Archiv


"Das sind solide Zahlen"

Im Zusammenhang mit der geplanten Transrapid-Strecke vom Münchener Hauptbahnhof zum Flughafen hat sich CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hinter Ministerpräsident Edmund Stoiber gestellt. Er halte die jetzigen finanziellen Vereinbarungen für eine solide Grundlage, um in die "ganz konkreten Planungen" einzusteigen. Wichtig sei, dass es eine "Festpreis-Verabredung" gebe.

Moderation: Dirk Müller |
    Dirk Müller: Christian Ude will klagen gegen den Transrapid. Damit will der Münchener Oberbürgermeister und Sozialdemokrat ausgerechnet das große Abschiedsgeschenk von Edmund Stoiber zu Fall bringen.

    O-Ton Ude: Es handelt sich also wirklich um einen Überrumpelungsversuch der Öffentlichkeit in den letzten Amtstagen von Edmund Stoiber. Die Landeshauptstadt München lehnt das Projekt unverändert ab, nicht nur wegen der Finanzlücken, sondern auch weil es verkehrspolitisch sinnlos ist, weil es der Stadt Entwicklungschancen im Münchener Nordosten nimmt und Umweltprobleme im Münchener Nordwesten bringt.

    Müller: Gestern Nachmittag der Münchener OB Christian Ude (SPD). Edmund Stoiber hatte zuvor seiner Ansicht nach bereits alles unter Dach und Fach gebracht für die umstrittene Magnetschwebebahn vom Münchener Hauptbahnhof zum Münchener Flughafen. Jedenfalls die Finanzierungsfrage geklärt mit der Bahn, mit der Industrie. 1,85 Milliarden die Gesamtkosten. Doch genau dies bestreiten führende Sozialdemokraten. Auch Peer Steinbrück, der Bundesfinanzminister, muss schließlich auch Geld beisteuern, mehr als 900 Millionen. Bis jetzt ist das jedenfalls in der Planung. Darüber sprechen wollen wir nun mit dem CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Peter Ramsauer. Guten Tag!

    Peter Ramsauer: Guten Morgen!

    Müller: Oder guten Morgen Herr Ramsauer! - Nimmt Edmund Stoiber die Realität nicht mehr zur Kenntnis?

    Ramsauer: Ich glaube ein anderer nimmt die Realität nicht zur Kenntnis, nämlich der Münchener Oberbürgermeister. Ich kann nur sagen, die SPD und ihre Leute waren noch nie gute Rechner. Herr Ude ist ein Realitätsverweigerer. Er eignet sich besser als Nockherberg-Redner. Ich kann nur daran erinnern, als es darum ging, dass München vor Jahrzehnten in die Planung eines neuen Flughafens einstieg. Auch damals waren SPD-Lokalpolitiker aus München Verweigerer. Sie wollten nicht. Heute kann sich diesen Flughafen überhaupt niemand mehr wegdenken. Ich glaube, dass sich der Münchener Oberbürgermeister an der Zukunft der bayerischen Landeshauptstadt und auch an den Bürgerinnen und Bürgern seiner Stadt vergeht, wenn er dieses Hochtechnologieprojekt, das ein deutsches, ein gesamtstaatliches Hochtechnologie- und Infrastrukturprojekt ist, verweigert.

    Müller: Wenn er verweigert, haben Sie dann die politische Befürchtung, dass er tatsächlich auch damit durchkommt? Es geht ja nicht nur um eine Klage; es geht auch, wie er angekündigt hat, um einen Bürgerentscheid. Kann das der CSU hier den Hals brechen?

    Ramsauer: Wenn Ude mit seinen Bürgerentscheiden kommt, dann kann ich auch nur lachen. Da gibt es auch ein gutes Beispiel. Die ganzen Tunnelbauvorhaben, die wir jetzt am so genannten mittleren Ring - das ist der größere Ring um die Münchener Innenstadt herum - bauen, die zum Wohle aller sind, diese Tunnelbauvorhaben wurden letztlich auch über Bürgerentscheide gegen den Oberbürgermeister durchgesetzt. Man kann nur sagen, die Zukunft Münchens wird im Verkehrsbereich - und dazu zähle ich auch den Transrapid - immer gegen den Münchener Oberbürgermeister durchgesetzt.

