Probst: Entwicklungen anzustoßen, Projekte auf den Weg zu bringen, das hat sich Wolfgang Clement schon zu seiner Zeit als Wirtschaftsminister und Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen zugute gehalten. Diesen Weg will er wohl auch als 'Superminister' in Berlin weitergehen, beispielsweise mit dem Vorschlag, den Aufschwung Ost durch die ganze, zweit- oder teilweise Aufhebung von Gesetzen voranzubringen. Frage an Manfred Stolpe, er ist Bundesminister für Verkehr und eben Aufbau Ost, was er von der Idee hält.
Stolpe: Ich finde es genau richtig, das deckt sich erstens mit meiner Erfahrung, denn wir haben in den letzten zehn, zwölf Jahren erlebt, dass das in guten Zeiten gewachsenen recht in der BRD doch in komplizierten Situationen zu starr ist. Wir brauchen mehr Bewegung dabei, da sind Verfahrensregelungen und Vorgaben drin, die in Pioniersituationen hinderlich sind und das hat in der Praxis schon zu machen Veränderungen bis ins Tarifrecht hinein geführt. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass es Absprachen zwischen Tarifpartnern und Betriebsräten, dass in gefährdeten Unternehmen auch Sonderregelungen getroffen werden könne, das hat sich voll bewährt zur Erhaltung von Standorten. Was mich sowieso umtreibt und wo ich sofort mit dem Minister Clement d'accord bin: wir haben gute Erfahrungen mit dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz gemacht. Das ist ja ein Rechtsregelung, die uns sehr hilft und das würde ich nach 2004 gerne weiterführen und eigentlich ist es auch ein Modell für ganz Deutschland.
Probst: Herr Stolpe, wenn man so gute Erfahrungen mit dem Osten gemacht hat auf den verschiedenen Gebieten, die Sie angesprochen haben, wo fehlt es denn dann noch, wo müsste das denn jetzt noch eingeführt werden?
Stolpe: Es muss weitergeführt werden und ich würde immer dafür werben, dass es kein Verlust an Demokratie und Rechtssicherheit bedeutet, wenn es ein bisschen schneller geht und ich bin sehr hinterher, dass wir im Bau- und Raumordnungsrecht noch mehr machen können. Das Baurecht ist in Deutschland noch zu kompliziert, es gibt viele Geschichten, die meines Erachtens durch einfache Anzeigeverfahren gehandhabt werden können und nicht durch langatmige Genehmigungsverfahren und bei Raumordnung kann man auch Instanzen der Beteiligung sparen, das sind Beispiele, die uns vor den Füßen liegen und wo man was machen kann, wo noch etwas zusätzliches angeregt ist, damals von Helmut Schmidt, jetzt aufgegriffen von Wolfgang Clement, ob man den Ländern im Osten eine Art Generalermächtigung geben kann, Bundesrecht außer Kraft zu setzen, sehr spannender Gedanke, den sollte man unbedingt verfolgen. Die Durchführung ist schwieriger als bei den anderen genannten Punkten.
Probst: Das ist eben die Frage: ist das rechtlich überhaupt möglich und woher soll die Initiative kommen?
Stolpe: Nein, das geht nicht ohne Grundgesetzänderung und das wird sicher heftige Diskussionen mit sich bringen. Auf der anderen Seite steht natürlich die Frage: sind wir nicht genötigt, hier jetzt einen Schub in die Ostentwicklung hineinzugeben. Wir haben die erste Hälfte des Aufbaus Ost geschafft, das darf man nie vergessen, aber wir sind jetzt dabei, in die zweite Halbzeit reinzugehen und damit die ein voller Erfolg wird in den nächsten bis zu zehn Jahren, sollte man sich also auch ernsthaft Gedanken darüber machen, wo man die Schrauben des Rechtsstaats etwas lockern kann.
Probst: Herr Stolpe, aber wenn Sie sagen, die Erfahrungen, die man über die letzten zehn, zwölf Jahre gemacht hat, waren so gut, kann man natürlich mit einiger Berechtigung die Frage stellen: warum ist dann nicht längst weiteres geschehen?
