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Das Orion-Service-Modul
Europa fliegt mit zum Mond

Zum ersten Mal besorgt sich die NASA unverzichtbare Teile eines Raumschiffs im Ausland. Dabei hat sie sich für europäisches Raumfahrt-Know-how entschieden. In Bremen wird das Orion-Service-Modul gebaut, das Teil der nächsten Mondrakete sein soll. Man arbeite auf Augenhöhe mit der NASA, heißt es bei Airbus.

Dirk Lorenzen | 16.11.2018
    Das Orion-Raumschiff der NASA wird viele ESA-Komponenten enthalten (Zeichnung)
    Das Orion-Raumschiff der NASA wird viele ESA-Komponenten enthalten (ESA)
    Weißer Kittel, Haarhaube, Überschuhe: Nur mit der richtigen Schutzkleidung dürfen Besucher in die perfekt saubere Fabrikhalle, in der das Unternehmen Airbus seine Raumschiffe entwickelt.

    "Der Reinraum in Bremen, traditionsreich, hier wurde schon das Spacelab gebaut, das Columbus-Labor, fünf ATVs wurden hier integriert, Ariane-Oberstufen und das europäische Service-Modul für das nächste NASA-Raumschiff Orion im Auftrag der ESA."
    Das rund fünf Meter große Service-Modul ist zylinderförmig: Darin ein schier unüberschaubares Gewirr aus kugelförmigen Tanks, goldenen Platinen, zwölf Kilometern Kabelsträngen, Düsen und vielem mehr, erklärt Siegfried Monser von Airbus aus Bremen:
    Komplexe Computersysteme
    "Hier sehen wir die großen Treibstofftanks, mit denen Orion zum Mond, einen Flyby machen, wieder zurück zur Erde angetrieben wird, bevor sich das Service-Modul dann von der Kapsel trennt.
    Wir sehen jede Menge Rohrleitungen, Rohrverbindungen, schwarze Elektronikboxen, hinter denen sich komplexe Computersysteme verbergen, die die ganze Sensortechnik beherbergen und die ganzen Steuerimpulse geben, mit denen das Modul angetrieben wird, Energieversorgung gemacht wird und dergleichen."
    Für den Flug ins All bildet das europäische Service-Modul ein Gespann mit der amerikanischen Orion-Kapsel, in der sich die Besatzung aufhält. Zum ersten Mal besorgt sich die NASA unverzichtbare Teile eines Raumschiffs im Ausland – bisher durften die Partner, im Bild gesprochen, nur Türklinken und Scheibenwischer liefern, nicht aber wie jetzt den Motorblock, die Steuerung und die Versorgung der Menschen an Bord von Orion mit Luft und Wasser.
    Internationale Kooperation funktioniert
    Doch jetzt greift die NASA gerne auf europäisches Raumfahrt-Know-how zurück. Das Automatische Transfer-Vehikel ATV hatte fünfmal die Internationale Raumstation mit Material versorgt.
    "Das heißt, dass wir schon auf Augenhöhe mit NASA sind und das schon ein sehr partnerschaftliches Projekt ist. Letztlich ist es die Erfahrung mit ATV, die Europa in die Lage versetzt hat, bei diesem Projekt mitzumachen und auch von der NASA ausgewählt zu werden.
    Es zeigt auch mal wieder, dass in der Raumfahrt internationale Kooperation trotz aller Widrigkeiten und sonstiger politischer Spannungen, die es geben mag, durchaus funktioniert – und zwar gut funktioniert."
    Die NASA arbeitet mit Hochdruck an der neuen Schwerlastrakete SLS. Sie soll Orion auf eine Bahn Richtung Mond schicken – im All übernimmt dann das europäische Service-Modul den Antrieb. Das erste Exemplar ist nun ausgeliefert und in der Halle in Bremen ist das zweite bereits in Bau. Für die neue Rakete und Orion haben NASA und ESA gemeinsam große Ziele im All:
    "Es ist ein sogenanntes 1000-Tage-Vehikel"
    "Sei es für Mondmissionen, sei es zum Asteroiden zu fliegen. Es ist ein sogenanntes 1000-Tage-Vehikel. Vom Ingenieurtechnischen her ist es dafür ausgelegt, dass es so lange auch im All bleiben kann. Theoretisch kann man damit also auch zum Mars fliegen."
    Geht alles glatt, erfolgt der erste Testflug von Rakete und Raumschiff im Sommer 2020. Dann soll Orion – noch ohne Menschen – bis zu 60.000 Kilometer hinter den Mond vordringen und zurück zur Erde fliegen.
    2022 könnten dann zum ersten Mal seit rund 50 Jahren wieder Astronauten den Mond umrunden – an Bord des amerikanisch-europäischen Raumschiffes Orion.
    http://blogs.esa.int/orion/