Silvia Engels: Das Statistische Bundesamt meldet ein Minus des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal. Ökonomen sprechen nun von einer Rezession in Deutschland. Trotzdem gab sich Unionsfraktionschef Volker Kauder heute Morgen bei der Absegnung des Konjunkturprogramms durch die Bundestagsfraktionen von SPD und Union optimistisch.
Volker Kauder: Wir werden im nächsten Jahr sowohl im Bereich Investitionen als auch bei der Automobilindustrie einen Anschub geben, um Probleme, die bei der Realwirtschaft durch die Finanzkrise entstehen, abfedern zu können.
Engels: Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (kurz OECD) hat heute pessimistische Erwartungen für die Wirtschaftsentwicklungen in ihrem Bereich veröffentlicht. Die Forscher erwarten, dass die Konjunktur in den 30 OECD-Staaten im kommenden Jahr um 0,3 Prozent schwächer ausfallen wird. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden beschäftigte sich dagegen heute mit der wirtschaftlichen Gegenwart. Danach ist das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal hierzulande weiter gesunken. Ökonomen sprechen von einer Rezession. Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union haben am Morgen ungeachtet der neuen Zahlen in Sondersitzungen das Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht. Viele Einzelmaßnahmen sollen helfen, die Folgen der Finanzkrise für die Realwirtschaft zu dämpfen. Das Bruttoinlandsprodukt ist also im dritten Quartal gegenüber den vorigen drei Monaten real um 0,5 Prozent gesunken. Reichen da die nun auf den Weg gebrachten konjunkturpolitischen Maßnahmen von Seiten der Bundestagsfraktionen? Am Telefon ist dazu der haushaltspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Steffen Kampeter. Guten Tag!
Steffen Kampeter: Guten Tag aus Berlin.
Engels: Wie beurteilen Sie die neuen Zahlen aus Wiesbaden? Ist das die Rezession?
Kampeter: Wir haben eine klassische Bremsung im Augenblick bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie ist Ergebnis der globalen Unsicherheit im Rahmen der Finanzkrise. Ich denke, der Weltfinanzgipfel am nächsten Wochenende wird globale Signale zur Stabilisierung und Vertrauensbildung bieten. Die Europäischen Zentralbanken haben die Zinsen gesenkt und in allen europäischen Staaten werden nationale Stützungsprogramme diskutiert. Nur in diesem Verbund kann man auf eine solche Entwicklung reagieren.
Engels: SPD-Fraktionschef Peter Struck warnt ja nun vor der Gefahr, man könne sich auch in eine Rezession hineinreden. Welche Bedeutung hat die Psychologie?
Kampeter: Sie ist zentral, denn wir haben ja jetzt beispielsweise bei den Tarifvertragsparteien ein hohes Maß an Verantwortung gespürt. Der Lohnabschluss in Teilbereichen weist deutlich darauf hin, dass auch dort die Botschaft angekommen ist. Wir dürfen uns jetzt nicht schlechter reden als wir tatsächlich sind. Deutschland ist gut aufgestellt. Es spürt die derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber es ist überhaupt gar kein Grund, in Panik zu verfallen. Die Reformen der vergangenen Jahre - das bestätigt ja auch das Sachverständigenratsgutachten - insbesondere auf dem Arbeitsmarkt wirken. Aber wir müssen jetzt gucken, dass auch die Stimmung nicht so abbricht, wie es sich in den letzten Wochen und Monaten andeutet.
Engels: Ähnlich optimistisch hat sich BDI-Präsident Jürgen Thumann geäußert. In einem "ZDF Online"-Interview sagte er, er gehe davon aus, dass die Wirtschaft trotz der Einbrüche ihre Stammbelegschaft halten würde. Dann wäre die Realwirtschaft vielleicht doch nicht so stark von der Finanzmarktkrise betroffen. Gibt es Chancen dafür?
Kampeter: Ja, das ist eindeutig so. Insbesondere dann, wenn im Unternehmensbereich die Aufträge, die jetzt storniert worden sind wegen Unsicherheiten und gar nicht so sehr wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, dann auch tatsächlich ausgeführt werden. Ich denke, wenn es uns gelingt, die Diskussion von Panik auf Vernunft zurückzuführen und einen Vertrauenspakt zwischen Politik, Wirtschaft und Bevölkerung wieder herzustellen, der sich nicht nur in der Budgetpolitik, sondern auch in die Wissenschaftspolitik oder der Wiederherstellung des emotionalen Vertrauens in die wirtschaftlichen Führungseliten mit begründen kann, dass uns dann auch der Stimmungsumschwung kurzfristig gelingen kann.
