Elke Durak: Was sich über Wochen und auch in den letzten Tagen immer deutlicher abgezeichnet hat, ist jetzt geschehen. Georgien und Russland befinden sich mitten in oder unmittelbar vor einer heftigen militärischen Auseinandersetzung um Südossetien. Georgien war mit Flugzeugen gegen südossetische Kämpfer vorgegangen. Der Waffenstillstand war damit hinfällig. Ministerpräsident Putin erklärte in Peking, Russland sei gezwungen zu reagieren. Die US-Regierung forderte ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich allerdings in der Nacht nicht auf eine gemeinsame Erklärung nach russischem Wunsch einigen können. Putin hat ja inzwischen sogar mit richtiger Vergeltung gedroht und wie gehört die ganze Gemeinschaft unabhängiger Staaten ins Spiel gebracht. Steht also ein Krieg zwischen Russland und Georgien bevor oder läuft er bereits? Das habe ich unmittelbar vor dieser Sendung Uwe Halbach von der Stiftung Wissenschaft und Politik gefragt.
Uwe Halbach: Na ja, die ersten Schritte sind schon da. Wir haben die Situation, wo eine Reihe von Feuerwechseln innerhalb Südossetiens, bei denen immer schwer auszumachen war, wer da angefangen hat, die separatistischen Streitkräfte oder die georgische Seite, übergegangen sind in einen regelrechten Waffengang, in einen größeren Waffengang, den man schon als Beginn eines Krieges bezeichnen kann.
Durak: Wenn es denn zu einer weiteren Eskalation kommt und fortgesetzten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und Georgien, welche Folgen hätte das zunächst mal für die Region dort?
Halbach: Das wäre ein zwischenstaatlicher Krieg unter Einbeziehung Russlands, was weit über die Ausmaße der bisherigen Konfliktentwicklung in dieser Region hinausgeht. Das wäre dann eine militärische Auseinandersetzung in der Nachbarschaft, in einer neuen Nachbarschaftszone der EU, die zwei Partner der EU - einmal Russland und zum anderen Georgien - ja tatsächlich in einen Krieg verwickelt. Das ist eine Situation, die natürlich in Europa die Alarmglocken schrillen lassen wird, und das ist eine Auseinandersetzung in einer Region, die immer geopolitisch und geo-ökonomisch hochgeredet worden ist - in einer Region, in der es eben auch um den Transport von Energierohstoffen geht, um neue Pipelines und dergleichen.
Durak: Wenn die Glocken läuten, Herr Halbach, ist man aufgerufen zu handeln. Was kann die EU tun?
Halbach: Europäische Akteure waren in den letzten Wochen und Monaten quasi ständig unterwegs im Südkaukasus. Überhaupt die internationale Politik war schon vor diesem Ereignis jetzt hochgradig alarmiert und es hat immer wieder Vorstöße gegeben - unter anderem auch diesen deutschen Friedensvorstoß für Abchasien. Das heißt Konfliktprävention ist in den letzten Wochen und Monaten intensiv betrieben worden.
Durak: Aber gescheitert!
Halbach: Aber sie hat nicht gegriffen. Ja, in der Tat! Man hat sich lange Zeit sehr stark auf Abchasien konzentriert und kaum war der deutsche Friedensplan für Abchasien publiziert, besprochen und in Suhumi, Tiflis und Moskau abgehandelt, da meldete sich Südossetien.
Eines wird ganz deutlich: Diese Konflikte sind miteinander vernetzt, denn von Abchasien her kam jetzt schon die Androhung, man würde eine zweite Front gegen Georgien errichten. Es geht also hier nicht nur um Südossetien; der Konflikthintergrund ist breiter.
Durak: Herr Halbach, Georgien musste doch mit harscher und harter Reaktion Russlands rechnen. Das war doch ganz klar. Weshalb ist der Waffenstillstand dennoch abgebrochen? Weshalb hat es diesen Angriff gegeben? Was denken Sie?
