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Debatte im Bundestag
Starker Gegenwind für das Einwanderungsgesetz

Aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten: Das soll leichter werden, sagt die Bundesregierung. Die Große Koalition hat dazu einen Gesetzesvorschlag präsentiert. Aber alle Oppositionsparteien üben Kritik – aus völlig unterschiedlichen Gründen.

Von Gudula Geuther | 09.05.2019
Der Arbeiter hat einen blauen Schutzhelm mit Sichtschutz auf und flext den Rand einer Metallröhre.
Mit Schutzhelm Flex und Arbeitsvertrag: Ein Asylbewerber aus Somalia an seinem Arbeitsplatz in Fürstenwalde (dpa /Patrick Pleul)
Die Opposition kritisiert die Gesetzentwürfe aus unterschiedlichen Gründen. Nicht so die zuständigen Minister Hubertus Heil und Horst Seehofer.
"Wir kriegen jetzt endlich, nach über 30 Jahren Debatte in diesem Land, ein modernes Einwanderungsgesetz!"
"Ich kenne jedenfalls in Europa kein Europa kein moderneres Fachkräfteeinwanderungsgesetz."
Nicht mehr nur – wie bisher - Akademiker, sondern auch beruflich Gebildete sollen nach dem Entwurf leichter nach Deutschland kommen können, um hier zu arbeiten. Deutschland verzichte dabei nicht auf Steuerung, betonte Innenminister Seehofer.
"Wir stellen ab auf die Qualifikation der Bewerber und Interessenten. Und diese Qualifikation – und das ist der Hauptteil des Gesetzes – wird aus dem Ausland durch deutsche Stellen geprüft und nur, wer eine anerkannte Qualifikation hat, dass er sich mit Anpassungslehrgängen die volle Anerkennung erreichen kann, darf zur Erwerbstätigkeit einwandern."
Auch abgelehnte Asylbewerber profitieren
In der Regel sollen diese Fachkräfte schon einen Arbeitsvertrag mitbringen. Wer eine in Deutschland anerkannte Berufsausbildung hat, soll – auch hier: wie bisher schon Akademiker – befristet und ohne Anspruch auf Sozialleistungen auch kommen dürfen, um Arbeit zu suchen. Für abgelehnte Asylbewerber, die schon lange mit Duldung in Deutschland leben, sollen Arbeits- und Ausbildungsregeln vereinfacht werden. Arbeitsminister Hubertus Heil hat das so begründet:
"Es macht doch keinen Sinn, meine Damen und Herren, auf der einen Seite die Anstrengung zu unternehmen, auf der einen Seite mühsam Fachkräfte zu holen, und Fachkräfte, die wir schon bei uns haben, abzuschieben. Und deswegen haben wir gesagt: Wir brauchen eine pragmatische Lösung. Es braucht Vor-Zeiten an dieser Stelle, es braucht Beschäftigung, es braucht die Sicherung des Lebensunterhaltes an dieser Stelle. Es braucht auch Sprachkenntnisse. Und es muss natürlich sein, dass die Menschen straffrei hier sind."
Kritik: Wenig Weitsicht
Den Grünen geht das nicht weit genug und auch nicht die Regeln für Fachkräfte. Zu eng seien die Möglichkeiten der Arbeitssuche in Deutschland, befand die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckart. Die – wie die Bundesregierung – mehr Fachkräften Anreiz geben will.
"Energetische Sanierung von Häusern – es fehlen aktuell 100.000 Handwerker. 20 Prozent der offenen Stellen entfallen auf den Industriesektor, 17 Prozent auf den Handel, 10 Prozent auf das Gesundheitswesen und hier vor allem auf die Pflege."
Der FPD und ihrer neuen Generalsekretärin Linda Teuteberg fehlt in den Plänen der große Wurf:
"Statt einer großen, grundlegenden Reform, versuchen sie mit zahlreichen größeren und kleineren Eingriffen Fehler in den Griff zu bekommen. Das ist ungefähr so aussichtsreich wie die Reparatur des Brandschutzsystems am BER."
Auch Linke und AfD sind dagegen
Während Susanne Ferschl von der Partei die Linke den Fachkräftemangel in Teilen für herbeigeredet hält – von Arbeitgebern.
"Wir brauchen eine solidarische Zuwanderungspolitik. Konkurrenz und Unterbietung am Arbeitsmarkt brauchen wir nicht. Wen wundert’s denn, dass im Hotel- und Gaststättengewerbe Stellen unbesetzt bleiben, wenn Arbeitgeber hier weder den Arbeitslohn, noch nach Tarif bezahlen?"
Die AfD kritisierte beide Gesetze scharf als zu weitgehend. Wobei Martin Sichert überraschend befand, sie förderten die Islamisierung.
"Laut Koran darf ein Mann mehrere Frauen haben, er muss diese nur finanziell versorgen können. Jeder Muslim, der von einer Vielehe träumt, sie sich aber einfach nicht leisten kann, der braucht nur noch nach Deutschland kommen."
Nach dieser ersten Lesung im Bundestag beraten jetzt die Ausschüsse. SPD-Fraktionsvize Eva Högl wünschte sich in der Debatte, dass das Parlament die Regeln noch vor der Sommerpause verabschiedet, das hieße im kommenden Monat.