    Müller: Aus Kreisen der Union selbst hört man, Herr Ramsauer, ja immer wieder, unser bester Mann oder sagen wir einer unserer besten Männer im Kabinett, das ist Peer Steinbrück. Der ist offiziell Sozialdemokrat. Liegt der auch daneben?

    Ramsauer: Ich komme im Koalitionsausschuss und in der Großen Koalition hier in Berlin gut mit Steinbrück zurecht. Dem nehme ich das noch nicht mal übel, denn er muss als Kassenwart sozusagen darauf schauen, wie die Kasse in Ordnung bleibt. Er ist hier sozusagen der Nachlassverwalter auch seines sozialdemokratischen Vorgängers Eichel, dem alles aus dem Ruder gelaufen ist. Aber der Bundesfinanzminister wird auch sehen, das wird ein gutes und vor allen Dingen gut finanzierbares Projekt.

    Müller: Jetzt hat Steinbrück sehr viel politische Erfahrung. Sie haben das auch. Zu Buche stehen 1,85 Milliarden. Da sagen viele Sozialdemokraten, auch andere, das haut nicht hin, das wird teurer. Sehen Sie das auch so?

    Ramsauer: Das nehme ich schon deshalb nicht ernst, weil Sozialdemokraten noch nie mit Geld umgehen konnten und sich immer schon verschätzt haben. Wir haben jetzt ganz klare Vereinbarungen mit allen Beteiligten. Ich finde es auch sehr, sehr wichtig, dass wir eine Festpreisverabredung haben. Ich bin selbst ziemlich bauerfahren und weiß, wie man solide kalkulieren kann. Ich halte das, was jetzt vereinbart ist, für eine solide Grundlage, um jetzt in die ganz konkreten Planungen mit dem Realisierungszeitpunkt 2012 einzusteigen.

    Müller: Wenn wir das richtig recherchiert haben, dann sind die 1,85 Milliarden vor rund fünf Jahren projektiert worden. Neueste Rechnungen gehen von einem Zuschuss von mindestens 400 Millionen Euro aus. Ist das alles Mist?

    Ramsauer: Was soll das sein, Mist?

    Müller: Sind das finanzpolitische Fehlkalkulationen und politische Rhetorik?

    Ramsauer: Das sind solide Zahlen, die gerechnet worden sind mit außerordentlich großen Reserven - ich habe mir das mal ganz, ganz genau angesehen -, mit sehr viel Luft und großzügiger Kalkulation auf wichtigen Positionen. Es sind auch die Planungskosten, so weit sie nicht vom Freistaat Bayern vorgestreckt worden sind, bereits einkalkuliert. Also ich sehe da vor allen Dingen die gute Suppe und nicht nur die Haare, die darin liegen können. Wenn man mit so viel Pessimismus, mit so viel Defätismus an ein wichtiges deutsches Gesamtprojekt herangeht, dann stimmt, was uns Deutschen immer vorgehalten wird, dass bei uns nämlich das Glas halb leer anstatt halb voll ist.

    Müller: Herr Ramsauer, wir haben das auch heute Morgen in vielen Zeitungskommentaren gehört, die da sagen, das war mal eine gute Technologie, eine neue, innovative Technologie, aber eine Technologie der 80er Jahre. Warum halten Sie immer noch daran fest?

    Ramsauer: All diese Gescheitmeier, diese Wichtigtuer zum Teil - ich habe mir das heute Früh ja alles durchgelesen - und Besserwisser, die sind eben keine Besserwisser in dem Sinne, dass sie etwas Besseres wissen. Sie negieren nur. Sie nörgeln nur herum. Sie machen nur schlecht. Wenn man mit so einer Einstellung deutsche Spitzentechnologie auf der ganzen Welt verkaufen will, dann hat man die falschen Verkäufer.