Halbach: Bisher wurde immer so argumentiert, dass Kriegsgefahr weniger daraus hervorgeht, dass eine bestimmte Seite tatsächlich die Absicht hat, Krieg zu führen und Krieg eröffnet, sondern dass das durch irgendwelche Selbstläufer entsteht, durch Provokationen, die über die Absichten des Provokateurs hinausgehen. Es ist sehr schwer, das zu rekonstruieren, wie es jetzt zu dieser Offensive kam. Dem sind eine ganze Reihe von Feuergefechten vorausgegangen.
Durak: Ich meine nicht die Feuergefechte, Herr Halbach. Ich meine schon eher das Politische, was dahinter steckt. Der georgische Präsident kennt Wladimir Putin.
Halbach: Sicherlich, aber der georgische Präsident hat auch seit Beginn seiner Amtszeit die baldige Rückholung der abtrünnigen Landesteile zu seinem obersten politischen Gebot gemacht und er ist nicht zum ersten Mal nach Südossetien vorgestoßen. Es hat bereits 2004 einen georgischen polizeilich-militärischen Vorstoß nach Südossetien gegeben, der damals auch letztlich gescheitert ist. Umso unbegreiflicher ist es eigentlich, dass Georgien hier tatsächlich eine militärische Konfliktlösungsoption aufgreift und eine Offensive gegen Südossetien startet.
Durak: Möglicherweise spekuliert man ja auch auf die Hilfe des Westens, denn Georgien weiß ganz genau: der Westen braucht Georgien.
Halbach: Na ja, aber der Westen hat gegenüber Georgien deutlich gemacht, dass militärische Konfliktlösung nicht funktioniert. Sämtliche Akteure, auch die amerikanischen, die zuletzt in Tiflis aufgetaucht sind, haben Besorgnis artikuliert, dass hier eine kriegerische Entwicklung stattfinden könnte. Also ich glaube nicht, dass sich Georgien von westlicher Seite ermutigt fühlen konnte, seine abtrünnigen Landesteile wirklich mit militärischer Gewalt zurückzuholen.
Durak: Kann sich Russland leisten, dass sich Georgien durchsetzen würde?
Halbach: Es wird das sicherlich zu verhindern suchen. Dass Georgien Landesteile möglicherweise von den anderen, den Abchasien, einfach mit militärischer Gewalt zurückerobert, ist ein schwer vorstellbares Szenario.
Durak: Danke schön! - Das war Uwe Halbach von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Uwe Halbach: Na ja, die ersten Schritte sind schon da. Wir haben die Situation, wo eine Reihe von Feuerwechseln innerhalb Südossetiens, bei denen immer schwer auszumachen war, wer da angefangen hat, die separatistischen Streitkräfte oder die georgische Seite, übergegangen sind in einen regelrechten Waffengang, in einen größeren Waffengang, den man schon als Beginn eines Krieges bezeichnen kann.
Durak: Wenn es denn zu einer weiteren Eskalation kommt und fortgesetzten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und Georgien, welche Folgen hätte das zunächst mal für die Region dort?
Halbach: Das wäre ein zwischenstaatlicher Krieg unter Einbeziehung Russlands, was weit über die Ausmaße der bisherigen Konfliktentwicklung in dieser Region hinausgeht. Das wäre dann eine militärische Auseinandersetzung in der Nachbarschaft, in einer neuen Nachbarschaftszone der EU, die zwei Partner der EU - einmal Russland und zum anderen Georgien - ja tatsächlich in einen Krieg verwickelt. Das ist eine Situation, die natürlich in Europa die Alarmglocken schrillen lassen wird, und das ist eine Auseinandersetzung in einer Region, die immer geopolitisch und geo-ökonomisch hochgeredet worden ist - in einer Region, in der es eben auch um den Transport von Energierohstoffen geht, um neue Pipelines und dergleichen.
Durak: Wenn die Glocken läuten, Herr Halbach, ist man aufgerufen zu handeln. Was kann die EU tun?
