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"Das sind interessante Vorschläge"

30 Milliarden Euro bieten die vier großen Energiekonzerne der Bundesregierung. Dafür soll diese die Laufzeit der Atomkraftwerke um zwölf Jahre verlängern. Für FDP-Energieexperte Breil ist das Konzept denkbar - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Klaus Breil im Gespräch mit Christian Bremkamp | 11.08.2010
    Christian Bremkamp: Streit um Google? - In Deutschland wird ein weiteres Thema heiß diskutiert, die Frage nämlich, wie lange Atomkraftwerke noch am Netz bleiben sollten. Die rot-grüne Koalition hatte da schon mal ein Machtwort gesprochen. Seit dem Start der schwarz-gelben Bundesregierung ist wieder alles offen. Klar nur: Die betroffenen Atomkonzerne haben großes Interesse daran, ihre Meiler länger laufen zu lassen. Nun ist von einem neuen Angebot der großen Vier die Rede. Klaus Breil ist energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Guten Tag, Herr Breil.

    Klaus Breil: Guten Tag, Herr Bremkamp!

    Bremkamp: Wir erreichen Sie nicht in Berlin, das vielleicht zur Erklärung für die etwas schlechtere Tonqualität.

    Breil: Nein. Sie erreichen mich auf dem Osterfelder Kopf, der Bergstation der Alpspitzbahn am Fuße der Alpspitze in Garmisch-Partenkirchen. Hier geht es um Informationen zur Bewerbung Garmisch-Partenkirchens zusammen mit München um die Olympischen Winterspiele 2018, was ich natürlich sehr unterstütze.

    Bremkamp: Wir wollen über Atompolitik sprechen. Herr Breil, 30 Milliarden Euro für zwölf Jahre Laufzeitverlängerung. Was wissen Sie? Ist dieser Deal schon perfekt?

    Breil: Nein, dieser Deal kann ja nicht perfekt sein, denn es gibt ja einen Koalitionsvertrag, in dem ja beschlossen worden ist, dass man sich auf eine Laufzeitverlängerung einigen muss, und diese Laufzeitverlängerung, das wird ja derzeit in dem Energiekonzept und den beteiligten Ministerien geplant und da gibt es noch keine Festlegungen und keine endgültige Lösung. Das muss ja auch dann in die beiden Koalitionsfraktionen eingebunden werden und diese müssen zustimmen. Alles was an Zahlen hier herumkreist sind vielleicht Planspiele, die in den Unternehmen angestellt werden und die auch hochinteressant sind, aber Festlegungen gibt es nicht.

    Bremkamp: Aber es sollen ja schon entsprechende Gespräche stattgefunden haben?

    Breil: Es haben immer mal Informationsgespräche stattgefunden, in denen dann die Industrie auch sehr interessante Modelle dargelegt hat, aber es gibt keine Festlegungen. Die Ministerien, besonders auch das Bundeswirtschaftsministerium, arbeitet ja fieberhaft an dem Konzept und das muss im Rahmen des Gesamtkonzeptes gesehen werden.

    Bremkamp: Was halten Sie denn ganz persönlich von diesem Vorschlag der Industrie? 30 Milliarden auf einen Schlag, das ist ja nicht schlecht für den Bundeshaushalt.

    Breil: Na ja, das müsste man mal kalkulieren, was für die Industrie an windfall profits, über welche Laufzeitverlängerung man auch dann hinterher entscheidet, zusammenkäme, und dann müsste man das ja abdiskontieren. Da kann man im Moment überhaupt keine Aussage machen. Das kann eine Summe sein, die viel zu niedrig ist, das kann ich im Moment nicht abschätzen. Wichtig ist nur, dass in dem Konzept sichergestellt wird, was auch im Koalitionsvertrag vereinbart ist, dass die Hälfte mindestens für den Haushalt zur Verfügung gestellt wird, also die Hälfte der Zusatzprofite der Unternehmen, und ein anderer großer Teil für die weitere Entwicklung, Forschung und Entwicklung für erneuerbare Energien zur Verfügung steht.

