Jochen Spengler: Die Bundesregierung hat heute eine umfassende Qualifizierungsinitiative beschlossen. Unter dem Titel "Aufstieg durch Bildung" werden zahlreiche Maßnahmen verschiedener Ministerien gebündelt, um dem wachsenden Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Mit einem so genannten Ausbildungsbonus will man Jugendlichen helfen, die seit Jahren ohne Ausbildungsplatz geblieben sind.
In Hannover begrüße ich am Telefon die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Guten Tag, Frau Sehrbrock!
Ingrid Sehrbrock: Guten Tag, Herr Spengler!
Spengler: Frau Sehrbrock, wie beurteilen Sie die Qualifizierungsoffensive der Regierung, mit gut, ausreichend, ungenügend oder überflüssig?
Sehrbrock: Ich denke, es ist erst mal ein beachtliches Paket aus vielen Einzelpaketen, und ich denke, das war auch überfällig. Wir brauchen das sowohl für die Ausbildung – und da ist ja auch ein Schwerpunkt gesetzt auf die Altbewerber - wir brauchen das natürlich auch für die Weiterbildung. Gerade in diesem Bereich haben wir ja über viele Jahre Lippenbekenntnisse gehabt und keine praktischen Konsequenzen. Da ist doch jetzt erstmals ein wirklich dicker Akzent gesetzt worden in der Weiterbildung und es sind die Altbewerber noch einmal besonders vorgenommen worden. Dafür ist auch ein Paket geschnürt worden, das sich an vielen Punkten orientiert, die wir selber vorgeschlagen haben.
Spengler: Das heißt, Sie sind wunschlos glücklich?
Sehrbrock: Das wäre natürlich zu viel gesagt, aber ich denke beim Ausbildungsbonus hat man sich sozusagen an unseren kritischen Bewertungen orientiert und hat einen sehr engen Personenkreis definiert und auch einen engen Kreis der Betriebe, die überhaupt diese Förderung bekommen. Wir haben auch feststellen können, dass unser Vorschlag, ausbildungsbegleitende Hilfen stärker zu nut-zen, berücksichtigt worden ist. Die Ausbildungspartner hatten die Arbeitgeber vorgeschlagen. Es werden 200 Berufsberater noch zusätzlich eingestellt. Das, denke ich, ist positiv für die über 300.000 Altbewerber. Was allerdings fehlt, ist nach wie vor eine langfristige Finanzierung der betrieblichen Ausbildung durch eine Umlage. Da hat offenbar die Bundesregierung den Mut verloren.
Spengler: Gehen wir doch mal ein bisschen in die Tiefe, was diesen Ausbildungsbonus angeht. Eine Prämie bis zu 6.000 Euro für Betriebe, die schwer vermittelbare Jugendliche ausbilden. Seit wann finden das Gewerkschaften gut, dass der Staat Unternehmen bezuschusst, die ihrer Pflicht nachkommen, nämlich Nachwuchs auszubilden? Bislang haben sie das immer abgelehnt.
Sehrbrock: Nein, wir haben das nicht immer abgelehnt. Wir haben die andere Variante abgelehnt, die ursprünglich im Gespräch war, dass jeder Betrieb, der zusätzlich ausbildet, gefördert werden soll. Das wären mit Sicherheit Mitnahmeeffekte. Aber wir haben gesagt, wenn der Kreis eng definiert wird, also die Altbewerber, um die es ja gerade hier im besonderen geht, dann tragen wir das für eine befristete Zeit mit. Genau das ist ja jetzt auch vorgesehen. Insofern entspricht das dem Vorschlag, den wir selbst angebracht haben.
Spengler: Ich verstehe es trotzdem noch nicht so ganz. Der DGB hat lange eine Ausbildungsab-gabe für Unternehmen gefordert, die nicht der Ausbildungspflicht nachkommen. Nun gibt es gewissermaßen das Gegenteil.
Sehrbrock: Das hat mit der besonderen Situation zu tun. Die Bundesregierung erkennt ja im Grunde genommen mit diesem Maßnahmenpaket auch an, dass der Ausbildungspakt das Ziel nicht erreicht hat, nämlich jedem Jugendlichen einen Platz zur Verfügung zu stellen. Wir haben über 300.000 junge Menschen, die sich schon seit zwei, drei oder mehr Jahren bewerben, und um die geht es jetzt. Es geht nicht um reguläre Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Da bleiben wir dabei. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Ausbildungsplatzumlage das Instrument wäre, das die Betriebe fordert, die nicht ausbilden, und diejenigen unterstützt, die Ausbildung anbieten.
Spengler: Wenn wir bei diesen 300.000 Jugendlichen, die nie eine Lehrstelle bekommen haben, die immer weitere Schleifen drehen, bleiben. Wie viele von denen haben denn realistische Chancen, in einen Betrieb zu kommen, der dafür 6000 Euro bekommt?
Sehrbrock: Es wird ja nicht nur bei diesen 6000 Euro bleiben, sondern der Betrieb wird die Möglichkeit haben, ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch zu nehmen durch einen Träger, der die jungen Leute fachlich unterstützt, der sie sozialpädagogisch unterstützt. Sie können externes Ausbildungsmanagement in Anspruch nehmen. Es wird Ausbildungspaten geben, die sich um die jungen Leute kümmern. Also es gibt ein Gesamtpaket für diese Zielgruppe. Wir sind allerdings auch der Meinung, dass das keine Dauerlösung sein kann, sondern dass jetzt mit Berücksichtigung der Altbewerber, sobald diese vermittelt sind, die Unternehmen das wieder aus eigener Kraft machen müssen. Da werden wir auch alles daran setzen, dass sie das tun.
