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Das wirklich wahre Leben der deutschen Prominenz

Oliver Welke hat sich als Sportmoderator einen Namen gemacht und räumt mit der Comedysendung "heute-show" im ZDF einen Preis nach dem anderen ab. Jetzt hat er mit Dietmar Wischmeyer ein neues Buch mit fiktiven Promigeschichten veröffentlicht: "Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk - Deutsche Helden privat".

Die Fragen stellte Susanne Luerweg | 28.01.2013
    Susanne Luerweg: Herr Welke, Sie haben zusammen mit Dietmar Wischmeyer ein Buch geschrieben mit dem wunderbar verschwurbelten Titel: "Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk". Jetzt waren Sie kürzlich in der NDR-Talkshow zu sehen und der eine Moderator hatte schon ernsthafte Probleme mit dem Titel. Er hat Krk für eine lustige Abkürzung gehalten. Haben Sie da das erste Mal gedacht: Das ist wirklich ein bescheuerter Titel. Das hätten wir besser machen sollen?

    Oliver Welke: Da habe ich mich kurz erschrocken, als Kai Pflaume, nennen wir es doch beim Namen, gedacht hat, es wäre eine Abkürzung. Für was auch immer?! "Frank Bsirske macht Urlaub auf einer Abkürzung", da habe ich auch gedacht: Vielleicht war es ein Hauch zu sperrig. Aber wir stehen dazu, wir wollten ja einen Hinguckertitel, wir wollten einen Titel der nachdenklich macht, der Fragen aufwirft, die wir zum Teil selber nicht beantworten können und der Teil der Plans ist schon mal aufgegangen.

    Luerweg: Es geht um deutsche Helden privat in dem Buch. Und die deutschen Helden, das sind in erster Linie deutsche Politiker. Wie haben Sie da ausgewählt: Wer durfte rein ins Buch, wer musste draußen bleiben?

    Welke: Ich habe mich mit dem Kollegen Wischmeyer so geeinigt, dass es keinen Sinn macht das wirklich zu zweit zu schreiben. Wir haben einfach erst Mal eine Liste erstellt und die dann aufgeteilt und jeder hat seine Kapitel geschrieben. Bei unserer ersten Konferenz haben wir erst mal eine Riesenliste zusammengestellt von 100 Leuten oder noch mehr und haben dann beim Schreiben aber festgestellt, dass manche Prominente sich schlicht nicht eignen. Da macht es nicht mal Spaß sich ein Privatleben vorzustellen, weil die einfach gar keine Angriffsfläche bieten, um das hässliche Adjektiv langweilig zu vermeiden.

    Luerweg: Das Problem bei solchen Geschichten ist ja, dass die sich schnell überholen: Die Wulffs sind getrennt, in ihrem Buch sind die noch zusammen und ich glaube Steinbrück hat noch nicht richtig gesagt: "Ich bin Kanzlerkandidat" in dem Buch. Und das ein oder andere funktioniert nicht mehr ganz. Muss man damit leben?

    Welke: Damit muss man immer leben. Ich finde eigentlich, dass bislang noch kein Kapitel ganz vom Leben überholt wurde. Auch das Wulff-Kapitel hat der Kollege Wischmeyer ja auch wunderbarerweise im Sinne von "Das waren noch Zeiten" geschrieben und mit Rückblickscharakter geschrieben, so dass man sich vorstellen könnte wie einer der beiden Wulffs auf sein früheres Leben zurückschaut. Und alle anderen Kapitel sind noch gut und die haben wir auch von Anfang an so geschrieben, dass es zeitlos bleibt. Bei Politikern besteht immer das Restrisiko , dass irgendwer dann nicht mehr im Amt ist oder das Ressort wechselt oder abgewählt wird. Das ist auch der Grund warum wir Herrn Rösler erst mal rausgelassen haben aus diesem Buch.

    Luerweg: Klaus Wowereit ist aber drin und es wird angedacht das ganze Ausmaß des Wahnsinns, es wird aber nicht ganz zu Ende gedacht. Aber funktioniert vielleicht, oder?

