune dieses gut kann. Wir haben ja nun mal drei Jahre Erfahrungen mit Optionskommunen. Die haben unspektakulär und sehr effektiv gearbeitet. Und es ist ja so, dass ich meine, dass man deswegen auch diese Regionalisierung und dieses Urteil als eine Chance begreifen sollte, eine stärkere Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. In Nordrhein-Westfalen haben wir Städte, die haben eine Arbeitslosigkeit von über 15 Prozent, wir haben aber auch Regionen, die haben eine Arbeitslosigkeit von unter fünf Prozent. Und das kann man ja nicht alles über einen Leisten schlagen.
Heinemann: Herr Laumann, wie ist zu erklären, dass jemand wie Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes gestern Abend noch bei uns im Deutschlandfunk sagt, wir möchten zwar mitreden mit den Kommunen, aber zum Beispiel eine Kommunalisierung der Langzeitarbeitslosigkeit, also dass die Kommunen genau diese Gruppe mitbetreuen sollte, das könnte schwierig werden.
Laumann: Ja, und wenn Sie den Deutschen Landkreistag hören, der sagt genau das Gegenteil und sagt, wir brauchen eine Kommunalisierung. Das war ja damals auch bei der Hartz-Gesetzgebung schon so, dass der Städtetag eher zögerlich war und die Landkreistage hier eher mutig waren. Deswegen sind ja auch die meisten Optionskommunen wohl in Landkreisen angesiedelt. Aber zumindest muss es doch wohl so sein, dass man aus einem solchen Urteil nicht genau den umgekehrten Schluss zieht, den Herr Scholz nämlich zieht. Nämlich zu sagen, wir machen jetzt die Arbeitsmarktpolitik wieder über den Bund, die Gemeinden sind raus, die Gemeinden sollen auch Bescheide erteilen für die Wohnung, für die Heizkosten, alles Arbeitsmarktpolitische wird über Nürnberg und über Berlin gesteuert. Ich kann mir einen solchen Arbeitsmarkt mit der Unterschiedlichkeit, wie der in Deutschland nun einmal ist, Gott sei Dank auch sehr unterschiedlich ist, glaube ich, passen immer weniger zentralistische Strukturen.
Heinemann: Ist es ein ideologischer Streit zwischen SPD und CDU, so wie bei der Gesundheitsreform mit Kopfpauschale und Bürgerversicherung?
Laumann: Nein, das glaube ich nicht, denn es gibt auch viele Optionskommunen, wo SPD-Bürgermeister sind, zum Beispiel Mühlheim ist eine von Sozialdemokraten regierte Stadt. Und trotzdem haben die sich entschieden zu optieren. Ich bin ganz sicher, wenn der Gesetzgeber sagen würde, wir geben noch einmal allen Kommunen, die es wollen, die Möglichkeit zu optieren, es würde sehr viel mutiger optiert, als wie das noch vor drei Jahren war, weil sich natürlich auch in den Zirkeln von Oberbürgermeistern und Landräten herumgesprochen hat, wie Optionskommunen funktionieren. Da ist es ja nicht so, dass in der Optionskommune die Kompetenz der Bundesagentur für Arbeit völlig außen vor ist. Natürlich gibt es auch da eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung, um etwa die Fragen einer überregionalen Arbeitsvermittlung, die Sie angesprochen haben, oder etwa in der Frage der Berufsberatung auch zusammen zu arbeiten.
Heinemann: Herr Laumann, die Verfassungsrichter haben der Politik einen Zeitplan mitgegeben. In drei Jahren muss die Sache geregelt sein. Die laufende Legislaturperiode endet in anderthalb Jahren spätestens. Trauen Sie der Koalition zu, dass sie diese Kuh noch vom Eis bekommt?