Stolpe: Es ist nicht so, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden konnten. Die Ministerpräsidenten der Ostländer, die ja jetzt auch schon reagiert haben, haben eben darauf hingewiesen, dass bundesrechtliche Regelungen, sei es im bereich des Wirtschaftsrechts oder des Arbeitsrechtes doch sie hindern würden und da sollte man wirklich darüber nachdenken, ob man diesen Weg nicht eröffnen kann, das Landesparlament mit bestimmten qualifizierten Mehrheiten mit einem zu regelnden Rückkopplungsverfahren zum Bundesgesetzgeber an Einzelregeklungen herangehen kann.
Probst: Nun sind Sie, Herr Stolpe, zwar speziell für den Aufbau Ost zuständig, aber man kann natürlich schon mit einiger Berechtigung fragen: warum soll es das nur für den Osten geben, auch hier im Westen gibt es strukturschwache Gebiete, die einen Schub sicherlich gut gebrauchen könnten.
Stolpe: Ich denke, dass das ganz sicher auch kein exklusives Recht für den Osten sein könnte. Was ich vom Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz gesagt habe, das meine ich ja ernst; wir sind in der Beziehung eine Pilotregion im Osten gewesen, wir haben zeigen können, dass es schneller geht ohne dass die Rechtssicherheit verloren geht und die Beteiligungsrechte abgeschafft werden und das muss meines Erachtens auch eröffnet werden können für Deutschland im ganzen. Und wenn wir intensiv über Vereinfachungen des Bau- und Raumordnungsrechtes nachdenken, gerade in diesem Ministerium, dann machen wir das von vornherein für ganz Deutschland, dann machen wir nicht Ostsonderrechte.
Probst: Aus den unionsregierten Ländern im Osten, Herr Stolpe, gibt es sehr positive Reaktionen au diesen Vorstoß, allerdings auch gleich den Vorbehalt, dass di SPD doch etwas sehr strukturkonservativ sei und man da Hemmungen sehen, wirklich zu entbürokratisieren, zu entrümpeln, zu modernisieren, wie ja auch die Hartz-Diskussion gezeigt habe. Ein berechtigter Vorwurf?
Stolpe: Nein, den halte ich nicht für gerechtfertigt. Das ist alles noch dieser Pulverdampf der Bundestagswahl und die Vorwirkungen vom 2. Februar in Hessen und Niedersachsen. Das finde ich gar nicht so gut, wenn so etwas gesagt wird. Wir machen hier wirklich erhebliche Anstrengungen, auch gerade hier vom Ministerium Clement aus und niemand anders sonst hätte mehr riskieren können, auch die CDU, die es sich jetzt mit ihren Vorwürfen etwas leicht macht. Wenn sie denn die Wahl gewonnen hätte und hier diese Richtung gegangen, sie hätte auch nicht mit der Sense und der Axt arbeiten können.
Probst: Also eine konkrete Überlegung und nicht nur eine Art Versuchsballon du zu sehen, wie die Reaktionen darauf sind und dann sehen wir weiter?
Stolpe: Ich bin fürs konkrete Herangehen und ich denke schon, dass man in Absprache mit den Ostländern hier eine Bundesratsinitiative starten könnte und einen ernsthaften Diskussionsprozess mit Für und Wider dann führen sollte und ich bin eigentlich ziemlich sicher, dass für alle benachteiligten Regionen - das sage ich ganz bewusst hier, weil ich es schon für richtig halte, dass man sie nicht nur im Osten sucht - Erleichterungen wünschenswert wären.
Probst: Das wäre ja dann auch ein Reformsignal, was die Bundesregierung im Moment gut gebrauchen könnte...
Stolpe: Es ist eines der Signale, die da sind und die sollte man in der tat mit Ernst betreiben und das, was jetzt schon machbar ist, kann man auch anpacken und das sind die beiden Gehsetzgebungsvorhaben, die hier in diesem Hause angesiedelt sind. Alles, was Bau- und Raumordnungsrecht betrifft müssen wir vereinfachen, für alle. Und dieses Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz hat sich bewährt und wäre für ganz Deutschland eine Hilfe.
