Tobias Armbrüster: Der Deutschlandfunk feiert in diesen Tagen sein 50-jähriges Bestehen, Anlass für uns, hier im Funkhaus in Köln heute und morgen eine Konferenz zu veranstalten, bei der es um einige grundlegende Fragen in der politischen Berichterstattung gehen soll. Titel der Konferenz: "Der Ort des Politischen in der digitalen Medienwelt". – Im Studio bei mir ist Deutschlandfunk-Chefredakteur Stephan Detjen. Herr Detjen, dieser Titel, "Der Ort des Politischen in der digitalen Medienwelt", das ist ein großes Thema. Was genau soll bei dieser Konferenz zur Sprache kommen?
Stephan Detjen: Politik, Herr Armbrüster, hat etwas mit Orten zu tun. Das wird ja schon in dem Namen deutlich. Politik kommt von Polis, von dem Bezug auf den griechischen Stadtstaat. Da ist mal das entstanden, was wir heute als Politik verstehen, die Ordnung von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, menschlichen Verhältnissen, die wir heute politisch regeln oder regeln wollen. Aber wir leben in einer Zeit, in der Grenzen, in der Ortsbezüge immer weniger eine Rolle spielen. Nationale Grenzen spielen eine geringere Rolle als früher, rechtliche, verfassungsrechtliche Geltungsgrenzen spielen eine geringere Rolle in einer Zeit, in der sich übernationale Ordnungen, übernationale Verfassungen sozusagen hinwegwölben. Und wenn wir Kommunikation anschauen, wenn wir etwa das Internet anschauen, dann ist das ja sozusagen der Inbegriff von Ortlosigkeit, von weltumspannenden gleichzeitigen Kommunikationsmöglichkeiten. Also vor diesem Hintergrund wirft sich immer wieder – und das ist etwas, was wir bei unserer täglichen Arbeit immer wieder erleben – die Frage auf: wo finden wir eigentlich das Politische, wo bestimmen wir es, wie beschreiben wir es. Und das sind Fragen, die wir auf dieser Konferenz heute und morgen diskutieren werden.
Armbrüster: Was für Veranstaltungen sind da genau geplant?
Detjen: Wir haben Wissenschaftler eingeladen aus aller Welt, Journalisten eingeladen, Beobachter des Politischen, Politiker selbst. Den Eröffnungsvortrag nachher wird der britische Politikwissenschaftler Colin Crouch halten, der vor einigen Jahren mit seiner These von der Postdemokratie weltweit für Diskussionen gesorgt hat, mit der These, dass wir in einer Zeit leben, in der demokratische Strukturen eigentlich verdrängt werden durch die Macht von Lobbyorganisationen, durch informelle Netzwerke, durch Entscheidungsstrukturen, die sich den klassischen demokratischen Regelungsmechanismen entziehen. Das werden wir diskutieren mit Paul Nolte etwa, dem Historiker, dem Verfassungsrechtler Franz C. Mayer. Wir werden dann Diskussionsrunden haben, an denen prominente Vertreter öffentlich-rechtlicher Rundfunksysteme, etwa der Generaldirektor des Schweizerischen Rundfunks und Fernsehens, Roger de Weck, teilnehmen werden. Wir werden Gäste von der BBC haben, die uns erzählen werden, wie sie mit digitalen Herausforderungen umgehen. Wir werden Gäste aus Amerika haben, Vertreter von National Public Radio, die uns von dem Wandel der Medien in Amerika berichten werden, Vertreter von Onlinemedien, amerikanischen politischen Onlinemedien, mit denen wir also auch einen Blick in die Zukunft politischer Medien werfen werden.
Armbrüster: Wir reden ja hier vor allen Dingen über die politische Berichterstattung, Sie haben es schon angedeutet. Wie hat sich die denn verändert durch die digitalen Medien?