Halbach: Europäische Akteure waren in den letzten Wochen und Monaten quasi ständig unterwegs im Südkaukasus. Überhaupt die internationale Politik war schon vor diesem Ereignis jetzt hochgradig alarmiert und es hat immer wieder Vorstöße gegeben - unter anderem auch diesen deutschen Friedensvorstoß für Abchasien. Das heißt Konfliktprävention ist in den letzten Wochen und Monaten intensiv betrieben worden.
Durak: Aber gescheitert!
Halbach: Aber sie hat nicht gegriffen. Ja, in der Tat! Man hat sich lange Zeit sehr stark auf Abchasien konzentriert und kaum war der deutsche Friedensplan für Abchasien publiziert, besprochen und in Suhumi, Tiflis und Moskau abgehandelt, da meldete sich Südossetien.
Eines wird ganz deutlich: Diese Konflikte sind miteinander vernetzt, denn von Abchasien her kam jetzt schon die Androhung, man würde eine zweite Front gegen Georgien errichten. Es geht also hier nicht nur um Südossetien; der Konflikthintergrund ist breiter.
Durak: Herr Halbach, Georgien musste doch mit harscher und harter Reaktion Russlands rechnen. Das war doch ganz klar. Weshalb ist der Waffenstillstand dennoch abgebrochen? Weshalb hat es diesen Angriff gegeben? Was denken Sie?
Halbach: Bisher wurde immer so argumentiert, dass Kriegsgefahr weniger daraus hervorgeht, dass eine bestimmte Seite tatsächlich die Absicht hat, Krieg zu führen und Krieg eröffnet, sondern dass das durch irgendwelche Selbstläufer entsteht, durch Provokationen, die über die Absichten des Provokateurs hinausgehen. Es ist sehr schwer, das zu rekonstruieren, wie es jetzt zu dieser Offensive kam. Dem sind eine ganze Reihe von Feuergefechten vorausgegangen.
Durak: Ich meine nicht die Feuergefechte, Herr Halbach. Ich meine schon eher das Politische, was dahinter steckt. Der georgische Präsident kennt Wladimir Putin.
Halbach: Sicherlich, aber der georgische Präsident hat auch seit Beginn seiner Amtszeit die baldige Rückholung der abtrünnigen Landesteile zu seinem obersten politischen Gebot gemacht und er ist nicht zum ersten Mal nach Südossetien vorgestoßen. Es hat bereits 2004 einen georgischen polizeilich-militärischen Vorstoß nach Südossetien gegeben, der damals auch letztlich gescheitert ist. Umso unbegreiflicher ist es eigentlich, dass Georgien hier tatsächlich eine militärische Konfliktlösungsoption aufgreift und eine Offensive gegen Südossetien startet.
Durak: Möglicherweise spekuliert man ja auch auf die Hilfe des Westens, denn Georgien weiß ganz genau: der Westen braucht Georgien.
Halbach: Na ja, aber der Westen hat gegenüber Georgien deutlich gemacht, dass militärische Konfliktlösung nicht funktioniert. Sämtliche Akteure, auch die amerikanischen, die zuletzt in Tiflis aufgetaucht sind, haben Besorgnis artikuliert, dass hier eine kriegerische Entwicklung stattfinden könnte. Also ich glaube nicht, dass sich Georgien von westlicher Seite ermutigt fühlen konnte, seine abtrünnigen Landesteile wirklich mit militärischer Gewalt zurückzuholen.
Durak: Kann sich Russland leisten, dass sich Georgien durchsetzen würde?
Halbach: Es wird das sicherlich zu verhindern suchen. Dass Georgien Landesteile möglicherweise von den anderen, den Abchasien, einfach mit militärischer Gewalt zurückerobert, ist ein schwer vorstellbares Szenario.
Durak: Danke schön! - Das war Uwe Halbach von der Stiftung Wissenschaft und Politik.