Laumann: Also ich persönlich meine, dass man die Frage, wie man das jetzt organisatorisch machen will, in Zukunft relativ rasch entscheiden muss. Denn schauen Sie, eine Behörde wie die ARGE, die jetzt weiß, dass die Form, wie sie zurzeit existiert, nicht bleiben kann. Da befürchte ich, dass sie nicht mehr innovativ ist, dass sie in sich auch ein Stück weit auch gelähmt ist. Und wir können uns ja nun in dieser Frage der Arbeitsmarktpolitik gegenüber so vielen Menschen einen solchen Zustand nicht erlauben. Deswegen appelliere ich sehr stark auch an den Bundesgesetzgeber, an die Bundesregierung, die Frage, wie man das mit der Organisation machen will, rasch zu entscheiden. Man muss das nicht überstürzt entscheiden, aber wenn man den Zeitraum drei Jahre ausschöpfen würde, wäre mir das viel zu lang, weil ich befürchte, das wäre drei Jahre Stillstand in den meisten Regionen Deutschlands in der Arbeitsmarktpolitik. Und das wäre ja nicht zu verantworten. Außerdem liegen ja die Entscheidungen auf der Hand. Es gehen nur zwei Möglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit es weiterhin aus einer Hand zu gestalten, das heißt mehr regional, das heißt es so zu machen, wie es jetzt in den Optionskommunen läuft. Oder es gibt eine zweite Möglichkeit, die Aufgabe zu trennen, die Gemeinden sind dann eben zuständig für die Wohnung und für die Heizung, für die Arbeitsmarktpolitik ist der Bund zuständig. Dazwischen muss man sich entscheiden. Und dazwischen gibt es auch nichts, weil die Mischverwaltung, die man damals geschaffen hat, nun mal verfassungswidrig ist. Und das ist eigentlich eine relativ überschaubare Problematik, finde ich, wo man nicht drei Jahre braucht, um die zu entscheiden.
Heinemann: In den Informationen am Morgen sprachen wir mit Karl-Josef Laumann, CDU, dem nordrhein-westfälischen Minister für Arbeit und Soziales. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Karl-Josef Laumann: Schönen guten Morgen.
Heinemann: Herr Laumann, wenn das für die Politik keine Ohrfeige war, war es dann eher ein Tritt in den Hintern?
Laumann: Also zunächst einmal ist es ja so, dass das Gericht gesagt hat, dass die Reform Hartz IV, die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe verfassungskonform ist. Was das Gericht beanstandet hat, ist die Organisationsform der ARGE, weil das eine Mischverwaltung aus dem kommunalen Teil und einem Bundesteil ist. Aber Sie müssen sehen, dass wir in Deutschland ja 69 Optionskommunen haben. Die sind alle verfassungskonform. Das heißt, ein Weg, den die Union damals bei der Hartz-Gesetzgebung immer wollte, nämlich die Kommunalisierung dieser Leistung, und deswegen haben wir die Optionskommunen durchgesetzt, der geht. Und in dieser Formation kann man die Leistungen auch weiterhin aus einer Hand erbringen. Was das Bundesverfassungsgericht eben nicht will ist, dass es eine, ich sage mal, Splitterverwaltung zwischen kommunaler Ebene für die Bescheide für Miete und Heizung und Bundesebene für die Leistungsbescheide gibt. Und ich persönlich glaube, dass wir dieses Urteil nutzen müssten, um die Organisationsstruktur zu verbessern. Denn die Wahrheit ist ja, dass diese Mischverwaltung, wo am Ende ja auch die Kompetenzen nicht klar geklärt sind, sich auch in der Durchführung in den letzten drei Jahren nicht besonders effektiv erwiesen hat.
Heinemann: Zur Erklärung, Optionskommunen sind diejenigen, die sozusagen alles in die eigenen Hände genommen haben. Und das ist für den Bundesarbeitsminister offenbar Teufelszeug, denn er sagt, Arbeitsagentur und Gemeinden könnten ihre Aufgaben wohl getrennt, also dem Urteil folgend, aber unter einem Dach wahrnehmen. Ist das der Schlüssel zur Lösung?
Laumann: Also das ist richtig. Es gibt auch in Deutschland in ganzen 21 Kreisen, wo die Aufgabe zur Zeit getrennt wahrgenommen wird. Auch dieses ist verfassungskonform, da hat der Bundesarbeitsminister recht. Aber das bedeutet, dass wir keine Aufgabenwahrnehmung mehr aus einer Hand haben. Es war ja damals bei der Hartz-Gesetzgebung so, dass wir gerade die Leistung aus einer Hand wollten. Also ich glaube, dass 69 mal bewiesen ist, dass es kommunal geht. Wir wissen auch, dass diese Optionskommunen sehr effektiv arbeiten. Und ich meine, wir sollten es stärker regionalisieren. Herr Scholz will mehr Zentralismus, will weiterhin in jedem Landkreis über sein Ministerium zusammen mit der Arbeitsverwaltung in Nürnberg über Verordnungen die Arbeitsmarktpolitik in diesem Land steuern. Das ist von gestern, das hat keine Zukunft.
Heinemann: Herr Laumann, wie sind die Erfahrungen in den Optionskommunen? In Ihrem Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, gehören zum Beispiel Hamm und Mühlheim an der Ruhr dazu. Kennen diese Kommunen in Nordrhein-Westfalen den Arbeitsmarkt in Hessen, in Baden-Württemberg oder Bayern so gut, dass sie Arbeitssuchende passgenau auch dorthin vermitteln könnten? Arbeitsvermittlung ist da längst bundesweit.
Laumann: Also ich kann nur sagen, dass alle Optionskommunen in Nordrhein-Westfalen, wir haben davon zehn, auch zwei Städte wie Hamm und Mühlheim, wie Sie das aufgeführt haben, in den objektiven Daten effektiv arbeiten. Zum Beispiel ist es so, dass die Widersprüche in diesen Kommunen gesetzeskonform mit einer Bearbeitungszeit von deutlich unter drei Monaten abgearbeitet wird. Das ist bei einem Drittel der ARGEN in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall. Und jetzt ist es ja so, dass das Klientel der Menschen, die langzeitarbeitslos sind, auch in aller erster Linie Menschen sind, die eine Vermittlung auf dem regionalen Arbeitsmarkt brauchen. Denn fast die Hälfte der Menschen, die zu den Langzeitarbeitslosen gehören, sind Menschen, ohne Berufsaufbildung. Und es geht ja nun in der Praxis nicht darum, zum Beispiel eine Reinigungskraft von Hamm nach München zu vermitteln, sondern es geht darum, sie in einem regionalen Arbeitsmarkt unterzubringen.
Heinemann: Aber einen Ingenieur könnte man nach München vermitteln.
Laumann: Ja, die Ingenieure haben wir in der Regel nicht in der Langzeitarbeitslosigkeit, sondern die sind bei der Arbeitsverwaltung und werden von denen vermittelt. Also man muss schon sich das Klientel, was im Grunde in der Langzeitarbeitslosigkeit ist, genau anschauen. Und ich glaube schon, dass regionale Vermittlungen, dass eine Optionskommune dieses gut kann. Wir haben ja nun mal drei Jahre Erfahrungen mit Optionskommunen. Die haben unspektakulär und sehr effektiv gearbeitet. Und es ist ja so, dass ich meine, dass man deswegen auch diese Regionalisierung und dieses Urteil als eine Chance begreifen sollte, eine stärkere Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. In Nordrhein-Westfalen haben wir Städte, die haben eine Arbeitslosigkeit von über 15 Prozent, wir haben aber auch Regionen, die haben eine Arbeitslosigkeit von unter fünf Prozent. Und das kann man ja nicht alles über einen Leisten schlagen.
Heinemann: Herr Laumann, wie ist zu erklären, dass jemand wie Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes gestern Abend noch bei uns im Deutschlandfunk sagt, wir möchten zwar mitreden mit den Kommunen, aber zum Beispiel eine Kommunalisierung der Langzeitarbeitslosigkeit, also dass die Kommunen genau diese Gruppe mitbetreuen sollte, das könnte schwierig werden.
Laumann: Ja, und wenn Sie den Deutschen Landkreistag hören, der sagt genau das Gegenteil und sagt, wir brauchen eine Kommunalisierung. Das war ja damals auch bei der Hartz-Gesetzgebung schon so, dass der Städtetag eher zögerlich war und die Landkreistage hier eher mutig waren. Deswegen sind ja auch die meisten Optionskommunen wohl in Landkreisen angesiedelt. Aber zumindest muss es doch wohl so sein, dass man aus einem solchen Urteil nicht genau den umgekehrten Schluss zieht, den Herr Scholz nämlich zieht. Nämlich zu sagen, wir machen jetzt die Arbeitsmarktpolitik wieder über den Bund, die Gemeinden sind raus, die Gemeinden sollen auch Bescheide erteilen für die Wohnung, für die Heizkosten, alles Arbeitsmarktpolitische wird über Nürnberg und über Berlin gesteuert. Ich kann mir einen solchen Arbeitsmarkt mit der Unterschiedlichkeit, wie der in Deutschland nun einmal ist, Gott sei Dank auch sehr unterschiedlich ist, glaube ich, passen immer weniger zentralistische Strukturen.
Heinemann: Ist es ein ideologischer Streit zwischen SPD und CDU, so wie bei der Gesundheitsreform mit Kopfpauschale und Bürgerversicherung?
Laumann: Nein, das glaube ich nicht, denn es gibt auch viele Optionskommunen, wo SPD-Bürgermeister sind, zum Beispiel Mühlheim ist eine von Sozialdemokraten regierte Stadt. Und trotzdem haben die sich entschieden zu optieren. Ich bin ganz sicher, wenn der Gesetzgeber sagen würde, wir geben noch einmal allen Kommunen, die es wollen, die Möglichkeit zu optieren, es würde sehr viel mutiger optiert, als wie das noch vor drei Jahren war, weil sich natürlich auch in den Zirkeln von Oberbürgermeistern und Landräten herumgesprochen hat, wie Optionskommunen funktionieren. Da ist es ja nicht so, dass in der Optionskommune die Kompetenz der Bundesagentur für Arbeit völlig außen vor ist. Natürlich gibt es auch da eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung, um etwa die Fragen einer überregionalen Arbeitsvermittlung, die Sie angesprochen haben, oder etwa in der Frage der Berufsberatung auch zusammen zu arbeiten.
Heinemann: Herr Laumann, die Verfassungsrichter haben der Politik einen Zeitplan mitgegeben. In drei Jahren muss die Sache geregelt sein. Die laufende Legislaturperiode endet in anderthalb Jahren spätestens. Trauen Sie der Koalition zu, dass sie diese Kuh noch vom Eis bekommt?
Laumann: Also ich persönlich meine, dass man die Frage, wie man das jetzt organisatorisch machen will, in Zukunft relativ rasch entscheiden muss. Denn schauen Sie, eine Behörde wie die ARGE, die jetzt weiß, dass die Form, wie sie zurzeit existiert, nicht bleiben kann. Da befürchte ich, dass sie nicht mehr innovativ ist, dass sie in sich auch ein Stück weit auch gelähmt ist. Und wir können uns ja nun in dieser Frage der Arbeitsmarktpolitik gegenüber so vielen Menschen einen solchen Zustand nicht erlauben. Deswegen appelliere ich sehr stark auch an den Bundesgesetzgeber, an die Bundesregierung, die Frage, wie man das mit der Organisation machen will, rasch zu entscheiden. Man muss das nicht überstürzt entscheiden, aber wenn man den Zeitraum drei Jahre ausschöpfen würde, wäre mir das viel zu lang, weil ich befürchte, das wäre drei Jahre Stillstand in den meisten Regionen Deutschlands in der Arbeitsmarktpolitik. Und das wäre ja nicht zu verantworten. Außerdem liegen ja die Entscheidungen auf der Hand. Es gehen nur zwei Möglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit es weiterhin aus einer Hand zu gestalten, das heißt mehr regional, das heißt es so zu machen, wie es jetzt in den Optionskommunen läuft. Oder es gibt eine zweite Möglichkeit, die Aufgabe zu trennen, die Gemeinden sind dann eben zuständig für die Wohnung und für die Heizung, für die Arbeitsmarktpolitik ist der Bund zuständig. Dazwischen muss man sich entscheiden. Und dazwischen gibt es auch nichts, weil die Mischverwaltung, die man damals geschaffen hat, nun mal verfassungswidrig ist. Und das ist eigentlich eine relativ überschaubare Problematik, finde ich, wo man nicht drei Jahre braucht, um die zu entscheiden.
Heinemann: In den Informationen am Morgen sprachen wir mit Karl-Josef Laumann, CDU, dem nordrhein-westfälischen Minister für Arbeit und Soziales. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.