Detjen: Sie verändert sich ständig. Wir haben Zeiten erlebt, in denen sich gerade politischer Journalismus vor allen Dingen durch seine häufig auch problematische Beschleunigung ausgezeichnet hat, wenn wir an die 90er-Jahre denken, wenn wir an die Jahre nach dem Umzug von Parlament und Bundesregierung nach Berlin etwa denken, in denen wir erlebt haben, wie Medien sich in einem Rennen um die exklusiven Nachrichten, um den Scoop überboten haben. Meine Beobachtung ist, dass wir eigentlich inzwischen in einer ganz anderen Phase leben, und die hat etwas mit dem Internet zu tun, nämlich dass News, dass Nachrichten etwas sind, was wir eigentlich im Überfluss zur Verfügung haben, und wo etwas ganz anderes eine Rolle spielt und den Erfolg von Qualitätsmedien ausmacht, nämlich die Kompetenz, die Welt ordnen, sie erklären zu können, Nachrichten gewichten zu können. Und das ist eine Kompetenz, zu der wir als öffentlich-rechtliches Medium ja in ganz besonderer Weise beauftragt sind, die auszuüben und die zu leben, und das ist die Herausforderung, der wir uns jeden Tag und auch in Zukunft immer wieder stellen werden.
Armbrüster: Man kann natürlich in diesen Tagen nicht über politische Berichterstattung sprechen, ohne die Causa Wulff zu erwähnen. Sie haben es jetzt schon gesagt: Da werden sehr viele internationale Teilnehmer heute mit dabei sein, heute und morgen. Wird dieser Fall trotzdem zur Sprache kommen?
Detjen: Ja, natürlich! Da kommen wir überhaupt nicht dran vorbei, so wie wir das auch in dieser Sendung heute Morgen ja schon mehrfach thematisiert haben. Wir werden am frühen Nachmittag heute mit profilierten politischen Journalisten aus Berlin diskutieren. Günter Bannas, der Leiter des Hauptstadtbüros der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wird bei uns sein, Susanne Höll von der "Süddeutschen Zeitung", der Chef von DPA, Wolfgang Büchner, und Jörg Schönenborn, der Chefredakteur des WDR-Fernsehens. Das können unsere Hörerinnen und Hörer dann auch heute Abend ab 19:15 Uhr im Deutschlandfunk nachhören. Da dokumentieren wir die Diskussion, die wir dann über Macht und Ohnmacht in diesen Zeiten des politischen Journalismus in Deutschland führen werden.
Armbrüster: Spannende zwei Tage also heute und morgen hier bei uns im Deutschlandfunk. Wir halten sie auf dem Laufenden. – Das war Deutschlandfunk-Chefredakteur Stephan Detjen. Besten Dank!
Detjen: Danke, Herr Armbrüster.
Stephan Detjen: Politik, Herr Armbrüster, hat etwas mit Orten zu tun. Das wird ja schon in dem Namen deutlich. Politik kommt von Polis, von dem Bezug auf den griechischen Stadtstaat. Da ist mal das entstanden, was wir heute als Politik verstehen, die Ordnung von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, menschlichen Verhältnissen, die wir heute politisch regeln oder regeln wollen. Aber wir leben in einer Zeit, in der Grenzen, in der Ortsbezüge immer weniger eine Rolle spielen. Nationale Grenzen spielen eine geringere Rolle als früher, rechtliche, verfassungsrechtliche Geltungsgrenzen spielen eine geringere Rolle in einer Zeit, in der sich übernationale Ordnungen, übernationale Verfassungen sozusagen hinwegwölben. Und wenn wir Kommunikation anschauen, wenn wir etwa das Internet anschauen, dann ist das ja sozusagen der Inbegriff von Ortlosigkeit, von weltumspannenden gleichzeitigen Kommunikationsmöglichkeiten. Also vor diesem Hintergrund wirft sich immer wieder – und das ist etwas, was wir bei unserer täglichen Arbeit immer wieder erleben – die Frage auf: wo finden wir eigentlich das Politische, wo bestimmen wir es, wie beschreiben wir es. Und das sind Fragen, die wir auf dieser Konferenz heute und morgen diskutieren werden.
Armbrüster: Was für Veranstaltungen sind da genau geplant?