    Bremkamp: Das hängt ja auch immer davon ab, wie lange die Meiler weiter am Netz bleiben sollen.

    Breil: Ja.

    Bremkamp: Für welche Laufzeitverlängerung plädieren Sie eigentlich?

    Breil: Das kann man im Moment nicht sagen. Das müssen die Verhandlungen ergeben, weil da gibt es natürlich auch zahlreiche Rahmenbedingungen, die zu beachten sind, und da kann man im Moment gar keine Zahl sagen.

    Bremkamp: Bislang war ja immer von einer Brennelementesteuer die Rede, die schien schon fast fix, die dem Bund ab 2011 jährlich 2,3 Milliarden Euro einbringen soll. Wie geht es mit der denn jetzt weiter? Wird die Bundesregierung an dieser Brennelementesteuer festhalten, oder ist man auch offen diesem Industrieangebot gegenüber?

    Breil: Die Bundesregierung muss festhalten an der Forderung nach zusätzlichen Einnahmen. Das ist ja auch festgelegt worden in einem Kabinettsbeschluss. Wie das dann genau ausgestaltet wird und wie die einzelnen Elemente möglicherweise voneinander getrennt, oder auch zusammengefügt werden können, kann man auch heute noch nicht sagen.

    Bremkamp: Vor diesem Hintergrund dieses Angebotes könnte man sich auch die Frage stellen, wer hier eigentlich Energiepolitik macht, wer hier Druck auf wen ausübt, das gewählte Parlament, oder die Atomkonzerne.

    Breil: Also eines ist doch klar: Die Politik muss, um zu sachgerechten Lösungen zu kommen, auch mit der Industrie reden und die sachlichen Vorschläge und Einwendungen zur Kenntnis nehmen und prüfen. Aber letztlich muss die Politik entscheiden, welches die Rahmenbedingungen für die Energiepolitik der nächsten Jahre sind. Eine entscheidende Frage und Festlegung ist natürlich die Verlängerung der Laufzeiten, und das muss sich die Politik vorbehalten und das tut sie auch. Sie wird sich nicht von der Industrie vorschreiben lassen, welche Laufzeitverlängerung für wie viele Reaktoren dann vorgesehen werden, sondern die Politik wird die Entscheidung souverän fällen.

    Bremkamp: Ein Energiewirtschaftsvertrag steht im Raum, den die Industrie mit der Regierung schließen will. Ginge so etwas überhaupt? Würde hier nicht die gesetzgebende Verantwortung des Bundestages ausgehebelt?

    Breil: Ein Energiewirtschaftsvertrag kann natürlich nicht über Steuereinnahmen gefällt werden, weil Steuereinnahmen ja in den allgemeinen Haushalt fließen und nicht zweckgebunden sein können. Was man natürlich machen kann, ist eine zivilrechtliche Vertragsgestaltung hinsichtlich der Mittel für Forschung und Entwicklung erneuerbarer Energien, aber das ist alles offen und das ist ein großes Verhandlungspaket oder auch Erörterungspaket besser gesagt, um das es im Moment in den Vorbereitungen geht, die dann der Koalition auch vorgelegt werden müssen.

    Bremkamp: Zum Schluss, Herr Breil, was halten Sie denn eigentlich ganz persönlich von diesem Vorstoß der Konzerne?

    Breil: Das sind interessante Vorschläge. Das sind Hinweise, was man rechnen kann. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Unternehmen im ersten Schritt nicht Summen nennen, die nicht auch noch erhöht werden können. Das ist ja im Wirtschaftsleben üblich. Aber mehr als ein interessanter Vorschlag ist das nicht.

    Bremkamp: ... , sagt Klaus Breil. Er ist energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Herr Breil, vielen Dank für das Gespräch.

    Breil: Ja, gerne.