Engels: Nun sind nicht alle so optimistisch. Gestern haben die fünf Wirtschaftsweisen ihr Gutachten vorgestellt und da hatten sie auch einen Ratschlag parat, der Sie, Herr Kampeter, als sparsamen Haushaltspolitiker erschrecken wird. Verkürzt lautet er, das Hilfsprogramm oder ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft muss wesentlich größer ausfallen, damit das Paket dann auch wirken kann, zur Not auch auf Kosten höherer Verschuldung.
Kampeter: Richtig ist, dass das eine verkürzte Wiedergabe des Sachverständigenrates ist, denn er will ja zwei Dinge. Er will einen Fiskalimpuls setzen. Der ähnelt dem - vielleicht nicht in der Dimension, den die Bundesregierung jetzt den Koalitionsfraktionen vorgeschlagen hat, aber das ist der zweite Teil des Wirtschaftsrates: Er möchte unter der Überschrift "weniger Wachstum, mehr Reform" eigentlich, dass die Koalition auch fortsetzt ihre Reform zur Auflockerung des Arbeitsmarktes. Der Sachverständigenrat tritt für die Schuldenbremse ein und die Reform bei den Sozialsystemen soll fortgesetzt werden. Er sagt, der Fiskalimpuls wird nur dann richtig wirksam, wenn wir auch die Angebotsbedingungen verbessern. Da, glaube ich, unterschlagen insbesondere viele in der SPD die Reformnotwendigkeiten. Wenn wir die auch noch umsetzen, dann bin ich noch ein Stückchen hoffnungsvoller, dass wir den Stimmungsumschwung schaffen werden.
Engels: Aber solche Reformen brauchen auf jeden Fall Zeit und Ökonomen sorgen sich ja auch immer davor, dass Maßnahmen nicht mehr wirken, wenn sie zu spät kommen. Das heißt, kurzfristig doch Konjunkturprogramme, zur Not auch mit mehr Schulden?
Kampeter: Wir werden die Nettokreditaufnahme im nächsten Jahr deutlich gegenüber den bisherigen Planungen anheben. Geplant sind 10,5 Milliarden Euro. Das wird sich in einer Bandbreite zwischen 16 und 18 Milliarden Euro bewegen, was wir hier auch als Staatsverschuldung zusätzlich aufnehmen. Das greift ja eigentlich auch auf, dass man sich jetzt nicht in die Rezession hineinspart, sondern hier wird die fiskale politische Lockerung ja auch bewusst gegenüber der Rezession gemacht. Von daher glaube ich, dass die Haushaltspolitik schon weiß, was jetzt hier geboten ist. Wichtig ist aber, dass man das nicht als Entschuldigung nimmt, den ausgeglichenen Haushalt aus den Augen zu verlieren. Hierzu sagt der Sachverständigenrat ja auch ganz klar, Schuldenverbot gehört ins Grundgesetz.
Engels: Nehmen wir an, sie müsste noch ein größeres Paket zur Hilfe der Wirtschaft auflegen, da hat man ja schon einen Eindruck gewonnen, dass sich da SPD und Union über den Weg gar nicht einig sind. Da war der Anlass die Debatte um die Kfz-Steuer. Können Sie so etwas überhaupt noch mit dem Koalitionspartner auf den Weg bringen?
Kampeter: Was die Union angeht, wir sind bereit, das Notwendige und das Richtige für unser Land zu tun ...
Engels: Das ist jetzt sehr allgemein.
Kampeter: ... und auch unseren Beitrag dazu zu leisten. In der Union gibt es die Bereitschaft, sehr ernsthaft auch über die Vorschläge des Sachverständigenrates in dem Bereich "Fortsetzung der Reformen" aufzugreifen. Ich glaube, dass man solche Krisen im Vertrauen nicht damit lösen kann, indem man einfach nur mehr Schulden macht. Das lehnt der Sachverständigenrat ja auch ab. Er sagt ja ganz klar, kurzfristige Konjunkturprogramme bringen nichts, sondern sie müssen wenn, dann kombiniert werden mit strukturellen Reformen. Die SPD ist eingeladen, aber ich teile Ihre Skepsis, die Sie in der Frage deutlich machen, dass die derzeitige Situation der Sozialdemokraten in Deutschland auch ein kleines Konjunkturhemmnis ist.