    Müller: Und bei Ihnen rumort es nicht ein wenig, dass wir hier über eine Strecke von nur 37 Kilometern reden.

    Ramsauer: Zumindest nach München passt der Transrapid viel besser als nach Shanghai. Ich habe mir das dort auch angesehen. Dort fährt der Transrapid vom Stadtrand zum Flughafen. Bei uns startet er wenigstens im Herzen der Hauptstadt mit der ganzen exzellenten Logistik, die dabei ist. Also dieses Beispiel nehme ich mir als deutscher Politiker wieder zum Anlass, die Dinge positiv in Deutschland zu sehen, stolz darauf zu sein, dass wir Spitzenprojekte und Spitzentechnologie anbieten können nicht nur für uns in Europa, sondern in der ganzen Welt. Ich rufe alle dazu auf, darauf stolz zu sein, das zu realisieren, das herzuzeigen der ganzen Welt, was wir bauen können, und dies auch dann zu exportieren, anstatt alles herunterzumachen und herunterzureden. Wer das tut, vergeht sich an deutschen Interessen.

    Müller: Sind Sie, Herr Ramsauer, sicher, dass sich das auch ökonomisch lohnt?

    Ramsauer: Ich bin gelernter Diplomkaufmann, Wirtschaftswissenschaftler von der Pieke auf. Ich weiß wie man plant. Ich weiß wie man mit Kosten umgeht. Ich weiß, wie man Erträge zu erzielen hat. Ich weiß auch, dass bei solchen Projekten ein Risiko dabei ist, und ich weiß auch, wie man Risiken begrenzt. Das ganze vollzieht sich jetzt in einem Rahmen, der es einem, der verantwortungsvoll für die Zukunft handelt, auferlegt, jetzt sozusagen die Ampel auf Grün zu stellen, wie das geschehen ist. Die ganzen Meuterer und Nörgler, die werden eines Tages ganz ruhig sein.

    Müller: Wird die CSU gegebenenfalls diese Frage Transrapid auch zur Koalitionsfrage machen?

    Ramsauer: Das ist eine Frage des Bundeshaushalts. Im Koalitionsausschuss haben wir zwar auch darüber gesprochen und da habe ich die Erfahrung gemacht, dass die SPD-Kollegen dort, wie beispielsweise Steinbrück, der auch eine Erfahrung schon als Ministerpräsident hat, oder Beck, oder Peter Struck, oder Franz Müntefering - das sind die vier, die mit uns fünf von der Union an einem Tisch sitzen - klipp und klar sagen: jawohl, wenn man sich die Geschichte betrachtet, das ist keine bayerische Marotte. Das ist ein deutsches Infrastrukturprojekt, ein deutsches Hochtechnologieprojekt. Das müssen wir gemeinsam tragen. Man vergisst auch immer die gesamte Geschichte des Transrapid. Der könnte heute, wenn alles glatt gegangen wäre, schon zwischen Hamburg und Berlin verkehren, übrigens ohne dass Berlin oder Hamburg auch nur eine Mark damals oder einen Euro dazugezahlt hätten. Wenn die Nordrhein-Westfalen etwas beherzter zugegriffen hätten, dann könnte heute in Nordrhein-Westfalen schon der so genannte Metrorapid fahren. Die haben das auch an die Wand geballert aus verrückten Gründen. Heute wären sie froh, wenn sie diesen Metrorapid hätten. Jetzt ist halt das Projekt in München geblieben und viele Spitzenprojekte in Deutschland werden halt in Bayern realisiert, weil sich andere nicht trauen, herummäkeln und die Zukunft nicht erkennen.

    Müller: Vielen Dank Peter Ramsauer, CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag. Auf Wiederhören!