Christine Heuer: Wussten die Bayern früher als jede deutsche Stelle von der Verschleppung El Masris? Haben bayerische Verfassungsschützer mit CIA-Kollegen über den Deutsch-Libanesen gesprochen, als der noch in Afghanistan festgehalten wurde? Und hat der bayerische Verfassungsschutz der CIA damals ein Dossier über den Mann gegeben? - Nein sagt zu all dem der Vizepräsident des bayerischen Amtes und dementiert damit einen Bericht des "Focus" in seiner neuen Ausgabe. Mehr ist aus München derzeit nicht zu hören in dieser heiklen Angelegenheit. Also wenden wir uns an die Fachleute im politischen Berlin. - Am Telefon ist der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, der Innen- und Rechtspolitiker Volker Beck. Guten Morgen!
Volker Beck: Guten Morgen!
Heuer: Der bayerische Verfassungsschutz dementiert den "Focus"-Bericht. Reicht Ihnen das aus, Herr Beck?
Beck: Ich denke Herr Beckstein muss dazu selber schon auch noch was sagen. Irgendwo her muss der "Focus" ja diese Meldung haben und es wäre schon eine ziemliche Ungeheuerlichkeit, wenn zu dem Zeitpunkt, wo El Masri in Afghanistan war, der bayerische Verfassungsschutz oder die bayerischen Behörden hier Informationen zugeliefert haben, statt sich darum zu kümmern, dass dieser deutsche Staatsbürger an Deutschland ausgeliefert wird.
Heuer: Halten Sie denn die "Focus"-Geschichte für plausibel in der Sache?
Beck: Das ist schwierig zu beurteilen. Das könnte schon sein und deshalb muss da auch Klarheit hinein kommen. Man kann das aber von außen schlecht beurteilen.
Heuer: Gesetzt den Fall, die Bayern wussten frühzeitig bescheid über den Fall El Masri, frühzeitiger als der Bund bisher sagt, bescheid gewusst zu haben, muss man dann nicht davon ausgehen, dass die Informationen in Berlin auch früher angekommen sind, als wir das bislang glauben?
Beck: Über Berlin wurden ja alle Stellen jetzt befragt. Da halte ich das, was ich in den Ausschüssen auch selbst gehört habe, für plausibel und konsistent. Deshalb denke ich muss man deshalb an den Darstellungen nicht zweifeln. Das wären ja auch dann bayerisch-amerikanische Kontakte, über die der Bund nicht zwingend informiert gewesen sein musste. Wäre der Bund informiert worden, hätte man das jetzt bei der Unterrichtung durch die Bundesregierung wahrscheinlich dem Parlament auch mitgeteilt.
Heuer: Sie haben gerade gesagt, Sie seien zufrieden gewesen mit der Unterrichtung durch die Regierung. Die hatte ja eine Informationsoffensive im Fall El Masri angekündigt. Manche finden, dass wir inzwischen weniger wissen als zu Beginn oder dass man den Eindruck haben kann, es kommt immer noch ganz viel hinterher. Ist die Informationsoffensive gelungen, Herr Beck?
Beck: Ich denke es gab relativ viele Informationen. Allerdings waren die zum Teil widersprüchlich und zum Teil sind sie auch eingestuft worden unter "geheim". Deshalb verlangt unsere Fraktion einen umfassenden schriftlichen Bericht von der Bundesregierung, wo auch die Widersprüche dadurch ausgeräumt sind, dass man das im Kabinett zwischen den Ressorts entsprechend abstimmt, damit wir ein Gesamtbild erhalten. So haben wir ja ein Bild aus verschiedenen Ausschüssen, was wir zusammengetragen haben, aber eigentlich muss die Öffentlichkeit und auch das Parlament ein Gesamtbild bekommen, um dann auch politische Konsequenzen zu ziehen. Ich habe den Eindruck, dass bei El Masri, aber auch bei dem Fall Zammar noch nicht alles ganz auf dem Tisch ist und bei dem Bremer Bürger, der in Guantanamo ist. Wir wissen jetzt relativ viel über die Tatsachen, aber wir müssen uns jetzt als Parlament natürlich auch um die Konsequenzen kümmern, wie sollen deutsche Behörden mit Staaten kooperieren, deren Sicherheitsdienste sich nicht an unsere Standards halten, die Menschenrechte nicht in allen Punkten gewährleisten. Das ist eine Frage, wo ich das Gefühl habe, da hat die Bundesregierung bislang noch nicht den richtigen Zugang dazu gefunden.