Probst: So weit das Gespräch mit Bundesminister Manfred Stolpe.
Link: Interview als RealAudio
Stolpe: Ich finde es genau richtig, das deckt sich erstens mit meiner Erfahrung, denn wir haben in den letzten zehn, zwölf Jahren erlebt, dass das in guten Zeiten gewachsenen recht in der BRD doch in komplizierten Situationen zu starr ist. Wir brauchen mehr Bewegung dabei, da sind Verfahrensregelungen und Vorgaben drin, die in Pioniersituationen hinderlich sind und das hat in der Praxis schon zu machen Veränderungen bis ins Tarifrecht hinein geführt. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass es Absprachen zwischen Tarifpartnern und Betriebsräten, dass in gefährdeten Unternehmen auch Sonderregelungen getroffen werden könne, das hat sich voll bewährt zur Erhaltung von Standorten. Was mich sowieso umtreibt und wo ich sofort mit dem Minister Clement d'accord bin: wir haben gute Erfahrungen mit dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz gemacht. Das ist ja ein Rechtsregelung, die uns sehr hilft und das würde ich nach 2004 gerne weiterführen und eigentlich ist es auch ein Modell für ganz Deutschland.
Probst: Herr Stolpe, wenn man so gute Erfahrungen mit dem Osten gemacht hat auf den verschiedenen Gebieten, die Sie angesprochen haben, wo fehlt es denn dann noch, wo müsste das denn jetzt noch eingeführt werden?
Stolpe: Es muss weitergeführt werden und ich würde immer dafür werben, dass es kein Verlust an Demokratie und Rechtssicherheit bedeutet, wenn es ein bisschen schneller geht und ich bin sehr hinterher, dass wir im Bau- und Raumordnungsrecht noch mehr machen können. Das Baurecht ist in Deutschland noch zu kompliziert, es gibt viele Geschichten, die meines Erachtens durch einfache Anzeigeverfahren gehandhabt werden können und nicht durch langatmige Genehmigungsverfahren und bei Raumordnung kann man auch Instanzen der Beteiligung sparen, das sind Beispiele, die uns vor den Füßen liegen und wo man was machen kann, wo noch etwas zusätzliches angeregt ist, damals von Helmut Schmidt, jetzt aufgegriffen von Wolfgang Clement, ob man den Ländern im Osten eine Art Generalermächtigung geben kann, Bundesrecht außer Kraft zu setzen, sehr spannender Gedanke, den sollte man unbedingt verfolgen. Die Durchführung ist schwieriger als bei den anderen genannten Punkten.
Probst: Das ist eben die Frage: ist das rechtlich überhaupt möglich und woher soll die Initiative kommen?
Stolpe: Nein, das geht nicht ohne Grundgesetzänderung und das wird sicher heftige Diskussionen mit sich bringen. Auf der anderen Seite steht natürlich die Frage: sind wir nicht genötigt, hier jetzt einen Schub in die Ostentwicklung hineinzugeben. Wir haben die erste Hälfte des Aufbaus Ost geschafft, das darf man nie vergessen, aber wir sind jetzt dabei, in die zweite Halbzeit reinzugehen und damit die ein voller Erfolg wird in den nächsten bis zu zehn Jahren, sollte man sich also auch ernsthaft Gedanken darüber machen, wo man die Schrauben des Rechtsstaats etwas lockern kann.
Probst: Herr Stolpe, aber wenn Sie sagen, die Erfahrungen, die man über die letzten zehn, zwölf Jahre gemacht hat, waren so gut, kann man natürlich mit einiger Berechtigung die Frage stellen: warum ist dann nicht längst weiteres geschehen?
