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Deftig, scharf oder leicht und locker

Fertigpizzen sind schnell zubereitet und meistens lecker. Für jeden Geschmack ist etwas dabei, von scharf über fruchtig bis hin zu vegetarisch. Bei der Berliner Firma Freiberger gibt es allein 60 Varianten Salamipizza. Der neueste Trend aber: Rucola-Salat als Pizzabelag.

Von Daniela Siebert |
    Die Spinatpizza ist fertig. In durchsichtige Folie eingeschweißt, gleitet sie in eine farbig bedruckte Kartonverpackung, die schon bald Kunden aus dem Tiefkühlregal eines deutschen Supermarktes nehmen werden.

    Bis zu 1,5 Millionen Pizzen laufen hier in Berlin-Reinickendorf täglich vom Band. Mit ein Grund, warum Geschäftsführer Helmut Morent Freiberger in der Weltrangliste der Tiefkühlpizzaproduzenten ganz weit oben verortet:

    "Wir sind, wenn wir die Tiefkühlpizza alleine betrachten, an dritter Stelle – nach Nestlé und Oetker. Wenn wir Pizza insgesamt betrachten, Kühl- und Tiefkühl-, dann an zweiter Stelle."

    Die Spinatpizza hat einen ausgeklügelten Werdegang durch eine nahezu vollautomatische Fertigungsanlage hinter sich. Rund eine halbe Stunde dauert der Rundgang mit Helmut Morent durch die Produktionshalle, der alle Fertigungsetappen über mehrere Etagen und Räume umfasst.

    Los geht’s in einer angenehm warmen Halle vor mehreren Silos aus Stahl. Es riecht nach Hefe:

    "Hier wird Teig mit Hefe angesetzt, gegärt und wird dann mit weiterem Mehl und Flüssigkeiten vermischt und wird dann zu dem Pizzateig gemacht. Aber hier wird das 24 Stunden vorher als Hefeteig angesetzt."

    Mehrere Knet-, Walz- und Ruhevorgänge später hat der Teig schließlich die gewünschte Konsistenz und Dicke von fünf Millimetern. Nun werden die kreisrunden Pizzaformen aus dem Teig gestanzt, dann kommt der erste Belag: Tomatensoße. Ein Automat drückt lauter kreisrunde rote Tupfen auf den Teig.

    "Wir haben ungefähr 120 verschiedene Soßen, jeder unserer Kunden hat seine eigenen Geschmäcker, und das beginnt natürlich schon bei der Soße." Danach fährt die Pizza auf dem Transportband durch einen 60 Meter langen Steinofen. Der hat einen Boden aus Granit und heizt mit 360 Grad."

    Weiter geht’s von Fließband zu Fließband. Erst zum Abkühlen, dann zum Belegen. Nur vereinzelt sieht man Mitarbeiter, die Zutaten wie Mehl oder Käse nachfüllen. Der Rundgang endet schließlich in der firmeneigenen Werkstatt. Sie garantiert, dass die insgesamt fünf Produktionsstraßen auf dem Freiberger-Gelände in Reinickendorf auch bei technischen Problemen nicht lange stillstehen.

    Der Betrieb, der mit seiner Effizienz heute weltweit punktet, hat mal ganz klein angefangen. Daran erinnert ein Relikt in der Empfangshalle des Firmensitzes: eine alte, gusseiserne Ofenfront.

    "Das kam noch vom Vorgänger der Firma "Freiberger", das war damals eine Versandpizzabäckerei, die haben mit zwanzig Mitarbeitern dort Pizza gemacht, haben die dann in Folie gepackt und eingefroren."

    1976 übernahm der junge Bayer Ernst Freiberger den kleinen Pizzaversand in Berlin-Moabit. Der studierte Betriebswirt machte aus dem fast bankrotten Betrieb ein florierendes Unternehmen, optimierte die Produktion und erweiterte in den nächsten Jahren erfolgreich die Produktpalette und die Absatzmärkte, kaufte schließlich einen konkurrierenden Baguettehersteller in Baden-Württemberg auf und eröffnete dort einen zweiten Produktionsstandort. 1998 schließlich verkaufte Freiberger seine Firmenanteile an die Südzucker AG, die den Expansionskurs seitdem fortsetzt.

    Heute hat die Firma weltweit fünf Produktions- und neun Vertriebsstandorte, darunter Moskau, Schanghai und New Jersey. 2000 Mitarbeiter zählt das Unternehmen, 600 davon in der Berliner Zentrale.

    Mit ihren Pizzen beliefern die Freiberger Markenfirmen und Lebensmittelhändler rund um den Globus. Dazu gehören auch die eigenen Produktlinien "Alberto" und "Erno's". Über 1000 Rezepte habe man im Repertoire, betont Geschäftsführer Helmut Morent. Alleine 60 verschiedene Varianten von Salamipizza produziert Freiberger. Die Berliner Pizzabäcker kennen die kulinarischen Vorlieben weltweit bis ins Detail:

    "In England zum Beispiel gibt es Meatfeast, das ist eine spezielle Belegung mit Hackfleisch mit einem sehr speziellen Gewürz, das in Deutschland niemand so gerne isst, aber Engländer mögen das. In Polen zum Beispiel gibt es Schinken, Champignon und Schinken-Champignon, das sind die Sorten, die dort laufen."

    Dementsprechend variieren die Bestseller je nach Land. In Deutschland seien das vor allem Pizzen mit Salamibelag, bilanziert Morent, in Frankreich Pizzen mit Ziegenkäse- oder Hackfleisch. Abgesehen vom Geschmack, gilt es bei einem weltweiten Pizzavertrieb aber auch noch politische und religiöse Regeln zu beachten. So liefere man in arabische Länder ausschließlich zertifizierte Halal-Produkte, erklärt Helmut Morent, also solche, die überprüft islamischen Speisevorschriften gerecht werden. Und auch für China gebe es Sonderregeln so Morent:

    "Im Moment ist es so, dass Schweinefleisch eingeführt werden darf, aber keine Schweinefleischprodukte. Da sind wir aber auf einem Weg, um auch das zu erlauben."

    In dieser Gemengelage von Geschmäckern, Regeln, Gewohnheiten und technischen Möglichkeiten versucht man bei Freiberger auch immer wieder, Produktneuheiten zu entwickeln. Pizza mit Rucolabelag gehört dazu:

    "Das ist, glaube ich, Zeitgeist. Wir hatten vor zehn Jahren mal versucht, Produkte zu entwickeln, mit frischen Sachen drauf, wie Rucola, das ging gar nicht. Vor fünf Jahren haben wir es noch einmal probiert. Jetzt läuft das wie verrückt."

    Freiberger hat seinen Umsatz nach eigenen Angaben in den letzen Jahren kontinuierlich gesteigert - auf zuletzt 480 Millionen Euro in 2010. Über den Gewinn will Helmut Morent nichts sagen, außer dass es schwarze Zahlen sind. Pizza sei ein Cent-Geschäft. Die Konsumenten wollen für Tiefkühlpizza nicht viel Geld ausgeben. Daran konnte auch Freiberger mit "Sondereditionen", echtem Büffel-Mozarella und handgefertigten Pizzavarianten, nichts ändern:

    "Wir können auch einen Hummer auf eine Pizza legen, nur das wird keiner kaufen, weil´s eben zu teuer ist."