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Daten-Freiheit im City-Äther

So genannte Hot Spots für Funknetzwerke schießen derzeit in vielen Großstädten wie Pilze aus dem Boden. Auf Flughäfen oder in Bahnhöfen, in Cafés und sogar in Waschsalons ermöglichen die Funkfelder drahtlosen Internetzugang. Doch meist steckt dahinter ein Geschäftsmodell, das den Rubel rollen lassen soll. In Berlin will jetzt aber der Verein ''Freifunk'' dazu mit der WLAN-Technologie eine Alternative schaffen und Menschen kostengünstig technisch und sozial vernetzen.

13.09.2003
    Von Wolfgang Noelke

    Warum nicht Bandbreite teilen, wenn genug davon vorhanden ist, warum nicht versuchen Bandbreite zu schaffen, wenn man genügend Teilnehmer vernetzen kann – und alles, ohne dass die Nutzung dieser Möglichkeiten auch nur einen Cent mehr kostet? Möglich machen sollen das freie Funknetze. Private drahtlose Netzanbindungen sollen zu Knoten eines regionalen Funknetzes zusammengeschaltet werden. Das probieren an diesem Wochenende die Teilnehmer der ersten so genannten "Summer-Convention", zu der der Verein Freifunk in die Hauptstadt lud. Ob W-LAN- Karte, oder Access-Point – zusammen könnten alle drahtlosen Geräte auch ein gemeinsames Netz bilden, meint einer der Organisatoren der Berliner Tagung, Jürgen Neumann:

    Ich selbst wohne in einem Hausprojekt in Friedrichshain und wir haben dort keinen Internetanschluss, weil wir in einem Gebiet leben, das von der Telekom mit Glasfaserkabel versorgt wurde. Dadurch können wir kein DSL haben und ich habe lange nach einer Lösung gesucht, die wir aus dieser Misere herauskommen können und ich bin auf die Idee von Funknetzwerken gestoßen, hab mich ein bisschen für das Thema interessiert und wir haben dann uns dazu entschieden, uns über Funk mit einem Internetprovider, der sogar einen Kilometer von uns entfernt ist, zu verbinden.

    Wer jetzt lächelt, weil die Funkstrecken in privaten drahtlosen Netzen normalerweise kaum mehr als zehn Meter weit reichen, kann sich auf der Tagung eines Besseren belehren lassen. Reichweitenprobleme lassen sich lösen durch bessere Antennen, denn das, was fabrikmässig oft als sogenannte "Antenne" an den Geräten zu finden ist, ist oft nicht mehr, als ein Stück Draht ohne so genanntes elektrisches Gegengewicht. Um richtig schwingen zu können, braucht eine Antenne aber diese Gegengewichte, in der Länge abgestimmt auf die Frequenz um mehr als zwei Gigahertz. Abgestimmte WLAN-Antennen müssen nicht 100 Euro oder das Doppelte kosten, meint Jürgen Neumann, sondern nur wenige Cent, wenn man sie sich selbst baut:

    Wir werden verschiedene Antennen zeigen. Es gibt von der Parabolantenne bis zur berühmten Hundefutter- oder Kaffeedosen-Antenne verschiedene komplexe Installationen. Wir werden eine Parabolantenne ausstellen, mit der man schätzungsweise mehrere Kilometer überbrücken kann. Das ist eine alte Fernsehschüssel, bei der als Signalgeber eine alte Blechdose, in der ein einfaches 1/2 Lambda-Kupferstück installiert ist. Wir werden eine große Quadantenne und verschiedene Yagiantennen ausstellen. Eine Antenne wird auch einfach dadurch gebaut, dass man um ein Plastikrohr ein Kupferkabel wickelt und hinten einen Reflektor befestigt. Das kann auch ein Topfdeckel sein. Und einfach wollen wir nur zeigen, dass man mit einfachen Mitteln und für wenig Geld schon sehr gute Antennen bauen kann.

    Für zehn Euro dürfen die Besucher unter fachlicher Anleitung ihre Antenne bauen und mit nach Hause nehmen und – falls sich die Hausverwaltungen davon überzeugen lassen, WLAN- Antennen auf dem Dach zu genehmigen, sollen sie Knoten für Knoten langsam das gesamte Wohnviertel drahtlos vernetzen. Die physikalischen Grenzen dieses so genannten "Mesh-Nets" wollen die Teilnehmer an diesem Wochenende schon mal testen:

    Wir haben bootfähige CDs, die jeder in seinen Notebook stecken kann, dann wird aus dem Notebook automatisch so ein MeshPoint und wir rechnen damit, dass wir über 100 Besucher haben werden, von denen hoffentlich mehr als die Hälfte ein Notebook dabei haben wird und dann haben wir schon mal 50 Notebooks, mit denen wir beispielsweise auf den Alexanderplatz gehen können und einfach mal ausprobieren können, was wir für ein MeshNetwork haben und welche Bandbreiten wir damit erzielen können. Um die Bandbreite tatsächlich zu messen, werden wir einfach eine große Datei übertragen und messen, wie lang es dauert von einem Punkt zum anderen.

    In der Praxis würden die Teilnehmer eines solchen "Mesh-Nets" den Datenverkehr nicht verlangsamen, sondern eher beschleunigen, meint Jürgen Neumann, denn es gäbe innerhalb des Netzes sehr viele Verbindungen ins Internet – allerdings auch, wie bei allen Gratisangeboten - sicher auch viele Trittbrettfahrer, doch die fürchten die Freifunker nicht:

    FreiFunknet ist schon eine Initiative, bei der es darum geht, soziale Netzwerke zu stärken und eine Stadtteil-Vernetzung zu fördern und eben auch in Regionen wie in Brandenburg, wo ich eine schlechte elektronische Infrastruktur habe, Ideen zu liefern, wie man in solchen strukturschwachen Regionen mittels WLAN Technologie die Kommunikationsinfrastruktur verbessern kann. Trotzdem haben wir nichts dagegen, wenn aus diesen einzelnen Hot Spots auch öffentliche Zugänge werden und freuen uns auch darüber dass Leute dann solche Zugänge auch veröffentlichen, denn schließlich ist es auch ganz nett, wenn ich mobil mit meinem Laptop irgendwo einen günstigen, oder kostenlosen Internetzugang zur Verfügung habe.