Stolpe: Es ist nicht so, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden konnten. Die Ministerpräsidenten der Ostländer, die ja jetzt auch schon reagiert haben, haben eben darauf hingewiesen, dass bundesrechtliche Regelungen, sei es im bereich des Wirtschaftsrechts oder des Arbeitsrechtes doch sie hindern würden und da sollte man wirklich darüber nachdenken, ob man diesen Weg nicht eröffnen kann, das Landesparlament mit bestimmten qualifizierten Mehrheiten mit einem zu regelnden Rückkopplungsverfahren zum Bundesgesetzgeber an Einzelregeklungen herangehen kann.
Probst: Nun sind Sie, Herr Stolpe, zwar speziell für den Aufbau Ost zuständig, aber man kann natürlich schon mit einiger Berechtigung fragen: warum soll es das nur für den Osten geben, auch hier im Westen gibt es strukturschwache Gebiete, die einen Schub sicherlich gut gebrauchen könnten.
Stolpe: Ich denke, dass das ganz sicher auch kein exklusives Recht für den Osten sein könnte. Was ich vom Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz gesagt habe, das meine ich ja ernst; wir sind in der Beziehung eine Pilotregion im Osten gewesen, wir haben zeigen können, dass es schneller geht ohne dass die Rechtssicherheit verloren geht und die Beteiligungsrechte abgeschafft werden und das muss meines Erachtens auch eröffnet werden können für Deutschland im ganzen. Und wenn wir intensiv über Vereinfachungen des Bau- und Raumordnungsrechtes nachdenken, gerade in diesem Ministerium, dann machen wir das von vornherein für ganz Deutschland, dann machen wir nicht Ostsonderrechte.
Probst: Aus den unionsregierten Ländern im Osten, Herr Stolpe, gibt es sehr positive Reaktionen au diesen Vorstoß, allerdings auch gleich den Vorbehalt, dass di SPD doch etwas sehr strukturkonservativ sei und man da Hemmungen sehen, wirklich zu entbürokratisieren, zu entrümpeln, zu modernisieren, wie ja auch die Hartz-Diskussion gezeigt habe. Ein berechtigter Vorwurf?
Stolpe: Nein, den halte ich nicht für gerechtfertigt. Das ist alles noch dieser Pulverdampf der Bundestagswahl und die Vorwirkungen vom 2. Februar in Hessen und Niedersachsen. Das finde ich gar nicht so gut, wenn so etwas gesagt wird. Wir machen hier wirklich erhebliche Anstrengungen, auch gerade hier vom Ministerium Clement aus und niemand anders sonst hätte mehr riskieren können, auch die CDU, die es sich jetzt mit ihren Vorwürfen etwas leicht macht. Wenn sie denn die Wahl gewonnen hätte und hier diese Richtung gegangen, sie hätte auch nicht mit der Sense und der Axt arbeiten können.
Probst: Also eine konkrete Überlegung und nicht nur eine Art Versuchsballon du zu sehen, wie die Reaktionen darauf sind und dann sehen wir weiter?
Stolpe: Ich bin fürs konkrete Herangehen und ich denke schon, dass man in Absprache mit den Ostländern hier eine Bundesratsinitiative starten könnte und einen ernsthaften Diskussionsprozess mit Für und Wider dann führen sollte und ich bin eigentlich ziemlich sicher, dass für alle benachteiligten Regionen - das sage ich ganz bewusst hier, weil ich es schon für richtig halte, dass man sie nicht nur im Osten sucht - Erleichterungen wünschenswert wären.
Probst: Das wäre ja dann auch ein Reformsignal, was die Bundesregierung im Moment gut gebrauchen könnte...
Stolpe: Es ist eines der Signale, die da sind und die sollte man in der tat mit Ernst betreiben und das, was jetzt schon machbar ist, kann man auch anpacken und das sind die beiden Gehsetzgebungsvorhaben, die hier in diesem Hause angesiedelt sind. Alles, was Bau- und Raumordnungsrecht betrifft müssen wir vereinfachen, für alle. Und dieses Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz hat sich bewährt und wäre für ganz Deutschland eine Hilfe.
Probst: So weit das Gespräch mit Bundesminister Manfred Stolpe.
Link: Interview als RealAudio