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"Das sind Bildwelten"

Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, kann sich das weltweite Aufsehen für die Zeitrechnung der Maya nicht erklären. Als Christ könne er zudem mit blutigen Endzeitfantasien nichts anfangen. Unser Leben stehe "im Horizont einer Hoffnung und nicht einer Angst", so der Jesuit.

Hans Langendörfer im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Christoph Heinemann: Seit Jahrzehnten fiebern Apokalyptiker dem heutigen Freitag entgegen. Manche Menschen glauben, dass an diesem 21. Dezember 2012 etwas Außerordentliches passieren wird. Sie berufen sich dabei auf den Kalender der Maya. In Mexiko sind viele Hotels ausgebucht. Die Ureinwohner selbst sind allerdings nicht begeistert, sie beklagen die Kommerzialisierung ihrer Kultur.

    Vor dieser Sendung haben wir mit Pater Hans Langendörfer, SJ, gesprochen. Das Kürzel weist ihn als Mitglied des Jesuitenordens aus. Ich habe den Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz gefragt, ob er sich vor dem Ende der Welt fürchtet?

    Hans Langendörfer: Nein, vor dem Ende der Welt fürchte ich mich nicht, und ich glaube, dass ich als Christ vor allen Dingen von einer Hoffnung bestimmt bin und nicht von einem Weltenbrand mich bedroht fühlen muss.

    Heinemann: Wobei in der Apokalypse ja doch sehr drastische Szenarien entwickelt werden.

    Langendörfer: Das ist richtig. In der Bibel vor allen Dingen gibt es eine wirklich teilweise blutige Bilderwelt über das Ende der Welt, aber es ist eben auch eine Bilderwelt, von der auch wir ja in der Theologie nach und nach gelernt haben, dass sie etwas zum Ausdruck bringen will von der Endlichkeit dieser Welt und davon, dass sie auf eine Erlösung wartet, diese Welt, und das ist das entscheidende. Wir glauben an eine Vollendung des Menschen, auch vielleicht an eine Vollendung der Schöpfung und nicht an ein schreckenvolles und grauenvolles Ende, in dem alle zu Tode kommen.

    Heinemann: Wie stellt sich die katholische Kirche konkret diese Endzeit vor?

    Langendörfer: Wir haben immer stärker gelernt, gerade auch in den letzten Jahrzehnten, dass es nicht richtig ist, von einem innerweltlichen Ende der Welt zu reden und daran zu denken, also sich auf Katastrophen großer Art einzustellen. Das sind Bildwelten. Auch über die Schaffung der Welt gibt es Bildwelten ganz am Anfang der Bibel. Nein, wir glauben daran, dass diese Welt, vor allen Dingen aber, dass jeder Mensch durch den Tod hinein in seine Vollendung kommt und das Ende der Welt zunächst einmal auch im Tod des einzelnen Menschen sich ereignet.

    Heinemann: Gehört zu dieser Bildwelt auch das jüngste Gericht, also die Vorstellung, dass am Schluss abgerechnet wird?

    Langendörfer: Es gehört dazu, dass wir eine Begegnung mit Gott im persönlichen Weltuntergang des Todes uns auch vorstellen als eine Begegnung mit einem Gott, dem gegenüber der einzelne Mensch manches zu wenig getan hat, auf den er sich zu wenig ausgerichtet hat, und wenn man überhaupt von einem Richter sprechen will – und das ist richtig: das sind biblische und auch gläubige Worte -, dann ist es dieses Richten Gottes im Augenblick des Sterbens und des Todes, des Richtens über mein zu wenig an Liebe, an Glaube, an Hoffnung. Aber die Vollendung ist eben nicht das richtende und zurückweisende Wort, sondern das vollendende Wort, ich werde in das Angesicht Gottes, in sein Licht, in seine Welt aufgenommen, und das ist Vollendung und Weltuntergang für den Menschen.

    Heinemann: Pater Langendörfer, viele Menschen reden über diesen vorgeblich vorhergesagten Weltuntergang, manche glauben gar daran, oder halten so etwas zumindest für möglich. Wieso halten viele die Antworten der Kirchen für nicht ausreichend?

    Langendörfer: Also ich weiß auch nicht, warum heute eine Maya-Zeitrechnung weltweites Aufsehen erregt. Die gute Botschaft des Christentums, dass es eine Vollendung des Menschen gibt jenseits dieser Welt, dass die zu wenig aufgenommen wird, ist gleichermaßen eine Frage an uns, ob wir es den Menschen, den Gläubigen nahe bringen und auch gewinnend und unterstützend ans Herz legen.

    Heinemann: Aber das scheint ja nicht zu klappen. Wird vielleicht die theologische Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche, das was Sie jetzt gerade erklärt haben, durch die fehlerhafte, die sehr fehlerhafte Institution Kirche untergraben?

    Langendörfer: Das könnte immer eine Lösung eines Problems sein, dass man sagt, die Kirche macht das alles nicht richtig und ist fehlerhaft. Ich glaube, dass jedes einzelne Geheimnis unseres Glaubens, der christlichen Überzeugung eine große Aufmerksamkeit und Kreativität der Kirche verlangt, und wenn es nicht gelingt, das den Menschen zu erklären, dann hat das etwas mit einem zu wenig der Kirche zu tun. Aber es hat vielleicht auch mit einem zu wenig von Menschen zu tun, die sich nicht genügend auch einlassen.

    Heinemann: Noch mal das zu wenig der Kirche vielleicht herausgenommen. Wer von Liebe redet und wer eventuell Kinderschändung vertuscht, dessen Lehre können bestimmte Leute eben nicht glauben.

    Langendörfer: Ich würde mal vorschlagen, wir bringen hier nicht die unterschiedlichen Dinge zusammen, sondern bleiben beim Thema Weltvollendung und jüngstes Gericht, wie immer Sie es formulieren möchten. Glaubwürdigkeit, Herausforderung der Kirche im weitesten Sinne des Wortes, wären ein eigenes Thema.

    Heinemann: Wobei die Kirche ja daran gerade arbeiten muss.

    Langendörfer: Und sehr überzeugend arbeitet.

    Heinemann: Pater Langendörfer, Martin Luther wird der Spruch in den Mund gelegt: "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen." Ist Luther wenigstens in dieser Hinsicht für den Katholiken Hans Langendörfer vorbildlich?

    Langendörfer: Ja, und es ist für uns ohne Zweifel, dass Martin Luther eine Person ist von großem Glauben, der uns viel zu sagen hat und in diesem schönen Bild etwas richtig auf den Punkt gebracht hat: Unser Leben steht im Horizont einer Hoffnung und nicht einer Angst.

    Heinemann: Also "fürchtet euch nicht". – Der Jesuitenpater Hans Langendörfer, er ist Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. Mit ihm sprachen wir heute Vormittag.


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