Engels: Nichtsdestotrotz, wenn die Reformbemühungen nicht voran kommen, bleibt ja möglicherweise die Vertrauenskrise. Schließen Sie aus, dass beispielsweise spezifische Branchen wie die Autoindustrie doch irgendwann vom Staat direkte Hilfen bekommen?
Kampeter: Das Paket, was die Bundesregierung vorschlägt, umfasst ja bereits schon Möglichkeiten, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen - hier nenne ich den Begriff "Zulieferindustrie" -, Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu bekommen. Ich halte relativ wenig davon, jetzt bestimmte Branchen in ein Kreditprogramm zu nehmen, aber alle diese Branchen können ja unter den Vorschlägen der Kreditanstalt für Wiederaufbau durchaus davon profitieren. Also: global anbieten und diese Hilfe branchenspezifisch kommunizieren ist, glaube ich, vernünftiger, als jetzt sozusagen eine Liste zu machen, in die wir Krisenbranchen aufnehmen. Das wirkt auch nicht gerade vertrauensbildend.
Engels: Das heißt, Ford und Opel bekommen kein Geld?
Kampeter: Das empfehle ich auf nationaler Ebene keinesfalls. Wir werden darüber zu entscheiden haben, ob die Kredite der Europäischen Investitionsbank zur Fortentwicklung Sprit sparender Technologien, die ja europaweit gegeben werden sollten, nun kommen. Dazu sind die Beratungen noch im Fluss. Aber wie wollen sie denn bitte begründen, dass eine Automobilfirma eine Strukturhilfe in Anspruch nimmt, die spezifisch für diese Branche offen ist, aber gleichzeitig die Landwirtschaft oder die Küchenmöbelindustrie oder die Luftfahrtindustrie dann darauf verwiesen wird, dass sie weniger wichtig sind in der öffentlichen Wahrnehmung? Hier brauchen wir allgemein wirksame Instrumente und wir müssen sie sektoral kommunizieren.
Engels: Steffen Kampeter, der haushaltspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch.
Volker Kauder: Wir werden im nächsten Jahr sowohl im Bereich Investitionen als auch bei der Automobilindustrie einen Anschub geben, um Probleme, die bei der Realwirtschaft durch die Finanzkrise entstehen, abfedern zu können.
Engels: Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (kurz OECD) hat heute pessimistische Erwartungen für die Wirtschaftsentwicklungen in ihrem Bereich veröffentlicht. Die Forscher erwarten, dass die Konjunktur in den 30 OECD-Staaten im kommenden Jahr um 0,3 Prozent schwächer ausfallen wird. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden beschäftigte sich dagegen heute mit der wirtschaftlichen Gegenwart. Danach ist das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal hierzulande weiter gesunken. Ökonomen sprechen von einer Rezession. Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union haben am Morgen ungeachtet der neuen Zahlen in Sondersitzungen das Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht. Viele Einzelmaßnahmen sollen helfen, die Folgen der Finanzkrise für die Realwirtschaft zu dämpfen. Das Bruttoinlandsprodukt ist also im dritten Quartal gegenüber den vorigen drei Monaten real um 0,5 Prozent gesunken. Reichen da die nun auf den Weg gebrachten konjunkturpolitischen Maßnahmen von Seiten der Bundestagsfraktionen? Am Telefon ist dazu der haushaltspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Steffen Kampeter. Guten Tag!
Steffen Kampeter: Guten Tag aus Berlin.
Engels: Wie beurteilen Sie die neuen Zahlen aus Wiesbaden? Ist das die Rezession?
Kampeter: Wir haben eine klassische Bremsung im Augenblick bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie ist Ergebnis der globalen Unsicherheit im Rahmen der Finanzkrise. Ich denke, der Weltfinanzgipfel am nächsten Wochenende wird globale Signale zur Stabilisierung und Vertrauensbildung bieten. Die Europäischen Zentralbanken haben die Zinsen gesenkt und in allen europäischen Staaten werden nationale Stützungsprogramme diskutiert. Nur in diesem Verbund kann man auf eine solche Entwicklung reagieren.