    Welke: Ja, ich habe ja selber bis vor kurzem in Berlin gelebt , 14 Jahre lang, und bei Wowereit war ich mir sehr sicher, dass der sich nicht von so einem läppischen Flughafenprojekt aus dem Amt treiben lässt. Wenn einer quasi nur noch chirurgisch aus dem Sessel entfernt werden kann, dann ist es der Wowi-Bär.

    Luerweg: Sie haben das Buch zusammen mit Dietmar Wischmeyer geschrieben, mit dem arbeiten sie seit kurzem auch bei der "heute-show" zusammen und den kennen sie ohnehin schon lange, wie auch Martin Sonnerborn. Sind sie ein guter Netzwerker oder versammeln sie gerne ihre Kumpels um sich?

    Welke: Ja, das liest sich ein bisschen so. Es ist tatsächlich so, dass der Wischmeyer jahrelang mein Chef war beim "Frühstyxradio", einer Comedysendung, die zumindest Norddeutschen immer noch vertraut ist, obwohl die schon Ende der 90er ihren Betrieb eingestellt hat. Aber da habe ich halt mit Kollegen wie Wischmeyer und Kalkofe jeden Sonntag drei Stunden Programm gemacht und das war auch wochenaktuelles Arbeiten und da gibt es durchaus eine Parallele zur "heute-show", weil wir auch damals unter industriellen Bedingungen, wie ich das immer nenne, lustig sein mussten. Also selbst in Wochen, wo nicht so viel passiert oder man keinen Bock hat, muss man halt abliefern. Und das habe ich damals mit Wischmeyer gelernt. Mit Sonneborn war es so ähnlich, mit ihm habe ich studiert in Münster und habe seinen Werdegang bei der Titanic verfolgt. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich das komplette Team nur nach Freundschaftsgesichtspunkten zusammengestellt hätte.

    Luerweg: Aber es ist ganz gut, dass Sie erst später senden, denn die Kollegen Wischmeyer und Sonneborn eignen sich nicht für 20.15 Uhr.

    Welke: Ja, ich glaube vieles was wir in der "heute-show" machen ist schwierig für 20.15 Uhr . Es ist so, ich habe zwei Söhne, der eine ist 13, der andere zehn und bei dem Jüngeren zucke selbst ich manchmal zusammen und frage mich, ob er diese Art Sprache unbedingt schon in seinem Repertoire haben muss. Ich würde auch nervös, wenn er ein Buch von Wischmeyer oder einen Wischmeyer-Text liest oder darin blättert, dann hätte ich schon Angst, dass sich das auf seinen aktiven Wortschatz so auswirkt, dass es ihm in der Schule zum Nachteil gereicht. Das gebe ich zu. Das ist Erwachsenenunterhaltung. Ja.

    Luerweg: Wie machen sie das bei der "heute-show"? Machen sie richtig Redaktionskonferenzen und fragen nach den Themen der Woche? Gucken Sie: Was haben die Talker von der ARD, was bleibt für uns?

    Welke: Für uns bleibt immer was. Und wir funktionieren tatsächlich wie eine normale Redaktion und am Montag , wenn wir beginnen mit der Vorbereitung für die Sendung am Freitag, dann funktionieren wir ausschließlich wie eine normale Nachrichtenredaktion. Da geht es tatsächlich um die Frage: Was sind die drei bis fünf Themen, die auch bis Freitag noch genug Gesprächswert behalten. Und ab Dienstag versuchen wir es dann mit Gucken von vielen, vielen Ausschnitten konkret zu machen und ab da versuchen wir es auch lustig zu machen. Denn am Ende sind wir ja keine Nachrichtensendung, wir sehen nur so aus.

    Luerweg: Und kriegen Preise wie Nachrichtensendungen sie normalerweise kriegen. Hans-Joachim-Friedrichs-Preis zum Beispiel.