Heuer: Bleiben wir noch bei dem, was Sie zunächst gefordert haben, nämlich dass ein Gesamtbild zu Stande kommen muss. Wo soll denn das entstehen, vor einem Untersuchungsausschuss, wie Ihr Parteikollege Hans Christian Ströbele immer wieder anregt?
Beck: Ich denke vorrangig muss die Regierung einfach einen schriftlichen Bericht vorlegen, in dem sie das Gesamtbild darstellt. Wenn das schlüssig ist und keine Fragen bei den Tatsachen mehr bleiben, dann braucht man keinen Untersuchungsausschuss. Dann muss man vor allen Dingen darüber reden, wie stellen wir ab, dass es Flüge gibt, die durch Deutschland gehen, wo so genannte ungesetzliche Kombattanten an Bord sind. Gefangene müssen von den US-Behörden deklariert und genehmigt werden. Bei ungesetzlichen Kombattanten ist nicht klar, ob es da eine gemeinsame Rechtsauffassung von Bundesregierung und amerikanischer Regierung gibt. Deshalb scheint es wohl so zu sein, dass solche Flüge zwar stattfinden, aber die Bundesrepublik Deutschland darüber nicht informiert wird.
Heuer: Die Konsequenzen, die gezogen werden, sind sicher wichtig, Herr Beck. Entschuldigen Sie, lassen Sie uns trotzdem noch mal kurz bei der Aufklärung bleiben. Brigitte Zypries, die Justizministerin, hat gesagt, sie würde sich freuen, wenn Joschka Fischer sich mal über den Fall El Masri äußerte. Können Sie da als Grüner helfen?
Beck: Wenn die Bundesregierung - und Frau Zypries gehört selbst zur Bundesregierung - Fragen an die Vorgängerregierung hat, dann muss sie mit den Regierungsmitgliedern reden, wo sie Nachfragen hat.
Heuer: Sie haben keine Nachfragen an Joschka Fischer?
Beck: Nein. Ich denke es gibt keinen Hinweis darauf, dass Joschka Fischer an dem Wissen von Otto Schily Teil hatte. Über die anderen Sachen wurde offensichtlich zwischen Vorgänger und Nachfolger gesprochen. Ich habe da keine weiteren Fragen, weil aus dem ganzen Hergang der Dinge eigentlich hervor geht, dass Fischer im Wesentlichen nur über diesen Briefwechsel informiert war und eben nicht darüber, dass die Bestätigung der Amerikaner einem Mitglied der Bundesregierung vorlag.
Heuer: Jetzt haben Sie, Herr Beck, den Fall Mohammed Haydar Zammar gerade selber angesprochen. Das ist zur Erklärung für unsere Hörer ein deutscher Islamist. Er soll enge Kontakte zu den Todespiloten vom 11. September gehabt haben. Er ist seit 2001 in Syrien inhaftiert und ist dort 2002 vom BKA vernommen worden. Die Anwältin von Herrn Zammar macht jetzt dem auswärtigen Amt noch unter Joschka Fischer Vorwürfe. Sie sagt, das auswärtige Amt habe sie belogen und es sei kaum vorstellbar, dass Joschka Fischer nichts von der Verhörung durchs BKA gewusst habe. Fragen dazu an Joschka Fischer von Ihrer Seite?
Beck: Es gibt keine Hinweise darauf, dass von den Verhöraktionen das auswärtige Amt zu einem Zeitpunkt informiert war, wo es sich noch nicht um konsularischen Schutz bemüht hat. Das auswärtige Amt hat ja, sobald es davon wusste, dass Zammar in Syrien ist, sich darum gekümmert, Herrn Zammar, weil er Deutscher und Syrer gleichzeitig ist, konsularischen Schutz zu gewähren. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass das auswärtige Amt davor schon wusste, dass der dort ist.
Heuer: Um den Bogen jetzt zu schließen, den Sie vorhin aufgemacht haben, als Sie schon über die Konsequenzen gesprochen haben, die politisch gezogen werden müssen, lassen Sie uns das am Beispiel Zammar mal festmachen. Wenn es CIA-Informationen gibt, die von Zammar gewonnen worden sind, vielleicht auch unter Folter, sollte die deutsche Regierung die nutzen oder nicht?
Beck: Ich glaube man muss unterscheiden zwischen Informationen, die man erhält. Wenn man eine Information beispielsweise erhält, dass irgendwo in Deutschland eine Bombe tickt, dann muss man Polizisten losschicken und versuchen, die tickende Bombe zu entschärfen. Etwas anderes ist es, ob man Informationen in Strafverfahren einführt, die aus solchen Ländern kommen. Ich meine das verbietet sich grundsätzlich und ich denke auch deutsche Polizisten dürfen nicht, wie im Fall Zammar geschehen, in ein Land fahren und in den Foltergefängnissen Gefangene verhören. Das ist bei Zammar der Fall gewesen und das finde ich ist eindeutig die rote Linie. Das muss ein Tabu bleiben.