Engels: SPD-Fraktionschef Peter Struck warnt ja nun vor der Gefahr, man könne sich auch in eine Rezession hineinreden. Welche Bedeutung hat die Psychologie?
Kampeter: Sie ist zentral, denn wir haben ja jetzt beispielsweise bei den Tarifvertragsparteien ein hohes Maß an Verantwortung gespürt. Der Lohnabschluss in Teilbereichen weist deutlich darauf hin, dass auch dort die Botschaft angekommen ist. Wir dürfen uns jetzt nicht schlechter reden als wir tatsächlich sind. Deutschland ist gut aufgestellt. Es spürt die derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber es ist überhaupt gar kein Grund, in Panik zu verfallen. Die Reformen der vergangenen Jahre - das bestätigt ja auch das Sachverständigenratsgutachten - insbesondere auf dem Arbeitsmarkt wirken. Aber wir müssen jetzt gucken, dass auch die Stimmung nicht so abbricht, wie es sich in den letzten Wochen und Monaten andeutet.
Engels: Ähnlich optimistisch hat sich BDI-Präsident Jürgen Thumann geäußert. In einem "ZDF Online"-Interview sagte er, er gehe davon aus, dass die Wirtschaft trotz der Einbrüche ihre Stammbelegschaft halten würde. Dann wäre die Realwirtschaft vielleicht doch nicht so stark von der Finanzmarktkrise betroffen. Gibt es Chancen dafür?
Kampeter: Ja, das ist eindeutig so. Insbesondere dann, wenn im Unternehmensbereich die Aufträge, die jetzt storniert worden sind wegen Unsicherheiten und gar nicht so sehr wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, dann auch tatsächlich ausgeführt werden. Ich denke, wenn es uns gelingt, die Diskussion von Panik auf Vernunft zurückzuführen und einen Vertrauenspakt zwischen Politik, Wirtschaft und Bevölkerung wieder herzustellen, der sich nicht nur in der Budgetpolitik, sondern auch in die Wissenschaftspolitik oder der Wiederherstellung des emotionalen Vertrauens in die wirtschaftlichen Führungseliten mit begründen kann, dass uns dann auch der Stimmungsumschwung kurzfristig gelingen kann.
Engels: Nun sind nicht alle so optimistisch. Gestern haben die fünf Wirtschaftsweisen ihr Gutachten vorgestellt und da hatten sie auch einen Ratschlag parat, der Sie, Herr Kampeter, als sparsamen Haushaltspolitiker erschrecken wird. Verkürzt lautet er, das Hilfsprogramm oder ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft muss wesentlich größer ausfallen, damit das Paket dann auch wirken kann, zur Not auch auf Kosten höherer Verschuldung.
Kampeter: Richtig ist, dass das eine verkürzte Wiedergabe des Sachverständigenrates ist, denn er will ja zwei Dinge. Er will einen Fiskalimpuls setzen. Der ähnelt dem - vielleicht nicht in der Dimension, den die Bundesregierung jetzt den Koalitionsfraktionen vorgeschlagen hat, aber das ist der zweite Teil des Wirtschaftsrates: Er möchte unter der Überschrift "weniger Wachstum, mehr Reform" eigentlich, dass die Koalition auch fortsetzt ihre Reform zur Auflockerung des Arbeitsmarktes. Der Sachverständigenrat tritt für die Schuldenbremse ein und die Reform bei den Sozialsystemen soll fortgesetzt werden. Er sagt, der Fiskalimpuls wird nur dann richtig wirksam, wenn wir auch die Angebotsbedingungen verbessern. Da, glaube ich, unterschlagen insbesondere viele in der SPD die Reformnotwendigkeiten. Wenn wir die auch noch umsetzen, dann bin ich noch ein Stückchen hoffnungsvoller, dass wir den Stimmungsumschwung schaffen werden.
Engels: Aber solche Reformen brauchen auf jeden Fall Zeit und Ökonomen sorgen sich ja auch immer davor, dass Maßnahmen nicht mehr wirken, wenn sie zu spät kommen. Das heißt, kurzfristig doch Konjunkturprogramme, zur Not auch mit mehr Schulden?