    Welke: Ja. Das war von den Preisen, die wir bekommen haben, der überraschendste. Damit haben wir nicht gerechnet und wir haben uns extrem geehrt gefühlt. Wir haben auch ein paar Kollegen, die bei uns nur als Journalisten arbeiten, die waren regelrecht gerührt und haben aber auch im Nebensatz fallen lassen: "Hey, seid Jahren träume ich davon so einen Preis zu kriegen und mit euch Kaspern passiert es mir dann doch noch." Es gibt natürlich auch Berührungspunkte der Arbeit von echten Journalisten. Auch wir haben bei manchen Themen noch mal nachrecherchiert und nachgefragt. Siehe Kristina Schröder und ihr berühmtes Kompetenzzentrum gegen Rechts, wo wir aus reiner Bosheit alle halbe Jahre noch mal nachfragen, wo das denn jetzt steht, dieses Kompetenzzentrum und wie viel kompetente Leute denn da arbeiten.

    Luerweg: Wer von denen ist so am empfindlichsten aus der Politriege?

    Welke: Also die sind ja alle inzwischen Kabarett- und Satire-gestählt, die kennen das ja, dass sie auch bei "Neues aus der Anstalt" und beim Satiregipfel thematisiert werden, und in der Regel nicht so freundlich. Und ich glaube, das Erste was man als junger Politiker lernt, selbst wenn man beleidigt ist, dass man sich das nicht öffentlich anmerken lassen darf, weil das wirkt ja doch extrem uncool. Und deswegen versuchen die meisten so tun als wenn sie Kabarett und Satire ganz toll fänden, als wären sie die größten Fans. Was natürlich, sobald es um sie selber geht, höchstwahrscheinlich gelogen ist, aber das dürfte man nicht zugeben. Selbst die FDP, die es aber durch eigenes Verschulden eine Zeit lang sehr oft in die "heute-show" geschafft hat im letzten Jahr, selbst da habe ich noch nicht gehört, dass einer der Protagonisten öffentlich gemeckert hätte. Intern kann es schon sein, dass die, die die Handynummer vom Intendanten haben, anrufen und heulen, aber das wird von uns ferngehalten, was ich auch ganz wichtig finde. Ich glaube aber, dass man tatsächlich gewinnt, wenn man kommt und ich kann nur alle ermutigen zu kommen. Das habe ich einfach auch aus meiner Zeit als Fußballmoderator gelernt: Die meisten Spieler verstecken sich nach einer Niederlage und wollen keine Interviews geben, aber die, die sich auch nach ein 0:5 fünf hinstellen und gerade machen, sind die, die Sympathiepunkte sammeln. Ich kann nur jedem raten, nicht nur in guten Zeiten Interviews zu geben.

    Luerweg: Was war zuerst da? Zuerst war die Comedy, dann kam der Fußball und jetzt ist beides - ein Traum , oder?

    Welke: Ich bin total glücklich, dass ich schon so lange beide Standbeine habe - Fußball und Unterhaltung - und jetzt ist es das erste Mal so, dass es beim selben Sender stattfindet. Das ist für mich super, weil sich das auch in der Zahl der Sendungen mit der "heute-show" vereinbaren lässt. Zwölf Mal im Jahr in ein Championsleague-Stadion zu gehen, das ist schon toll, weil ich bin ja nach wie vor Fan. Wenn man dann ab und an mal in Barcelona die besten Fußballer der Welt bei der Arbeit sehen kann, drüber reden darf und dann auch noch im Fernsehen - das ist schon klasse.

    Luerweg: Das Sie überhaupt diese Karriere gemacht haben vor allem im Comedybereich erstaunt wenn man den Background sieht. Man denkt immer: Westfalen, das sind so Spaßbremsen. Ist aber gar nicht so scheinbar.

    Welke: Nein, das ist überhaupt nicht so. Die Redaktion der Titanic hat ja eine Zeit lang nur aus Bielefeldern bestanden. Gerade der Ostwestfale hat sich sehr breit gemacht im Unterhaltungsbusiness und böse Zungen sagen halt, es liegt daran, dass man schon als Kind lernt, dass man sich seinen Spaß selber machen muss, weil es da halt von alleine nicht so richtig lustig ist. Ich hätte vielleicht noch zu Bertelsmann gehen können, aber Management liegt mir halt nicht so.