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Datenschutz
EU-Kommission sieht positive Wirkung der DSGVO

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist seit ihrem Start vor acht Monaten umstritten. Viele hatten die Sorge, das juristische und bürokratische Ungetüm werde nur teuer. Die EU-Justizkommissarin zieht eine positive Zwischenbilanz - auch für Unternehmen.

Von Samuel Jackisch | 28.01.2019
    Auf einer Internetseite ist ein Button zum "Datenschutz und Sicherheit" zu sehen (gestellte Aufnahme zum Thema: Datenschutz). Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) tritt mit einer Fülle neuer Vorschriften für den Daten- und Verbraucherschutz offiziell am 25.05.2018 in Kraft.
    Die EU-Datenschutzgrundverordnung soll Verbrauchern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben (dpa / Patrick Pleul)
    Acht Monate nach dem Start der DSGVO ist der Streit nicht vorbei, was das Gesetz eigentlich bringt. Für EU-Justizkommissarin Věra Jourová ist die Sache klar: Keine Bürde, sondern ein Standortvorteil sei ihre Datenschutzgrundverordnung für europäische Unternehmen.
    "Verbraucher wollen, dass ihre Daten sicher sind. Unternehmen haben erkannt, dass strenger Datenschutz ihnen einen Wettbewerbsvorteil bringt, weil das Vertrauen in ihre Dienste steigt. International gleichen sich Standards aneinander an, das ermöglicht reibungslosen Datenfluss und damit internationalen Handel."
    Als Beleg dient JEFTA – das kürzlich ausgehandelte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan. Das richtet sich nach dem Europäischen Standard und schaffe so den weltweit größten Raum für sicheren Datenverkehr, verkündet die Kommission.
    US-Anbieter wollen keine Strafen riskieren
    Doch auch der gegenteilige Effekt ist zu beobachten: Zahlreiche US-amerikanische Anbieter sperren europäische Nutzer heute lieber aus, als sich Gedanken über hiesige Datenschutzregeln zu machen oder Strafen durch europäische Behörden zu riskieren. Diese waren von Brüsseler Seite zunächst noch zur Zurückhaltung aufgerufen.
    "Die Datenschutzbehörden nicht über Nacht zu Sanktionsmaschinen geworden. Bußgelder sind nur ein Mittel, die DSGVO durchzusetzen. Sie können sie nutzen, aber erst nach genauer Untersuchung. Vielmehr haben die ersten Monate gezeigt, dass anstatt schneller Strafen ein enger Dialog nötig ist, zwischen den Behörden und den Betroffenen."
    Doch die Schonfrist scheint mittlerweile vorüber. Bereits im Herbst akzeptierte der deutsche Chat-Anbieter Knuddels eine Strafe über 20.000 Euro, weil er Passwörter und Email-Adressen seiner Kunden schlecht gesichert hatte. 50 Millionen Euro soll nun Google in Frankreich zahlen, wegen Verstößen gegen die DSGVO. Gegen Youtube, Netflix oder Spotify erheben Datenschützer ebenfalls Vorwürfe und Facebook muss sich bereits vor dem Europäischen Gerichtshof verantworten.
    EuGH-Präsident Koen Lenaerts erinnert daran, dass Freiheit, das höchste Rechtsgut der Europäischen Verträge sei. Damit sei auch Freiheit von Unterdrückung gemeint – egal, "ob durch eine politische Mehrheit oder durch einen Internetgiganten".
    "Dem entgegen stehen gesellschaftliche Interessen, die gegen den Datenschutz abzuwägen sind. Zum einen das ökonomische Interesse der Internetgiganten. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist unternehmerische Freiheit. Viele dieser Dienste erleichtern außerdem den öffentlichen Zugang zu Informationen und tragen so bei zur Meinungs- und Redefreiheit."
    Auch analoges Datensammeln fällt unter die EU-Gesetzgebung
    Besonders genau nahm es im vergangenen Jahr die finnische Datenschutzbehörde: Sie verbot den Zeugen Jehovas, sich während ihrer Hausbesuche handschriftliche Notizen zu machen, etwa über Namen und religiöse Ansichten der von ihnen besuchten Finnen.
    "Wir sind so gewöhnt an digitalisierte, durchsuchbare Dateisysteme. Deshalb vergessen wir häufig, dass auch eine altmodische Sammlung von Karteikarten ein Ablagesystem sein kann, dass unter die EU-Gesetzgebung fällt."
    Die Zahl der Beschwerden bei den europäischen Datenschutzkontrolleuren hat die DSGVO stark ansteigen lassen. Eine Überforderung der Gerichte blieb jedoch ebenso aus, wie die befürchtete Welle von Strafgeldern gegen Kleinunternehmer, geschwärzte Fotografien in Kindergärten oder anonymisierte Klingelschilder an Mietshäusern.
    Für den Erfolg der Datenschutzgrundverordnung wird langfristig jedoch entscheidend sein, ob sie nicht nur keinen Schaden anrichtet, sondern den Missbrauch persönlicher Daten tatsächlich einschränken kann.