Kampeter: Wir werden die Nettokreditaufnahme im nächsten Jahr deutlich gegenüber den bisherigen Planungen anheben. Geplant sind 10,5 Milliarden Euro. Das wird sich in einer Bandbreite zwischen 16 und 18 Milliarden Euro bewegen, was wir hier auch als Staatsverschuldung zusätzlich aufnehmen. Das greift ja eigentlich auch auf, dass man sich jetzt nicht in die Rezession hineinspart, sondern hier wird die fiskale politische Lockerung ja auch bewusst gegenüber der Rezession gemacht. Von daher glaube ich, dass die Haushaltspolitik schon weiß, was jetzt hier geboten ist. Wichtig ist aber, dass man das nicht als Entschuldigung nimmt, den ausgeglichenen Haushalt aus den Augen zu verlieren. Hierzu sagt der Sachverständigenrat ja auch ganz klar, Schuldenverbot gehört ins Grundgesetz.
Engels: Nehmen wir an, sie müsste noch ein größeres Paket zur Hilfe der Wirtschaft auflegen, da hat man ja schon einen Eindruck gewonnen, dass sich da SPD und Union über den Weg gar nicht einig sind. Da war der Anlass die Debatte um die Kfz-Steuer. Können Sie so etwas überhaupt noch mit dem Koalitionspartner auf den Weg bringen?
Kampeter: Was die Union angeht, wir sind bereit, das Notwendige und das Richtige für unser Land zu tun ...
Engels: Das ist jetzt sehr allgemein.
Kampeter: ... und auch unseren Beitrag dazu zu leisten. In der Union gibt es die Bereitschaft, sehr ernsthaft auch über die Vorschläge des Sachverständigenrates in dem Bereich "Fortsetzung der Reformen" aufzugreifen. Ich glaube, dass man solche Krisen im Vertrauen nicht damit lösen kann, indem man einfach nur mehr Schulden macht. Das lehnt der Sachverständigenrat ja auch ab. Er sagt ja ganz klar, kurzfristige Konjunkturprogramme bringen nichts, sondern sie müssen wenn, dann kombiniert werden mit strukturellen Reformen. Die SPD ist eingeladen, aber ich teile Ihre Skepsis, die Sie in der Frage deutlich machen, dass die derzeitige Situation der Sozialdemokraten in Deutschland auch ein kleines Konjunkturhemmnis ist.
Engels: Nichtsdestotrotz, wenn die Reformbemühungen nicht voran kommen, bleibt ja möglicherweise die Vertrauenskrise. Schließen Sie aus, dass beispielsweise spezifische Branchen wie die Autoindustrie doch irgendwann vom Staat direkte Hilfen bekommen?
Kampeter: Das Paket, was die Bundesregierung vorschlägt, umfasst ja bereits schon Möglichkeiten, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen - hier nenne ich den Begriff "Zulieferindustrie" -, Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu bekommen. Ich halte relativ wenig davon, jetzt bestimmte Branchen in ein Kreditprogramm zu nehmen, aber alle diese Branchen können ja unter den Vorschlägen der Kreditanstalt für Wiederaufbau durchaus davon profitieren. Also: global anbieten und diese Hilfe branchenspezifisch kommunizieren ist, glaube ich, vernünftiger, als jetzt sozusagen eine Liste zu machen, in die wir Krisenbranchen aufnehmen. Das wirkt auch nicht gerade vertrauensbildend.
Engels: Das heißt, Ford und Opel bekommen kein Geld?
Kampeter: Das empfehle ich auf nationaler Ebene keinesfalls. Wir werden darüber zu entscheiden haben, ob die Kredite der Europäischen Investitionsbank zur Fortentwicklung Sprit sparender Technologien, die ja europaweit gegeben werden sollten, nun kommen. Dazu sind die Beratungen noch im Fluss. Aber wie wollen sie denn bitte begründen, dass eine Automobilfirma eine Strukturhilfe in Anspruch nimmt, die spezifisch für diese Branche offen ist, aber gleichzeitig die Landwirtschaft oder die Küchenmöbelindustrie oder die Luftfahrtindustrie dann darauf verwiesen wird, dass sie weniger wichtig sind in der öffentlichen Wahrnehmung? Hier brauchen wir allgemein wirksame Instrumente und wir müssen sie sektoral kommunizieren.
Engels: Steffen Kampeter, der haushaltspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch.