Dienstag, 19. März 2024

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"Das Wunder von Taipeh"
Die ersten Weltmeisterinnen

Es war ein Meilenstein im deutschen Frauenfußball: 1981 holte die Mannschaft der SSG 09 Bergisch Gladbach den ersten WM-Titel. Der Regisseur John David Seidler hat daraus einen Dokumentarfilm gemacht – im Dlf sagte er: "Die Frauen waren Pionierinnen"

John David Seidler im Corsogespräch mit Sören Brinkmann | 26.02.2020
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Die Weltmeisterinnen von 1981 - SSG 09 Bergisch Gladbach (mindjazz pictures/ privat)
1981 fand die erste, damals noch inoffizielle Fußballweltmeisterschaft der Frauen statt. Allerdings gab es beim DFB noch kein echtes Interesse am Frauenfußball, eine Nationalmannschaft stellte der Deutsche Fußballbund erst ein Jahr später auf. Während also aus den anderen Ländern die Nationalteams nach Taiwan geschickt wurden, reiste aus Deutschland die Mannschaft der SSG 09 Bergisch Gladbach an – und gewann den Titel.
Doch der Erfolg der Mannschaft komme so gut wie nicht vor in der Geschichtserzählung des DFB, so Autor und Regisseur John David Seidler, der einen Dokumentarfilm über den Verein und die WM-Reise gemacht hat. "Ich habe das Gefühl, dass diese Frauen damals als rebellische Störenfriede vielleicht empfunden wurden und dass man möglicherweise auch deshalb bis heute sie eher versteckt. Vielleicht steht man auch einfach ungern zu dieser Generation von Pionierinnen."
Verbot des Frauenfußballs
Dass es überhaupt zu der Reise kam, hing vor allem am persönlichen Einsatz vieler Spielerinnen und einiger weniger Vereinsfunktionäre. Im Film "Das Wunder von Taipeh" zeichnet Seidler dieses Engagement und die Anfänge des Frauenfußballs in Deutschland nach. Vereine seien seit den 50er Jahren vom Wettbewerb ausgeschlossen worden, wenn Frauen bei ihnen Fußball gespielt haben, sagte Seidler im Deutschlandfunk.
John David Seidler im Porträt
Dokumentarfilmer John David Seidler (Deutschlandradio/ Raphael Smarzoch)
Nachdem sich das Vereinsverbot für den Frauenfußball gelockert hatte, stieg die SSG 09 Bergisch Gladbach zur überragenden Mannschaft in Deutschland auf. 1977 gewann sie ihren ersten deutschen Meistertitel. Im Jahr der inoffiziellen Weltmeisterschaft in Taiwan waren die Spielerinnen amtierende Meisterinnen und Pokalsiegerinnen.
Stolz und Kränkung
In den Interviews mit den früheren Spielerinnen habe er sehr viel Stolz, aber auch Kränkung erlebt: "Die Kränkung, dass man auch bis heute nicht die Würdigung erhalten hat und die Anerkennung in diesem Fußballgeschäft, die ist – glaube ich – bleibend da."
Wir haben noch länger mit John David Seidler gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
"Ich glaube, so wie wir Frauenfußball medial heute teilweise schon wahrnehmen – das hat es damals nicht im Ansatz gegeben. Allerdings ist der Alltag beispielsweise in der deutschen Bundesliga der Frauen auch nicht derartig spektakulär."
Mit dem Titelgewinn von Taipeh stieg schließlich aber auch beim DFB das Interesse am Frauenfußball: Die Spielertrainerin der WM-Mannschaft von 1981, Anne Trabant-Haarbach, führte genau ein Jahr später, im Oktober 1982 die erste offizielle Frauen-Nationalmannschaft des DFB als Kapitänin an.