Heuer: Auch dann, wenn Gefahr im Verzug ist? Ich habe Sie gerade so verstanden, dass Sie da schon mal eine Ausnahme zulassen würden.
Beck: Es ging ja um die Verwertung von Informationen, die man im Rahmen der Zusammenarbeit mit verschiedenen Staaten erhält. Selbstverständlich muss man bei der Gefahrenabwehr alle Informationen, die man erhält, berücksichtigen. Es wäre ja absurd zu sagen, wir wissen, dass irgendwo eine Bombe tickt und wir kümmern uns nicht darum, weil wir nicht sicher sind, wie diese Informationen erlangt wurden, sondern man muss diesen Informationen nachgehen. Man muss aber nicht selbst hinfahren in solche Gefängnisse und das aktiv nutzen, dass man hier einen Gefangenen hat, der auch gefoltert wird und der unter einer entsprechend extremen Drucksituation ist. Da kann man davon Abstand nehmen und ich meine deutsche Polizisten dürfen in einem solchen Fall da nicht hinfahren und entsprechende Maßnahmen sich zu Nutzen machen.
Heuer: Herr Beck, lassen Sie uns zum Schluss noch kurz über die Freilassung Susanne Osthoffs sprechen. Sie waren bei der Solidaritätskundgebung letzte Woche in Berlin dabei. Hätten Sie noch vor Weihnachten mit dieser Nachricht gerechnet?
Beck: Ich bin sehr froh, dass sich das gelöst hat. Vielleicht haben ja auch die deutschen Proteste, die von muslimischen und türkischen Organisationen organisiert worden sind, dazu beigetragen, dass die Entführer eingesehen haben, dass sie sich mit diesen Taten isolieren. Ich hoffe, dass auch der Fahrer von Frau Osthoff jetzt frei kommt. Wir dürfen aber nicht vergessen, es gibt weiter eine große Zahl von entführten Menschen im Irak, deren Mitgefühl und Solidarität weiter gebraucht wird.
Heuer: Glauben Sie, dass Lösegeld geflossen ist?
Beck: Das kann ich nicht sagen. Ich habe aber den Eindruck, dass die Regierung sich zumindest bei den Forderungen, die die Geiselnehmer gestellt haben, nicht erpressen ließ und das ist erst mal die richtige Haltung, weil man ansonsten Nachfolgetaten riskiert.
Heuer: Volker Beck, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag. Herr Beck, danke für das Gespräch!
Beck: Bitte schön!
Volker Beck: Guten Morgen!
Heuer: Der bayerische Verfassungsschutz dementiert den "Focus"-Bericht. Reicht Ihnen das aus, Herr Beck?
Beck: Ich denke Herr Beckstein muss dazu selber schon auch noch was sagen. Irgendwo her muss der "Focus" ja diese Meldung haben und es wäre schon eine ziemliche Ungeheuerlichkeit, wenn zu dem Zeitpunkt, wo El Masri in Afghanistan war, der bayerische Verfassungsschutz oder die bayerischen Behörden hier Informationen zugeliefert haben, statt sich darum zu kümmern, dass dieser deutsche Staatsbürger an Deutschland ausgeliefert wird.
Heuer: Halten Sie denn die "Focus"-Geschichte für plausibel in der Sache?
Beck: Das ist schwierig zu beurteilen. Das könnte schon sein und deshalb muss da auch Klarheit hinein kommen. Man kann das aber von außen schlecht beurteilen.
Heuer: Gesetzt den Fall, die Bayern wussten frühzeitig bescheid über den Fall El Masri, frühzeitiger als der Bund bisher sagt, bescheid gewusst zu haben, muss man dann nicht davon ausgehen, dass die Informationen in Berlin auch früher angekommen sind, als wir das bislang glauben?
Beck: Über Berlin wurden ja alle Stellen jetzt befragt. Da halte ich das, was ich in den Ausschüssen auch selbst gehört habe, für plausibel und konsistent. Deshalb denke ich muss man deshalb an den Darstellungen nicht zweifeln. Das wären ja auch dann bayerisch-amerikanische Kontakte, über die der Bund nicht zwingend informiert gewesen sein musste. Wäre der Bund informiert worden, hätte man das jetzt bei der Unterrichtung durch die Bundesregierung wahrscheinlich dem Parlament auch mitgeteilt.
Heuer: Sie haben gerade gesagt, Sie seien zufrieden gewesen mit der Unterrichtung durch die Regierung. Die hatte ja eine Informationsoffensive im Fall El Masri angekündigt. Manche finden, dass wir inzwischen weniger wissen als zu Beginn oder dass man den Eindruck haben kann, es kommt immer noch ganz viel hinterher. Ist die Informationsoffensive gelungen, Herr Beck?
Beck: Ich denke es gab relativ viele Informationen. Allerdings waren die zum Teil widersprüchlich und zum Teil sind sie auch eingestuft worden unter "geheim". Deshalb verlangt unsere Fraktion einen umfassenden schriftlichen Bericht von der Bundesregierung, wo auch die Widersprüche dadurch ausgeräumt sind, dass man das im Kabinett zwischen den Ressorts entsprechend abstimmt, damit wir ein Gesamtbild erhalten. So haben wir ja ein Bild aus verschiedenen Ausschüssen, was wir zusammengetragen haben, aber eigentlich muss die Öffentlichkeit und auch das Parlament ein Gesamtbild bekommen, um dann auch politische Konsequenzen zu ziehen. Ich habe den Eindruck, dass bei El Masri, aber auch bei dem Fall Zammar noch nicht alles ganz auf dem Tisch ist und bei dem Bremer Bürger, der in Guantanamo ist. Wir wissen jetzt relativ viel über die Tatsachen, aber wir müssen uns jetzt als Parlament natürlich auch um die Konsequenzen kümmern, wie sollen deutsche Behörden mit Staaten kooperieren, deren Sicherheitsdienste sich nicht an unsere Standards halten, die Menschenrechte nicht in allen Punkten gewährleisten. Das ist eine Frage, wo ich das Gefühl habe, da hat die Bundesregierung bislang noch nicht den richtigen Zugang dazu gefunden.
Heuer: Bleiben wir noch bei dem, was Sie zunächst gefordert haben, nämlich dass ein Gesamtbild zu Stande kommen muss. Wo soll denn das entstehen, vor einem Untersuchungsausschuss, wie Ihr Parteikollege Hans Christian Ströbele immer wieder anregt?
Beck: Ich denke vorrangig muss die Regierung einfach einen schriftlichen Bericht vorlegen, in dem sie das Gesamtbild darstellt. Wenn das schlüssig ist und keine Fragen bei den Tatsachen mehr bleiben, dann braucht man keinen Untersuchungsausschuss. Dann muss man vor allen Dingen darüber reden, wie stellen wir ab, dass es Flüge gibt, die durch Deutschland gehen, wo so genannte ungesetzliche Kombattanten an Bord sind. Gefangene müssen von den US-Behörden deklariert und genehmigt werden. Bei ungesetzlichen Kombattanten ist nicht klar, ob es da eine gemeinsame Rechtsauffassung von Bundesregierung und amerikanischer Regierung gibt. Deshalb scheint es wohl so zu sein, dass solche Flüge zwar stattfinden, aber die Bundesrepublik Deutschland darüber nicht informiert wird.
Heuer: Die Konsequenzen, die gezogen werden, sind sicher wichtig, Herr Beck. Entschuldigen Sie, lassen Sie uns trotzdem noch mal kurz bei der Aufklärung bleiben. Brigitte Zypries, die Justizministerin, hat gesagt, sie würde sich freuen, wenn Joschka Fischer sich mal über den Fall El Masri äußerte. Können Sie da als Grüner helfen?
Beck: Wenn die Bundesregierung - und Frau Zypries gehört selbst zur Bundesregierung - Fragen an die Vorgängerregierung hat, dann muss sie mit den Regierungsmitgliedern reden, wo sie Nachfragen hat.
Heuer: Sie haben keine Nachfragen an Joschka Fischer?
Beck: Nein. Ich denke es gibt keinen Hinweis darauf, dass Joschka Fischer an dem Wissen von Otto Schily Teil hatte. Über die anderen Sachen wurde offensichtlich zwischen Vorgänger und Nachfolger gesprochen. Ich habe da keine weiteren Fragen, weil aus dem ganzen Hergang der Dinge eigentlich hervor geht, dass Fischer im Wesentlichen nur über diesen Briefwechsel informiert war und eben nicht darüber, dass die Bestätigung der Amerikaner einem Mitglied der Bundesregierung vorlag.
Heuer: Jetzt haben Sie, Herr Beck, den Fall Mohammed Haydar Zammar gerade selber angesprochen. Das ist zur Erklärung für unsere Hörer ein deutscher Islamist. Er soll enge Kontakte zu den Todespiloten vom 11. September gehabt haben. Er ist seit 2001 in Syrien inhaftiert und ist dort 2002 vom BKA vernommen worden. Die Anwältin von Herrn Zammar macht jetzt dem auswärtigen Amt noch unter Joschka Fischer Vorwürfe. Sie sagt, das auswärtige Amt habe sie belogen und es sei kaum vorstellbar, dass Joschka Fischer nichts von der Verhörung durchs BKA gewusst habe. Fragen dazu an Joschka Fischer von Ihrer Seite?
Beck: Es gibt keine Hinweise darauf, dass von den Verhöraktionen das auswärtige Amt zu einem Zeitpunkt informiert war, wo es sich noch nicht um konsularischen Schutz bemüht hat. Das auswärtige Amt hat ja, sobald es davon wusste, dass Zammar in Syrien ist, sich darum gekümmert, Herrn Zammar, weil er Deutscher und Syrer gleichzeitig ist, konsularischen Schutz zu gewähren. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass das auswärtige Amt davor schon wusste, dass der dort ist.
Heuer: Um den Bogen jetzt zu schließen, den Sie vorhin aufgemacht haben, als Sie schon über die Konsequenzen gesprochen haben, die politisch gezogen werden müssen, lassen Sie uns das am Beispiel Zammar mal festmachen. Wenn es CIA-Informationen gibt, die von Zammar gewonnen worden sind, vielleicht auch unter Folter, sollte die deutsche Regierung die nutzen oder nicht?
Beck: Ich glaube man muss unterscheiden zwischen Informationen, die man erhält. Wenn man eine Information beispielsweise erhält, dass irgendwo in Deutschland eine Bombe tickt, dann muss man Polizisten losschicken und versuchen, die tickende Bombe zu entschärfen. Etwas anderes ist es, ob man Informationen in Strafverfahren einführt, die aus solchen Ländern kommen. Ich meine das verbietet sich grundsätzlich und ich denke auch deutsche Polizisten dürfen nicht, wie im Fall Zammar geschehen, in ein Land fahren und in den Foltergefängnissen Gefangene verhören. Das ist bei Zammar der Fall gewesen und das finde ich ist eindeutig die rote Linie. Das muss ein Tabu bleiben.
Heuer: Auch dann, wenn Gefahr im Verzug ist? Ich habe Sie gerade so verstanden, dass Sie da schon mal eine Ausnahme zulassen würden.
Beck: Es ging ja um die Verwertung von Informationen, die man im Rahmen der Zusammenarbeit mit verschiedenen Staaten erhält. Selbstverständlich muss man bei der Gefahrenabwehr alle Informationen, die man erhält, berücksichtigen. Es wäre ja absurd zu sagen, wir wissen, dass irgendwo eine Bombe tickt und wir kümmern uns nicht darum, weil wir nicht sicher sind, wie diese Informationen erlangt wurden, sondern man muss diesen Informationen nachgehen. Man muss aber nicht selbst hinfahren in solche Gefängnisse und das aktiv nutzen, dass man hier einen Gefangenen hat, der auch gefoltert wird und der unter einer entsprechend extremen Drucksituation ist. Da kann man davon Abstand nehmen und ich meine deutsche Polizisten dürfen in einem solchen Fall da nicht hinfahren und entsprechende Maßnahmen sich zu Nutzen machen.
Heuer: Herr Beck, lassen Sie uns zum Schluss noch kurz über die Freilassung Susanne Osthoffs sprechen. Sie waren bei der Solidaritätskundgebung letzte Woche in Berlin dabei. Hätten Sie noch vor Weihnachten mit dieser Nachricht gerechnet?
Beck: Ich bin sehr froh, dass sich das gelöst hat. Vielleicht haben ja auch die deutschen Proteste, die von muslimischen und türkischen Organisationen organisiert worden sind, dazu beigetragen, dass die Entführer eingesehen haben, dass sie sich mit diesen Taten isolieren. Ich hoffe, dass auch der Fahrer von Frau Osthoff jetzt frei kommt. Wir dürfen aber nicht vergessen, es gibt weiter eine große Zahl von entführten Menschen im Irak, deren Mitgefühl und Solidarität weiter gebraucht wird.
Heuer: Glauben Sie, dass Lösegeld geflossen ist?
Beck: Das kann ich nicht sagen. Ich habe aber den Eindruck, dass die Regierung sich zumindest bei den Forderungen, die die Geiselnehmer gestellt haben, nicht erpressen ließ und das ist erst mal die richtige Haltung, weil man ansonsten Nachfolgetaten riskiert.
Heuer: Volker Beck, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag. Herr Beck, danke für das Gespräch!
Beck: Bitte schön!