Donnerstag, 28. März 2024

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Das Riesenrad der Agenten
Spione in Wien

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts hatte das kaiserlich königliche "Evidenzbüro" überall im Österreich-Ungarn seine Kundschafter. Zwischen den Weltkriegen stieg Wien zur Metropole der internationalen Spionage auf. Im Kalten Krieg fungierte die von den alliierten Mächten kontrollierte Stadt als Drehscheibe für Agenten aus Ost und West.

Von Tom Schimmeck | 25.01.2014
    Noch immer wandeln Touristen in der Kanalisation der Stadt mit wonnigem Gruseln auf den Spuren des Filmklassikers "Der Dritte Mann". Experten schätzen, dass hier noch immer bis zu 3000 "Geheime" agieren. Längst sind die Schlapphüte eher an Industrie-Know-how und den in Wien ansässigen internationalen Organisationen interessiert: die Vereinigung der Erdölexporteure OPEC, die Internationale Atomenergiebehörde IAEO, auch die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.
    Bis heute vermeldet das Wiener Bundesamt für Verfassungsschutz fast ein bisschen stolz, dass die Republik "ein zentrales Land in der Welt der Nachrichtendienste" sei. Der Staat zeigt sich recht tolerant mit den Schlapphüten aus aller Welt.
    Spionage ist nicht verboten – solange sie dem neutralen Österreich nicht zum Nachteil gereicht. Nur selten macht das geheime Treiben Schlagzeilen. Etwa, wenn bei einem Hotelumbau plötzlich allerlei Abhörwanzen entdeckt werden. Wenn ein kaukasischer Dissident auf offener Straße erschossen wird. Oder die Leiche eines libyschen Ex-Premiers in der Donau schwimmt. "Ein schöner Beruf", erklärt in seinem Stamm-Kaffeehaus ein pensionierter Dreifach-Spion, der einst für die DDR, die Sowjetunion und die USA arbeitete, "und der zweitälteste der Welt".