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Debatte über Kaufprämien
An Geld scheint es den Autobauern nicht zu mangeln

In Frankreich wurde eine Kaufprämie für Autos bereits beschlossen, um die dortige Autoindustrie in der Coronakrise zu unterstützen. In Deutschland bezweifeln Experten, warum gerade dieser Wirtschaftszweig besonders gefördert werden sollte - zum Beispiel durch eine mögliche Neuauflage der Abwrackprämie.

Von Mischa Ehrhardt | 27.05.2020
Volkswagen-Autos stehen auf Halde und warten auf Abnehmer. Wegen der Coronakrise bricht der Autoabsatz weltweit ein.
Volkswagen-Autos stehen auf Halde und warten auf Abnehmer. Wegen der Coronakrise bricht der Autoabsatz weltweit ein. (picture alliance/ dpa/ Sven Simon)
Der Schwerpunkt der Förderung in Frankreich liegt bei Elektroautos: Hier soll der Zuschuss beim Kauf eines Neuwagend von 6.000 auf 7.000 Euro steigen. Für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren will der Staat 3.000 Euro bezahlen. Das soll vor allem dazu dienen, die bereits produzierten und durch die Krise nicht verkauften Autos unter die Leute zu bringen.

Das Bild zeigt einen Arbeiter an einem Montageband in einer VW-Autofabrik. Der Arbeiter trägt eine Mundnasenmaske.
Nagelprobe für eine Branche im Umbruch
Die Autoindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands. Hunderttausende Menschen arbeiten bei Herstellern und Zulieferern. Nun stürzt die Corona-Pandemie die Branche in ein Nachfrage-Tief – vor dem Hintergrund des Umbaus zu mehr Elektromobilität.
Einige Beobachter halten das im Fall einer Kaufprämie hierzulande für ein Problem. Denn das Argument der Autoindustrie ist es ja gerade, dass damit die Produktion von Neuwagen angekurbelt werden soll, wodurch auch Autozulieferer profitieren würden. Das Modell eines Kaufanreizes gab es in der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise hierzulande, die sogenannte Abwrackprämie. Eine schlichte Neuauflage halten Experten für wenig sinnvoll.
"Eine direkte Kaufprämie sehe ich auch kritisch. Da gibt es natürlich auch sozialpolitische Argumente. Üblicherweise kaufen sich eher die wohlhabenderen Haushalte einen Neuwagen. Das würde dann von der Allgemeinheit subventioniert. Entsprechende Mitnahmeeffekte sind zu befürchten", sagt Branchenanalyst Eric Heymann von der Deutschen Bank.
Kritik an der Abwrackprämie von vor zehn Jahren
"Und es gilt auch weiterhin das Argument: Auch in anderen Sektoren haben Unternehmen Probleme und der Staat hat nur eine begrenzte Menge an Geld zur Verfügung, um Hilfsprogramme aufzulegen. Und da das sollte es schon möglichst so eingesetzt werden, dass es einen hohen Nutzen stiftet".
Die Abwrackprämie vor rund zehn Jahren betrug 2.500 Euro dafür, das alte Auto zu verschrotteten und sich dafür einen Neuwagen zuzulegen. Die Nachfrage war groß, viele Verbraucher nahmen das Geld und zogen einen Neuwagenkauf vor. Dafür ging der Autoabsatz danach aber wieder in den Keller - und genau das befürchten Experten im Falle einer Neuauflage wieder. Zudem hat sich durch das stärkere Bewusstsein des Klimawandels offenbar auch die Einstellung vieler Menschen geändert.
VW Automobile stehen auf Halde und warten auf Abnehmer.
Kaufprämie - Ein nachhaltiger ökonomischer Impuls sieht anders aus
Statt die Entscheidung über Kaufprämien für Neuwagen aufzuschieben, hätte die Bundesregierung den Autoherstellern eine klare Absage erteilen müssen, kommentiert Silke Hahne. Prämien sind ökologischer und ökonomischer Unfug.
So hat die Allianz pro Schiene eine Umfrage in Auftrag gegeben, nach der die Mehrheit der Bundesbürger statt einer Abwrackprämie eine breiter angelegte Mobilitätsprämie sinnvoll fänden. Jürgen Pieper vom privaten Bankhaus Metzler findet eine Kaufprämie zwar sinnvoll. Denn die könnte vor allem den Zulieferern helfen und den Händlern. Aber auch er meint, dass Mobilität dann auch in anderen Bereichen gefördert werden sollte.
"Ich würde Sie breit streuen und dann auch in Richtung gesamte Mobilität. Man kann auch Bahncards einbeziehen – warum nicht die auch unterstützen in einer solchen Phase über mehrere Wochen unterstützen, genauso wie ein Autokauf, genauso wie auch ein Zweiradkauf. Man kann das durchaus in dieser Breite anlegen, das finde ich auch richtig in dieser Situation. Dann ist doch die Akzeptanz in der Bevölkerung größer."
Autobauer stehen nicht schlecht da
Zumal sich die Frage stellt, weshalb gerade die Autoindustrie einer speziellen Förderung bedarf, wo diese Krise fast alle Wirtschaftsbereiche gleichermaßen trifft. Und zumindest die Autobauer selbst finanziell gar nicht schlecht dastehen.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
"Also in Summe ist die deutsche Automobilindustrie gut positioniert. Ja: Es sind schwere Zeiten auch für die Automobilindustrie. Aber gemessen an den Problemen, die andere Sektoren haben, ist die Automobilindustrie in einer sehr viel besseren Position. Und insofern gibt es sicherlich Sektoren, denen es deutlich schlechter geht in der aktuellen Krise", sagt Eric Heymann.
Dazu passt denn auch, dass aus Unternehmenskreisen bei Volkswagen von wahrscheinblich bevorstehenden Beteiligungen an Elektrofahrzeug- und Batterieherstellern in China die Rede ist - an Geld scheint es den Autobauern selbst also nicht zu mangeln. So äußert sich auch der Bundesverband der Deutschen Industrie skeptisch und bezweifelt, ob eine Kaufprämie das richtige Hilfsmittel in der Krise sei.