Detjen: Wir haben Wissenschaftler eingeladen aus aller Welt, Journalisten eingeladen, Beobachter des Politischen, Politiker selbst. Den Eröffnungsvortrag nachher wird der britische Politikwissenschaftler Colin Crouch halten, der vor einigen Jahren mit seiner These von der Postdemokratie weltweit für Diskussionen gesorgt hat, mit der These, dass wir in einer Zeit leben, in der demokratische Strukturen eigentlich verdrängt werden durch die Macht von Lobbyorganisationen, durch informelle Netzwerke, durch Entscheidungsstrukturen, die sich den klassischen demokratischen Regelungsmechanismen entziehen. Das werden wir diskutieren mit Paul Nolte etwa, dem Historiker, dem Verfassungsrechtler Franz C. Mayer. Wir werden dann Diskussionsrunden haben, an denen prominente Vertreter öffentlich-rechtlicher Rundfunksysteme, etwa der Generaldirektor des Schweizerischen Rundfunks und Fernsehens, Roger de Weck, teilnehmen werden. Wir werden Gäste von der BBC haben, die uns erzählen werden, wie sie mit digitalen Herausforderungen umgehen. Wir werden Gäste aus Amerika haben, Vertreter von National Public Radio, die uns von dem Wandel der Medien in Amerika berichten werden, Vertreter von Onlinemedien, amerikanischen politischen Onlinemedien, mit denen wir also auch einen Blick in die Zukunft politischer Medien werfen werden.
Armbrüster: Wir reden ja hier vor allen Dingen über die politische Berichterstattung, Sie haben es schon angedeutet. Wie hat sich die denn verändert durch die digitalen Medien?
Detjen: Sie verändert sich ständig. Wir haben Zeiten erlebt, in denen sich gerade politischer Journalismus vor allen Dingen durch seine häufig auch problematische Beschleunigung ausgezeichnet hat, wenn wir an die 90er-Jahre denken, wenn wir an die Jahre nach dem Umzug von Parlament und Bundesregierung nach Berlin etwa denken, in denen wir erlebt haben, wie Medien sich in einem Rennen um die exklusiven Nachrichten, um den Scoop überboten haben. Meine Beobachtung ist, dass wir eigentlich inzwischen in einer ganz anderen Phase leben, und die hat etwas mit dem Internet zu tun, nämlich dass News, dass Nachrichten etwas sind, was wir eigentlich im Überfluss zur Verfügung haben, und wo etwas ganz anderes eine Rolle spielt und den Erfolg von Qualitätsmedien ausmacht, nämlich die Kompetenz, die Welt ordnen, sie erklären zu können, Nachrichten gewichten zu können. Und das ist eine Kompetenz, zu der wir als öffentlich-rechtliches Medium ja in ganz besonderer Weise beauftragt sind, die auszuüben und die zu leben, und das ist die Herausforderung, der wir uns jeden Tag und auch in Zukunft immer wieder stellen werden.
Armbrüster: Man kann natürlich in diesen Tagen nicht über politische Berichterstattung sprechen, ohne die Causa Wulff zu erwähnen. Sie haben es jetzt schon gesagt: Da werden sehr viele internationale Teilnehmer heute mit dabei sein, heute und morgen. Wird dieser Fall trotzdem zur Sprache kommen?
Detjen: Ja, natürlich! Da kommen wir überhaupt nicht dran vorbei, so wie wir das auch in dieser Sendung heute Morgen ja schon mehrfach thematisiert haben. Wir werden am frühen Nachmittag heute mit profilierten politischen Journalisten aus Berlin diskutieren. Günter Bannas, der Leiter des Hauptstadtbüros der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wird bei uns sein, Susanne Höll von der "Süddeutschen Zeitung", der Chef von DPA, Wolfgang Büchner, und Jörg Schönenborn, der Chefredakteur des WDR-Fernsehens. Das können unsere Hörerinnen und Hörer dann auch heute Abend ab 19:15 Uhr im Deutschlandfunk nachhören. Da dokumentieren wir die Diskussion, die wir dann über Macht und Ohnmacht in diesen Zeiten des politischen Journalismus in Deutschland führen werden.
Armbrüster: Spannende zwei Tage also heute und morgen hier bei uns im Deutschlandfunk. Wir halten sie auf dem Laufenden. – Das war Deutschlandfunk-Chefredakteur Stephan Detjen. Besten Dank!
Detjen: Danke, Herr Armbrüster.