Spengler: Das war die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Frau Sehrbrock, herzlichen Dank für das Gespräch.
Sehrbrock: Bitte sehr.
In Hannover begrüße ich am Telefon die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Guten Tag, Frau Sehrbrock!
Ingrid Sehrbrock: Guten Tag, Herr Spengler!
Spengler: Frau Sehrbrock, wie beurteilen Sie die Qualifizierungsoffensive der Regierung, mit gut, ausreichend, ungenügend oder überflüssig?
Sehrbrock: Ich denke, es ist erst mal ein beachtliches Paket aus vielen Einzelpaketen, und ich denke, das war auch überfällig. Wir brauchen das sowohl für die Ausbildung – und da ist ja auch ein Schwerpunkt gesetzt auf die Altbewerber - wir brauchen das natürlich auch für die Weiterbildung. Gerade in diesem Bereich haben wir ja über viele Jahre Lippenbekenntnisse gehabt und keine praktischen Konsequenzen. Da ist doch jetzt erstmals ein wirklich dicker Akzent gesetzt worden in der Weiterbildung und es sind die Altbewerber noch einmal besonders vorgenommen worden. Dafür ist auch ein Paket geschnürt worden, das sich an vielen Punkten orientiert, die wir selber vorgeschlagen haben.
Spengler: Das heißt, Sie sind wunschlos glücklich?
Sehrbrock: Das wäre natürlich zu viel gesagt, aber ich denke beim Ausbildungsbonus hat man sich sozusagen an unseren kritischen Bewertungen orientiert und hat einen sehr engen Personenkreis definiert und auch einen engen Kreis der Betriebe, die überhaupt diese Förderung bekommen. Wir haben auch feststellen können, dass unser Vorschlag, ausbildungsbegleitende Hilfen stärker zu nut-zen, berücksichtigt worden ist. Die Ausbildungspartner hatten die Arbeitgeber vorgeschlagen. Es werden 200 Berufsberater noch zusätzlich eingestellt. Das, denke ich, ist positiv für die über 300.000 Altbewerber. Was allerdings fehlt, ist nach wie vor eine langfristige Finanzierung der betrieblichen Ausbildung durch eine Umlage. Da hat offenbar die Bundesregierung den Mut verloren.
Spengler: Gehen wir doch mal ein bisschen in die Tiefe, was diesen Ausbildungsbonus angeht. Eine Prämie bis zu 6.000 Euro für Betriebe, die schwer vermittelbare Jugendliche ausbilden. Seit wann finden das Gewerkschaften gut, dass der Staat Unternehmen bezuschusst, die ihrer Pflicht nachkommen, nämlich Nachwuchs auszubilden? Bislang haben sie das immer abgelehnt.
Sehrbrock: Nein, wir haben das nicht immer abgelehnt. Wir haben die andere Variante abgelehnt, die ursprünglich im Gespräch war, dass jeder Betrieb, der zusätzlich ausbildet, gefördert werden soll. Das wären mit Sicherheit Mitnahmeeffekte. Aber wir haben gesagt, wenn der Kreis eng definiert wird, also die Altbewerber, um die es ja gerade hier im besonderen geht, dann tragen wir das für eine befristete Zeit mit. Genau das ist ja jetzt auch vorgesehen. Insofern entspricht das dem Vorschlag, den wir selbst angebracht haben.
Spengler: Ich verstehe es trotzdem noch nicht so ganz. Der DGB hat lange eine Ausbildungsab-gabe für Unternehmen gefordert, die nicht der Ausbildungspflicht nachkommen. Nun gibt es gewissermaßen das Gegenteil.
Sehrbrock: Das hat mit der besonderen Situation zu tun. Die Bundesregierung erkennt ja im Grunde genommen mit diesem Maßnahmenpaket auch an, dass der Ausbildungspakt das Ziel nicht erreicht hat, nämlich jedem Jugendlichen einen Platz zur Verfügung zu stellen. Wir haben über 300.000 junge Menschen, die sich schon seit zwei, drei oder mehr Jahren bewerben, und um die geht es jetzt. Es geht nicht um reguläre Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Da bleiben wir dabei. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Ausbildungsplatzumlage das Instrument wäre, das die Betriebe fordert, die nicht ausbilden, und diejenigen unterstützt, die Ausbildung anbieten.
Spengler: Wenn wir bei diesen 300.000 Jugendlichen, die nie eine Lehrstelle bekommen haben, die immer weitere Schleifen drehen, bleiben. Wie viele von denen haben denn realistische Chancen, in einen Betrieb zu kommen, der dafür 6000 Euro bekommt?
Sehrbrock: Es wird ja nicht nur bei diesen 6000 Euro bleiben, sondern der Betrieb wird die Möglichkeit haben, ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch zu nehmen durch einen Träger, der die jungen Leute fachlich unterstützt, der sie sozialpädagogisch unterstützt. Sie können externes Ausbildungsmanagement in Anspruch nehmen. Es wird Ausbildungspaten geben, die sich um die jungen Leute kümmern. Also es gibt ein Gesamtpaket für diese Zielgruppe. Wir sind allerdings auch der Meinung, dass das keine Dauerlösung sein kann, sondern dass jetzt mit Berücksichtigung der Altbewerber, sobald diese vermittelt sind, die Unternehmen das wieder aus eigener Kraft machen müssen. Da werden wir auch alles daran setzen, dass sie das tun.
Spengler: Das war die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Frau Sehrbrock, herzlichen Dank für das Gespräch.
Sehrbrock: Bitte sehr.