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Defizit-Regeln
Französischer Rechnungshof könnte Debatte befeuern

Das 50-Milliarden-Sparpaket, mit dem Frankreich die Schulden abbauen und die Entlastung der Unternehmen finanzieren will, lässt Fragen offen. Geplante Einsparungen in Höhe von 30 Milliarden Euro seien äußerst unsicher, urteilt der Rechnungshof.

Von Ursula Welter |
    Frankreichs neuer Premierminister Manuel Valls
    Premierminister Manuel Valls glaubt offenbar an die Mehrheit für den Reformhaushalt, der in den nächsten Wochen im Parlament zur Debatte steht. (dpa / picture-alliance / Etienne Laurent)
    Die Journalisten konnten machen, was sie wollten: Auf den Bericht des Rechnungshofs wollte Premierminister Manuel Valls lieber nicht eingehen.
    Während der Premier im Parlament vor Beginn der Beratungen über den Reformhaushalt mit potenziellen Abweichlern seiner Partei sprach, hatte an anderer Stelle der Stadt der Rechnungshof den Finger in die Wunde gelegt. Das 50-Milliarden Sparpaket, mit dem die Schulden abgebaut und die Entlastung der Unternehmen finanziert werden soll, lasse Fragen offen, schreibt der Rechnungshof. Geplante Einsparungen in Höhe von 30 Milliarden Euro seien " unsicher".
    "Wir laden die Regierung ein, diese 30 Milliarden Euro besser zu dokumentieren",
    sagte Rechnungshofpräsident Didier Migaud.
    Wachstumsnahme möglicherweise zu hoch gegriffen
    Die Skepsis der Prüfer fußt nicht zuletzt auf der Tatsache, dass die Regierung an Stellen Sparen versprochen hat, an denen sie nicht recht kontrollieren kann, was geschieht, in den einzelnen Gebietskörperschaften. Allein elf Milliarden Euro, die dort bis 2017 eingespart werden sollen, sieht der Rechnungshof als nicht gesichert an. Und zieht den für die Regierung unerfreulichen Schluss, dass die Neuverschuldung Frankreichs in diesem Jahr bei vier Prozent, womöglich sogar leicht darüber liegen könne. Auch und weil die Wachstumsannahme von einem Prozent möglicherweise zu hoch gegriffen ist.
    Der Premier, der zu seinem Amtsantritt noch die Meinung vertreten hatte, mehr Zeit für den Schuldenabbau sei eine legitime Forderung, hat es um diese Formulierung stiller werden lassen, aber hinter den Kulissen werden Frankreichs Sozialisten nicht müde, der Wachstumsförderung den Vorzug vor der Haushaltsstrenge zu geben. Dennoch sagt Manuel Valls:
    "Unternehmen unterstützen, Kaufkraft stärken, Schulden abbauen, das sind die Kernelemente unserer Politik und die Dinge gehen einen guten Weg."
    Der Premier glaubt also an die Mehrheit für den Reformhaushalt, der in den nächsten Wochen im Parlament zur Debatte steht, obwohl eine nicht geringe Zahl von Sozialisten die Politik des Präsidenten und seines Premiers nicht überzeugend, vor allem nicht sozialistisch genug findet.
    "Das ist eine Frage der Ausrichtung. Es ist legitim, dass wir nach der Justierung der Politik fragen, wenn den Unternehmen 40 Milliarden Entlastung ohne Ausgleich angeboten werden",
    greift ein Gegner in der sozialistischen Fraktion die Kritik auf und in den Zahlen zu hoch.
    Tränengas beim Streik der Eisenbahner
    Versprechen die kommenden Tage und Wochen im Parlament hitzig zu werden, so ist das, draußen auf den Straßen, schon jetzt der aktuelle Aggregatszustand. Der Streik der Eisenbahner ging heute in den siebten Tag, im ganzen Land zogen Protestzüge auf, teilweise wurde Tränengas eingesetzt, die Bahnreform, die den Zusammenschluss der Schienennetzgesellschaft mit der Bahngesellschaft bringen soll, diese Reform liegt ebenfalls im Parlament ab heute zur Beratung vor.
    Der Präsident des französischen Arbeitgeberverbandes MEDEF meinte:
    "Das Land, dem es ökonomisch schlecht geht, wird da von einer Minderheit in Geiselhaft genommen",
    sagte Pierre Gattaz, der auf die Tatsache anspielte, dass gerade 14 Prozent des Bahnpersonals seit nunmehr einer Woche dafür sorgen, dass viele Räder in Frankreich still stehen und die Wut bei den Pendlern steigt.