Freitag, 10. Mai 2024

Demonstrationen
Debatte über Protestkultur vor Aktionswoche des Deutschen Bauernverbands

Dass Bundeswirtschaftsminister Habeck im Rahmen von Bauernprotesten gegen Sparmaßnahmen der Regierung am Verlassen einer Fähre gehindert wurde, wird von vielen verurteilt. Im Vorfeld einer Protestwoche des deutschen Bauernverbands ist eine Debatte entbrannt.

07.01.2024
    An einer Straße steht ein in einem Heuballen aufgespießter Galgen, an dem an einem Strick eine gebastelte Ampel hängt. Ebenfalls am Galgen hängt ein Schild mit der Aufschrift "Langsam fahren". Aufnahme vom 31.12.2023
    Bauernproteste mit Galgen (picture alliance / Eibner-Pressefoto / Fleig / Eibner-Pressefoto)

    Bauernverband: "Galgen lehnen wir ab"

    Nach der jüngsten Eskalation ruft der Bauernverband zur Mäßigung bei den Protesten gegen die Sparmaßnahmen der Bundesregierung auf. Es dürfe keine Aktionen vor Privatwohnungen von Gesprächspartnern oder persönliche Anfeindungen geben, appellierte der Verband auf der Plattform X: "Demo-Symbolik wie Galgen, schwarze Fahnen oder andere Symbole extremistischer Gruppen lehnen wir entschieden ab!" Man distanziere sich scharf von Personen, die Umsturzfantasien propagierten oder Gewalt verherrlichten. Das gelte auch für rechtsextremistische Kreise und andere radikale Randgruppen - "auch weil diese teilweise unseren Protest für ihre niederträchtigen Anliegen vereinnahmen wollen", heißt es in dem X-Post.

    Ethikrat: "Gewalt ist niemals akzeptabel"

    Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, kritisierte die zunehmend hitzigen Diskussionen: "Knackige Debatten sind wichtig, Gewalt ist niemals akzeptabel", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. "Öffentliche politische Debatten werden zunehmend ruppiger und empörter geführt, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich einige dadurch ermuntert fühlen, rote Linien zu überschreiten. Das darf aber nicht sein." Deutschland habe wichtige Probleme vor der Nase, die nur gemeinsam gelöst werden könnten.
    Der Deutsche Ethikrat mahne schon länger, auch in Krisenzeiten im respektvollen Miteinander zu verbleiben und gleichzeitig unterschiedliche Ansichten auszuhalten. Dabei sieht Buyx insbesondere "staatliche Akteure" und Medien in der Pflicht, ihnen komme "dabei eine wichtige Rolle des Ausgleichens und Mäßigens zu. "Emotionales Aufheizen ist das Letzte, was wir gerade brauchen", sagte Buyx.

    Umstrittenes Foto der CDU Sachsen

    In sozialen Medien wurde nach der Fähr-Blockade durch Demonstrierende in Schleswig-Holstein ein Foto der CDU Sachsen kontrovers diskutiert. Auf dem Bild, das der Landesverband bereits im Dezember auf Facebook gepostet hatte, ist ein wütender Mann zu sehen, der aggressiv mit einer Heugabel droht. Dazu der Text: "Ampel-Regierung will Bauern an den Tank. Finger weg vom Agrardiesel." Dazu schrieb der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Altmaier auf X: "Die aggressive Bildsprache dieses Plakats ist verstörend." Sie schade den Anliegen der Landwirte und "ebenso der politischen Debatten-Kultur". Der Grünen-Politiker Trittin schrieb ebenfalls auf X, die CDU Sachsen rufe mit Mistgabeln aktiv zur Gewalt auf. Es sei "die gleiche CDU, die passive Sitzblockierende als 'Terroristen' verfolgen möchte". Und Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) schrieb dazu auf X: "So ein Plakat geht gar nicht". Gewaltaufrufe gegen die Ampelkoalition seien Angriffe auf Menschen. Niemand solle Attentate provozieren.

    Sorge vor Vereinnahmung der Proteste durch Rechtsradikale

    Wie mehrere Medien berichteten, mobilisieren auch einschlägige Parteien, Mitglieder der Reichsbürgerszene oder der Identitären Bewegung für die geplanten Proteste kommende Woche. Entsprechende Aufrufe finden sich in Sozialen Medien wie X oder Telegram. Der Jenaer Demokratieforscher Axel Salheiser sagte der ARD, völkisch-nationalistische bis rechtsextreme Gruppen versuchten, die Proteste für sich zu nutzen. Sie nähmen sie als Vehikel für ihre Umsturzfantasien. Der Bauernverband Baden-Württemberg mahnte, natürlich gebe es Trittbrettfahrer. Dennoch dürften die Proteste nicht durch Aktionen aus der rechten Ecke delegitimiert werden.

    Weiterführender Link:

    Die eskalierenden Proteste gegen Bundeswirtschaftsminister Habeck wurden auch in den Zeitungen kommentiert. Lesen Sie dazu unsere Presseschau vom 06.01.2024.
    Diese Nachricht wurde am 06.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.