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Der Blick zurück

In Lausanne lagern Blut- und Urinproben von Athleten der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin. Bis zu acht Jahre lang sind nach den IOC-Regeln Doping-Nachtests dieser Proben möglich. Und das IOC will jetzt aktiv werden: Es sollen Proben auf das Blutdopingmittel CERA nachgetestet werden.

Von Robert Kempe | 30.06.2010
    Zunächst zwanzig bis fünfundzwanzig Dopingproben, die bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin von Teilnehmern genommen wurden, will das Internationale Olympische Komitee im Rahmen der kürzlich angekündigten Nachtests auf das Blutdopingmittel CERA untersuchen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Proben von Athleten aus dem Ausdauerbereich. Dies erklärte nun Arne Ljungqvist, Vorsitzender der Medizinischen Kommission des IOC und Vizepräsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA):

    "Vorerst werden 20 bis 25 Proben von den Spielen in Turin auf Cera nachgetestet. Je nachdem was dabei rauskommt, werden wir überlegen ob wir weitere Proben analysieren lassen. Wir konzentrieren uns auf die Proben, in denen man erwarten könnte, dass dort EPO oder neue Generationen missbräuchlich benutzt wurden. Es geht um Eisschnelllaufen, Skilanglauf und Biathlon."

    Die jetzt anlaufenden Nachtests des IOC sind dabei auf den im Februar dieses Jahres ausgestrahlten ARD-Film "Geheimsache Doping" zurückzuführen. Darin hatte der wegen Dopingvorwürfen gesperrte frühere österreichische Langlauftrainer Walter Mayer keine Zweifel daran gelassen, dass das Blutdopingmittel Cera schon lange vor 2006 bei Dopern im Einsatz war. Nach Ausstrahlung des ARD-Films hatte die WADA die darin enthaltenen Aussagen überprüft. Arne Ljungqvist:

    "Basierend auf den Informationen aus der deutschen Fernsehdokumentation und weiteren Informationen der WADA im Anschluss, waren wir der Ansicht, dass es gut sein kann, dass Cera schon zum Zeitpunkt der Spiele und sogar davor für Doper zu bekommen war."

    Der lebenslang von Olympia gesperrte Österreicher Mayer erklärte jetzt gegenüber dem Deutschlandfunk auf Nachfrage, dass das IOC auch gleich auf andere Blutdopingmittel wie Dynepo und Biosimilars nachtesten solle, diese Mittel, so Mayer, seien damals auch im Umlauf gewesen. An Mayers Aussagen waren in IOC-Kreisen zunächst Zweifel geäußert worden, weil die Olympia-Funktionäre ihn für wenig glaubwürdig hielten. Dies sei in diesem Punkt anders, so Ljungqvist:

    "Wir hören Personen zu, die die Szene kennen und wir wissen, dass Mayer involviert war, vielleicht verfügt er über Informationen, die für uns nützlich sind."

    Es sei allerdings nicht richtig, dass das IOC schon handfeste Beweise für die Anwendung von Cera in Turin habe, sagte Ljungqvist zu kürzlich bekannt gewordenen Meldungen. Eine Veranlassung die Turiner Proben auf CERA zu überprüfen, hatte das IOC lange Zeit nicht gesehen.

    Die Blut- und Urinproben der Athleten, die an den Spielen 2006 teilgenommen hatten, lagern in einem Gefrierraum des Dopingkontrolllabors in Lausanne. Nach den Regeln des IOC sind Nachtests bis zu acht Jahre nach Austragung Olympischer Spiele möglich.